Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. IV ZR 73/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4017

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 73/13

Verkündet am:

16. Juli 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z:

ja

[X.]R: ja

[X.] § 5a [X.]: 21. Juli 1994;
BGB §§
242 [X.], 812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1;
Zweite Richtlinie 90/619/[X.] des Rates vom 8.
November 1990 zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversiche-rung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungs-verkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/[X.] Artikel
15 Abs.
1 Satz
1
[X.]/[X.] des Rates vom 10.
November 1992 zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversiche-rung) sowie zur Änderung der [X.]/[X.] und 90/619/[X.] ([X.]) Artikel
31 Abs.
1

1.
Zur Vereinbarkeit des so genannten [X.]s (§
5a Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Satz
1 bis 3 [X.] a.[X.]) mit den Vorgaben des Art.
31 Abs.
1 der [X.] und des Art.
15 Abs.
1 Satz
1 der [X.] Richtlinie Lebens-versicherung.

-
2
-

2.
Einem Versicherungsnehmer, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformation und eine [X.] nach §
5a [X.] a.[X.] erhielt, ist nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksam-keit nach
[X.] und Glauben wegen wi[X.]prüchlichen Verhaltens verwehrt.

[X.], Urteil vom 16. Juli 2014 -
IV ZR 73/13 -
OLG Frankfurt am Main

[X.]

-
3
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], den Richter Dr.
Karczewski und die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 16.
Juli 2014

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 18.
Januar 2013 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von Versiche-rungsprämien und Nutzungsersatz in Anspruch.

Er beantragte am 14.
August 1998 bei der Rechtsvorgängerin der [X.] den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Nach den

von der Revision nicht angegriffenen

Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt der Kläger im August 1998 mit dem Versiche-rungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformati-on nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über sein Wi[X.]pruchsrecht in drucktechnisch deutlicher Form gemäß
§
5a des Gesetzes über den Versicherungsver-trag ([X.] -
[X.]) in der Fassung des [X.] des Ra-1
2
-
4
-

tes der Europäischen Gemeinschaften vom 21.
Juli 1994 ([X.]
I S.
1630).

Diese mehrfach geänderte und mit [X.]auf des Jahres 2007 außer [X.] getretene Vorschrift hatte in der bis zum 31.
Juli 2001 gültigen [X.] folgenden Wortlaut:

"(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen
nicht über-geben oder eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der [X.], der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den [X.] als ab-geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht inner-halb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterla-

(2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem [X.] und die Unterlagen nach Absatz
1 vollständig vorliegen und der [X.] bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das [X.], den Fristbeginn und die Dauer belehrt

Aufgrund eines [X.] des [X.] wurde im Januar 2004 ein neuer Versicherungsschein ausgestellt, den der Kläger nach den -
von der Revision ebenfalls nicht angegriffenen
-
Feststellungen des Berufungsgerichts mit den Versicherungsbedingungen, einer Verbrau-cherinformation und einer ordnungsgemäßen Wi[X.]pruchsbelehrung er-hielt.

Der Kläger zahlte von September 1998 bis März 2004 Prämien in Höhe von insgesamt 17.128,55

3
4
5
-
5
-

gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte den Rückkaufswert in Höhe von 12.481,57

Mit Schreiben vom 8.
März 2011 erklärte der Kläger gegenüber der [X.] "den Wi[X.]pruch gem. §
5a [X.] a.[X.] bzw. nach §
8 [X.] bzw. den Widerruf nach §
355 BGB".

Mit der Klage begehrt der Kläger die Differenz zwischen gezahlten Prämien und ausgekehrtem Rückkaufswert sowie Nutzungsersatz in [X.] einer 7%-igen Verzinsung der Prämien. Er meint, der [X.] sei nicht wirksam zustande gekommen, weil das in §
5a [X.] a.[X.] geregelte [X.] mit den [X.] nicht vereinbar
sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Forderung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat

soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung

ausgeführt: Dem Kläger stünden keine bereicherungs-rechtlichen
Ansprüche auf Rückzahlung der den Rückkaufswert überstei-genden Prämien nebst Zinsen zu. Er habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des [X.]s gemäß §
5a [X.] a.[X.] verstoße nicht 6
7
8
9
10
-
6
-

gegen die [X.]. Das Wi[X.]pruchsrecht des [X.] sei 14 Tage nach dem Zugang der
Police nebst [X.], Versicherungsbedingungen und [X.] erloschen. Dasselbe gelte hinsichtlich der 2004 durchgeführten Vertragsänderung, so dass offen bleiben könne, ob dem Kläger insoweit ein Recht zum Wi[X.]pruch zugestanden habe.

I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Kläger kann nicht gemäß den §§
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1, 818 Abs.
1 BGB Rückzahlung der Prämien und Nutzungsersatz verlangen.
Er hat die Prämien mit Rechtsgrund an die Beklagte geleistet (dazu unter 1.). Im Übrigen ist ihm nach jahrelanger Durchführung des [X.] die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach [X.] und Glauben wegen wi[X.]prüchlichen Verhaltens verwehrt (dazu unter 2.).

1. Der zwischen
den Parteien abgeschlossene [X.] ist auf der Grundlage des §
5a [X.] a.[X.] wirksam zustande gekommen.

a) Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem so ge-nannten [X.]. Es betraf Fälle, in denen der Versicherer

wie hier die Beklagte

dem Versicherungsnehmer bei dessen Antragstellung die Versicherungsbedingungen zunächst nicht übergeben und eine den Anforderungen des §
10a [X.] a.[X.] genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte. Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das [X.] zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspo-lice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Ver-11
12
13
14
-
7
-

tragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.] erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14
Tagen nach Überlas-sung der vollständigen Unterlagen schriftlich wi[X.]prach. Bis zum [X.] dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszu-gehen (vgl. dazu Senatsurteile vom 7.
Mai 2014

[X.], [X.], 817
Rn.
15; vom 24.
November 2010

IV ZR 252/08, [X.], 337 Rn.
22 m.w.[X.]; Senatsbeschluss vom 28.
März 2012

[X.], [X.], 608 Rn.
10 m.w.[X.]). Der Vertrag erlangte rückwirkend zum [X.]punkt der Vertragsannahme Wirksamkeit, wenn der Versicherungs-nehmer innerhalb der Wi[X.]pruchsfrist von seinem Recht zum
[X.] keinen Gebrauch gemacht hatte (Senatsurteil vom 24.
November 2010 aaO m.w.[X.]).

Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Vertrages nach dem [X.] sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen
des Berufungsgerichts erhielt der Kläger mit dem Versicherungsschein im August 1998 die Versicherungsbedingun-gen, eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße [X.]. Bis zum [X.]auf der damit in Gang gesetzten 14-tägi-gen Wi[X.]pruchsfrist erklärte der Kläger den Wi[X.]pruch nicht.

b) Der so geschlossene Versicherungsvertrag unterliegt entgegen der Auffassung der Revision nicht wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] Wirksamkeitszweifeln.
Dabei ist der erkennende Se-nat
an[X.] als es in Bezug auf die Vorschrift des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] (Senatsbeschluss vom 28.
März 2012

[X.], [X.], 608 Rn.
14
ff.) der Fall war

nicht gehalten, eine Vorabentschei-dung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen. Zum einen 15
16
-
8
-

(dazu sogleich unter c) steht die richtige Anwendung des Gemeinschafts-rechts bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] bezogen auf das [X.] außer Zweifel, so dass die Vorlagepflicht gemäß §
267 Abs.
1 Buchst.
b, Abs.
3 des [X.] über die Arbeitsweise der [X.] ([X.])
entfällt
(vgl. [X.]
Slg.
1982, 3415, 3430 und ständig; [X.] [X.], 644 Rn.
27
f.; [X.], 647 Rn.
26
ff.). Zum anderen scheidet eine Vorlage aus, weil die Frage der Vereinbarkeit des §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.] mit dem Gemeinschaftsrecht
im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist
(dazu unter 2.; vgl. [X.] aaO).

c) Das [X.] steht nach Auffassung des Senats eindeutig in Einklang mit den

für den streitgegenständlichen [X.]raum maßgebli-chen

Bestimmungen der Art.
15 Abs.
1 Satz
1 der Richtlinie 90/619/[X.] des Rates vom 8.
November 1990 zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebens-versicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/[X.] (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. [X.] S.
50) und Art.
31 Abs.
1 der [X.]/[X.] vom 10.
November 1992 zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften für die Direktver-sicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der [X.]/[X.] und 90/619/[X.] ([X.], ABl.
L
360 S.
1) und den inhaltsgleichen Bestimmungen der Art.
35 Abs.
1, 36 Abs.
1 der späteren Richtlinie 2002/83/[X.] und des Rates vom 5.
November 2002 über [X.] ([X.].
L
345 S.
1).
17
-
9
-

aa) Zwar hat ein Teil der Literatur Bedenken gegen die Richtlinien-konformität
des [X.]s geäußert ([X.], §
5a [X.] Rn.
5; [X.]/[X.]/[X.], [X.]/[X.], §
8 Rn.
9
f.; [X.], [X.] 1999, 335, 341
f.; [X.], zfs 1997, 281, 283; Dörner in
[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Private Krankenversicherung und Gesundheitsreform, Schwachstellen der [X.]-Reform
2009 S.
137, 145
f.; [X.] in
[X.], Verbraucherrecht in Deutschland -
Stand und Perspektiven
2005 S.
253, 260
ff.; [X.] in [X.]/Fock, [X.] [X.]recht, Band I 2002, S.
139, 164
f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Lebensversicherung, [X.] [X.], Versicherungsvertrieb 1996 S.
157, 201
f.; [X.]/[X.] in
[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] durch und im [X.] bei Abschluss von privaten Versicherungsverträgen, Altersvorsorgeverträge, [X.]-Reform 2003 S.
43, 82
f.; [X.], Informationspflichten des Versicherers und Abschluß des Versicherungsvertrages
1996 S.
92
f.; [X.], Der [X.] als Informationsproblem
2003 S.
109
ff.; [X.], [X.] 1996, 223, 238
f.).

Diese Zweifel werden aber
in der Instanzrechtsprechung und im weiteren Schrifttum (zu Recht)
nicht geteilt (so etwa von weiteren aktuel-len, zur revisionsrechtlichen Überprüfung stehenden Berufungsurteilen: [X.], Urteil vom 16.
Mai 2014

20 U 31/14,
S.
7
ff.
nicht [X.]; [X.], Urteil vom 8.
Mai 2014

14 U 5100/13 S.
4
ff., nicht veröffentlicht; aus der neueren veröffentlichten Rechtsprechung u.a.: [X.], Urteil vom 10.
Oktober 2013
14 U 1804/12, juris Rn.
36
f.; [X.], 1025, 1026; [X.], 1545
f.; OLG Sachsen-18
19
-
10
-

Anhalt, Urteile vom 14.
Februar 2013

4 U 63/12, juris Rn.
41
f.; vom 17.
Januar 2013

4 U 35/12, juris Rn.
37
ff.; [X.] [X.], 443, 445; Urteile vom 2.
März 2012
20
U 178/11, juris Rn.
25; vom 3.
Februar 2012

20 U 140/11, juris Rn.
47
ff.; vom 25.
November 2011

20 U 126/11, juris Rn.
21
ff.; [X.], 248; vom 9.
Juli 2010
20 U 51/10, juris Rn.
4
ff.; vom 5.
Februar 2010

20 U 150/09, juris Rn.
5
ff.;
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 21.
Dezember 2012

11 U 40/12, juris Rn.
17; [X.] [X.], 440, 441
f.; OLG Stuttgart [X.], 1373, 1374
f.; [X.], Urteil vom 9.
Februar 2012

8 U 191/11, juris Rn.
44
ff.; [X.], Urteil vom 31.
August 2011

20 U 81/11, juris Rn.
10
ff.; [X.], 745, 746; [X.] VersR 2001, 837, 838 f.; [X.] NJW-RR 2014, 606, 608
f.; [X.],
Urteil vom 4.
März 2013

26 O 301/12, juris Rn.
40; [X.], 243, 244; Urteil vom 7.
Juli 2010

26 O 609/09, juris Rn.
24; [X.], Ur-teil vom 30.
August 2011
115 O 53/11, juris Rn.
52
ff.; [X.], Ur-teil vom 31.
März 2011
7 O 329/10, juris Rn.
18; [X.], Urteil vom 5.
März 2010

9 O 560/09, juris Rn.
36
ff.; [X.] r+s 2010, 339; Bruck/[X.]/[X.], [X.]
9.
Aufl. §
7 Rn.
65; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 27.
Aufl. §
5a [X.] Rn.
8; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2.
Aufl. §
5a Rn.
3; [X.], Schutzbriefversicherung (Assistance) 1996 Einf. Rn.
11; [X.], [X.], 773, 780
f.; [X.]. [X.], 616, 625
f.; [X.], [X.], 267, 271
f.; [X.], Festschrift 50
Jahre [X.] S.
375, 389
f.; [X.], [X.], 353, 355; [X.], [X.], 1045, 1056; [X.], Verbraucherinformation und Vertragsschluss nach neuem Recht 1995 S.
32
f., an[X.] nur bezüglich §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.]).
-
11
-

[X.]) Der Senat sieht ebenfalls keinen Anhaltspunkt
dafür, dass die einschlägigen Richtlinien dem in §
5a
[X.] a.[X.] geregelten [X.] entgegenstehen könnten.

(1) Die Wi[X.]pruchslösung des §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.] ist vor allem deshalb nicht zu beanstanden, weil die Richtlinien 90/619/[X.] und 92/96/[X.] keine Vorgaben zum Zustandekommen des [X.] enthalten (Senatsbeschluss vom 28.
März 2012 aaO Rn.
18
f., 22). Wie der in Art.
31 Abs.
1 der Richtlinie
92/96/[X.] er-wähnte und für die rechtzeitige Information des Versicherungsnehmers maßgebliche "Abschluss" des Versicherungsvertrages auszugestalten ist, ergibt sich daraus ebenso wenig wie aus dem in Bezug genommenen Anhang. In den Materialien zu Art.
31 der [X.] wird zu dem Passus "vor Abschluss des Vertrages" ausgeführt, die Mitgliedstaaten könnten selbst darüber bestimmen, "wann genau ein Angaben dem Versicherungsnehmer mitgeteilt werden müssen"
(Rats-protokoll Nr.
2 zu Art.
31, Dok.
7307/92, abgedruckt bei [X.], Der Referentenentwurf eines
Dritten Durchführungsgesetzes/[X.] zum [X.] auf dem Prüfstand, [X.] Reihe Bd.
18 S.
13). Die [X.] hat in ihrer Stellungnahme vom 12.
Oktober 2006 im Rahmen des gegen die [X.] eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens 2005/5046
ausdrück-lich festgehalten, die Frage, wann ein Versicherungsvertrag als abge-schlossen gelten solle, sei "in der Tat eine Sache des nationalen Rechts".

Die Richtlinien 90/619/[X.] und 92/96/[X.] verfolgen zudem kein auf das materielle [X.]recht bezogenes Harmonisie-20
21
22
-
12
-

rungsziel. Mit der [X.] sollten insbe-sondere Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der Mitgliedstaaten beseitigt werden. Die insoweit angestrebte Harmonisierung sollte nach Erwägungsgrund 5 der [X.]/[X.] zu "einer gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen und der [X.]" führen. Diese Zielsetzung nahm die spätere Richtlinie 2002/83/[X.] auf; sie wurde in Erwägungsgrund 2 dergestalt umschrieben, dass "zur Erleichterung der gewisse Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen"
sind, "wobei ein angemessener Schutz der Versicherten und der Begünstigten in allen Mitgliedstaaten gewahrt blei-ben muss". Daraus ergibt sich, dass neben dem [X.] auch die Tätigkeit der Lebensversicherer in den Mitgliedstaaten erleichtert werden sollte. Hingegen sollte die Harmonisierung
des für den Versiche-rungsvertrag geltenden Rechts "keine Vorbedingung für die [X.] im Versicherungssektor" sein. Dies betont [X.] 19 der [X.]/[X.] und führt weiter aus, die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versi-cherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stelle deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar (ebenso Erwägungsgrund 44 der Richtlinie 2002/83/[X.]). Demnach haben die Richtlinien die Regelung des Vertragsschlusses dem nationa-len Gesetzgeber überlassen (Senatsbeschluss vom 28.
März 2012 aaO Rn.
22 m.w.[X.]).

Der [X.] Gesetzgeber hat zur Umsetzung der
genannten Richtlinien neben der aufsichtsrechtlichen Vorschrift des §
10a [X.] a.[X.] die versicherungsvertragsrechtliche Bestimmung des §
5a [X.]
a.[X.] ein-23
-
13
-

geführt (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
24
f. unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des [X.]. 12/7595 S.
102 m.w.[X.]). Mit §
5a [X.] a.[X.] bezweckte er nicht primär ei-ne Harmonisierung des Aufsichtsrechts (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
25). Allerdings ist für den Senat nicht ersichtlich, dass der [X.]/[X.] aufsichtsrechtlich keine praktische Wirksamkeit verschafft wurde (vgl. [X.] [X.], 644 Rn.
42; [X.], 647 Rn.
43). Die Aufsichtsbehörde brauchte bei Vertragsabschlüssen nach dem [X.] nicht einzuschreiten, wenn die Versicherer

wie im Streitfall geschehen

ihrer Informationspflicht nach §
10a [X.] a.[X.] nachkamen und den Versicherungsnehmern mit den Policen die [X.] Informationen zukommen ließen. Die Überwachungspflicht gemäß §
81 Abs.
1 [X.] wurde aber nicht obsolet. Verstöße gegen die Vorgaben des §
10a [X.] a.[X.] zur Gestaltung der Verbraucherinformation waren auch in Bezug auf das [X.] zu ahnden.

(2) Ausgehend von dem sich nach nationalem Recht bestimmen-den Zustandekommen des Vertrages
entspricht §
5a [X.] a.[X.] den ge-meinschaftsrechtlichen Vorgaben der in den Richtlinien geregelten [X.] in der Ausprägung, die sie durch die Auslegung des Gerichtshofs der [X.] gefunden haben.
Sinn und Zweck der in Art.
31 Abs.
1 der [X.]/[X.] normierten [X.] sowie die wirksame Gewährleistung des Rücktrittsrechts nach Art.
15 Abs.
1 Satz
1 der Richtlinie
90/619/[X.] rechtfertigen nach der

vom Gerichtshof der [X.] bestätigten

Ansicht des Se-nats die Auslegung, dass ein Lebens-
oder Rentenversicherungsvertrag nicht ohne Information und Belehrung des Versicherungsnehmers zu-stande kommen darf (Senatsbeschluss vom 28.
März 2012 aaO Rn.
23; [X.], Urteil vom 19.
Dezember 2013

[X.]/12, [X.], 225 24
-
14
-

Rn.
24
f.). Das Interesse des Versicherungsnehmers wurde im
Erwä-gungsgrund 20 der [X.] dergestalt um-schrieben, "daß er Zugang zu einer möglichst weiten Palette von in der [X.] hat, um aus ihnen das seinen
Bedürfnissen
am besten entsprechende Angebot auswählen zu können". Daran anknüpfend wurde der Zweck der [X.] und [X.] im Erwägungsgrund 23 so formuliert: "Im Rahmen eines einheitlichen [X.] wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfü-gung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen." Im Hinblick auf diesen Informationszweck sah Art.
31 Abs.
1 der [X.] in Verbindung mit deren Anhang II A Nr.
a.13 vor, dass dem Versicherungsnehmer "mindestens" die "Modali-täten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts" mitgeteilt wer-den mussten, und zwar "vor Abschluss des Vertrages". Sowohl aus der Struktur als auch aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der [X.] ging demnach eindeutig hervor, dass mit ihr sichergestellt werden sollte, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt wird ([X.] aaO Rn.
25).

Diesen Anforderungen genügte §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.], in-dem er anordnete, dass der Vertrag erst als geschlossen galt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der maßgeblichen Unterlagen

Versicherungsbedingungen, Verbrau-cherinformation und ordnungsgemäße Wi[X.]pruchsbelehrung

wider-sprach. Die Konstruktion eines schwebend unwirksamen [X.]
-
15
-

währleistete, dass der Versicherungsnehmer über sein Wi[X.]pruchs-recht belehrt worden sein musste, bevor der Vertrag wirksam werden konnte. Eine vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers konnte erst nach der von den Richtlinien geforderten Verbraucherinformation eintreten (vgl. [X.] [X.], 443,
445). Auf diese Weise war ei-ne Belehrung des Versicherungsnehmers vor dem (wirksamen) Zustan-dekommen und damit "vor Abschluss des Vertrages" sichergestellt.

(3) Die für das [X.] charakteristische schwebende Un-wirksamkeit des Vertrages wurde in dem genannten Vertragsverlet-zungsverfahren
zunächst nicht hinreichend beachtet. Die [X.] sah in ihrem an das [X.] Bun-desministerium der
Justiz gerichteten Aufforderungsschreiben vom 4.
April 2006 (S.
4
f.) "die praktische Folge der [X.]n Regelung in §
5a [X.] bezüglich des Vertragsschlusses (sog. [X.])" darin, "dass ein Versicherungsvertrag zunächst als abgeschlossen gilt, obwohl dem Versicherungsnehmer im Moment seiner Entscheidung betreffend des Versicherungsprodukts keine vollständigen Verbraucherinformatio-nen vorlagen". Daraus zog die [X.] den Schluss, der [X.] werde "an seine Antragstellung auch in den
Fällen gebun-den, in denen ihm vor Abschluss des Vertrages nicht die von den Richtli-nien vorgesehenen Informationen vorlagen". Daran hielt sie nicht mehr fest, nachdem die Bundesregierung mit Schreiben vom 8.
Juni 2006 [X.] hingewiesen hatte, dass nach dem [X.] ein bindender [X.] erst dann erfolge, wenn der Versicherungsnehmer die vorge-schriebene Verbraucherinformation erhalten habe, über sein Widerrufs-recht belehrt worden sei und den Wi[X.]pruch innerhalb der gesetzlich gewährten Frist von 14 Tagen unterlassen habe. In ihrer Stellungnahme vom 12.
Oktober 2006 stellte die [X.] dann ihre

ebenfalls [X.]
-
16
-

reits in dem Aufforderungsschreiben enthaltene

Argumentation, dass "zu dieser [X.] die Entscheidung betreffend des Versicherungsprodukts
längst getroffen" sei, in den Mittelpunkt. Daher könne nach dem deut-schen Recht ein Versicherungsvertrag zunächst als abgeschlossen [X.], es sei denn, dass der Versicherungsnehmer selbst aktiv werde, um der endgültigen Wirksamkeit des Vertrages zu entgehen. Dem [X.] werde
damit eine [X.] aufgebürdet. Darüber [X.] müsse
der Versicherungsnehmer eine Auswahlentscheidung treffen, ohne zuvor entsprechend unterrichtet worden zu sein. Der eigentliche Zweck der Richtlinienbestimmungen, nach denen der Versicherungs-nehmer vor einem Vertragsabschluss über alle notwendigen Informatio-nen verfügen
soll, werde
vereitelt.

Das rechtfertigt ersichtlich keine abweichende Beurteilung. Da die Richtlinien
wie dargelegt

dem nationalen Gesetzgeber keine Vorgaben zum Zustandekommen des [X.] machten und §
5a [X.] a.[X.] sicherstellte, dass dem Versicherungsnehmer die von den Richtlinien geforderten Informationen vorlagen, bevor der Vertrag nach nationalem Recht zustande kam, war die den Richtlinien zu entnehmen-de Verpflichtung, den Versicherungsnehmer vor dem ihn bindenden Ver-tragsschluss umfassend über den künftigen Vertragsinhalt und die ihn begleitenden
Umstände zu unterrichten ([X.]
[X.], 225 Rn.
24
f.), durch den Regelungsgehalt des § 5a [X.] a.[X.] ohne weiteres gewährleistet
(vgl. [X.] VersR 2001, 837, 838
f.; [X.]/[X.]/[X.] aaO §
5a Rn.
8; [X.], [X.], 616, 625; [X.] aaO; [X.], [X.], 267, 269; [X.] aaO S.
32). Die dem Versicherer in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.] eingeräumte Möglichkeit, dem [X.] erst nach dessen Antrag die Vertragsbestimmungen und die maßgebliche
Verbraucherinformation zukommen zu lassen, führte 27
-
17
-

auch nicht etwa zu einer Aushöhlung oder gar Vereitelung der sich aus
den Richtlinien ergebenden Informationspflichten (a.A. [X.] aaO S.
202; [X.], [X.] 1996, 223, 239). §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.]
a.[X.] stellte sicher, dass die Wi[X.]pruchsfrist erst und nur dann zu laufen be-gann, wenn der Versicherungsnehmer entsprechend den gesetzlichen Vorgaben informiert worden war. Er konnte in Kenntnis der [X.], der erforderlichen Information und des ihm zustehenden [X.]s frei entscheiden, ob er den Vertrag wirksam werden ließ und von einem Wi[X.]pruch Abstand nahm. Damit wurde den [X.] Erwägungsgründen
20 und
23 der [X.]/[X.] Genü-ge getan, nach denen sich der Versicherungsnehmer vollständig infor-miert über ein bestimmtes Produkt für den Vertragsschluss entscheiden können soll ([X.] aaO S.
32).

(4) Das in den Richtlinien vorgesehene Informationsmodell lief durch §
5a [X.]
a.[X.] nicht etwa deshalb leer, weil innerhalb der auf 14
Tage beschränkten Wi[X.]pruchsfrist hinreichende Informationsmög-lichkeiten für den Versicherungsnehmer nicht bestanden (so aber [X.], [X.] 1999, 335, 339
ff.; [X.] aaO S.
165; [X.] aaO S.
202). [X.] des [X.] konnte der Versicherungsnehmer die [X.] und sonstigen Informationen ohne weiteres eingehend [X.] und dabei insbesondere erkennen, dass ihm die Möglichkeit zu einem Wi[X.]pruch zustand. Die Fristdauer von 14 Tagen
und von 30 Tagen für Lebensversicherungsverträge ab dem 8.
Dezember 2004

war angemessen; sie bewegte sich in dem von Art.
15 Abs.
1 der Richtlinie 90/619/[X.] für den Rücktritt vorgegebenen Rahmen von 14 bis 30 Ta-gen.

Die hinsichtlich der Wi[X.]pruchsfrist von der Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vom 11.
Juli 2013 in der Rechtssache [X.]/12 28
29
-
18
-

zu dem Vorlagebeschluss des Senats vom 28.
März 2012 erhobenen Bedenken gegen die Europarechtskonformität des [X.]s führen zu keiner anderen Beurteilung. Unter Hinweis auf den Erwägungsgrund 23 sieht sie den Zweck der in Art.
31 Abs.
1 der [X.] verankerten Mitteilungspflicht darin, den künftigen Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen und ihm "klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen "
zur Verfügung zu stellen (Schlussanträge Nr.
59). Der in Art.
15 der [X.] Richtlinie Lebensversicherung vorgesehene Rücktritt sei von einem Vertrag, der noch nicht geschlossen sei, weil kein Angebot und keine Annahme vorlägen, die zu einer Vereinbarung der Parteien mit bindenden Vertragsbedingungen führten, nicht möglich (Schlussanträge Nr.
60). Daraus folgert die Generalanwältin, dem (künftigen) [X.] müssten bestimmte Angaben vor Abschluss des Vertrages mitgeteilt werden und nach Mitteilung des Vertragsschlusses müsse ihm eine Rücktrittsfrist von 14 bis 30 Tagen zur Verfügung stehen (Schluss-anträge Nr.
61). Der Zweck der Belehrungspflicht wäre nach Auffassung der Generalanwältin verfehlt worden, wenn die Informationen erst nach Abgabe des Angebots durch den Versicherungsnehmer und somit nach seiner Wahl eines Versicherers und eines Vertrages vorgelegt worden wären (Schlussanträge Nr.
62).

Auch daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in jener Sache ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 19.
Dezember 2013 (aaO) aber kein Anhaltspunkt für eine Richtlinienwid-rigkeit des [X.]s. Der Gerichtshof hat dort ausgeführt, die [X.] hätten zwar in der Tat dafür zu sorgen gehabt, dass die praktische Wirksamkeit der einschlägigen [X.] 30
-
19
-

unter Berücksichtigung des mit diesen verfolgten Zwecks gewährleistet war (aaO Rn.
23). Er hat aber weiter betont, dass Art.
31 Abs.
1 der [X.] Richtlinie Lebensversicherung im Hinblick auf den dort angeführten Informationszweck eine Mitteilung der Informationen "vor"
Abschluss des Vertrages vorsehe (aaO Rn. 25). Dem Zweck der Informationspflicht ist danach genügt, wenn der Versicherungsnehmer die Informationen
erhält, bevor er

wie nach nationalem Recht in §
5a [X.] a.[X.] geregelt

ver-traglich gebunden ist (so auch [X.], Urteil vom 16.
Mai 2014 -
20 U 31/14 S.
10, nicht veröffentlicht). Dies ist zugleich mit Art.
15 Abs.
1 der [X.] Richtlinie Lebensversicherung in Einklang zu bringen. Danach beginnt die Rücktrittsfrist, wenn der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, "dass der Vertrag geschlossen ist". Diese Kennt-nis konnte dem Versicherungsnehmer nach dem [X.] durch die mit dem Versicherungsschein zu erteilende Wi[X.]pruchsbelehrung ver-mittelt werden. Daraus konnte er entnehmen, dass ein

zunächst
noch nicht wirksamer

Vertrag geschlossen würde
und er sich davon bis zum [X.]auf der Wi[X.]pruchsfrist ohne Weiteres lösen, ein Zustandekommen des Vertrages also verhindern
konnte.

(5) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass §
5a [X.]
a.[X.] dem Versicherungsnehmer eine

von der [X.] beanstandete

"Wi[X.]pruchslast" auferlegte
und ihn damit zu einem Handeln verpflichtete, wollte er nach Erhalt der [X.] Verbraucherinformation
das Zustandekommen des Vertrages in der Frist des §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.]
a.[X.] verhindern (so aber [X.]/[X.] aaO S.
83; [X.] aaO S.
98, 112
ff.; vgl. [X.] [X.], 644 Rn.
42; [X.], 647 Rn.
43). Eine Ausgestaltung in Form einer Hinde-rung des Wirksamwerdens des Vertrages durch Wi[X.]pruch oder Wider-ruf genügt auch in anderen Fällen europarechtlichen Vorgaben bzw. [X.]
-
20
-

ruht sogar auf solchen (vergleiche nur §
7 VerbrKrG und §
1 HWiG). [X.] überzeugt auch der Einwand nicht, dass der künftige [X.] nach dem
[X.] gegenüber mehreren Versicherern Anträge auf Abschluss von Versicherungsverträgen stellen musste, um mit den Versicherungspolicen die Informationen zu erhalten, die ihm eine sachgerechte Auswahlentscheidung ermöglichten
(so [X.] S.
201
f.; vgl. [X.] aaO). Dass ein Interessent gleichzeitig Anträge bei mehre-ren Versicherern
stellt, um dann die nicht immer zeitgleich bei ihm ein-gehenden Versicherungsbedingungen während der regelmäßig unter-schiedlich laufenden Wi[X.]pruchsfristen eingehend zu vergleichen, er-scheint in der Tat lebensfremd (vgl. [X.] aaO S.
202
f.; [X.] aaO m.w.[X.]). Ihm wurde aber nicht angesonnen, mehrere auf Abschluss ver-schiedener Versicherungsverträge gerichtete Willenserklärungen abzu-geben, von vornherein mit der Absicht, alle Erklärungen bis auf eine fristgerecht zu widerrufen. Wenn der Versicherungsnehmer vor Abgabe einer Vertragserklärung die Leistungen verschiedener Versicherer mitei-nander vergleichen wollte, war er nicht gezwungen, den Abschluss meh-rerer Versicherungen zu beantragen und nach Erhalt der Policen seine Auswahlentscheidung zu treffen. Vielmehr konnte er mehrere Versicherer um entsprechende Informationen oder konkrete Angebote bitten und sich für eine Versicherung entscheiden. Im Übrigen stand dem [X.] eine zeitlich unbegrenzte Wahlfreiheit auch bei einem Ver-tragsschluss nach dem so genannten [X.] oder vergleichbaren Vertragsgestaltungen nicht zur Verfügung. Wenn er zunächst verschie-dene Angebote bei mehreren Versicherern eingeholt hatte, musste er, nachdem er eines angenommen hatte, dann aber noch ein besseres er-hielt, durch eine Widerrufs-
oder Rücktrittserklärung tätig werden.
-
21
-

2.
Die von der der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der [X.] scheidet im Übrigen auch bereits deshalb aus
(vgl. [X.] [X.], 644 Rn.
27; [X.], 647 Rn. 24), weil es auf die Frage,
ob das [X.] mit den in Rede stehenden gemein-schaftsrechtlichen Bestimmungen der Richtlinien 90/619/[X.] und 92/96/[X.] unvereinbar ist, hier ohnedies nicht entscheidungserheblich ankommt. [X.] kann daher auch, ob in diesem Fall

wie die Re-vision meint

alle nach dem [X.] geschlossenen Lebens-
und [X.] ohne weiteres

selbst ohne Wi[X.]pruch

von Anfang an unwirksam wären und ob sich darauf auch Versicherer

sogar nach Auszahlung des Rückkaufswertes oder der Versicherungs-leistung

berufen könnten. Die Entscheidung dieses Rechtsstreits hängt nicht von der genannten unionsrechtlichen Frage ab, weil es dem Kläger auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Poli-cenmodells nach [X.] und Glauben wegen wi[X.]prüchlicher Rechts-ausübung verwehrt
ist, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertra-ges auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus [X.] herzuleiten.

a) Wi[X.]prüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grund-sätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den ande-ren Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn an-dere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines wi[X.]prüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die [X.] der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig er-scheinen (Senatsurteile
vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 88/13
m.w.[X.], zur Veröffentlichung vorgesehen;
vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
40; [X.], Urteil 32
33
-
22
-

vom 12.
November 2008

[X.], [X.], 1343 Rn.
41; [X.] m.w.[X.]; vgl. Brand,
[X.], 269, 276).

b) So liegt der Fall hier. Der Kläger verhielt sich treuwidrig, indem er nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang durchführte
und erst dann von der [X.], die auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete [X.] des Vertrages
Rückzahlung aller Prämien verlangte.

aa) Das Verhalten des [X.] war objektiv wi[X.]prüchlich. Die

ihm zumindest vertraglich eingeräumte
und bekannt gemachte

[X.]sfrist ließ er bei Vertragsschluss 1998 und sogar im Zuge der [X.] ungenutzt verstreichen. Bis zur Kündigung des [X.] im März 2004 zahlte er vielmehr regelmäßig die vereinbarten [X.]. Nach der Kündigung ließ er rund sieben weitere [X.] vergehen, bis er sich entschied, dem Vertragsschluss zu wi[X.]pre-chen und sich hilfsweise darauf zu berufen, ein Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Mit seinem im eigenen Interesse begründeten und über lange [X.] fortgeführten Verhalten setzt sich der Kläger in [X.], wenn er nun geltend macht, ein Vertrag habe nie bestanden (vgl. [X.], Urteile vom 7.
Dezember 1989

[X.], NJW-RR 1990, 417, 418; vom 23.
Oktober 1986

[X.], NJW-RR 1987, 335, 335
f.).

[X.]) Der Kläger war (an[X.] als etwa der Kläger im Verfahren [X.]) von der [X.] in Übereinstimmung mit den gesetzlichen An-forderungen des §
5a [X.] a.[X.] über sein Wi[X.]pruchsrecht belehrt worden. Daher war ihm bekannt, dass er den Vertrag nicht hätte [X.] kommen lassen müssen und ihm die Beklagte jedenfalls ein Recht zur 34
35
36
-
23
-

Lösung zugestand. Vor diesem Hintergrund können seine jahrelangen Prämienzahlungen nur als Ausdruck seines Willens, den [X.], verstanden werden. Da die Beklagte die Prämien entgegen-nahm und erkennbar von einem bestehenden Versicherungsvertrag [X.], konnte er bis zur Kündigung erwarten, Versicherungsschutz zu ge-nießen,
der
zweifelsfrei bei Eintritt eines
Versicherungsfalles in Anspruch genommen worden wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Klä-ger nicht sicher wissen konnte, ob das [X.] gemeinschafts-rechtswidrig war und ihm

wenn es so wäre

der geltend gemachte
be-reicherungsrechtliche Anspruch auf Rückzahlung der Prämien zustünde. Ein [X.] durch wi[X.]prüchliches Verhalten kann wegen der an [X.] und Glauben ausgerichteten objektiven Beurteilung selbst dann ein-treten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (vgl. [X.], Urteil vom 16.
März 2007

[X.], NJW 2007, 2183 Rn.
8 m.w.[X.]).

[X.]) Ebenso wenig sind für den aus wi[X.]prüchlichem Verhalten hergeleiteten Einwand des Rechtsmissbrauchs unredliche Absichten
oder ein Verschulden des [X.] erforderlich (vgl. [X.], Urteile vom 12.
November 2008 aaO
Rn.
41; vom 20.
März 1968

[X.], [X.], 876 unter 3 c; [X.]/[X.]/[X.], 6.
Aufl. §
242 Rn.
288 m.w.[X.]; [X.]/Looschel[X.]/Olzen, BGB [2009] §
242 Rn.
293 m.w.[X.]). Durch das Verhalten des Rechtsinhabers muss nur ein ihm erkennbares, schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite auf eine bestimmte Sach-
oder Rechtslage hervorgerufen worden sein ([X.]/[X.]/[X.] aaO Rn.
288; [X.]/Looschel-[X.]/Olzen aaO Rn.
292 m.w.[X.]).

Die
jahrelangen Prämienzahlungen des bereits 1998
über die Mög-lichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten Klä-37
38
-
24
-

gers
haben bei der [X.] ein solches schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Dieses Vertrauen wurde
durch den Änderungsantrag des [X.], der das Festhalten an dem Versiche-rungsverhältnis nochmals verdeutlichte,
sogar noch verstärkt. Das [X.] des [X.] sprach aus Sicht der [X.] dafür, dass er selbst den Vertrag
durchführen, ihn als wirksam behandeln und erfüllen wolle, und
begründete das Vertrauen der [X.], der Kläger halte am [X.] des Vertrages

auch für die Vergangenheit

fest.

Die Beklagte hatte durch die Wahl des [X.]s zwar die Ursache für die vom Kläger behauptete
Unwirksamkeit des Vertrages gesetzt. Ihr Vertrauen ist gleichwohl schutzwürdig, weil sie dem Kläger den gesetzlichen Vorgaben des nationalen Rechts entsprechend eine ordnungsgemäße Wi[X.]pruchsbelehrung und auch die weiteren [X.] erteilt hatte. Dem Vertrauensschutz der [X.] steht auch nicht entgegen, dass die Richtlinienkonformität des [X.]s
im Schrifttum in Zweifel gezogen wurde. Das [X.] entsprach dem damals geltenden nationalen Recht; seine
etwaige Gemeinschafts-rechtswidrigkeit stand nicht fest und konnte der [X.] nicht positiv bekannt sein. Von einer überlegenen Rechtskenntnis auf ihrer Seite kann insoweit jedenfalls keine Rede sein.

Für den Kläger war die vertrauensbegründende Wirkung seines Verhaltens auch erkennbar. Er konnte bemerken, dass die Beklagte auf den Bestand des Versicherungsvertrages vertraute, nachdem er
trotz Be-lehrung über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen,
jahrelang die Prämien gezahlt
hat, ohne die Unwirksamkeit des Vertrages geltend zu machen.
39
40
-
25
-

c) Der
von Amts wegen zu berücksichtigende, im [X.] von der [X.] auch geltend gemachte

Einwand von [X.] und Glauben greift auch im Falle einer

zugunsten des [X.] unter-stellten

Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des [X.]s durch. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.] GRUR 2014, 368 Rn.
42, 49; Slg.
2010, I-635
Rn.
31, 33; jeweils m.w.[X.]) unterliegen nationale Rechtsmaximen, die einem Anspruch entgegenge-halten werden können, dem nationalen Recht, das unter Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Äquivalenz-
und des Effektivitätsgrundsatzes angewandt werden muss. Diese vom Gerichtshof anerkannten Verfah-rensgrundsätze
gebieten, dass die verfahrensrechtlichen Vorgaben des nationalen Rechts nicht ungünstiger sind als bei vergleichbaren Klagen, die nur innerstaatliches Recht
betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung eingeräumten Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivi-tätsgrundsatz). Die Grundsätze finden auch bei materiellen [X.] nach nationalem Recht
wie dem Grundsatz von [X.] und Glauben

Anwendung [X.], Der Äquivalenz-
und Effektivitätsgrund-satz in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
2011
S.
114 m.w.[X.]) und sind hier gewahrt. Der Versicherungsnehmer, dem nach [X.] Durchführung des Vertrages die Berufung auf dessen [X.] wegen Richtlinienwidrigkeit des [X.]s nach [X.] und Glauben versagt ist, wird nicht ungünstiger gestellt als bei alleiniger An-wendung des [X.]n Rechts. Das in Art.
15 Abs.
1 der Richtlinie 90/619/[X.] vorgesehene und in §
5a Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Satz
1 bis 3 [X.] a.[X.] umgesetzte Recht, sich vom Vertrag zu lösen, wird dem [X.] dadurch nicht unmöglich gemacht oder übermäßig er-schwert, da der Gesichtspunkt von
[X.] und Glauben keineswegs stets 41
-
26
-

bei ordnungsgemäßer Belehrung greift, sondern nur in Fällen jahrelanger Durchführung des Vertrages.

Auch zum Einwand von [X.] und Glauben ist entgegen der Ansicht der Revision eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] nicht erforderlich. Die Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichts-punkte von [X.] und Glauben sind in der Rechtsprechung des Gerichts-hofs geklärt. Die Anwendung auf den Einzelfall obliegt dem nationalen Gericht ([X.] Slg.
2000, [X.] Rn.
35). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht gestattet ([X.] ZfZ 2014, 100 Rn.
29 m.w.[X.]; Slg.
2000 aaO Rn.
33; Slg.
1998, I-2843 Rn.
20 m.w.[X.]; Slg.
1996, I-2357 Rn.
24 m.w.[X.]). Dies hat der Gerichtshof
ähnlich wie die Anwendung [X.] (vgl. [X.] Slg.
1996, I-5223 Rn.
9, 35)

nicht da-von abhängig gemacht, ob dem Berechtigten die Rechtslage bekannt war. Die nationalen Gerichte können vielmehr das missbräuchliche [X.]
des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rech-nung stellen, um ihm gegebenenfalls die Berufung auf die geltend ge-machte Bestimmung des Gemeinschaftsrechts zu verwehren. Dabei müssen sie jedoch die mit dieser Bestimmung verfolgten Zwecke [X.] ([X.] Slg.
2000 aaO Rn.
34; Slg.
1996 aaO Rn.
25). Die Anwen-dung einer nationalen Vorschrift

wie hier §
242 BGB

darf somit die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen ([X.] Slg.
2000 aaO Rn.
34 m.w.[X.]; Slg.
1998 aaO Rn.
22; Slg.
1996, I-1347 Rn.
68). Es obliegt dem nationalen Gericht, im bei ihm anhängigen Rechtsstreit festzustellen, ob die Anwendung der nationalen Vorschrift mit dieser Anforderung verein-bar ist
([X.] Slg.
2000 aaO Rn.
35). Hier beeinträchtigt die Anwendung des Grundsatzes von [X.] und Glauben weder die Wirksamkeit noch die 42
-
27
-

einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Der vom Gerichtshof der [X.] in seinem Urteil vom 19.
Dezember 2013 (aaO Rn.
25) dargelegte Zweck der [X.], ei-ne genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Rücktritts-recht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen, wird nicht berührt, wenn einem Versicherungsnehmer, der vom Versicherer dem geltenden nationalen Recht entsprechend ordnungsgemäß belehrt wurde, nach [X.] Durchführung des Vertrages die Geltendmachung eines berei-cherungsrechtlichen Anspruchs unter Berufung auf ein gemeinschafts-rechtswidriges Zustandekommen des Vertrages verwehrt wird.

[X.] [X.] [X.]

Dr.
Karczewski [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.03.2012 -
2 O 434/11 -

OLG Frankfurt
am Main, Entscheidung vom 18.01.2013 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 73/13

16.07.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. IV ZR 73/13 (REWIS RS 2014, 4017)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4017

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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