Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2016, Az. 3 StR 135/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 10792

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:310516B3STR135.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 135/16
vom
31. Mai 2016
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten [X.]
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 31.
Mai 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 [X.] einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27.
November 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte wegen versuchten [X.] in Tatein-heit mit Körperverletzung verurteilt worden ist (Ziffer II. 1. a) der Urteilsgründe);
b)
im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten [X.] in [X.] mit Körperverletzung, wegen versuchter Nötigung und wegen ge-fährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf 1
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Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Beanstandungen des Verfahrens bleiben aus den vom Generalbundesan-walt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen ohne Erfolg. Die [X.] hingegen ist in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang erfolgreich; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 [X.].
Soweit der Angeklagte wegen versuchter Nötigung und wegen ge-fährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, hat die aufgrund der [X.] veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils keinen zum
Nach-teil des Angeklagten wirkenden durchgreifenden Rechtsfehler ergeben. Seine Verurteilung wegen versuchten [X.] (in Tateinheit mit Körperverletzung) hat hingegen keinen Bestand. Das [X.] hat es insoweit rechtsfehlerhaft versäumt zu prüfen und zu erörtern, ob der Angeklagte strafbefreiend von [X.] versuchten [X.] zurückgetreten ist.
1. Insoweit hat das [X.] das Folgende festgestellt:
In einer [X.] trafen der Angeklagte und der gesondert verfolgte A.

auf den Geschädigten [X.]

, der gleichzeitig an zwei Geldspiel-automaten spielte.
Während er vor einem der Geräte saß und dort aktiv spielte, lief bei dem anderen Gerät das Spielen im Automatikmodus. Als der [X.] machte, sich das dort registrierte Guthaben auswerfen zu lassen, drängte sich [X.]

zwischen den Angeklagten und dieses Gerät. Der Ange-klagte griff nun dem Geschädigten mit der rechten Hand in den Nacken und versetzte ihm einen leichten Stoß. Als sich dieser daraufhin umdrehte und dem Angeklagten nunmehr das Gesicht zuwandte, versetzte ihm dieser eine so hef-tige Ohrfeige, dass dem Geschädigten die getragene Baseballkappe vom Kopf flog. Dennoch versuchte [X.]

weiter, den Angeklagten davon abzuhalten, 2
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das Geld aus dem Ausgabefach des Geldspielautomaten herauszunehmen, woraufhin dieser wiederum die linke Hand hob, um erneut nach dem Geschä-digten zu schlagen. Zwar gelang es A.

durch Dazwischentreten ein erneutes Zuschlagen durch den Angeklagten zu verhindern und diesen kurz
von [X.]

zu trennen; allerdings drängte der Angeklagte noch einmal zurück zu dem Geldspielgerät, um aus dessen Ausgabefach möglicherweise zwi-schenzeitlich [X.]s Bargeld zu entnehmen und für sich zu behalten. Wegen der anderenfalls eventuell eskalierenden Situation und um weitere Schläge des Angeklagten zu verhindern, ließ der Geschädigte [X.]

diesen gewähren.
Die [X.] hat nicht feststellen können, dass der Angeklagte tat-sächlich Bargeld aus dem Ausgabefach entnahm und einsteckte. Sie hat ferner nicht feststellen können, dass der gesondert verfolgte A.

von dem Vorgehen des Angeklagten bereits zuvor gewusst hatte, dieses billigte oder unterstützte.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hätte das [X.] prüfen
und erörtern müssen, ob der Angeklagte strafbefreiend von der versuchten Tat zurückgetreten ist; denn sie belegen weder, dass der Raubversuch [X.] war, noch schließen sie es aus, dass der Angeklagte freiwillig vom unbeendeten Versuch des [X.] zurückgetreten ist.
a) Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter nach der letzten von ihm vorgenommenen Tathandlung erkennt, dass mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur Hand liegenden Mitteln der erstrebte [X.] nicht mehr herbeigeführt werden kann, ohne dass er eine neue Handlungs-
und Kausalkette in Gang setzt (st. Rspr.; s. etwa nur [X.], Urteil vom 30. November 1995 -
5 [X.], [X.]St 41,
368, 369; Urteil
vom 19. Mai
2010
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2 StR 5
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5
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278/09,
NStZ 2010, 690, 691 mwN). Die subjektive
Sicht des [X.] ist auch dann maßgeblich, wenn der Versuch zwar objektiv fehlgeschlagen ist, der Täter dies aber nicht erkennt; zumindest soll ein freiwilliger Verzicht auf weitere [X.] zur Straffreiheit nach §
24 Abs. 1 Satz 2 StGB führen (vgl.
[X.], Beschluss vom 24. November 2004 -
5 [X.], [X.], 70, 71).
Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe einen fehlgeschlage-nen Versuch nicht. Entgegen der Ansicht des [X.] ergibt sich aus dem Urteil nicht hinreichend,
dass es nicht zu einer Münzausgabe kam und schon deshalb von einem fehlgeschlagenen Versuch auszugehen ist. Das [X.] führt lediglich aus, es habe nicht sicher feststellen können, dass der Angeklagte "tatsächlich Bargeld aus dem Ausgabefach entnommen und eingesteckt hat". Dies schließt indes nicht aus, dass sich Geld im Ausgabefach befunden hat, zumal solches auch aus der Feststellung gefolgert werden
könnte, der Zeuge [X.]

habe weiter versucht, "den Angeklagten davon ab-zuhalten, das Geld aus dem Ausgabefach des Geldspielautomaten herauszu-nehmen."
Ferner hat das [X.] festgestellt, dass der Angeklagte nach seiner kurzzeitigen Trennung von dem Zeugen [X.]

"noch einmal zurück zu dem Geldspielautomaten"
drängte, "um aus dessen Ausgabefach
möglicher-weise zwischenzeitlich [X.]s Bargeld zu entnehmen und für sich zu behalten."
Danach ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich [X.] Geldmünzen im Ausgabefach befanden und der Angeklagte diese aus autono-men Gründen nicht an sich genommen hat. Zu den Vorstellungen des Ange-klagten in Bezug zu dem von ihm erstrebten [X.] in dem Zeitpunkt, als er von dem Geldspielautomaten schließlich wegging, verhalten sich die Urteils-gründe auch im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung nicht. Vielmehr wird die [X.] überhaupt nicht erörtert.
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b) Auch für die Prüfung, ob ein Versuch unbeendet oder beendet ist, kommt es maßgeblich darauf an, welche Vorstellung der Täter nach seiner letz-ten Ausführungshandlung von der Tat hat (sog. Rücktrittshorizont; s. nur [X.], Urteil vom 19. März 2013 -
1 [X.], [X.], 273, 274 mwN). [X.] liegt ein unbeendeter Versuch vor, wenn der Täter nach seiner Vorstel-lung noch nicht alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist; in diesem Fall kann er allein durch das freiwillige Unterlassen weiterer auf den [X.] abzielender Handlungen strafbefreiend vom Versuch zurücktreten

24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1
StGB). [X.] er dagegen den Eintritt des [X.] für möglich, so ist der Versuch beendet; der strafbefreiende Rücktritt setzt dann voraus, dass der Täter den [X.] freiwillig durch [X.] verhin-dert (§
24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2
StGB) oder zumindest entsprechende ernsthafte Bemühungen entfaltet, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt (§
24 Abs. 1 Satz 2 StGB; s. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1993 -
GSSt 1/93, [X.]St 39, 221, 227
mwN). Lässt sich das Vorstellungsbild des [X.], das auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung ist, im maßgeblichen Zeitpunkt den Feststellungen nicht entnehmen, so hält das Urteil insoweit sachlich-rechtlicher Prüfung regelmäßig nicht stand, weil es die revisi-onsrechtliche Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts nicht ermög-licht ([X.], Urteil vom 19. März 2013 -
1 [X.],
aaO, vgl. auch [X.], [X.] vom 13. November 2012 -
3 [X.], juris Rn. 3 ff.,
und vom 29.
September 2011 -
3 [X.], [X.], 263,
sowie Urteil vom 12. Juni 2014 -
3 [X.], NStZ
2014, 507, 509
mwN).
c) So liegt es auch hier. Nach den bisherigen Feststellungen ist bereits ein freiwilliger Rücktritt des Angeklagten vom unbeendeten Versuch in dem Fall nicht ausgeschlossen, dass im Ausgabefach Münzen lagen, was -
wie [X.] -
nach den Urteilsgründen zumindest möglich ist. Da sich den Urteilsgrün-9
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den ferner insbesondere nicht entnehmen lässt, welche Vorstellungen sich der Angeklagte vom Erreichen des von ihm erstrebten [X.]s machte, als er sich von dem Geldspielautomaten abwandte und in Richtung des Ausgangs der [X.] ging, ist nach den bisherigen Feststellungen auch die Freiwilligkeit eines Rücktritts nicht ausgeschlossen.
d) Wegen der Einheitlichkeit der Tat kann auch die -
für sich materiell-rechtlich rechtsfehlerfreie -
Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung nicht bestehen bleiben (vgl. [X.]/[X.], [X.], 59.
Aufl., §
353 Rn.
7a). Allerdings weist der Senat darauf hin, dass der Zeuge [X.]

im Hin-blick auf die vom Angeklagten erhaltene Ohrfeige ausdrücklich kein Interesse an einer Strafverfolgung hatte und auch bewusst keinen Strafantrag gestellt hat; soweit ersichtlich wurde auch ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung dieser (einfachen) Körperverletzung gemäß §
230 Abs.
1 Satz
1 Alternative 2
StGB bislang nicht bejaht. Mit der -
unverändert zur [X.] zugelassenen -
Anklage ist dem Angeklagten diese Tat noch als gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten A.

begangene gefähr-liche Körperverletzung gemäß §
224 Abs. 1 Nr. 4 StGB zur Last gelegt worden.
3. [X.] der für diese Tat festgesetzten Einzelfreiheitsstrafe zieht die Aufhebung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

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Wegen der gegebenenfalls vorzunehmenden nachträglichen Gesamt-strafenbildung gemäß §
55 Abs. 1 StGB weist der Senat auf die diesbezügli-chen Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift hin.
[X.] Gericke

Spaniol Tiemann
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Meta

3 StR 135/16

31.05.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2016, Az. 3 StR 135/16 (REWIS RS 2016, 10792)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10792

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