Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.09.2015, Az. 3 StR 336/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 4684

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Bandendiebstahls und besonders schweren Diebstahls: Abgrenzung von Beihilfe und Mittäterschaft


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. März 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte in den Fällen [X.] und 9. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und den [X.].

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen und wegen "besonders schweren” Diebstahls in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den [X.] von neun Monaten Freiheitsstrafe angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen Rechts und die Sachbeschwerde gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Auf die Sachrüge hat das Rechtsmittel den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Das Urteil hat keinen Bestand, soweit der Angeklagte in den Fällen [X.] und 9. der Urteilsgründe wegen - gemeinschaftlich begangenen - "besonders schweren” Diebstahls verurteilt worden ist (zur Tenorierung vgl. Meyer- Goßner/[X.], [X.], 58. Aufl., § 260 Rn. 25).

3

a) Nach den Feststellungen zu Fall [X.] und 9. der Urteilsgründe stieg der Mitangeklagte [X.]     jeweils allein in einen Baumarkt ein und entwendete Waren im Gesamtwert von rund 4.560 € bzw. etwa 4.260 €. Die jeweilige Beute verbrachte er zum Angeklagten nach Hause. Diesem waren die "Vorhaben des [X.]     im Vorfeld bekannt" und er nahm diese "als gemeinsame Tat in seinen Vorsatz" auf. Die Beute wurde absprachegemäß beim Angeklagten [X.]gelagert, der in der Folgezeit versuchte, sie über [X.] zu verkaufen, was jedoch ohne Erfolg blieb.

4

b) Diese Feststellungen vermögen die vom [X.] in beiden Fällen angenommene Mittäterschaft des Angeklagten nicht zu belegen.

5

Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungsoder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 [X.], [X.], 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 [X.], [X.], 25, 26).

6

c) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten in den vorbezeichneten Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein die nach den Feststellungen gegebene vorherige Kenntnis des Angeklagten von den Taten des Mitangeklagten [X.]     und sein Wille, diese Taten als gemeinsame anzusehen, kann eine Mittäterschaft nicht begründen (vgl. MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., § 25 Rn. 17 ff.). Die festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten [X.]- wie etwa die Zusage, die Beute in seiner Wohnung zu lagern und sie zu verwerten - waren vielmehr nach ihrem äußeren Erscheinungsbild zunächst in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten [X.]     allenfalls Beteiligungshandlungen an dessen [X.], die für sich allein weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Die Taten beging der Mitangeklagte [X.]     allein; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen in jeder Hinsicht dem Einfluss und dem Willen des Angeklagten entzogen. Das vom [X.] festgestellte Interesse des Angeklagten am Gelingen der Einbrüche und die Absprache, das Diebesgut in seiner Wohnung zu lagern sowie einen eventuell erzielten Verkaufserlös hälftig aufzuteilen, vermag - entgegen der Ansicht des [X.] - eine andere Beurteilung sowie die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das [X.] nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 [X.], [X.], 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.

7

2. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils im vorbezeichneten Umfang führt zum Wegfall der für die Taten unter [X.] und 9. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen (zweimal acht Monate Freiheitsstrafe) und hat die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge, die wiederum den Wegfall der Anordnung über den [X.] bedingt.

8

3. Der neue Tatrichter wird mit Blick auf die bisherigen Urteilsfeststellungen in den aufgehobenen Fällen auch bei Annahme einer durch den Angeklagten zu den [X.] des Mitangeklagten [X.]     jeweils geleisteten Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) eine bandenmäßige Begehung zu prüfen haben (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2012 - 3 StR 119/12, [X.], 433, 435 mwN).

Becker                       Pfister                        Hubert

               Schäfer                      Gericke

Meta

3 StR 336/15

29.09.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mainz, 12. März 2015, Az: 3113 Js 33815/13 - 1 KLs

§ 25 Abs 2 StGB, § 27 Abs 1 StGB, § 242 StGB, §§ 242ff StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.09.2015, Az. 3 StR 336/15 (REWIS RS 2015, 4684)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4684

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