Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.06.2019, Az. 30 W (pat) 9/17

30. Senat | REWIS RS 2019, 6349

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 015 666.0

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 25. Februar 2014 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

soll für die Dienstleistungen

4

„[X.]: Sport- und Freizeitaktivitäten;

5

[X.]: Beratungen in Bezug auf das Gesundheitswesen; Beratungen in Bezug auf die psychologische Behandlung körperlicher Gebrechen; Beratungen in Bezug auf die psychologische Linderung von körperlichen Leiden; Dienstleistungen eines Psychologen; Dienstleistungen im Bereich der psychischen Gesundheit; Ganzheitliche Psychotherapie; Gesundheitspflege im Zusammenhang mit Entspannungstherapie“

6

eingetragen werden.

7

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2016 hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung zurückgewiesen, da es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine freihaltungsbedürftige Angabe i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] handele, der zugleich jede Unterscheidungskraft fehlen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

8

[X.] setze sich aus den ohne weiteres verständlichen Bestandteilen „[X.]“ für „Wasser“ und „Relax“ mit der Bedeutung „entspannen“ zusammen. Aufgrund dieses Bedeutungsgehalts der einzelnen Begriffe beschreibe [X.] in seiner Gesamtheit unmittelbar die Art der damit gekennzeichneten Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 dahingehend, dass Gegenstand und Inhalt dieser Dienstleistungen eine im oder mittels Wasser herbeizuführende bzw. zu bewirkende Entspannung des Körpers sei. Entsprechende Angebote seien auf dem Markt bereits vorhanden.

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Folglich werde der Verkehr in diesem Begriff lediglich eine die Merkmale dieser Dienstleistungen beschreibende Sachangabe sehen, die deshalb zur ungehinderten Verwendung durch die Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten sei.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, die sie jedoch nicht näher begründet hat. Sie hat auch keinen Antrag gestellt.

II.

A. Die Beschwerde ist zulässig. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist weder ein konkreter Antrag noch eine Begründung erforderlich. Fehlt ein Antrag, ist von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang auszugehen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 66 Rdnr. 40).

B. In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet, da die angemeldete Wortmarke [X.] als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen ist, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat. (§ 37 Abs. 1 [X.]).

1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 362). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Nr. 30, 31 – [X.]; [X.], 674 Nr. 56 – Postkantoor; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 377 [X.]). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Fachverkehrs und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Nr. 29 – [X.]; [X.], 411 Nr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 392, 393).

2. Das angemeldete Zeichen [X.] besteht nach diesen Maßstäben in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen ausschließlich aus einer Angabe, die deren Beschaffenheit beschreibt. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien und ungehinderten Verwendung dieser Angabe.

a. Das Anmeldezeichen setzt sich aus den Wortelementen „[X.]“ und „Relax“ zusammen, was auch aufgrund der Binnengroßschreibung auf Anhieb erkennbar ist.

aa. Der vorangestellte Begriff „[X.]“ ist als [X.] Wort für „Wasser“ im Inland allgemein bekannt und geläufig. Im inländischen Sprachgebrauch wird dieser Begriff dabei eher selten in Alleinstellung als Bezeichnung von „Wasser“, sondern hauptsächlich als Wortbildungselement in Kombination mit anderen Substantiven verwendet, wobei nicht nur Kombinationen mit [X.], sondern auch mit fremdsprachlichen, insbesondere auch [X.] Begriffen durchaus gebräuchlich sind. Beispielhaft kann dabei auf die Begriffsbildungen „[X.], [X.]kultur, [X.], [X.]planing, [X.]rell, [X.]rium, [X.]vit, [X.]zoo“ verwiesen werden (vgl. https://de.wiktionary.org/wiki/aqua).

Zu den beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 weisen die Begriffe „aqua“ bzw. „Wasser“ einen beschreibenden Bezug insoweit auf, als diese im „Wasser“ ausgeübt werden (können) bzw. – was die zu [X.] beanspruchten Dienstleistungen betrifft - mittels und/oder unter Anwendung von „Wasser“ erbracht werden können, wie es zB bei Wassertherapien der Fall ist.

bb. Der weitere Bestandteil (to) „[X.]“ stammt aus dem [X.], hat aber in seiner Bedeutung „entspannen/erholen“ seit langem in leicht abgewandelter Form („[X.]en“) Einzug in die [X.] gefunden. Speziell im Gesundheits-, Sport- und Wellnessbereich hat sich „[X.]“ als Wortbildungselement in – der angemeldeten Bezeichnung vergleichbar gebildeten – Begriffskombinationen wie „body[X.]“ (vgl. dazu [X.]/04 v. 27.07.2004 – [X.], veröffentlicht in [X.]), „Ergo[X.]“, „Physio[X.]“, Rücken[X.]“ als schlagwortartiger Hinweis auf „Entspannung“ etabliert (vgl. dazu auch [X.] 28 W (pat) 74/10 v. 07.12.2011 – Gastro[X.]).

cc. Bei dieser Sachlage muss davon ausgegangen werden, dass der Durchschnittsverbraucher den Sinngehalt der beiden Wortbestandteile versteht und insoweit einen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen in dem von der Markenstelle dargelegten Sinn herstellt.

dd. Dies allein reicht aber nicht aus, um der angemeldeten Bezeichnung die Schutzfähigkeit abzusprechen. Das Vorliegen eines Schutzhindernisses bemisst sich nämlich nicht nur danach, ob etwaige Wortbestandteile für sich betrachtet unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. [X.] [X.], 674 Rn. 99 - Postkantoor; [X.], 680 Rn. 40 - [X.]; [X.] 2014, 1204 Rn. 16 - [X.]). Insoweit ist anerkannt, dass ein beschreibender Sinngehalt eines Markenwortes im Einzelfall durch eine hinreichend fantasievolle Wortbildung so weit überlagert sein kann, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die Schutzfähigkeit nicht mehr abzusprechen ist (vgl. z. B. [X.] 1995, 408, 409 - [X.]; [X.], 639, 640 - [X.]; [X.], 30 W (pat) 79/10 - [X.]; [X.], 30 W (pat) 79/10 - lipoweg; 30 W (pat) 46/17 - JurFirm).

[X.] der vorangestellte Bestandteil „[X.]“ nicht wie bei den vergleichbar gebildeten Bezeichnungen „body[X.]“, „Ergo[X.]“, „Physio[X.]“, „Rücken[X.]“ den Anwendungsbereich der „Relax“-Therapien (Körper, Rücken etc.) bezeichnet - es gibt kein „Wasser[X.]en“, sondern allenfalls „[X.]en im oder unter Anwendung von Wasser“ - sondern das Anwendungsmittel (Wasser).

[X.] auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung als Fachbegriff für entspannende Therapien/Massagen oder auch (sportlichen wie therapeutischen) Trainingsmethoden im oder unter Anwendung von Wasser verwendet wurde und sich damit im allgemeinen Geschäftsverkehr als Fachbegriff für eine Behandlungs- und/oder Therapieform etabliert hatte.

aa. Verwiesen werden kann insoweit auf die Fundstelle http://www.aqua[X.]-dresden.de/de/aqua[X.].html ([X.]), wo es unter der Überschrift „[X.][X.] und Wassershiatsu in [X.]“ u.a. heißt: „ [X.][X.] - In Verbindung mit der einfühlsamen Anwendung von [X.] werden tiefe körperliche und seelische Entspannungszustände herbeigeführt. Das warme Wasser ist ein therapeutisch optimales Medium“. Ein weiterer Beleg dafür findet sich unter https://www.gwg-weimar.de/aqua-[X.]-treff/ (19.12.2010): „Im [X.] Relax Treff dreht sich alles um Ihre Fitness und Gesundheit aber auch um Erholung und Entspannung. Tauchen Sie ins kühle Nass, entspannen Sie in einer unserer Saunen und lassen Sie sich bei einer Massage verwöhnen.“ Dass es sich bei [X.] auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung um einen Fachbegriff für eine Therapie-/Behandlungsform im oder unter Anwendung von Wasser handelte, wird nicht zuletzt auch dadurch verdeutlicht, dass dafür auch bereits zu diesem Zeitpunkt eine fachspezifische Weiter-/Ausbildung zum „[X.]-Trainer“ angeboten wurde (vgl. [X.] (08.07.2009): „Bei der jeweils in sich abgeschlossenen Weiterbildung ist es möglich zwischen dem [X.]-Trainer ([X.]), dem [X.], dem WATSU-Praktizierendem und dem [X.] zu wählen.“).

bb. Hatte sich damit aber der Begriff [X.] bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke als Fachbegriff für der körperlichen Entspannung dienende Therapien/Behandlungen/Trainingsmethoden im oder unter Anwendung von [X.], war die angegriffene Marke in Zusammenhang mit entsprechenden Therapie- und/oder Behandlungsdienstleistungen auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht mehr schutzfähig. So können die zu [X.] beanspruchten „Sport- und Freizeitaktivitäten“ ebenso wie die zu [X.] beanspruchten medizinisch/therapeutischen Dienstleistungen eine im oder unter Anwendung von Wasser herbeizuführende körperliche und/oder geistige Entspannung zum Gegenstand und Ziel haben.

3. Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

Meta

30 W (pat) 9/17

13.06.2019

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.06.2019, Az. 30 W (pat) 9/17 (REWIS RS 2019, 6349)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6349

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