Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2005, Az. I ZR 9/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 232

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 15. Dezember 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja EGBGB Art. 169 Abs. 1; [X.] § 40; HGB §§ 435, 439 Abs. 1 Satz 2 Für einen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.] noch nicht verjährten transportrechtlichen Anspruch (hier: nach der [X.]) gilt, sofern er nach dem neuen Recht einer längeren Verjährung unterliegt als nach dem früheren Recht, die neuere längere Verjährungsfrist.
[X.], [X.]. v. 15. Dezember 2005 - [X.] - [X.] LG Duisburg - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 17. November 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 4. Dezember 2002 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des Transportversicherers der [X.] (im Weiteren: K.-GmbH), die mit der Beklagten in ständiger Geschäftsverbindung stand. Der Beklagten oblag es, [X.] von den Lieferanten der K.-GmbH zu dieser zu befördern. 1 - 3 - 2 Am 19. Juni 1998 übernahm ein von der Beklagten beauftragter Fracht-führer in [X.] von der T.

GmbH & Co. KG (im Weiteren: [X.]) eine aus vier Paletten bestehende Waren- sendung und verbrachte diese in das [X.] der Beklagten in [X.]. Die Paletten enthielten nach dem Vortrag der Klägerin [X.] im Wert von 35.994,88 DM (= 18.403,89 •). Am 5. Februar 1999 mahnte die [X.] bei der K.-GmbH die Bezahlung der Zahngelenkstangen an. Die K.-GmbH forderte, nachdem sie bei der Überprüfung des Vorgangs zu dem Ergebnis gekommen war, dass sie die betreffende Warensendung nicht erhalten hatte, die Beklagte mit Schreiben vom 12. Mai 1999 auf, einen Ablieferungsnachweis für die Sendung zu erbrin-gen. Hierzu erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 21. Mai 1999 außer-stande. 3 Die K.-GmbH nahm daraufhin die Rechtsvorgängerin der Klägerin in [X.] und trat dieser dafür mit Schreiben vom 26. Mai 1999 ihre sämtlichen Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag mit der Beklagten ab. 4 Mit ihrer am 22. Juni 2001 bei Gericht eingereichten Klage hat die Kläge-rin von der Beklagten aus übergegangenem und abgetretenem Recht Zahlung von 35.994,88 DM nebst Zinsen begehrt. 5 Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat gegenüber dem [X.], soweit dieser auf Vertrag gestützt war, namentlich die Einrede der Verjährung erhoben. 6 Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. 7 - 4 - 8 Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurück-weisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin den [X.] [X.]. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin für nicht begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt: 9 Das [X.] habe etwaige Schadensersatzansprüche der K.-GmbH nach § 29 [X.] mit Recht als verjährt angesehen. Da die Warensendung noch im Laufe des Monats Juni 1998 habe abgeliefert werden sollen, sei die [X.] [X.] spätestens Ende Juli 1998 an- und Ende Juli 1999 abgelau-fen. Der [X.] unterliege nicht der dreijährigen Verjährungsfrist des mit dem Transportrechtsreformgesetz (vom [X.], [X.]. I S. 1588 - [X.]) neu gefassten § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB. Die Bestimmung des Art. 169 Abs. 1 EGBGB sei anders als die des Art. 169 Abs. 2 EGBGB nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens. Im Übrigen setzte auch die entsprechende An-wendung des Art. 169 Abs. 2 EGBGB voraus, dass die Ansprüche nach dem alten Recht durch die gesetzliche Neuregelung keine grundlegende sachliche Änderung erfahren hätten; der neue § 439 HGB stelle aber keine die § 40 [X.], § 439 HGB a.F. lediglich abändernde Verjährungsvorschrift, sondern eine die alten Haftungsregelungen verschärfende Haftungsanordnung dar, da danach die bislang nur bei vorsätzlicher Schadensverursachung geltende Sanktion der Verlängerung der Verjährungsfrist nunmehr auch schon bei leichtfertiger Scha-densverursachung eingreife. 10 - 5 - 11 Das [X.] sei auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klä-gerin, soweit sie wegen des geltend gemachten Verlusts der [X.] Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB geltend gemacht habe, im vollen Umfang darlegungs- und beweisbelastet sei und - soweit sie über-haupt eine pflichtwidrige Schädigungshandlung der Beklagten schlüssig darge-legt habe - diese jedenfalls nicht habe beweisen können. I[X.] Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochte-nen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 12 1. Keinen Rechtsfehler erkennen lässt allerdings die - von der Revision auch nicht angegriffene - Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihre auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Schadensersatzansprüche womöglich schon nicht schlüssig dargelegt, jedenfalls aber nicht zu beweisen vermocht. 13 2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass die durch das Transportrechtsreformgesetz neu gefasste Vorschrift des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB für die Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten vertraglichen Anspruchs nicht maßgebend ist. 14 a) Wie der Senat bereits entschieden hat, gilt für das im [X.] geregelte Speditions- und Transportrecht der in Art. 170 und Art. 232 § 1 EGBGB enthaltene Grundsatz, dass sich Inhalt und Wirkung eines Schuldver-hältnisses nach der zum Zeitpunkt seiner Entstehung geltenden Rechtslage richten, sofern kein Dauerschuldverhältnis betroffen ist (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, [X.] 1999, 19, 21 = [X.], 254; [X.] 149, 337, 343 m.w.N.; [X.], [X.]. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, [X.] 2003, 255, 256 f. = VersR 2003, 1017). 15 - 6 - 16 b) Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz findet sich allerdings in Art. 169 Abs. 1 EGBGB. Danach gilt für die Verjährung, soweit es nicht um deren Beginn, Hemmung oder Unterbrechung geht, grundsätzlich das neue Recht. Der Schuldner hat kein Recht auf den Fortbestand der bisherigen [X.]; er wird daher durch eine Verlängerung der Verjährung nicht unzumutbar belastet. Von diesem Grundsatz gehen auch die detaillierten Verjährungsvorschriften anlässlich der Herstellung der deutschen Einheit (Art. 231 § 6 Abs. 1 EGBGB) und der Modernisierung des Schuldrechts (Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB) aus. [X.]) Bei Einführung einer kürzeren als der bislang geltenden Verjäh-rungsvorschrift ist die Verjährung gemäß Art. 169 Abs. 2 EGBGB vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts an zu berechnen. Die Frage, ob sie [X.] zu dem Zeitpunkt abläuft, zu dem sie nach dem früheren Recht vollen-det gewesen wäre, war vom [X.] für das geänderte [X.] bislang noch nicht zu entscheiden (vgl. [X.], [X.]. v. 20.10.2005 - I ZR 18/03, [X.]. [X.]. 17 bb) Auch für den - im Streitfall gegebenen - umgekehrten Fall der [X.] enthält das Transportrechtsreformgesetz keine Be-stimmung. Es gilt demnach entsprechend Art. 169 Abs. 1 EGBGB das neue Recht. Danach ist hier zwar für den Beginn der Verjährung noch das alte Recht maßgebend, für deren Dauer aber die längere neue Frist (vgl. [X.], 266, 271 f.; [X.] in: [X.], Lehrbuch des Pandektenrechts, 9. Aufl., Erster Band, [X.] 1906, § 32 [X.]. 10; MünchKomm.BGB/[X.], 3. Aufl., Art. 169 EGBGB Rdn. 3). Eine spezielle Regelung, wie sie etwa beim Erlass des [X.]. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB (vgl. dazu die Begründung zu Art. 229 § 5 Abs. 2 EGBGB des Entwurfs 18 - 7 - eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, [X.]: "Diese Vorschrift stellt ein Novum gegenüber Art. 231 § 6 und Art. 169 [EGBGB] dar."; [X.], NJW 2002, 1297 [X.]. 2; vgl. auch [X.], [X.]. v. 26.10.2005 - [X.], [X.]. S. 7 f.) getroffen wurde, enthält das neue Recht nicht. Auf die längere Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB für den auf [X.] Verhalten gestützten Schadensersatzanspruch aus § 29 [X.] könnte sich die Klägerin daher nur dann nicht berufen, wenn das neue Transportrecht gegenüber dem bisher geltenden Recht eine vollständige rechtliche Neugestal-tung der Ansprüche im Sinne einer "Systemänderung" enthielte (vgl. [X.], [X.]. v. 23.11.1973 - [X.], NJW 1974, 236, 237 f.; [X.] 138, 24, 37 f. m.w.N.). Entgegen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beurteilung hat die Haftung des Frachtführers im Bereich des innerst[X.]tlichen Güterfernver-kehrs mit Kraftfahrzeugen infolge der Ersetzung der Bestimmungen der Kraft-verkehrsordnung durch die an deren Stelle getretenen §§ 407 ff. HGB jedoch keinen solchen grundlegenden Wandel erfahren. Das Transportrecht wurde insoweit einem einheitlichen Vertragsrechtssystem zugeführt, ohne dass der Grundsatz der Haftung auf Schadensersatz bei Verschulden in Frage gestellt wurde. II[X.] Danach konnte das angefochtene [X.]eil keinen Bestand haben; es war aufzuheben. 19 Das Berufungsgericht hat bislang - von seinem Standpunkt aus folgerich-tig - noch nicht geprüft, ob der Beklagten ein leichtfertiges Verhalten i.S. des § 435 HGB zur Last fällt und der Klägerin daher ein gemäß dem dann anzu-wendenden § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB noch unverjährter vertraglicher Anspruch zusteht. Die Sache war daher zur Nachholung der entsprechenden Feststellun-gen an die Vorinstanz zurückzuverweisen. 20 - 8 - Diese wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben. 21 [X.]Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.02.2002 - 21 O 98/01 - [X.], Entscheidung vom 04.12.2002 - 18 U 68/02 -

Meta

I ZR 9/03

15.12.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2005, Az. I ZR 9/03 (REWIS RS 2005, 232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 232

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