Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2000, Az. IX ZR 41/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3188

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:10. Februar 2000PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein [X.] § [X.] Notar darf grundsätzlich den Inhalt der ihm erteilten [X.] entgegen deren Wortlaut durch Auslegung des zwischen den Beteiligten ge-schlossenen Vertrages ermitteln.[X.], Urteil vom 10. Februar 2000 - [X.] - [X.] [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 9. Zivilsenatsdes [X.]s vom 30. Oktober 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der verklagte Notar beurkundete am 12. November 1992 einen Vertrag,durch den die [X.] (im folgenden: GmbH oder Verkäuferin) dem Klägerein bestimmtes Trennstück sowie einen ideellen Anteil an einer weiterenTeilfläche eines Grundstücks in [X.] mit einem damals im Bau befindlichenReihenhaus verkaufte. Der Kaufpreis von insgesamt 530.453 DM war in zweiRaten auf einem vom Beklagten zu errichtenden [X.] zu hinterlegen,die zweite Rate spätestens bei Übergabe des Grundstücks (§ 3 Nr. 1 des Kauf-vertrags). In § 6 Nr. 2 des Vertrages wurde der Beklagte "vom Käufer unwider-ruflich angewiesen, die Auszahlungen an den Verkäufer von dem vorgenann-- 3 -ten [X.] ... vorzunehmen", sobald die sodann unter den [X.] - f aufgeführten Voraussetzungen vorlagen, insbesondere (Buchst. f) "[X.] und Käufer dem amtierenden Notar übereinstimmend und schriftlich er-klärt haben, daß der Kaufgegenstand dem Käufer übergeben worden [X.] Kläger überwies den Kaufpreis auf das [X.]. Am 31. März1993 wurden in einem allein vom Bauleiter unterschriebenen [X.] festgehalten. Der Kläger, dem die Hausschlüssel ausgehändigtwurden, vermietete das Haus ab 20. April 1993 und unterrichtete den [X.] hiervon. Mit Schreiben vom 9. September 1993 wies er den Beklagten dar-auf hin, daß es bisher an übereinstimmenden Übergabeerklärungen der Kauf-vertragsparteien fehle, und bat, von einer Auskehrung des hinterlegten [X.] vorerst abzusehen. Der Beklagte zahlte gleichwohl am 11. Januar 1994das Geld an die Verkäuferin aus; die Auszahlungsvoraussetzungen des § 6Nr. 2 Buchst. a - e waren erfüllt. In einem gegen die GmbH wegen bestimmterMängel geführten Rechtsstreit erwirkte der Kläger ein Urteil, das wegen Ver-mögenslosigkeit der Schuldnerin nicht vollstreckt werden konnte. Im August1996 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen derGmbH abgelehnt.Der Kläger nimmt deswegen den Beklagten auf Schadensersatz in [X.]. Er hat zuletzt Zahlung von rund 41.000 DM nebst Zinsen verlangt undFeststellung beantragt, daß der Beklagte ihm den Schaden zu ersetzen habe,der ihm dadurch entstanden sei, daß er wegen der Auszahlung des [X.] Geldes Gewährleistungsansprüche wegen bestimmter Mängel gegen dieGmbH nicht habe durchsetzen [X.] 4 -Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgtder Kläger die [X.] weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.[X.] Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des [X.]gegen den Beklagten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit der Begründung ver-neint, dieser habe seine Pflichten als Notar deswegen nicht verletzt, weil erentgegen dem Wortlaut des § 6 Nr. 2 Buchst. [X.] nicht gehal-ten gewesen sei, die Auszahlung des hinterlegten Geldes an die Verkäuferinvon der schriftlichen Erklärung des [X.], daß ihm das Grundstück [X.] worden sei, abhängig zu machen. Eine solche Erklärung habe nicht [X.] einer selbständigen Auszahlungsvoraussetzung gehabt, sondernsei nur dazu bestimmt gewesen, dem Beklagten die Feststellung der Übergabezu erleichtern. Eine Auslegung jener Bestimmung ergebe unter Berücksichti-gung des sonstigen [X.], daß damit nur das dem Kläger unter be-stimmten Voraussetzungen eingeräumte Recht auf Übergabe schon vor [X.] im bauvertraglichen Sinn, nicht aber auch etwaige Gewährleistungs-ansprüche hätten gesichert werden sollen. Nachdem für den Beklagten [X.] 5 -grund des ihm vorliegenden Übergabeprotokolls und der ihm mitgeteilten Ver-mietung des Hauses durch den Kläger die Übergabe zweifelsfrei festgestandenhabe, habe er das [X.] an die Verkäuferin auszahlen dürfen.[X.] Begründung trägt, wie die Revision zu Recht rügt, die Klageab-weisung nicht.1. Der Beklagte hat dadurch, daß er das Geld auszahlte, obwohl [X.] die die Übergabe betreffende schriftliche Erklärung nicht abgegeben,sondern ausdrücklich verweigert hatte, seine Pflichten aus dem ihm von [X.] erteilten [X.] verletzt.Die dem Beklagten zum Zweck des Vollzugs des Kaufvertrags aufgetra-gene Tätigkeit war Gegenstand eines selbständigen Betreuungsgeschäfts imSinne der §§ 23, 24 [X.]. Inhalt und Umfang der dadurch [X.] des Beklagten ergaben sich aus den im Kaufvertrag festgeleg-ten, an ihn gerichteten Weisungen. Solche Weisungen sind grundsätzlichstreng zu befolgen ([X.], Urt. v. 17. Februar 1994 - [X.], [X.] 1994,647 m.w.N.); der Notar hat dabei peinliche Genauigkeit zu beachten (Sand-kühler, in: [X.]/[X.]/[X.], [X.] 4. Aufl. § 23 [X.]. 116 m.w.[X.] war sich auch das Berufungsgericht bewußt. Es hat aber gemeint, [X.] habe sich hier nicht an den Wortlaut der Hinterlegungsanweisung zuhalten brauchen, weil eine Auslegung des zwischen den Beteiligten geschlos-- 6 -senen Vertrages einen vom Wortlaut abweichenden Inhalt ergebe. Damit hatdas Berufungsgericht verkannt, daß es grundsätzlich nur auf die dem Notarerteilte Weisung, nicht aber auf Umstände außerhalb des [X.]sankommt (vgl. [X.]/[X.], [X.] 6. Aufl. § 23 [X.]. 18). Der Inhalt deszwischen den Parteien vereinbarten, vom Notar abzuwickelnden Vertrages ein-schließlich der darin enthaltenen, zwischen ihnen geschlossenen Hinterle-gungsvereinbarung ist nicht Bestandteil der davon zu unterscheidenden Hin-terlegungsanweisung ([X.] aaO § 23 [X.]. 22; vgl. auch [X.], Urt. [X.] November 1999 - [X.], [X.] 2000, 193, 195). Es ist nicht [X.] Notars, den Inhalt des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertragesdurch Auslegung zu ermitteln. Das ist sogar dann nicht anders, wenn, wie [X.] gewesen zu sein scheint, der Notar den Vertrag selbst entworfen hat. [X.] darf sich deshalb grundsätzlich auch dann nicht über den Wortlaut einerihm erteilten Weisung hinwegsetzen, wenn er meint, nach dem sonstigen Inhaltdes zu vollziehenden Vertrages sei die wörtliche Befolgung der Weisung nichterforderlich.Es mag offenbleiben, ob ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat,wenn der Vertragsinhalt eindeutig ergibt, daß die Parteien die Weisung [X.] gemeint haben, wie sie formuliert ist. So war es jedenfalls hier nicht. [X.] Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Vertrages ist fehlerhaftund deshalb für das Revisionsgericht nicht bindend. Das Berufungsgericht hatgemeint, die Regelung in jener Vertragsbestimmung habe nicht den Zweck [X.], dem Kläger eine mangelfreie Übergabe des Hauses zu gewährleisten.Wäre es so, dann wären die Rechte des [X.] aus den §§ 320 und 273 [X.] Übergabe des Grundstücks infolge der dann ohne weiteres eintretendenAuszahlungsreife endgültig verloren gewesen. Das hätte die [X.] -einbarung grundsätzlich nach § 11 Nr. 2 [X.] unwirksam gemacht, wenn essich, wie der Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, um einen [X.] gehandelt haben sollte (vgl. [X.], Urt. v. 11. Oktober 1984 - [X.], NJW 1985, 852; [X.] aaO § 23 [X.]. 27; [X.], [X.], 2. Aufl. [X.]. 692 a; Huhn/von Schuckmann, [X.] 11 [X.] [X.]. 8). Tatsächlich enthält indessen die Hinterlegungsvereinba-rung zwischen dem Kläger und der Verkäuferin, soweit es um die [X.] hinterlegten Geldes an diese geht, kein [X.]. Nach § 3Nr. 1 Buchst. b des Vertrages hatte der Kläger - die Revision weist darauf [X.] hin - bei Übergabe "alle fälligen oder dann fällig werdenden Zahlungen(zu leisten), die er dem Verkäufer aufgrund dieses Vertrages schuldet"; erdurfte "wegen ausstehender oder mangelhafter Leistungen nur angemesseneKaufpreisteile" zurückhalten. Letzteres wäre ihm unmöglich gewesen, wenn [X.] des Grundstücks der Beklagte ohne Rücksicht auf etwaige Mängelden vollen Kaufpreis an die Verkäuferin auszuzahlen gehabt hätte. Die Rege-lung in § 6 Nr. 2 Buchst. [X.] verhinderte einen solchen Rechtsver-lust des [X.], indem sie die Auszahlung von entsprechenden übereinstim-menden Erklärungen der Vertragspartner abhängig machte. Dies setzte [X.] in die Lage, bei Vorhandensein von Mängeln seine Erklärung erst dannabzugeben, wenn die Verkäuferin ihr Einverständnis dazu erteilt hatte, daß"angemessene Kaufpreisteile" bis zur Beseitigung der Mängel auf dem [X.] Der Beklagte hat die somit gegebene Pflichtverletzung fahrlässig [X.] schuldhaft begangen. Das ergibt sich schon daraus, daß er, wie er selbstvorgetragen hat, bei der Auszahlung nicht einmal bemerkt hat, daß die [X.] -legungsanweisung schriftliche Übergabeerklärungen der Vertragsparteien vor-aussetzte und solche Erklärungen ihm nicht vorlagen.3. Die Pflichtverletzung des Beklagten war dafür ursächlich, daß [X.] seine Gewährleistungsansprüche, soweit solche bestanden, nichtdurchsetzen konnte. Wäre das hinterlegte Geld noch vorhanden, so könnte [X.] im Rechtswege erreichen, daß die Verkäuferin der Auszahlung [X.] an ihn in dem Umfang zustimmt, in dem es ihr wegen der Mängel nichtzusteht.II[X.] Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Die Sache ist nicht [X.]. Es fehlt bisher nicht nur zur Höhe des mit den bezifferten [X.] geltend gemachten Schadens, sondern auch zum [X.], die der Kläger zum Gegenstand seiner Feststellungsklage [X.] hat, an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen. Damit sie [X.] werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverwei-sen.PauluschKreft[X.]KirchhofFischer

Meta

IX ZR 41/99

10.02.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2000, Az. IX ZR 41/99 (REWIS RS 2000, 3188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3188

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