Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2013, Az. 1 StR 388/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 536

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 388/13

vom
5. Dezember
2013
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
zu 1.:
unerlaubten Handeltreibens mit einem Grundstoff, der zur uner-laubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll

zu 2.:
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit einem Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwen-det werden soll

weiterer Verfahrensbeteiligter:
Der [X.] beim [X.], [X.] 30,
76135 Karlsruhe

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.]s hat am 5.
Dezember
2013
beschlos-sen:

1.
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur [X.] ([X.]) Nr.
273/2004 des [X.] und des Rates vom 11.
Februar 2004 betreffend Drogenausgangsstoffe ([X.]
[X.]
Nr.
L
47 vom 18.
Februar 2004 S.
1
ff.)
sowie der Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 des Rates vom 22.
Dezember 2004 zur Festlegung von [X.] für die Überwachung des Handels mit Drogen-ausgangsstoffen zwischen der [X.] ([X.]
[X.]
Nr.
L
22 vom 26.
Januar 2005 S.
1 ff. sowie Nr.
L
61 vom 2.
März 2006 S.
23) folgende Frage zur Vor-abentscheidung vorgelegt:
Sind Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/[X.] des [X.] und des Rates vom 6.
November 2001 zur Schaffung eines [X.], die von den Verordnungen ([X.])
Nr.
273/2004 und ([X.]) Nr.

enthalten, gemäß Art.
2 Buchstabe
a) dieser Verordnungen stets von deren Anwendungsbereich ausgenommen, oder ist dies lediglich dann anzunehmen, wenn die Arzneimittel so zusammengesetzt sind, dass sie im Sinne der genannten Verordnungen nicht einfach verwendet oder leicht und wirt-schaftlich extrahiert werden können?
-
3
-
2.
Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des [X.] der [X.] über die Vorlagefrage ausgesetzt.

Gründe:
I.
Der 1.
Strafsenat hat über die Revisionen der Angeklagten N.

und
S.

gegen ein Urteil des [X.]s München
II vom 13.
Februar 2013
zu entscheiden. Das [X.] hat die Angeklagte N.

wegen unerlaub-
ten Handeltreibens mit einem Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll (§
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] in Verbin-dung mit §
3 [X.]) in acht Fällen zu einer (Gesamt)Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte S.

ist wegen Bei-
hilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit einem Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll (§
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] in Verbindung mit §
3 [X.] und §
27 StGB), zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Die Vollstreckung der gegen diese Angeklagte verhängten Strafe hat das [X.] zur Bewährung ausgesetzt.
II.
Dem Revisionsverfahren liegt im Wesentlichen der folgende, vom [X.] festgestellte Sachverhalt zugrunde:
1
2
-
4
-
1.
In dem Zeitraum zwischen August 2010 und März 2011 erwarb die Angeklagte N.

in acht Fällen in großen Mengen Arzneimittel (Reactine
Duo, [X.] und [X.]). Diese enthalten sämtlich Pseudoephedrin. Die Gesamtmenge Pseudoephedrin betrug rund 29,5
Kilogramm. Der Erwerb der Medikamente erfolgte in vier Fällen über eine Apotheke in [X.]. In den weiteren Fällen beschaffte sich die Angeklagte
N.

die Medikamente über
einen [X.] Staatsangehörigen in [X.]. Sie ließ die Medikamente jeweils unter Mitwirkung weiterer Personen in die [X.] trans-portieren. Dort wurde mit einfachen Mitteln das Pseudoephedrin aus den Medi-kamenten extrahiert und anschließend in weiteren, wenig aufwendigen Arbeits-schritten die Droge Methamphetamin daraus hergestellt. Aus der Gesamtmen-ge von 29,5
Kilogramm
Pseudoephedrin ließen
sich
insgesamt 6,5
Kilogramm
Methamphetamin herstellen. Der Angeklagten
war bei Erwerb und Transport der Medikamente nach [X.] die dortige Verwendung zur Herstellung der genannten Droge bekannt.
Die Angeklagte S.

hat sich in Kenntnis der im vorstehenden Ab-
satz genannten Umstände an einem der Transporte der Medikamente aus [X.] in die [X.] als Kurierin beteiligt.
2.
Das [X.] hat das Verhalten der Angeklagten N.

jeweils
als Straftat gemäß §
19 Abs.
1 Nr.

r-kehrs mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmit-

März 2008; [X.]
I S.
306) gewertet. Diese habe entgegen dem in §
3 [X.] enthaltenen Verbot mit einem Grundstoff im Sinne von §
1 Abs.
1 Nr.
1 [X.] Handel getrieben, der zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden sollte. Die Transporttätigkeit der Angeklagten S.

hat das [X.] als Beihilfe
3
4
5
-
5
-
gemäß §
27 StGB zu einer der von der Angeklagten N.

begangenen Straf-
taten gewertet.
3.
Die Angeklagten wenden sich mit ihren Revisionen gegen ihre jeweili-ge Verurteilung. Sie machen die Verletzung des materiellen Rechts geltend. Die Revision der Angeklagten N.

trägt unter anderem vor, bei den von ihr an-
gekauften und in die [X.] verbrachten Medikamenten hande-

19 Abs.
1 Nr.
1 bzw. §
1 Nr.
1 und §
3 [X.].
III.
Die Entscheidung des Senats über die Revisionen beider Angeklagter hängt von der Beantwortung der Vorlagefrage ab. Die Arzneimittel betreffenden Regelungen in Art.
2 Buchstabe
a) Satz
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 und Art.
2 Buchstabe
a) Halbsatz
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 bedürfen im Hinblick auf den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie den Sinn und Zweck der Verordnungen der Auslegung. Da es sich bei den Verordnungen um unionsrechtliche Vorschriften handelt, obliegt deren Auslegung dem Gerichtshof der [X.] (Art.
267 A[X.]V). Soweit für den Senat ersichtlich hat der
Gerichtshof bislang nicht entschieden, ob Arzneimittel (gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/[X.] des [X.] und des Rates vom 6.
November 2001 zur Schaffung eines [X.]skodexes für Humanarz-neimittel [[X.] [X.]
Nr.
L
311
vom 28.
November 2001, S.
67]) stets vom Anwen-dungsbereich der Verordnungen ([X.]) Nr.
273/2004 und Nr.
111/2005 ausge-nommen sind oder ob dies lediglich dann der Fall ist, wenn die in einem Arz-neimittel enthaltenen,

fach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können. Es liegt da-6
7
-
6
-

n-terläge. Die Notwendigkeit der Vorlage und der Auslegung durch den Gerichts-hof der [X.] ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Gründen und Erwägungen:
1.
a)
Die auf die Angeklagte N.

angewendete Strafvorschrift des
§
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] erfordert das

1 Nr.
1 und §
3 [X.] durch die von den Verordnungen ([X.]) Nr.
273/2004 und Nr.

(vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Wirtschafts-
und Steuerstrafrecht, 2011, Vorbe-merkung zu §§
19 bis 21 [X.] Rn.
3). Der hier in den Arzneimitteln enthaltene Wirkstoff Pseudoephedrin ist im Anhang
I der genannten Verordnungen jeweils als Stoff der Kategorie
1 erfasst (siehe nur [X.] [X.] vom 18.
Februar 2004 Nr.
L
47 S.
7). Daher würde es sich bei den Pseudoephedrin enthaltenden

uch um einen Grundstoff nach der angewendeten Strafvorschrift des §
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] handeln.
b)

wenn auf diese der jeweilige Ausnahmetatbestand aus Art.
2 Buchstabe
a) Satz
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 und Art.
2 Buchstabe
a) Halbsatz
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 Anwendung findet. Nach diesen Bestim-mungen sind unter anderem Arzneimittel im Sinne von Art.
1 Nr.
2 der Richtlinie 8
9
-
7
-
[X.]s handelte es sich bei den von der Angeklagten N.

erworbe-
nen und nach [X.] transportierten Medikamenten ([X.],
[X.] und [X.]) eindeutig um dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/83/[X.] unterfallende Arzneimittel. Für das Eingreifen der Strafvorschrift des §
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] kommt es damit auf die Reichweite der Ausnah-meregelungen in den beiden Verordnungen an.
2.
Diese Ausnahmeregelungen bedürfen einer Auslegung. [X.] ist die Frage, ob Arzneimittel (im Sinne der Richtlinie 2001/83/[X.]), die e-schränkt und damit unabhängig von ihrer stofflichen Zusammensetzung aus dem Anwendungsbereich der Verordnungen ausgenommen sind oder ob dies zusammengesetzt sind, dass sie nicht einfach verwendet oder leicht und wirt-letztgenannten Sinne wären die hier bedeutsamen Arzneimittel mit dem Wirk-stoff Pseudoephedrin als Grundstoffe gemäß §
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] anzuse-hen. Das [X.] hat nämlich festgestellt, dass eine leichte und wirtschaft-liche Extraktion des Wirkstoffs aus den Medikamenten erfolgen konnte.
Die Notwendigkeit der Auslegung von Art.
2 Buchstabe
a) Satz
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 und Art.
2 Buchstabe
a) Halbsatz
2 der [X.] ([X.]) Nr.
111/2005 hat bereits der 3.
Strafsenat des [X.]s mit einem auf Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der [X.] gerichteten Beschluss vom 22.
Oktober 2013 (3
StR
124/13) wie folgt begründet:

10
11
-
8
-

a)
Art.
2 Buchst.
a der Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 lau-e-zeichnet der Ausdruck 'erfasste Stoffe' alle in Anhang
I aufgeführ-ten Stoffe, einschließlich Mischungen und Naturprodukten, die derartige Stoffe enthalten. Ausgenommen sind Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/[X.] des Europäischen Parla-ments und des Rates vom 6.
November 2001 zur Schaffung eines [X.]skodexes für Humanarzneimittel, pharmazeutische Zubereitungen, Mischungen, Naturprodukte und sonstige Zuberei-tungen, die erfasste Stoffe enthalten und so zusammengesetzt sind, dass sie nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaft-lich extrahiert werden können".
Art.
2 Buchst.
a der Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 ist sprachlich ähnlich gefasst: "Im Sinne dieser Verordnung bezeich-net der Ausdruck 'erfasster Stoff' jeden im Anhang aufgeführten Stoff, einschließlich Mischungen und Naturprodukte, die derartige Stoffe enthalten, jedoch ausgenommen Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/[X.] des [X.] und des Rates, pharmazeutische Zubereitungen, Mischungen, Na-turprodukte und sonstige Zubereitungen, die erfasste Stoffe ent-halten und so zusammengesetzt sind, dass diese Stoffe nicht ein-fach verwendet
oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können."
b)
Der [X.] Wortlaut dieser Vorschriften könnte eher darauf hindeuten, dass vom Anwendungsbereich der Verordnun-gen Arzneimittel lediglich dann nicht erfasst werden, wenn sie so 12
13
14
-
9
-
zusammengesetzt sind, dass die in ihnen enthaltenen, erfassten Stoffe nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extra-hiert werden können. Dies ergibt sich daraus, dass sich der ab-schließende Relativsatz nach den Regeln der [X.]n Gramma-tik entweder nur auf das letzte Substantiv des übergeordneten Satzes oder auf alle Substantive der vorangehenden Aufzählung bezieht. Da der Relativsatz nach dem Zusammenhang [X.] nicht lediglich an "sonstige Zubereitungen", sondern [X.] auch an Mischungen und Naturprodukte anknüpft, spricht die grammatische Auslegung dafür, dass der Relativsatz auch die Arzneimittel betrifft und diese demnach nicht stets als "erfasste Stoffe" ausscheiden (vgl. zur grammatischen Auslegung in [X.] Fällen [X.] in Festschrift Puppe, 2011, S.
123, 131). Dementsprechend sind verschiedene Gerichte -
allerdings jeweils ohne nähere Erörterung
-
davon ausgegangen, dass der Handel mit [X.] sowohl einen Straftatbestand nach dem [X.]n Grundstoffüberwachungsgesetz als
auch einen Straf-tatbestand nach dem [X.]n [X.] verwirklichen und mithin grundsätzlich auch ein Arzneimittel einen Grundstoff im Sinne des Grundstoffüberwachungsgesetzes darstellen könne (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
April 2011 -
5
StR
463/10, NStZ
2011, 583; [X.], Beschluss vom 30.
September 2013 -
OVG
5
N 21.09, juris Rn.
16; s. auch Raum in [X.]/[X.][X.], [X.], 2012, §
95 Rn.
9).
c)
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] schließt es die Notwendigkeit einheitlicher Anwendung und damit Auslegung einer Vorschrift des Unions-15
-
10
-
rechts aus, sie in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, sondern gebietet vielmehr, sie nach dem wirklichen Willen des
Urhebers und dem von diesem verfolgten Zweck namentlich im Licht ihrer Fassung in allen anderen Amtssprachen auszulegen ([X.], Urteil vom 3.
Oktober 2013 -
C-298/12
-
Confédération paysanne -
juris Rn.
22 mwN). Insoweit ergibt der Vergleich mit anderen Sprachfassungen kein eindeutiges Bild. Beispielsweise erscheinen auch in der [X.] Fassung Arzneimittel nicht als Bezugssubjekt ausgeschlossen (vgl. Art.
2 Buchst.
a Satz
2
Verordnung [[X.]] Nr.
273/2004: "[X.]/EC of the European Parliament and of the Council of 6
November 2001 on the Community code relating to medicinal products for human use, pharmaceutical preparations, mixtures, natural products and other preparations containing scheduled substances that are compounded in such a
way that they cannot be easily used or extracted by readily
applicable or economically viable means"). Die [X.] Fassungen des Art.
2 Buchst.
a
der Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 und des Art.
2 Buchst.
a
der Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 weisen untereinander bereits Unterschiede auf, die eine eindeutige Auslegung zweifelhaft erscheinen lassen (vgl. einerseits Verordnung [[X.]] Nr.

médicaments, [X.] 2001/83/CE du
Parlement européen et du Conseil du 6
novembre 2001 instituant un code communautaire relatif aux médicaments à usage humain, des préparations pharmaceutiques, [X.], produits [X.] des substances classifiées qui sont composées de manière telle que ces substances ne peuvent -
11
-
pas être facilement utilisées, ni extraites par des moyens aisés à

r-ordnung [[X.]] Nr.

[X.] 2001/83/CE du Parlement
européen et du Conseil et
[!] des préparations pharmaceutiques, [X.], produits [X.] des substances classifiées qui sont composés de manière telle que ces substances ne peuvent pas être facilement utilisées ni

économiquement viables").
d)
Die historische und teleologische Auslegung der [X.]en könnte eher die -
auch in der [X.]n Kommentarlitera-tur (vgl. Rohr in Fuhrmann/[X.]/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2010, §
43 Rn.
83; Hügel/Junge/Lander/Winkler, Betäubungsmit-telrecht, Art.
2 Verordnung [[X.]] Nr.
273/2004 Rn.
1 [Stand: 8.
Auf-lage, 10.
Akt.-Lfg.]; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 7.
Auflage, Stoffe, Teil
3 Rn.
8; [X.], [X.], 1998, §
2 Rn.
2, 5) verbreitete
-
Auffassung stützen, dass Arzneimittel stets als erfasste Stoffe ausscheiden. So dienen sowohl die Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 als auch die Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 (in Er-setzung älterer Richtlinien und Verordnungen) der
Umsetzung der Anforderungen des Art.
12 des am 19.
Dezember 1988 [X.] zur [X.] des illegalen Handels mit Suchtstoffen und psycho-tropen Substanzen. Durch sie sollten für den grundsätzlich legalen Handel mit Arzneimitteln kein unnötiges Hemmnis und für die be-teiligten [X.] keine Erlaubnispflicht und zusätzliche 16
-
12
-
Buchführungspflichten geschaffen werden (s. Erwägungsgrund Nr.
13 zur Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004). Der nach dem gemäß Art.
33 des genannten [X.] -
neben [X.], [X.] und Russisch
-
allein maßgebliche [X.], eng-lische und [X.] Wortlaut des Art.
12 Abs.
14 legt daneben nahe, dass pharmazeutische Zubereitungen insgesamt vom An-wendungsbereich des Artikels ausgenommen sind (vgl. United
Nations Treaty Series, Volume 1582 [1990], 95, 193, 239
f., 332). Dementsprechend ließen sich auch der Wortlaut des Art.
1 Abs.
2 Buchst.
a Satz
2 der Richtlinie
92/109/[X.] und des Art.
1 Abs.
2 Buchst.
a Satz
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
3677/90 verstehen, die durch Art.
17 Abs.
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
273/2004 bzw. Art.
34 Abs.
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
111/2005 aufgehoben wurden. Dass durch diese Änderung die Ausnahmeregelung für Arzneimittel modifiziert werden sollte, ist den Begründungen für die Verordnungen nicht zu entnehmen. Indes erscheint danach auch nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass der Anwen-dungsbereich "erfasster Stoffe" in den Verordnungen ([X.]) Nr.
273/2004 und Nr.
111/2005 erweitert wurde, zumal es der [X.] bei dem Vorschlag für die Verordnung etwa darum ging, "neuen Wegen und Trends der Abzweigung von [X.] und dem illegalen Handel mit Suchtstoffen und psycho-tropen Stoffen begegnen zu können" (KOM[2004] 244 endgültig S.
2).
e)
Allerdings spricht Einiges dafür, dass die [X.] der Europäischen [X.]en davon ausgeht, pharmazeuti-sche Zubereitungen und Humanarzneimittel fielen nicht unter die 17
-
13
-
Rechtsvorschriften für Drogenausgangsstoffe (vgl. etwa Bericht der [X.] an den Rat und das [X.], [X.]] 709 endgültig S.
10; Arbeitsunterlage der Kommissi-onsdienststellen SWD[2012] 267 final S.
2). Sie hat [X.] Vorschläge zur Änderung bzw. Klarstellung der Verordnungen vorgelegt ([X.] S.
2, 11; [X.] final S.
13), aus deren Wortlaut sich eindeutig ergibt, dass Arzneimittel stets -
unabhängig von einer einfachen Verwendbarkeit oder leich-ten und wirtschaftlichen Extrahierbarkeit enthaltener "erfasster Stoffe"
-
nicht unter die "erfassten
Stoffe" fallen. Nach der hierzu gegebenen Begründung soll es sich dabei nicht um eine Ände-rung, sondern lediglich um eine Verdeutlichung oder Klarstellung der Begrifflichkeit handeln (s. [X.] S.
9; [X.] final S.
11; Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts-
und Sozialausschusses, [X.] [X.] 2013 Nr.
C
76/10 S.
56).

f)
Der vorlegende Senat hält im Hinblick auf die vorstehenden Erwägun-gen die Auslegung durch den Gerichtshof der [X.] für erforder-lich.
3.
Auf die Auslegung kommt es für die Entscheidung über die Revisionen beider Angeklagter an. Selbst wenn die Angeklagte N.

sich durch das den
Gegenstand des Strafverfahrens bildende tatsächliche Verhalten zusätzlich nach weiteren Straftatbeständen des [X.]n Strafrechts strafbar gemacht hätte (zum Beispiel §
95 Abs.
1 Nr.
5 [X.]), würde eine Strafbarkeit gemäß §
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] daneben als tateinheitlich verwirklicht erhalten bleiben (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
April 2011 -
5
StR
463/10, Neue Zeitschrift für 18
19
-
14
-
Strafrecht [NStZ] 2011, S.
583
f.). Die Strafbarkeit der Angeklagten S.

wegen Beihilfe zu einer der Straftaten der Angeklagten N.

setzt zwingend
die Begehung einer rechtswidrigen Straftat gemäß §
19 Abs.
1 Nr.
1 [X.] durch die Angeklagte
N.

voraus (vgl. §
27 StGB).
IV.
Der Senat ersucht um eine Entscheidung über die Vorlage gemäß Art.
53 Abs.
4, 105 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der [X.] im beschleunigten Verfahren. Das [X.] hat gegen die Angeklagte N.

eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verhängt.
Gegen sie besteht ein Haftbefehl vom 4.
Mai 2011. Sie hat sich seit dem 10.
Mai 2011 bis zum 13.
November 2013 ununterbrochen im Vollzug der [X.] befunden. Der Haftbefehl ist weiterhin in [X.]. Das [X.] hat mit Beschluss vom 13.
November 2013
lediglich unter strengen Auflagen den Haftbefehl außer Vollzug gesetzt. Jeder Verstoß der Angeklagten gegen
20
-
15
-
die ihr erteilten Auflagen führt aber zu der sofortigen Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls.
Raum
Wahl
Rothfuß

[X.]
Radtke
-
16
-
Anlage 1 zum Beschluss des [X.]s vom 5.
Dezember 2013
(1 StR 388/13)

Grundstoffüberwachungsgesetz
§
19 Strafvorschriften

(1)
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe wird bestraft, wer
1. entgegen § 3 einen Grundstoff besitzt, herstellt, mit ihm Handel treibt, ihn, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, durch den oder im [X.] dieses Gesetzes befördert, veräußert, abgibt oder in sons-tiger Weise einem anderen die Möglichkeit eröffnet, die tatsächliche [X.] über ihn zu erlangen, erwirbt oder sich in sonstiger Weise ver-schafft,
2. entgegen Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 273/2004 einen in Kategorie 1 des [X.] dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Erlaubnis besitzt oder in den Verkehr bringt,
3. entgegen Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Erlaubnis einführt, ausführt oder ein Vermittlungsgeschäft mit ihm betreibt,
4. entgegen Artikel 12 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 einen in Kategorie 1, 2 oder 3 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Ausfuhrgenehmigung ausführt oder
5. entgegen Artikel 20 der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 einen in Kate-gorie 1 des Anhangs dieser Verordnung bezeichneten Grundstoff ohne Einfuhrgenehmigung einführt.
(2)
Der Versuch ist strafbar.
(3)
In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe [X.] nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gewerbsmäßig oder
2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt.
In besonders schweren Fällen ist §
73d des Strafgesetzbuchs anzuwen-den.
(4)
Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die [X.] Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

-
17
-
(5)
Soweit auf die Verordnung ([X.]) Nr. 273/2004 oder die Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 Bezug genommen wird, ist jeweils die am 18. August 2005 geltende Fassung maßgeblich.

-
18
-
Anlage 2 zum Beschluss des [X.]s vom 5.
Dezember 2013
(1 StR 388/13)

Grundstoffüberwachungsgesetz
§ 3 Verbote

Es ist verboten, einen Grundstoff, der zur unerlaubten Herstellung von Betäu-bungsmitteln verwendet werden soll, zu besitzen, herzustellen, mit ihm Handel zu treiben, ihn, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, durch den oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu befördern, zu veräußern, abzuge-ben oder in sonstiger Weise einem anderen die Möglichkeit zu eröffnen, die tatsächliche Verfügung über ihn zu erlangen, zu erwerben oder sich in sonstiger Weise zu verschaffen.

-
19
-
Anlage 3 zum Beschluss des [X.]s vom 5.
Dezember 2013
(1 StR 388/13)

Grundstoffüberwachungsgesetz
§ 1 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes ist
1. Grundstoff: ein erfasster Stoff im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a in Verbin-dung mit Anhang I der Verordnung ([X.]) Nr. 273/2004 des [X.] und des Rates vom 11. Februar 2004 betreffend [X.] ([X.] [X.] Nr. L 47 S. 1) in ihrer jeweils geltenden Fassung und des Artikels 2 Buchstabe a in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 zur Festlegung von Vorschriften für die Überwachung des Handels mit Drogenausgangsstoffen zwischen der Gemein-schaft und Drittländern ([X.] [X.] 2005 Nr. L 22 S. 1, 2006 Nr. L 61 S. 23) in ih-rer jeweils geltenden Fassung;
2. [X.]: die Europäischen [X.]en;
3. [X.]: ein Staat außerhalb der [X.];
4. Einfuhr: jede Verbringung von Grundstoffen in das Zollgebiet der Gemein-schaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 oder in einen nicht zum Zollgebiet der [X.] gehörenden Teil des Ho-heitsgebietes der [X.] [X.];
5. Ausfuhr: jede Verbringung von Grundstoffen aus dem Zollgebiet der Gemein-schaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe d der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 oder aus einem nicht zum Zollgebiet der [X.] gehörenden Teil des [X.] der [X.] [X.];
6. Vermittlungsgeschäft: jede Tätigkeit zur Anbahnung des Ankaufs, des [X.] oder der Lieferung von Grundstoffen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe e der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005;
7. Inverkehrbringen: jede Abgabe von Grundstoffen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Verordnung ([X.]) Nr. 273/2004;
8. Herstellen: das Gewinnen, Synthetisieren, Anfertigen, Zubereiten, Be-
oder Verarbeiten und Umwandeln von Grundstoffen;
9. Wirtschaftsbeteiligter: eine in Artikel 2 Buchstabe d der Verordnung ([X.]) Nr. 273/2004 oder in Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung ([X.]) Nr. 111/2005 be-zeichnete natürliche oder juristische Person.

-
20
-
Anlage 4 zum Beschluss des [X.]s vom 5.
Dezember 2013
(1 StR 388/13)

Strafgesetzbuch
§
27 Beihilfe

(1)
Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vor-sätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2)
Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den [X.]. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern

Meta

1 StR 388/13

05.12.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2013, Az. 1 StR 388/13 (REWIS RS 2013, 536)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 536

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1 StR 388/13

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