Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.12.2023, Az. B 1 KR 83/22 B

1. Senat | REWIS RS 2023, 9717

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Anforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 10. August 2022 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde an das [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom [X.], mit dem ein Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Exjade (Deferasirox) verneint wurde. Er beruft sich auf Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) und die Abweichung des [X.] von der Rechtsprechung des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]).

2

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im og Beschluss ist unzulässig. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt.

3

1. Die Beschwerdebegründung genügt hinsichtlich aller geltend gemachten Zulassungsgründe schon deshalb nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.], weil der Kläger bereits den Sachverhalt, der dem angefochtenen Beschluss des [X.] zugrunde liegt, nicht hinreichend mitgeteilt hat. Seinen Schilderungen sind nur Teile der entscheidungserheblichen Tatsachen zu entnehmen. Eine Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes.

4

"Bezeichnet" ist der Verfahrensmangel noch nicht, wenn einzelne Sachverhaltselemente herausgegriffen werden und anhand dieser der behauptete Verfahrensmangel diskutiert wird, sondern nur dann, wenn er in der Gesamtheit der ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird. Denn das Beschwerdegericht muss sich bereits anhand der Beschwerdebegründung ein Urteil darüber bilden können, ob die geltend gemachten Tatsachen - ihre Richtigkeit unterstellt - es als möglich erscheinen lassen, dass das Urteil darauf beruhe (vgl [X.] vom 29.9.1975 - 8 [X.] 64/75 - [X.] 1500 § 160a [X.] - juris Rd[X.]; [X.] vom 10.10.2017 - [X.] R 234/17 B - juris RdNr 5; [X.] vom 16.1.2023 - B 9 V 14/22 B - juris RdNr 7 mwN). Dies erfordert neben der Angabe der den Mangel begründenden Tatsachen unter anderem eine - in der Beschwerdebegründung des [X.] weitgehend fehlende - geraffte Darstellung der tragenden Gründe der angegriffenen Entscheidung. Denn nur hierdurch wird das [X.] in die Lage versetzt festzustellen, dass der geltend gemachte Verfahrensmangel auch auf Grundlage der insoweit maßgeblichen Rechtsaufassung des [X.] (vgl [X.] vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - [X.] Nr 79 zu § 162 [X.]; [X.] vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - [X.] 1500 § 160 [X.]3) auf diesem Mangel beruhen kann. Nichts anderes gilt für das "[X.]" einer Entscheidung auf der geltend gemachten Divergenz (vgl [X.] vom 28.2.2018 - [X.] R 73/16 B - juris RdNr 5). Es ist nicht Aufgabe des [X.], sich im [X.] selbst die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil oder den Akten herauszusuchen (vgl [X.] vom 21.12.2022 - B 9 S[X.]4/22 B - juris RdNr 5).

5

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt an einer geordneten Darstellung des Sachverhalts und des [X.]. Der Inhalt des angefochtenen Urteils und damit auch die vom [X.] festgestellten Tatsachen sowie der Verfahrensablauf werden nur bruchstück- und lückenhaft im Zusammenhang mit ihrer rechtlichen Erörterung wiedergegeben.

6

2. Abgesehen davon genügt die Beschwerdebegründung des [X.] aber auch im Übrigen nicht den [X.] im Hinblick auf die von ihm gerügten Verfahrensmängel.

7

Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.] und § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB [X.] vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6 mwN; [X.] vom 31.7.2017 - [X.] [X.] 47/16 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.]0 RdNr 16 mwN). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann.

8

Als Verfahrensmängel rügt der Kläger die Verletzung der Vorschriften über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 153 Abs 1 [X.] iVm §§ 124 Abs 1, 125 [X.]), den rechtswidrigen Erlass eines [X.] (§ 153 Abs 1 [X.] iVm § 138 [X.]), Verstöße gegen das Recht des [X.] auf den gesetzlichen [X.] (Art 101 Abs 2 Satz 1 GG), die willkürliche Ablehnung eines [X.] (§ 114 [X.], Art 3 Abs 1 GG) sowie die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.], Art 103 Abs 1 GG) und das teilweise Fehlen der Entscheidungsgründe im Urteil (§ 153 Abs 1 [X.] iVm § 136 Abs 1 [X.] [X.]).

9

a) Soweit der Kläger sich darauf beruft, der Tenor des verkündeten Urteils weiche sowohl von dem protokollierten als auch dem schriftlich abgefassten [X.] ab, ist sein Vorbringen nicht geeignet, den von ihm gerügten Verstoß gegen die Vorschriften über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 153 Abs 1 [X.] iVm §§ 124 Abs 1, 125 [X.]) zu begründen. Denn das [X.] hat - was der Kläger auch nicht in Abrede stellt - eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Soweit der Kläger vorträgt, das [X.] habe kein wirksames Urteil ("Scheinurteil") verkündet, rügt er der Sache nach einen Verstoß gegen § 132 Abs 2 Satz 1 [X.]. Nach § 132 Abs 2 Satz 1 [X.] wird ein Urteil nach mündlicher Verhandlung erst und nur durch die wirksame Verkündung wirksam. Diese erfordert das vollständige Verlesen der Urteilsformel. Der Kläger räumt allerdings selbst ein, dass der Vorsitzende am Schluss der mündlichen Verhandlung die Urteilsformel vollständig verlesen hat, wenn auch nach seiner Darstellung und der Niederschrift unter Nennung eines unzutreffenden Aktenzeichens der bestätigten Entscheidung des [X.], [X.] 202/22 anstelle des zutreffenden Aktenzeichens [X.] [X.] 2059/20. Nach dem eigenen Vortrag des [X.] ist insoweit ein Urteil durch vollständiges Verlesen der Urteilsformel verkündet worden.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang den rechtswidrigen Erlass eines entsprechenden [X.] (§ 153 Abs 1 [X.] iVm § 138 [X.]) vom [X.] rügt, ist aus seinen Ausführungen kein Verfahrensfehler erkennbar. Nach § 138 Satz 1 [X.] sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Über die Berichtigung entscheidet - wie vorliegend - der Vorsitzende durch Beschluss (§ 138 Satz 2 [X.]), nicht der Senat. Die Berichtigung einer einem Schreib- oder Rechenfehler "ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit" ist unter zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen zulässig. Bei der Unrichtigkeit darf es sich nicht um einen auf einer unrichtigen Tatsachenwertung oder auf einem Rechtsirrtum beruhenden Fehler in der Willensbildung des Gerichts handeln. Zudem muss die Unrichtigkeit "offenbar" sein (vgl [X.] vom 15.10.1987 - 1 RA 57/85 - [X.] 1500 § 164 [X.]3 RdNr 15). Dass diese Voraussetzungen nicht vorgelegen haben könnten, ist nach dem Vorbringen des [X.] nicht dargetan. Der Berichtigungsbeschluss bezieht sich ausschließlich auf das Aktenzeichen der vom Kläger selbst angegriffenen Entscheidung des [X.], deren Datum der verkündete und protokollierte Tenor auch zutreffend wiedergibt. Es bestehen - zumal der Kläger diese nicht aufgezeigt hat - insoweit keine Anhaltspunkte, dass es sich nicht um einen einem "mechanischen Versehen" gleich zu erachtenden Erklärungsmangel oder Fehler im Ausdruck des Willens gehandelt haben könnte, der auch einem verständigen Außenstehenden klar erkennbar sein musste. Da die Anbringung des [X.] nach § 138 Satz 3 [X.] für die Wirksamkeit des [X.] und damit für den Eintritt der Berichtigung unwesentlich ist (BVerwG vom 23.1.1975 - [X.], [X.]/73 - NJW 1975, 1795), geht auch das Vorbringen des [X.], ein Vermerk auf dem Urteil sei nicht auffindbar, ins Leere.

b) Die vom Kläger gerügten Verstöße gegen sein Recht auf den gesetzlichen [X.] (Art 101 Abs 2 Satz 1 GG) sind ebenfalls nicht ausreichend dargetan. Dies gilt sowohl hinsichtlich der vom Kläger vorgetragenen Unzuständigkeit des 12. Senats des [X.] (hierzu [X.]) als auch hinsichtlich der von ihm gerügten nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Senats (hierzu bb).

[X.]) Auf Grundlage der Ausführungen des [X.] ist nicht hinreichend dargelegt, dass nach der von ihm und dem [X.] zitierten Regelung in Ziffer [X.] 1a des [X.] (Folgeregelung bei Anhängigkeit eines Verfahrens) die Zuständigkeit eines anderen Senats des [X.] gegeben war. Der Kläger verweist insoweit auf einen in der Gerichtsakte befindlichen Schriftsatz vom 2.4.2022, mit dem er die Wiederaufnahme eines früheren Beschwerdeverfahrens [X.] 403/21 [X.]) beantragt habe. In diesem Schriftsatz sind jedoch mehrere Entscheidungen zu diesem Aktenzeichen ohne Nennung des jeweiligen Entscheidungsdatums und damit nicht hinreichend konkretisiert angesprochen. In erster Linie scheint es um Entscheidungen über ein Ablehnungsgesuch bzw eine diesbezügliche Anhörungsrüge zu gehen, die schon nicht ohne Weiteres unter die vom Kläger zitierte Regelung des [X.] fallen würden. Weitere Einzelheiten zum Verfahrensablauf hat der Kläger nicht dargetan, sodass schon im Ansatz nicht nachvollzogen werden kann, inwieweit das [X.] gegen seinen Geschäftsverteilungsplan und damit ggf das Recht auf den gesetzlichen [X.] (Art 101 Abs 2 Satz 1 GG) verstoßen haben könnte. Vor diesem Hintergrund ist auch die Rüge des [X.] nicht nachvollziehbar, das [X.] habe gegen die prozessuale Waffengleichheit verstoßen, zumal dieses Institut das Verhältnis der Beteiligten untereinander betrifft. Auch eine vom Kläger behauptete willkürliche Missachtung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.], Art 103 Abs 1 GG) ist nicht dargetan, da das [X.] sich mit der Frage der Zuständigkeit auseinandersetzt und ausführt, zum Zeitpunkt des Eingangs des Verfahrens am [X.] sei beim [X.] kein anderes Verfahren des [X.] anhängig gewesen.

bb) Die vom Kläger erhobene Rüge, das Berufungsgericht sei bei Erlass des angefochtenen Urteils fehlerhaft besetzt gewesen, weil ein Ablehnungsgesuch gegen mitwirkende [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit zuvor zu Unrecht abgewiesen worden sei, genügt ebenfalls nicht den [X.]. Eine solche Rüge kann im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nur darauf gestützt werden, die Zurückweisung des [X.] beruhe auf willkürlichen Erwägungen oder habe Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt. Denn das Revisionsgericht ist im Hinblick auf § 557 Abs 2 ZPO iVm § 202 Satz 1 [X.] grundsätzlich an Entscheidungen gebunden, die dem Endurteil des [X.] vorausgegangen sind, sofern sie unanfechtbar sind (§§ 60, 177 [X.]). Nur in dem aufgezeigten engen [X.] ist das Revisionsgericht wegen eines fortwirkenden Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen [X.]s iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG an die Zurückweisung von Ablehnungsgesuchen, die dem Endurteil des [X.] vorausgegangen sind, nicht gebunden (stRspr, vgl [X.] vom 16.7.2020 - [X.] [X.] 70/19 B - juris Rd[X.] mwN).

Der Kläger legt nicht hinreichend dar, dass die Zurückweisung des [X.] auf willkürlichen manipulativen Erwägungen beruht hat, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind, oder dass die Zurückweisung des [X.] jedenfalls darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat. Soweit er sich zentral darauf stützt, die nicht erfolgte Beiziehung von Akten und "übereifrige" Terminierung begründe die Besorgnis der Befangenheit, setzt er sich nicht mit den - zutreffenden - Ausführungen des [X.] im ablehnenden Beschluss über das Ablehnungsgesuch auseinander, nach denen ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten ein Ablehnungsgesuch ebenso wenig wie vermeintliche Ermittlungsdefizite begründen kann (vgl etwa [X.] vom [X.] - B 9a S[X.]8/06 B - [X.] 4-1500 § 60 [X.] RdNr 13). Der Willkürvorwurf ist auch insoweit nicht hinreichend substantiiert, als der Kläger ihn aus der Gestaltung des Verfahrens bei der Entscheidung über das Befangenheitsgesuch herleitet. Vom Inhalt der dienstlichen Äußerungen abgelehnter [X.] ist den Beteiligten des Rechtsstreits Kenntnis zu geben. Dies hat das [X.] vorliegend auch getan, wenn auch erst aufgrund Verfügung vom [X.] mit Schreiben vom 8.8.2022. Soweit der Kläger vorträgt, dass er keine Möglichkeit gehabt habe, vor Erlass des Beschlusses vom [X.] Stellung zu nehmen, begründet dies nicht den Willkürvorwurf, sondern kann allenfalls als Rüge seines Rechts auf rechtliches Gehör auszulegen sein (vgl in diesem Sinne [X.] vom 2.10.2017 - 1 BvR 1574/17 - RdNr 8). Wird jedoch ein Gehörsverstoß gerügt, muss insbesondere dargetan werden, welchen erheblichen Vortrag das Gericht nicht zur Kenntnis genommen hat oder welches Vorbringen durch die Verfahrensweise des Gerichts verhindert worden ist und inwiefern das Urteil darauf beruhen kann (vgl bereits [X.] vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6 juris Rd[X.]). Hierzu fehlt es an substantiiertem Vortrag des [X.]. Er trägt lediglich vor, aus den dienstlichen Stellungnahmen hätten sich "möglicherweise" selbst neue Befangenheitsgründe ergeben können.

c) Die Rüge des [X.], das [X.] habe seinen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens willkürlich abgelehnt (§ 114 [X.], Art 3 Abs 1 GG), ist ebenfalls unzulässig. Zur Rüge eines Verstoßes gegen die [X.] des § 114 [X.] muss dargetan werden, dass das grundsätzlich eingeräumte Ermessen im besonderen Streitfall auf null reduziert und das Gericht zu einer Aussetzung des Verfahrens verpflichtet war (vgl [X.] vom 18.10.2016 - [X.] [X.] 74/16 B - juris RdNr 5). Dies ist dem Kläger nicht gelungen. Das [X.] ist auf die Argumentation des [X.] eingegangen und hat ausgeführt, dass beim [X.] zwar eine Nichtigkeitsklage anhängig sei, über die noch nicht entschieden worden sei. Der Gerichtsbescheid vom [X.] sei aber nicht aufgehoben worden, er sei rechtskräftig. Der Kläger legt nicht dar, inwiefern das [X.] vor dem Hintergrund dieser Erwägungen gleichwohl eine Sachentscheidung nicht hätte treffen dürfen. Darüber hinaus verkennt der Kläger, dass das [X.] sich hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage nicht nur auf die entgegenstehende Rechtskraft des [X.] vom [X.], sondern auch - alternativ - auf die doppelte Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstands gestützt hat (vgl Seite 13, Ziffer 7 des Urteilsumbruchs).

d) Auch die Rüge des [X.], das Urteil des [X.] leide am Verfahrensmangel des teilweisen Fehlens der Entscheidungsgründe (§ 153 Abs 1 [X.] iVm § 136 Abs 1 [X.] [X.]), genügt nicht den [X.]. Der Kläger macht geltend, sein vom [X.] als Beweisantrag gewerteter Antrag auf Herausgabe des [X.] sei von ihm tatsächlich als Antrag in der Hauptsache gestellt worden. Er teilt selbst mit, das [X.] habe seinen Antrag als "Beweisantrag" ins Protokoll aufgenommen, ist hiermit aber nicht einverstanden. Um sich auf einen angeblichen Fehler der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] berufen zu können, hätte der Kläger aber zumindest vortragen müssen, er habe die Berichtigung der Sitzungsniederschrift beantragt (vgl [X.] vom 3.11.2014 - [X.]2 [X.] 48/14 B - juris RdNr 9). Dies ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

e) Soweit der Kläger schließlich rügt, der mündlichen Verhandlung seien unter Verstoß gegen § 153 Abs 1 iVm § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] nicht sämtliche von ihm eingereichten Schriftstücke zugrunde gelegt worden, ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der gerügte Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] die Zulassung der Revision nicht eröffnen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]). Ein in diesem Zusammenhang insbesondere mit weiterem Schriftsatz vom 12.6.2023 [X.] ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Weder ist nachvollziehbar, inwiefern allein die fehlende Paginierung von Schriftsätzen des [X.] belegen soll, dass diese nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, noch hat der Kläger dargelegt, welchen erheblichen Vortrag das Gericht nicht zur Kenntnis genommen haben soll oder welches Vorbringen durch die Verfahrensweise des Gerichts verhindert worden sein soll und inwiefern das Urteil darauf beruhen könnte.

3. Ebenfalls unzulässig ist die Beschwerde, soweit der Kläger eine Divergenz des angegriffenen Beschlusses des [X.] zum Urteil des [X.] vom 18.5.2011 (B 3 [X.] 7/10 R) geltend macht. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des [X.], des [X.] oder des [X.] andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl zB [X.] vom 19.9.2007 - [X.] [X.] 52/07 B - juris Rd[X.]; [X.] vom 9.5.2018 - [X.] [X.] 55/17 B - juris RdNr 8; zur Verfassungsmäßigkeit dieser [X.] vgl [X.] vom 8.9.1982 - 2 BvR 676/81 - juris RdNr 8). Diesen [X.] wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger rügt eine Abweichung des angegriffenen Urteils von dem Urteil des [X.] vom 18.5.2011 - B 3 [X.] 7/10 R. Dieses enthalte in [X.] folgenden tragenden abstrakten Rechtssatz:

        

"Nachgehende Leistungsansprüche sind als Ausnahme von der das Versicherungsprinzip zum Ausdruck bringenden Regel des § 19 Abs. 1 Halbs. 1 [X.]B V grundsätzlich nur zulässig, wenn sie im [X.]B V bestimmt sind (§ 19 Abs. 1 Halbs. 2 [X.]B V). Entsprechende Bestimmungen finden sich ua in § 19 Abs. 2 und 3 [X.]B V, deren Voraussetzungen hier aber nicht vorliegen. Darüber hinaus sind Abweichungen nur gestattet, wenn ein nachgehender Leistungsanspruch zum Schutz des Versicherten erforderlich ist."

        

Das [X.] habe dagegen folgenden tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt:

        

"Gemäß § 19 Abs.1 [X.]B V erlischt der Anspruch auf Leistungen mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit in diesem Gesetzbuch nichts anderes bestimmt ist. … Dies gilt auch für bis zum Ende der Mitgliedschaft bereits begründete, aber noch nicht erfüllte Ansprüche."

        

Die Beschwerdebegründung enthält indessen bereits keine ausreichenden Darlegungen dazu, inwiefern die vom [X.] und [X.] aufgestellten Rechtssätze miteinander unvereinbar sein sollen, zumal der vom Kläger zitierten Passage im Urteil des [X.] der Satz vorangestellt ist: "Für einen Leistungsanspruch nach beendeter Mitgliedschaft (sog nachgehender Leistungsanspruch) bestehen keine gesetzlichen Anknüpfungspunkte." Im Übrigen ist erforderlich, dass das [X.] bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat; dies hat der Beschwerdeführer schlüssig darzulegen (vgl zB [X.] vom 19.11.2019 - [X.] [X.] 72/18 B - juris RdNr 8). Daran fehlt es. Schließlich fehlt es auch an der schlüssigen Darlegung, dass die Divergenzfrage für das [X.] entscheidungserheblich wäre (vgl [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 15/20 B - juris Rd[X.] mwN). Entsprechende Ausführungen wären vorliegend schon deswegen erforderlich gewesen, weil das [X.] sich tragend bereits auf die Unzulässigkeit der Klage gestützt hat. Soweit der Kläger diesbezüglich erneut die Nichtigkeitsklage im Verfahren [X.] [X.] 1268/20 erwähnt, fehlt es an Darlegungen, inwiefern diese zur Zulässigkeit der Klage im vorliegenden Verfahren führen sollte.

4. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen [X.].

5. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.].

        

Schlegel

Bockholdt

Geiger

Meta

B 1 KR 83/22 B

18.12.2023

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG München, 4. Mai 2021, Az: S 12 KR 2059/20, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.12.2023, Az. B 1 KR 83/22 B (REWIS RS 2023, 9717)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9717

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