Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. I ZR 24/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2701

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 7. Juli 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 133 B, 157 B Bei einer Auftragserteilung an einen Konzern, in dem mehrere rechtlich selb-ständige Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammenge-faßt sind, entspricht es in der Regel dem Interesse des Auftraggebers, daß der beabsichtigte Vertrag mit der Gesellschaft innerhalb des Konzerns zustande kommt, die mit der nachgefragten Tätigkeit tatsächlich betraut ist. [X.], [X.]. v. 7. Juli 2005 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. Juli 2005 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das [X.]eil des 18. Zivil-senats des [X.] vom 12. Dezember 2001 aufgehoben und das [X.]eil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 14. September 2000 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, 40.903,35 • nebst 4 % Zinsen seit dem 2. November 1992 an die W.

GmbH, [X.].

, [X.]zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Klägerin, ein international tätiges Speditionsunternehmen, nimmt die Beklagte auf Freistellung von einer Schadensersatzverpflichtung in Anspruch. 1 Die Beklagte beauftragte mit Schreiben vom 8. November 1990 die [X.] in [X.] (im folgenden: [X.]) mit der speditio- nellen Abwicklung des Transports einer Industrieanlage nach [X.] (Saferco- Projekt). Ein Bestandteil dieser Anlage war ein etwa 82 t schwerer Behälter, der vor der Verschiffung nach [X.]/[X.] vom Firmengelände der [X.]-

AG in [X.] (im folgenden: [X.]) nach [X.] befördert werden mußte. Hierüber verhält sich das von der Beklagten an die [X.] gerichtete, als "Speditionsauftrag" bezeichnete Schreiben vom 10. September 1991. Mit der Durchführung des Transports von [X.] nach [X.] beauftragte die Klägerin die [X.]GmbH in [X.] (im folgenden: W-GmbH). 2 Am 19. September 1991 belud die [X.] im Auftrag der Beklagten den von der W-GmbH bereitgestellten Tieflader mit dem Behälter. Sie benutzte hierbei ihren betriebseigenen 100-Tonnen-Kran. Während des [X.] des Behälters auf die Ladefläche trat an dem Kran ein technischer Defekt ein, der dazu führte, daß der Behälter aus einer Höhe von etwa 2 m im freien Fall auf die Ladefläche des [X.] stürzte, der dadurch erheblich beschädigt wurde. 3 Die W-GmbH nahm die Klägerin auf Ersatz des ihr am Tieflader entstan-denen Schadens in Höhe von 812.270 DM in Anspruch. In diesem Rechtsstreit verkündete die Klägerin der Beklagten am 21. Dezember 1994 den Streit. Das [X.] [X.] verurteilte die Klägerin ([X.]eil vom 30. November 1998, 4 - 4 - [X.]. [X.]) wegen des in Rede stehenden Schadensfalls zur Zahlung von 80.000 DM nebst Zinsen an die [X.] Insoweit ist das [X.]eil des [X.]s [X.] rechtskräftig. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Freistellung von dem der W-GmbH zuerkannten Schadensersatzanspruch. Sie hat behauptet, sie habe mit der Beklagten mündlich einen Speditionsvertrag geschlossen. Diesen zuvor abgeschlossenen Vertrag habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 10. September 1991 lediglich noch bestätigt. Das Bestätigungsschreiben habe die Beklagte nur versehentlich an die [X.] adressiert. Die dem [X.] vorausgegangenen Verhandlungen mit der Beklagten seien aus-schließlich von ihren, der Klägerin, Mitarbeitern geführt worden. 5 Die Klägerin hat beantragt, 6 die Beklagte zu verurteilen, an die W-GmbH 80.000 DM nebst Zin-sen zu zahlen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat behauptet, sie habe seit [X.] 1990 wegen des Transports des Behälters mit der [X.] Vertrags-verhandlungen geführt und dieses Unternehmen schließlich mit der Beförde-rung beauftragt. Die [X.] habe sich ihr gegenüber verpflichtet, den Erfolg der Beförderungsleistung herbeizuführen. Sie wisse nicht, warum nicht die [X.], sondern die Klägerin die W-GmbH mit dem Transport beauftragt ha-be. Ferner hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. 7 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete [X.] ist erfolglos geblieben. 8 - 5 - Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. 9 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Schadensersatz we-gen des [X.] vom 19. September 1991 zu. Dazu hat es ausge-führt: 10 Die Klägerin habe keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus einem zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Spediti-onsvertrag, da sie nicht nachgewiesen habe, daß sie selbst Vertragspartnerin der Beklagten geworden sei. 11 Nach dem Tatsachenvortrag der Klägerin und dem Ergebnis der Beweis-aufnahme könne auch nicht festgestellt werden, daß zwischen der [X.] und der Beklagten ein Speditionsvertrag zustande gekommen sei. Demgemäß [X.] wegen des Verladeunfalls vom 19. September 1991 auch keine ver-traglichen Schadensersatzansprüche der [X.] gegen die Beklagte, die im Wege der Abtretung auf die Klägerin übergegangen sein könnten. 12 I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Zustandekommen eines Spedi-tionsvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten verneint. 13 - 6 - 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nicht den ihr obliegenden Beweis geführt, daß sie selbst Vertragspartnerin der Beklagten geworden sei. Es sprächen vielmehr folgende Indizien für einen Vertragsschluß zwischen der [X.] und der Beklagten: 14 Der Transport des Behälters sei Bestandteil des Saferco-Projekts der Beklagten gewesen, in dessen Durchführung die [X.] aufgrund eines zwi-schen dieser und der Beklagten geschlossenen Rahmenvertrags seit [X.] 1990 eingebunden gewesen sei. Wenn die Mitarbeiter der Beklagten dann unter Bezugnahme auf dieses Projekt gegenüber den Mitarbeitern der [X.], die 1990 auf seiten der [X.] die Verhandlungen für den Rahmenvertrag geführt hätten, den hier in Rede stehenden Speditionsauftrag erteilten, sei nach den §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, daß sich das [X.] an die [X.] gerichtet habe. In dem Speditionsauftrag vom 10. September 1991 sei die [X.] auch als Vertragspartnerin der Beklagten bezeichnet. Die Behauptungen der Klägerin, in Wahrheit habe die Beklagte ihr den Speditionsauftrag nach vorausgegangenen Vertragsverhandlungen erteilt, und die Beklagte habe ihr Schreiben vom 10. September 1991 nur versehent-lich an die [X.] adressiert, hätten die vom Senat vernommenen Zeugen nicht bestätigt, so daß die Klägerin insoweit beweisfällig geblieben sei. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 15 2. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht zu Unrecht ei-nen Vertragsschluß zwischen den Parteien des Rechtsstreits verneint hat. 16 Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß es im Falle der [X.] an einen Konzern, in dem mehrere rechtlich selbständige Unternehmen 17 - 7 - mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammengefaßt sind, in der Regel dem Interesse des Auftraggebers entspricht, daß der beabsichtigte Vertrag mit der Gesellschaft innerhalb des Konzern zustande kommt, die mit der nachge-fragten Tätigkeit tatsächlich betraut ist. Das war hier die Klägerin. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin hat die [X.] seit Mitte Juni/Juli 1991 nicht mehr am operativen speditionellen Geschäft [X.]. Für den früheren Tätigkeitsbereich der [X.] war ab diesem Zeit-punkt ausschließlich die Klägerin zuständig, die auch das Personal der nicht mehr operativ tätigen [X.] vollständig übernommen hatte. Unter diesen Umständen konnte nur durch eine Ausführung des Auftrags seitens der Kläge-rin den Interessen der Beklagten Rechnung getragen werden. Die [X.] war mangels eigenen Personals nicht mehr zur Erledigung des Auftrags der [X.] in der Lage. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, daß die Beklagte den Rahmenvertrag im November 1990 mit der [X.] geschlossen hatte. Ebenso ist es ohne Bedeutung, daß gegenüber der Beklagten dieselben [X.] handelten, die zuvor für die [X.] tätig waren. Denn ab Mitte 1991 war das Personal der [X.] von der Klägerin übernommen worden. Nach den Bekundungen des vom Berufungsgericht vernommenen Zeugen L. wur- den die mit der Beklagten bestehenden Aufträge und Projekte auch unter der Firma der Klägerin abgewickelt und abgerechnet. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die Beklagte dagegen Einwände erhoben hat, was Indiz für ein Vertrags-verhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ist. 3. Dem Senat ist eine abschließende Sachentscheidung möglich, da wei-tere Feststellungen nicht zu treffen sind. Die Beklagte ist nach den für den Streitfall gemäß Art. 229 § 5 EGBGB geltenden Grundsätzen der positiven For-derungsverletzung verpflichtet, die Klägerin von ihrer Verbindlichkeit gegenüber 18 - 8 - der W-GmbH freizustellen. Dieser Anspruch ist entgegen der Hilfserwägung des Berufungsgerichts nicht verjährt. a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Rechte und Pflichten der Parteien sich nach den für den Speditionsvertrag gel-tenden Vorschriften der §§ 407 ff. [X.] richten. Den Nachweis einer Fix-kostenspedition hat die Beklagte unstreitig nicht erbracht. 19 b) Im Rahmen der Durchführung des Speditionsvertrags hat die Beklagte es als Auftraggeberin und Versenderin übernommen, den [X.], der sich auf dem Gelände der [X.] in [X.] befand, auf den Tieflader der von der Klägerin beauftragten W-GmbH zu laden. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung bediente sich die Beklagte der [X.]. Deren Fehlverhalten hat zur [X.] des [X.] und zur rechtskräftig festgestellten Schadensersatzver-pflichtung der Klägerin gegenüber der W-GmbH geführt. Die Beklagte haftet für das Verhalten der [X.] gemäß § 278 BGB. Sie hat deshalb die Klägerin von deren Verbindlichkeit gegenüber der W-GmbH freizustellen (§ 249 BGB). 20 c) Der Anspruch der Klägerin aus positiver Forderungsverletzung gegen die Beklagte als Auftraggeberin des Speditionsvertrags (§§ 407 ff. [X.]) unterlag nach altem Transportrecht der Verjährungsvorschrift des § 195 BGB (vgl. auch [X.], [X.]. v. 26.9.1980 - I ZR 119/78, NJW 1981, 918, 919). Es kann offenbleiben, ob mit der Neufassung der Vorschriften zum Transportrecht zum 1. Juli 1998 und der damit einhergehenden Vereinheitlichung der Verjährungs-vorschriften (§§ 463, 439 HGB) auch die vor dem Inkrafttreten des [X.] begründeten Ansprüche - mangels einer anderweitigen Regelung, wie sie z.B. bei Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgeset-zes getroffen wurde (Art. 229 § 6 EGBGB) - der ab dem Zeitpunkt der Geltung 21 - 9 - des [X.] laufenden kurzen, hier einjährigen Frist des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB, entsprechend Art. 169 Abs. 2 EGBGB unterwor-fen wurden (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 439 HGB [X.]. 1 m.w.[X.]). Auch für diesen Fall wäre der Anspruch nicht mit Ablauf des 30. Juni 1999 ver-jährt. Der Lauf der Verjährungsfrist war nämlich durch die von der Klägerin im [X.] der Beklagten ge-genüber ausgesprochenen Streitverkündung gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. unterbrochen. Die Unterbrechung endete mit Rechtskraft der vom [X.] ausgesprochenen Verurteilung (§ 211 Abs. 1 BGB a.F.). Diese trat erst ein, als die Klägerin im [X.] keine Anschlußberufung mehr einlegen konnte. Maßgeblich hierfür ist der 4. November 1999 als Zeitpunkt der letzten mündli-chen Verhandlung vor dem [X.]. Eine ab diesem Zeitpunkt lau-fende einjährige Verjährungsfrist (§ 217 BGB a.F., Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB) wäre bis zur Klageerhebung (28. April 2000) noch nicht abgelaufen gewesen. 22 - 10 - II[X.] Der Klage ist danach stattzugeben. Die Beklagte trägt gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits. 23 [X.] v. Ungern-Sternberg [X.]

[X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 14.09.2000 - 31 O 58/00 - [X.], Entscheidung vom 12.12.2001 - 18 U 236/00 -

Meta

I ZR 24/02

07.07.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. I ZR 24/02 (REWIS RS 2005, 2701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2701

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