Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.12.2019, Az. IV R 8/17

4. Senat | REWIS RS 2019, 161

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Gegenstand

Wegfall der Unternehmensidentität kann zu abgekürztem Erhebungszeitraum führen; Identität von "bisherigem" und "neuem" Gewerbebetrieb


Leitsatz

1. Fällt die Unternehmensidentität und damit die sachliche Gewerbesteuerpflicht während des Kalenderjahrs weg, ist der Gewerbesteuermessbetrag für einen abgekürzten Erhebungszeitraum festzusetzen .

2. Ob der bisherige Gewerbebetrieb eingestellt und (ggf.) ein neuer Gewerbebetrieb in Gang gesetzt wird, bestimmt sich danach, ob der "bisherige" und der "neue" Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung identisch sind. Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a GewStG entwickelt wurden. Dabei steht die Überführung wesentlicher Betriebsgrundlagen, insbesondere von Wirtschaftsgütern mit erheblichen stillen Reserven, der Einstellung des "bisherigen" Betriebs nicht entgegen (Änderung der Rechtsprechung) .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 18.05.2017 - 1 K 3691/15 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe des festzusetzenden [X.]s.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1996 gegründete [X.]. Ihre Komplementärin hat keine Kapitaleinlage zu leisten und ist am Ergebnis der Klägerin nicht beteiligt. Kommanditisten waren im Streitjahr 2012 zunächst die [X.], eine Anstalt des öffentlichen Rechts, und die [X.], eine rechtsfähige Stiftung. Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr.

3

Unternehmensgegenstand der Klägerin war zunächst

"a. der Erwerb, die Errichtung und der Betrieb von Anlagen aller Art zur …;

b. der Erwerb, die Errichtung und der Betrieb von Anlagen aller Art zur …;

c. die Durchführung aller mit den in a. und b. bezeichneten Gegenständen mittelbar oder unmittelbar zusammenhängenden Geschäfte".

4

Zum 30.10.2012 veräußerten [X.] und [X.] ihre Kommanditanteile an der Klägerin an den Z, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die [X.]santeile an der Komplementärin wurden ebenfalls auf Z übertragen.

5

Nach dem [X.]erwechsel wurden die [X.]sverträge der Klägerin und ihrer Komplementärin am 30.11.2012 neu gefasst. Gleichzeitig wurde der Sitz der Klägerin von X nach [X.] verlegt. Seither ist Gegenstand des Unternehmens die Errichtung, der Betrieb und die Verpachtung von Anlagen aller Art zur …; die [X.] ist zu allen Geschäften und [X.]aßnahmen berechtigt, die mit dem vorstehenden Geschäftszweck technisch oder wirtschaftlich im Zusammenhang stehen oder dienen oder diesem dienlich oder förderlich sind. Die [X.] kann andere Unternehmen gleicher oder verwandter Art gründen, erwerben oder sich an ihnen beteiligen.

6

[X.]it [X.] verpachtete die Klägerin die Gebäude und Betriebsvorrichtungen des … (Kraftwerk) mit Wirkung zum 01.11.2012 an [X.] Das Grundstück, auf dem das Kraftwerk errichtet worden war, steht im Eigentum des [X.] Dieser hatte es der Klägerin 1998 mit Erbbaurechtsvertrag überlassen.

7

Auf den [X.]punkt des Verkaufs (30.10.2012) hatte die Klägerin einen Zwischenabschluss erstellt.

8

In ihrer Erklärung zur gesonderten [X.]eststellung des [X.] und zur gesonderten [X.]eststellung des [X.] errechnete die Klägerin --ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € und unter Berücksichtigung des Einheitswerts des Grundbesitzes und von Entgelten für [X.] ihren Gewerbeertrag mit … €. Diesen kürzte sie in Höhe eines Betrags von … € um den Verlust, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]A--) zum 31.12.2011 mit … € festgestellt hatte. Sodann errechnete sie den Gewerbeertrag nach Verlustabzug mit …  € und den [X.] mit … €. Den abziehbaren Verlust in Höhe von … € hatte sie wie folgt ermittelt:

9

Verlustabzug

        

unbeschränkt nach § 10a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes

in der im Streitjahr geltenden [X.]assung ([X.])

   1.000.000,00 €

        

beschränkt nach § 10a Satz 2 [X.],

60 % von (…,73 ./. 1 [X.]io.)

… €

                 

… €

Der Betrag von …,73 € setzte sich dabei aus dem steuerlichen Ergebnis (nur) von [X.] und [X.] für die [X.] vom 01.01. bis zum 30.10.2012 sowie aus den auf [X.] und [X.] in dieser [X.] anteilig entfallenden Hinzurechnungen und Kürzungen zusammen.

Das [X.]A setzte den Gewerbeertrag der Klägerin --insoweit der Gewerbesteuererklärung folgend-- im [X.] vom 01.07.2014 mit … € an. Diesen kürzte das [X.]A dann jedoch um nur … € und ermittelte so einen Gewerbeertrag nach Verlustabzug in Höhe von … € und einen [X.] von … €. Den abziehbaren Verlust in Höhe von … € hatte das [X.]A wie folgt ermittelt:

Verlustabzug

        

unbeschränkt nach § 10a Satz 1 [X.],

anteilig 10/12 von 1 [X.]io.

     833.334,00 €

        

beschränkt nach § 10a Satz 2 [X.],

60 % von (… ./. 833.334)

… €

                 

… €

Am 01.07.2014 ergingen zudem Bescheide für 2012 über die Zerlegung des [X.]s sowie über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung u.a. nach § 35 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 26.11.2014).

Das [X.]inanzgericht ([X.]G) wies die Klage mit Urteil vom 18.05.2017 - 1 K 3691/15 ab. Es entschied, dass das [X.]A den [X.] in zutreffender Höhe festgesetzt habe. Erhebungszeitraum sei das gesamte Kalenderjahr 2012. Der partielle [X.]itunternehmerwechsel habe auf die persönliche Steuerpflicht der Klägerin keinen Einfluss. Auch die Verpachtung der Gebäude und der Betriebsvorrichtungen des Kraftwerks mit Wirkung ab 01.11.2012 habe die sachliche Steuerpflicht der Klägerin nicht beendet, da die Klägerin eine gewerblich geprägte Personengesellschaft sei, so dass die Verpachtung weiterhin als Gewerbebetrieb anzusehen sei. Im Rahmen der Kürzung des [X.] um [X.] habe das [X.]A auch zutreffend den Gewerbeertrag für das gesamte Streitjahr unter Saldierung des positiven [X.] bis zum [X.]erwechsel mit den danach entstandenen Verlusten ermittelt. Auch die nur zeitanteilige Berücksichtigung des [X.] mit 10/12 von 1 [X.]io. € sei zutreffend.

[X.]it ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt,
das [X.]G-Urteil aufzuheben und den Bescheid über den [X.] für 2012 vom 01.07.2014, insoweit unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2014, dahin zu ändern, dass der [X.] auf … € festgesetzt wird, und den Bescheid über die Zerlegung des [X.]s für 2012 und den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung nach § 35 Abs. 2 EStG, jeweils vom 01.07.2014 und insoweit unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2014, dahin zu ändern, dass darin für die Zerlegung und für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG jeweils von einem [X.] von … € ausgegangen wird.

Das [X.]A beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur [X.]urückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Streitgegenstand sind der [X.] vom 01.07.2014, mit dem der [X.] auf … € festgesetzt wurde, der [X.] vom 01.07.2014, soweit das [X.] darin von einem [X.] von … € ausgegangen ist, und die in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 01.07.2014 enthaltene Feststellung des Betrags des [X.]s nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG mit … €. Da dies zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.

2. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben. Denn die bisherigen Feststellungen des [X.] tragen nicht seine Entscheidung, dass auch die Verpachtung der Gebäude und [X.] des Kraftwerks aufgrund des [X.] die sachliche Steuerpflicht der Klägerin nicht beendet habe.

a) Gemäß § 14 Satz 1 [X.] wird der [X.] für den Erhebungszeitraum festgesetzt. Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr (Satz 2). Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während eines ganzen [X.], so tritt an dessen Stelle der [X.]eitraum der Steuerpflicht (abgekürzter Erhebungszeitraum, Satz 3).

aa) Die Gewerbesteuerpflicht in § 14 Satz 3 [X.] knüpft an den Steuergegenstand gemäß § 2 [X.] an. Danach unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]), der Gewerbesteuer. Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S. des EStG (§ 2 Abs. 1 Satz 2 [X.]). [X.]it dem Begriff "gewerbliches Unternehmen" werden nicht nur die sachlichen Grundlagen des Betriebs und die mit ihnen ausgeübte Tätigkeit angesprochen, sondern auch deren Beziehung zu dem oder den Unternehmern des Betriebs (Urteil des [X.] --BFH-- vom 03.04.2008 - IV R 54/04, [X.], 495, [X.], 742). Die Steuerpflicht gemäß § 14 Satz 3 [X.] knüpft daher ausschließlich an die sachliche Steuerpflicht und nicht an die persönliche Steuerpflicht (= Steuerschuldnerschaft) an (z.B. BFH-Urteil vom 25.04.2018 - IV R 8/16, [X.], 175, [X.], 484, Rz 16). Der [X.] ist danach für das Kalenderjahr als Erhebungszeitraum festzusetzen, wenn die sachliche Steuerpflicht während des [X.] fortbesteht; er ist für einen abgekürzten Erhebungszeitraum festzusetzen, wenn die sachliche Steuerpflicht nur für diesen [X.]eitraum bestanden hat.

bb) [X.]u Recht ist das [X.] danach zwar davon ausgegangen, dass ein partieller Unternehmerwechsel keinen Einfluss auf die sachliche Steuerpflicht einer Personengesellschaft hat (z.B. BFH-Urteile vom 26.06.1996 - VIII R 41/95, [X.], 455, [X.] 1997, 179, unter 2.a aa; vom 22.01.2009 - IV R 90/05, [X.], 364, unter [X.]). Ebenso zutreffend ist es davon ausgegangen, dass es durch die Veräußerung der [X.] und [X.] an [X.] zum 30.10.2012 nur zu einem solchen partiellen Unternehmerwechsel gekommen ist, der dementsprechend nicht zu einem abgekürzten Erhebungszeitraum führen konnte. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt im Streitfall ein partieller [X.]itunternehmerwechsel und kein Fall des § 2 Abs. 5 [X.] vor. Ein solcher ist nur anzunehmen, wenn alle [X.]itunternehmer der das Unternehmen fortführenden Personengesellschaft ausscheiden (z.B. BFH-Urteil in [X.], 455, [X.] 1997, 179, unter [X.], m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil in [X.], 175, [X.], 484, Rz 18). Das ist hier aber nicht der Fall. Denn die Komplementär-GmbH ist aus der Klägerin nicht ausgeschieden. Entgegen der Auffassung der Klägerin war auch die Komplementär-GmbH [X.]itunternehmerin der Klägerin. Dass sie weder am Vermögen noch am Gewinn oder Verlust der Klägerin beteiligt war, steht dem nicht entgegen. Denn ihr [X.]itunternehmerrisiko besteht darin, dass sie als Komplementärin das Risiko der Haftungsinanspruchnahme für Verluste zu tragen hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 03.02.2010 - IV R 26/07, [X.], 365, [X.] 2010, 751, Rz 27; in [X.], 455, [X.] 1997, 179, unter [X.]; vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.], 444, [X.] 2013, 79, Rz 25 f.).

cc) Die bisherigen Feststellungen des [X.] tragen jedoch nicht seine Entscheidung, dass auch die Verpachtung der Gebäude und [X.] des Kraftwerks aufgrund des [X.] die sachliche Steuerpflicht der Klägerin nicht beendet habe. [X.]ur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] insoweit allein darauf abgestellt, dass es sich bei der Klägerin um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft handele, so dass die Verpachtung weiterhin als Gewerbebetrieb anzusehen sei. Insoweit hat das [X.] nicht berücksichtigt, dass auch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nacheinander mehrere Gewerbebetriebe haben kann (z.B. BFH-Urteil vom 04.05.2017 - IV R 2/14, [X.], 470, [X.] 2017, 1138, Rz 38 f., m.w.N.). Dass die Klägerin das Kraftwerk mit Vertrag vom 14.12.2012 verpachtet hat, kann daher dazu geführt haben, dass sie ihren bisherigen Betrieb eingestellt und mit Beginn der [X.] ggf. einen neuen Betrieb begonnen hat.

(1) Ob im Einzelfall der bisherige Gewerbebetrieb eingestellt und (ggf.) ein neuer Gewerbebetrieb in Gang gesetzt wird, bestimmt sich danach, ob der "bisherige" und der "neue" Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung identisch sind (z.B. BFH-Urteil vom 13.04.2017 - IV R 49/15, [X.], 441, Rz 24). Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a [X.] entwickelt wurden (z.B. BFH-Urteil in [X.], 441, Rz 24).

(a) Unter Gewerbebetrieb ist in diesem [X.]usammenhang die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 EStG). Ob diese die gleiche geblieben ist, muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen [X.]erkmale wie insbesondere der Art der Betätigung, des Kunden- und Lieferantenkreises, der Arbeitnehmerschaft, der Geschäftsleitung, der Betriebsstätten sowie der [X.]usammensetzung des [X.] beurteilt werden. Bei einer Personengesellschaft ist insoweit auf die von der Personengesellschaft ausgeübte werbende Tätigkeit abzustellen, auch wenn die [X.]itunternehmer Träger des [X.] sind. Denn der Steuergegenstand, die gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 15 EStG, wird durch die Tätigkeit der Personengesellschaft bestimmt (z.B. BFH-Urteil in [X.], 470, [X.] 2017, 1138, Rz 34 f., m.w.N.).

(b) Soweit es in früheren Entscheidungen im [X.]usammenhang mit der Frage, ob der "bisherige" Betrieb fortgeführt oder eingestellt wird, heißt, eine Betriebsaufgabe sei regelmäßig zu verneinen, wenn wesentliche [X.]n, insbesondere Wirtschaftsgüter mit erheblichen stillen Reserven, in den neuen Betrieb überführt werden (z.B. BFH-Urteile vom 03.04.2014 - IV R 12/10, [X.], 306, [X.] 2014, 1000, Rz 74; vom 22.01.2015 - IV R 10/12, Rz 30; vom 13.10.2016 - IV R 21/13, [X.], 156, [X.] 2017, 475, Rz 44; vom 17.03.2010 - IV R 41/07, [X.], 381, [X.] 2010, 977), hält der Senat daran jedenfalls für die Frage, ob es in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht zu einem Wegfall der Unternehmensidentität und damit zu einem Wegfall der sachlichen Steuerpflicht kommt, nicht mehr fest. Der Umstand, dass eine für den "bisherigen" Betrieb wesentliche [X.] --insbesondere dann, wenn sie "wesentlich" nur wegen der in ihr enthaltenen stillen Reserven ist-- in dem "neuen" Betrieb weiter genutzt wird, kann zwar einer der Umstände sein, die bei der erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände zu berücksichtigen sind. Allein aus dem Umstand, dass ein Wirtschaftsgut weiter genutzt wird, in dem erhebliche stille Reserven ruhen, kann aber noch nicht auf eine Weiterführung des "bisherigen" Betriebs geschlossen werden.

(2) Sind nach der erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände der bisherige und der neue Betrieb nicht identisch, endet die sachliche Steuerpflicht für den bisherigen Betrieb mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit und es beginnt (ggf.) eine (neue) sachliche Steuerpflicht mit Aufnahme der (neuen) werbenden Tätigkeit. Entsprechend endet der Erhebungszeitraum für den bisherigen Betrieb und es beginnt (ggf.) ein (neuer) Erhebungszeitraum für einen neuen Betrieb. Fällt die Einstellung der bisherigen werbenden Tätigkeit nicht mit dem Ablauf des [X.] zusammen, kommt es für den bisherigen Betrieb zu einem abgekürzten Erhebungszeitraum i.S. des § 14 Satz 3 [X.]. Entsprechend kommt es zu einem abgekürzten Erhebungszeitraum für den neuen Betrieb, wenn die insoweit maßgebliche werbende Tätigkeit nicht zu Beginn eines [X.] aufgenommen wird. War auf den 31.12. des Vorjahrs ein vortragsfähiger Fehlbetrag nach § 10a [X.] festgestellt, kann dieser, vorausgesetzt, die Unternehmeridentität ist nicht (ggf. teilweise) weggefallen, im Folgejahr nur noch mit einem positiven Gewerbeertrag des bisherigen Betriebs verrechnet werden. Soweit er dazu nicht genutzt werden kann, fällt er weg. Er kann selbst bei bestehender Unternehmeridentität wegen Wegfalls der Unternehmensidentität nicht mehr zur Verrechnung mit einem positiven Gewerbeertrag des neuen Betriebs genutzt werden. Erwirtschaftet der neue Betrieb seinerseits allerdings einen Verlust, ist dieser auf den 31.12. des Entstehungsjahrs als vortragsfähiger Gewerbeverlust festzustellen.

b) Da das [X.] von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben. Denn die Frage, ob die Verpachtung des [X.] zu einer Einstellung des (bisherigen) Betriebs der Klägerin geführt hat mit der Folge, dass wegen Wegfalls der sachlichen Steuerpflicht für diesen nach § 14 Satz 3 [X.] ein abgekürzter Erhebungszeitraum zu berücksichtigen ist, ist für den Streitfall entscheidungserheblich. Dies folgt schon daraus, dass die Ermittlung des [X.] nach § 7 [X.] bei Annahme eines während des gesamten [X.] bestehenden Gewerbebetriebs der Klägerin zu einem anderen Ergebnis führen würde als bei Annahme eines nur während eines Teils des [X.] bestehenden Gewerbebetriebs oder zweier nacheinander bestehender Gewerbebetriebe der Klägerin.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das [X.] hat --aus seiner Sicht zu [X.] bislang keine ausreichenden Feststellungen zur bisherigen Tätigkeit der Klägerin sowie dazu getroffen, ob es sich bei dieser gewerbesteuerrechtlich um eine andere Tätigkeit handelt als die [X.]. Sollte dies der Fall sein, müsste das [X.] auch noch klären, zu welchem [X.]eitpunkt die bisherige Tätigkeit beendet wurde. Nach den bisherigen Feststellungen des [X.] wurde der Pachtvertrag, demzufolge die Verpachtung bereits am 01.11.2012 begonnen haben soll, erst am 14.12.2012 geschlossen. Eine rückwirkende Begründung eines Pachtverhältnisses ist steuerlich jedoch nicht anzuerkennen. In Betracht kommt aber, dass es sich bei dem schriftlichen Vertrag lediglich um die spätere schriftliche Fixierung eines bereits zum 01.11.2012 abgeschlossenen und auch tatsächlich vollzogenen Vertrags handelt.

Sollte die Klägerin, wofür Vieles spricht, das Kraftwerk bis zur Verpachtung an [X.] selbst betrieben haben, wäre sie mit dieser Tätigkeit originär gewerblich tätig gewesen. Sollte es durch die Änderung des [X.] der Klägerin und ihrer Komplementärin zum 30.10.2012 zu einer Betriebsaufspaltung zwischen ihr und [X.] gekommen sein, erzielte die Klägerin als Besitzgesellschaft auch mit ihrer [X.] weiterhin originär gewerbliche Einkünfte. Für die Frage, ob es durch die [X.] der Klägerin zu einem Wegfall der Unternehmensidentität gekommen ist, kommt es allerdings nicht darauf an, ob die Klägerin mit ihrer bisherigen Tätigkeit originär gewerbliche Einkünfte oder solche aus gewerblicher Prägung erzielt hat, und ob sie durch die [X.] (als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung) weiterhin originär gewerbliche Einkünfte erzielt hat. Entscheidend für den Streitfall ist allein, ob es durch die Verpachtung des [X.] zu einer unterjährigen Beendigung ihres bisherigen Betriebs gekommen ist. Davon ist auszugehen, wenn die Klägerin sich von einem aktiven Unternehmen zu einem bloßen Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gewandelt hat (vgl. zur Abgrenzung von Umstrukturierungen während bestehender Betriebsaufspaltung BFH-Urteil vom 30.10.2019 - IV R 59/16, [X.], 386).

Durch die [X.]urückverweisung erhält das [X.] die Gelegenheit, die insoweit erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 8/17

19.12.2019

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 18. Mai 2017, Az: 1 K 3691/15, Urteil

§ 2 Abs 1 S 2 GewStG 2002, § 2 Abs 5 GewStG 2002, § 10a GewStG 2002, § 14 GewStG 2002, GewStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.12.2019, Az. IV R 8/17 (REWIS RS 2019, 161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 161

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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