Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.03.2021, Az. 30 W (pat) 811/18

30. Senat | REWIS RS 2021, 8196

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Gegenstand

Designbeschwerdeverfahren – Nichtigkeitsverfahren - "Schachtel und Schachtelzuschnitt" – Neuheit und Eigenart


Tenor

In der [X.]

betreffend das eingetragene Design 40 109 822-0002

([X.] 17/16)

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

[X.] Auf die Beschwerde des Designinhabers wird der Beschluss der Designabteilung 3.5 des [X.] vom 10. August 2018 aufgehoben.

I[X.] Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs 40 109 822 - 0002 wird zurückgewiesen.

II[X.] Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

[X.] Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner ist Inhaber des eingetragenen Designs 40 109 822 - 0002 mit dem Anmeldetag 6. November 2001. Das Design wurde am 3. April 2002 in das [X.] eingetragen. Als Erzeugnisangabe ist „Schachtel und Schachtelzuschnitt“ erfasst.

2

Das Design ist im Register mit folgender Wiedergabe eingetragen:

Abbildung

3

Gegen dieses eingetragene Design hat die Antragstellerin mit einem am 10. Februar 2016 beim [X.] ([X.]) eingegangenen Schriftsatz einen auf den [X.] der fehlenden Neuheit/Eigenart (§ 2 [X.]) gestützten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt.

4

Zur Begründung ihres [X.]s hat sie vorgetragen, die Gestaltung des angegriffenen Designs werde durch die nachfolgend wiedergegebenen

Abbildung

Abbildung

5

Abbildungen [X.]. 1 und [X.]. 4 des [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05

6

sowie durch das US-Patent 2,352,994 vom 04. Juli 1944

Abbildung

7

vorweggenommen.

8

Anordnung und Ausrichtung der Grifföffnungen seien im angegriffenen Design praktisch identisch mit der [X.]. 1 des entgegengehaltenen [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05. Auch das US-Patent zeige schräg verlaufende Grifföffnungen.Etwaige Unterschiede in den Größenverhältnissen im Vergleich mit [X.]. 1 des [X.] Patents seien erst durch Nachmessen erkennbar und unwesentlich. Der Spalt zwischen Schmalseite und Seitenteil im angegriffenen Design stelle sich als „Auseinanderklaffen“ der Schnittlinie dar, die sich ergebe, wenn der Zuschnitt nicht eben liege. Im Übrigen sei der Spalt ausschließlich technisch bedingt, da er ein einfaches Aufklappen des Schachtelzuschnitts zu einer Faltschachtel ermöglichen solle. Ebenso seien die bei der [X.] Entgegenhaltung erkennbaren Vorsprünge und Aussparungen technisch bedingt, da sie der Verrastung der Seitenteile dienten. Die Unterschiede seien für die Beurteilung des Gesamteindrucks völlig unerheblich.
Der in [X.]. 4 des entgegengehaltenen [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05 dargestellte Karton werde von den angesprochenen Fachkreisen automatisch in die zweidimensionale Form seines Zuschnitts umgesetzt, da (Verpackungs-)Designer mit der räumlichen Sichtweise vertraut seien. [X.]. 4 unterscheide sich vom angegriffenen Design nur in unwesentlichen Einzelheiten.
Die [X.] würden in Patentschriften zum Stand der Technik genannt, der Fachmann sei mit Patentliteratur auf diesem Gebiet vertraut. Die Fachkreise hätten von den Veröffentlichungen Kenntnis erlangen können.
Zur Frage der Gestaltungsfreiheit hat die Antragstellerin auf den Katalog der „[X.] ([X.])“, Ausgabe September 2009, verwiesen.

9

Der Designinhaber hat dem am 13. April 2016 zugestellten [X.] mit am 12. Mai 2016 per Telefax beim [X.] eingegangenem Schriftsatz widersprochen.

Er hat geltend gemacht, dass das entgegengehaltene US-Patent 2,352,994 vom 04.07.1944 den relevanten Fachkreisen nicht offenbart worden sei, weil es diesen im normalen Geschäftsverlauf nicht habe bekannt werden können. Es unterscheide sich zudem u.a. durch breite Umschlaglaschen an den Längsseiten deutlich von dem angegriffenen Design und könne dessen Neuheit und Eigenart nicht in Frage stellen.

Auch das [X.] Patent Nr. 1000909 [X.] und die daraus entnommenen [X.] gemäß [X.]. 1 und [X.]. 4 könnten dem eingetragenen Design mangels Offenbarung i.S. des § 5 [X.] nicht als vorbekannter [X.] entgegengehalten werden. Denn das Patent habe seit dem 31. März 1992 und damit zum Zeitpunkt der Anmeldung des angegriffenen Designs fast 10 Jahre nicht mehr in [X.] gestanden, so dass für die relevanten Fachkreise kein Grund bestanden habe, nach diesem nicht mehr in [X.] stehenden Patent zu recherchieren.

Unabhängig davon sei [X.]. 4 des [X.] Patents 1000909 [X.] aufgrund seiner Ausgestaltung als dreidimensionale Erscheinungsform für den vorbekannten [X.] nicht zu berücksichtigen.
[X.]. [X.] sich von dem angegriffenen Design deutlich in den Größenverhältnissen, das angegriffene Design wirke deutlich länger und schlanker. Die Seitenteile seien zudem wesentlich kleiner ausgestaltet. Auffällig sei zudem ein klar sichtbarer Spalt zwischen den Seitenteilen und den Schmalseiten. Zudem würden dem angegriffenen Design Vorsprünge und Aussparungen fehlen, wie sie in [X.]. 1 des [X.] Patents zu sehen seien.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2017 hat die Designabteilung gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] Regierungsdirektor Dr. B… als technisches Mitglied zum Verfahren hinzugezogen.

Die Designabteilung 3.5 hat nach Durchführung des [X.] mit Beschluss vom 10. August 2018 die Nichtigkeit des angegriffenen Designs festgestellt und die Kosten des Verfahrens dem Designinhaber und Antragsgegner auferlegt. Der Gegenstandswert wurde auf 100.000 Euro festgesetzt.

Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des streitgegenständlichen eingetragenen Designs sei zulässig. Er sei schriftlich beim [X.] eingereicht worden und enthalte sämtliche nach § 34a Abs. 1 [X.] i.V.m. § 21 Abs. 2 [X.] erforderlichen Angaben. Die Antragsgegnerin habe dem [X.] auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 34a Abs. 2 [X.] widersprochen.

Der Antrag sei auch begründet, da diesem am Tag der Anmeldung jedenfalls in Bezug auf [X.]. 1 des entgegengehaltenen [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05die erforderliche Eigenart (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) gefehlt habe.

Das angegriffene Design stelle einen Schachtelzuschnitt dar. Für den informierten Benutzer sei ohne weiteres erkennbar, dass der Schachtelzuschnitt verzerrt dargestellt sei, da zum einen die Gestaltung der Seitenteile nicht zu den Schmalseiten passe, so dass diese beim Schachtelaufbau nicht funktional übereinander zu liegen kommen könnten, und zum anderen der Spalt zwischen den Seitenteilen und der Schmalseite unterschiedlich groß ausfalle.

Die Wiedergabe des Designs offenbare - unter Berücksichtigung der verzerrten Darstellung - im Wesentlichen folgende Merkmale:
M1: Grundform

[X.] Grundform eines aus 11 Teilen bestehenden Schachtelzuschnitts einer nach oben offenen Schachtel mit rechteckigem Boden (Zarge), daran anhängenden trapezförmigen Längs- und Schmalseiten und an den Längsseiten anhängenden einklappbaren Seitenteilen; ob der Zuschnitt flach liegend oder mit leicht angehobenen Seiten und Seitenteilen dargestellt wird, lässt sich der Wiedergabe nicht eindeutig entnehmen, der Grad der Neigung der Längs- und Schmalseiten bleibt offen;

[X.] Das Größenverhältnis von Breite zu Länge des rechteckigen Bodens beträgt ca. 1 : 2. Der Rand der Schmalseite entspricht dazu ca. 1, wobei aufgrund der verzerrten Darstellung und des fehlenden Maßstabs keine exakten Größenverhältnisse erkennbar werden;

M2: Gestaltung der Schmalseiten

M2.1 anhängende trapezförmige Umschlaglasche über gesamter Schmalseite

M2.2 mittig im oberen Drittel der Schmalseite befindliche rechteckige Griffausnehmung mit doppelter Faltlinie am oberen Rand und unten abgerundeten Ecken
[X.] Spalt zwischen Schmalseite und Seitenteil, wobei der Spalt aufgrund der verzerrten Darstellung unterschiedlich groß ausfällt;

M3: Gestaltung der Seitenteile

M3.1 Seitenteil mit spitzem Winkel

M3.2 Größe des [X.] im Verhältnis zur Längs- und Schmalseite eher klein erscheinend, aber aufgrund der verzerrten Darstellung nicht genau bestimmbar
[X.] rechteckige Grifföffnung mit unten abgerundeten Ecken fast über die gesamte Breite (die genaue Größe der Grifföffnung ist nicht erkennbar);

M4: Gestaltung der Längsseite

M4.1 ohne Umschlaglasche
M4.2 ohne [X.]

[X.]: schlichte gerade Ausführung der Schachtelseiten ohne Aussparungen und Vorsprünge zur Fixierung.

Der Gesamteindruck des angegriffenen Designs werde für den informierten Benutzer im Hinblick auf eine mögliche Verwendung des Designs als Schachtelzuschnitt für eine zur Aufnahme von Waren bestimmte Schachtel insbesondere durch die nach oben offene rechteckige Grundform der aus dem 11-teiligen Schachtelzuschnitt zu errichtenden Schachtel geprägt. Genaue Größenverhältnisse und der Grad, in dem die Längs- und Schmalseiten nach außen geneigt seien, ließen sich der verzerrten Darstellung nicht eindeutig entnehmen und seien damit für den Gesamteindruck zu vernachlässigen. Die durchgehende Umschlaglasche an den Schmalseiten mit rechteckigen Griffausnehmungen, die schlichten Längsseiten ohne Umschlaglasche sowie die Art der Faltung mit einzuklappenden Seitenteilen mit rechteckigen [X.], die vor der Schmalseite eingeklappt und durch Umklappen der [X.] sowie durch die hochzuklappende Griffausnehmung fixiert würden, prägten den Gesamteindruck ebenfalls mit. Die Größe der Seitenteile wie auch die Größe der [X.] in den Seitenteilen könnten dem angegriffenen Design aufgrund der verzerrten Darstellung nicht eindeutig entnommen werden und müssten daher insoweit bei der Bestimmung des Gesamteindrucks außer Betracht bleiben. Gleiches gelte für die Größe des Spaltes, der aufgrund der verzerrten Darstellung unterschiedlich groß ausfalle.

Das entgegengehaltene [X.] Patent [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05-16, insb. [X.]. 4 und [X.]. 1, sei am 16. Mai 1989 und damit vor dem Anmeldetag des angegriffenen Designs im [X.] [X.] veröffentlicht und damit offenbart worden i.S. des § 5 [X.], da für die im Verpackungssektor tätigen Fachkreise, welche sich über Erscheinungsformen einschlägiger Erzeugnisse auch durch Recherchen zu technischen Schutzrechten informierten, ohne weiteres die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Entgegenhaltung bestanden habe. Ob tatsächlich Kenntnis genommen worden sei, spiele keine Rolle.

Ausgehend davon komme das angegriffene Design zwar nicht der [X.]. 4, von der es bereits in der Gestaltung der Längs- und Schmalseiten deutlich abweiche, so jedoch der [X.]. 1 des entgegengehaltenen [X.] Patents so nahe, dass kein unterschiedlicher Gesamteindruck gegeben sei.

Der informierte Benutzer entnehme der entgegengehaltenen [X.]. 1 des [X.] Patents für den Gesamteindruck folgende Merkmale, nämlich einen faltbaren Schachtelzuschnitt zur Errichtung einer nach oben offenen, rechteckigen Schachtel mit leicht nach außen geneigten Längs- und Schmalseiten und mit einklappbaren Seitenteilen und rechteckigen Grifföffnungen an den Schmalseiten und einer Umschlaglasche an der Schmalseite, die mittels einer hochgeklappten Griffausnehmung fixiert werde, sowie Vorsprünge und Aussparungen zur zusätzlichen Fixierung. Zudem werde der informierte Benutzer das Fehlen von Zwickeln (Spalten) zwischen den einzuklappenden Seitenteilen und den Schmalseiten in den Gesamteindruck mit aufnehmen.

Ferner sei von einer jedenfalls durchschnittlichen Gestaltungsfreiheit des [X.] auszugehen, da die Antragstellerin durch den Hinweis auf den Katalog der „[X.] ([X.])“, Ausgabe September 2009, eine große Designvielfalt im Bereich der Verpackungsdesigns belegt habe.

Ausgehend von einer durchschnittlichen Gestaltungsfreiheit eines [X.] sowie gleicher Gewichtung der Merkmale der [X.]. 1 mit Ausnahme der funktionell bedingten Vorsprünge und Aussparungen unterscheide sich das angegriffene Design in seinem Gesamteindruck nicht von dem Gesamteindruck, die dem informierten Benutzer durch die [X.]. 1 des entgegengehaltenen [X.] Patents vermittelt werde.

Das angegriffene Design und die Entgegenhaltung stimmten in den wesentlichen Merkmalen der Grundform, der Gestaltung der schlichten Längsseiten und der Schmalseiten mit Umschlaglasche und rechteckigen Grifföffnungen sowie den einzuklappenden Seitenteilen überein. Im Gesamteindruck überwögen die Übereinstimmungen die Unterschiede. Die Unterschiede durch fehlende Vorsprünge und Aussparungen im angegriffenen Design ([X.]) könnten die Eigenart nicht begründen, da sie als funktionelle Merkmale auf Seiten der entgegengehaltenen [X.]. 1 untergewichtig seien. Etwaige Abweichungen in den Größenverhältnissen und in der „Konizität“ oder Stapelbarkeit (Neigung der Längs-/bzw. Schmalseiten) ([X.] und [X.]) könnten dem perspektivisch verzerrt dargestellten angegriffenen Design bereits nicht eindeutig entnommen werden. Sie stellten sich aus Sicht des informierten Benutzers zudem als bloße Varianten der vorbekannten Form dar. Der Zwickel (Spalt) ([X.]) zwischen Schmalseite und Seitenteil sei ebenfalls funktioneller Natur, da er im Verpackungsbereich eine übliche Maßnahme darstelle, die ein Klemmen beim Zusammenfalten verhindern solle. Zudem könne dem angegriffenen Design aufgrund der verzerrten Darstellung nicht die Größe des Spaltes entnommen werden, so dass dieser Unterschied nicht eindeutig erkennbar und daher gering zu gewichten sei. Gleiches gelte für die Unterschiede hinsichtlich der Gestaltung des [X.].

Abschließend sei anzumerken, dass sich die Eigenart des angegriffenen Designs gegenüber einem vorbekannten Muster nicht aus einer bloß ungenauen, verzerrten Darstellung des vorbekannten Musters ergeben könne. Unzulänglichkeiten oder Qualitätsdefizite bei der Wiedergabe des angegriffenen Designs gingen zu Lasten des [X.] und könnten keine Eigenart begründen.

Daher sei die Nichtigkeit des angegriffenen Designs wegen fehlender Eigenart festzustellen.

Der Designinhaber hat Beschwerde eingelegt, mit der er zunächst weiterhin geltend macht, dass die [X.] Patentschrift nicht offenbart worden sei, weil für die relevanten Fachkreise kein Grund bestanden habe, nach diesem zum Zeitpunkt der Anmeldung des angegriffenen Designs fast 10 Jahre nicht mehr in [X.] stehenden Patent zu recherchieren.

Zudem seien in der [X.] der Designabteilung die Merkmale zu streichen, die sich auf die aufgebaute Schachtel und nicht nur auf den Schachtelzuschnitt bezögen.

Ferner seien bei der Ermittlung der für den Gesamteindruck des eingetragenen Designs prägenden Merkmale entgegen der Auffassung der Designabteilung auch die Größenverhältnisse z.B. von Längs- zu Schmalseiten sowie der Spalt zwischen Längs- und Schmalseiten zu beachten. Diese könnten nicht unter Hinweis auf eine „verzerrte“ Darstellung der Wiedergabe ausgeblendet werden. [X.] sei, was angemeldet und im Designblatt abgebildet sei, und zwar unabhängig davon, ob das in der Wiedergabe Dargestellte auch „funktioniere", d.h. ob der dargestellte Schachtelzuschnitt tatsächlich zu einer tragfähigen Schachtel zusammengefaltet werden könne.

Ausgehend davon werde das angegriffene Design durch folgende Merkmale geprägt:

(1) 11-teiliger Schachtelzuschnitt

(2) rechteckige Grundform, Format (Verhältnis Länge zu Breite) etwa 2 zu 1

(3) schlichte Längsseiten ohne Umschlaglasche, Format (Verhältnis Länge zu Breite) ca. 3 zu 1

(4) an den Längsseiten angebrachte Seitenteile, die durch einen Spalt von den Schmalseiten getrennt sind

(5) durchgehende Umschlaglasche an den Schmalseiten

(6) rechteckige, unten abgerundete Griffausnehmungen an den Schmalseiten und an den Seitenteilen.

Der für die Beurteilung der Eigenart ebenfalls zu berücksichtigende Gestaltungsspielraum eines [X.] sei eng. Denn die durch den [X.] vorgegebenen funktionalen Zwänge sowie die Vielzahl vorbekannter, einen geringen Abstand zueinander einhaltender Designs und einer sich daraus ergebenden „Designdichte“ - wie sie auch durch den von der Antragstellerin zum Beleg einer Designvielfalt in Bezug genommenen Katalog der „[X.] ([X.])“, Ausgabe September 2009, verdeutlicht werde -, führten zu einer nachhaltigen Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten des [X.]. Die Freiheit des [X.] sei daher nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ eng begrenzt.
Ausgehend davon halte das angegriffene Design seinem maßgeblichen Gesamteindruck nach gegenüber der Entgegenhaltung gemäß [X.]. 1 der [X.] Patentschrift [X.] 1 000 909 [X.] einen zur Begründung der Eigenart hinreichenden Abstand ein, da beide Designs in wesentlichen Merkmalen deutlich voneinander abwichen.
Dies gelte zunächst für das Verhältnis von Breite und Höhe, insbesondere der Längswände, aber auch der Schmalwände. Während die Längswände des angegriffenen Designs etwa dreimal länger als breit bzw. hoch seien, seien die Längswände bei der [X.]. 1 der Entgegenhaltung nicht einmal zweimal so lang wie breit bzw. hoch. Bereits dadurch wirke das angegriffene Design sehr viel länger und schlanker als die entgegengehaltene [X.]. 1 des [X.] Patents.
Ferner seien die Seitenteile bei dem angegriffenen Design deutlich kleiner ausgebildet als bei der [X.].1. Noch auffälliger sei, dass diese Seitenteile bei dem angegriffenen Design deutlich von den Schmalwänden abgesetzt seien. Es sei ein klar sichtbarer Spalt vorhanden, welcher bei dem [X.] fehle; bei diesem gingen die Seitenteile direkt in die Schmalwände über und seien nur durch eine Linie getrennt.

Die Seitenteile des entgegengehaltenen Designs wiesen zudem Vorsprünge und Aussparungen auf, welche beim angegriffenen Design fehlten; zudem seien auch bei den Schmalseiten die Griffe und Umschlaglaschen unterschiedlich ausgestaltet.

Die miteinander zu vergleichenden Designs unterschieden sich also nicht nur in unwesentlichen Merkmalen. Insbesondere das unterschiedliche Verhältnis von Breite zu Höhe der Längswände der beiden [X.]s präge den Gesamteindruck. Das angegriffene Design weise ein deutlich größeres Verhältnis von Länge zu Breite bzw. Höhe auf und wirke dadurch schlank und gestreckt. Das [X.] weise ein kleineres Verhältnis von Länge zu Breite bzw. Höhe auf und wirke dadurch gedrungen. Daneben falle aber auch der bei dem angegriffenen Design zwischen den kleinen Seitenteilen und den Schmalwänden bestehende Spalt ins Gewicht, welcher beim [X.] nicht vorhanden sei.
Diese Unterschiede fielen im Gesamteindruck umso stärker ins Gewicht, als die Übereinstimmungen der [X.]s in deren grundsätzlichem Aufbau, der rechteckigen Ausgestaltung von Grundfläche und Längsseiten sowie den [X.] in den Seitenwänden gerade jene Merkmale beträfen, deren Gestaltung durch den Verwendungszweck maßgeblich vorgegeben seien.

 Insgesamt gewinne das angegriffene Design daher insbesondere durch die schmalere Grundform und die ebenfalls schmaleren Längswände eine schlankere Form. Durch diese Merkmale, welche sich von einer rein funktionalen Ausgestaltung merklich entfernten, vermittele das angegriffene Design einen schlankeren und gefälligeren Eindruck, so dass das angegriffene Design trotz der formal weitreichenden Übereinstimmungen in seiner Gesamtheit einen anderen Gesamteindruck hervorrufe als die Entgegenhaltung mit der Folge, dass ihm ein Mindestmaß an Eigenart nicht abgesprochen werden könne.

        

Der Designinhaber beantragt,

den Beschluss der Designabteilung 3.5 des [X.]s vom 10. August 2018 aufzuheben und den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs 40 109 822 - 0002 zurückzuweisen.

        

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss der Designabteilung und macht im Wesentlichen geltend, dass als informierter Benutzer nicht nur der Fachverkehr, sondern auch der Endverbraucher als Käufer und Benutzer der designgegenständlichen Kartons anzusehen sei. Beide seien ohne weiteres in der Lage, eine Schachtel aus einem Schachtelzuschnitt gedanklich zusammenzubauen.

Für den informierten Benutzer sei demnach auch erkennbar, dass der Schachtelzuschnitt des [X.]s verzerrt dargestellt sei. Die verzerrte Darstellung werde dem informierten Benutzer insbesondere durch die unterschiedlich großen Spalte zwischen den Seitenteilen und der Schmalseite sowie die nicht zu den Seitenteilen passenden Schmalseiten bewusst, die einem funktionalen Zusammenbauen der Schachtel andernfalls entgegenstehen würden. Exakte Größenverhältnisse seien daher in der Darstellung nicht erkennbar.

Gegenüber der mit der Veröffentlichung der [X.] Patentschrift [X.] 1 000 909 [X.] offenbarten Schachtel nach [X.]. 1 halte das angegriffene Design keinen die Eigenart begründenden Abstand ein.

Auszugehen sei dabei zunächst von einem jedenfalls durchschnittlichen Gestaltungsspielraum eines [X.]. Der Katalog „[X.]“ ([X.]) belege entgegen der Auffassung des [X.] kein „Designdickicht“ i.S. einer die Gestaltungsfreiheit einschränkenden „Designdichte“, sondern offenbare vielmehr eine zu einem weiten Gestaltungsspielraum führende Designvielfalt. Gestaltungsnotwendigkeiten einer ineinander stapelbaren Transportschachtel („[X.]“) seien dabei nicht zu berücksichtigen, da Gegenstand des angegriffenen Designs kein „[X.]“, sondern eine „Schachtel und Schachtelzuschnitt“ seien.

Unter Zugrundelegung eines weiten [X.] rufe das angegriffene Design keinen anderen Gesamteindruck als die nach [X.]. 1 „aufgebaute“ Schachtel hervor.

Zutreffend habe die Designabteilung festgestellt, dass der Gesamteindruck des angegriffenen Designs durch die

(1) Nach oben offene rechteckige Grundform der aus dem 11-teiligen Schachtelzuschnitt zu errichtenden Schachtel

(2) Durchgehende Umschlaglasche an den Schmalseiten

(3) Rechteckige Griffausnehmungen an den Schmalseiten

(4) Schlichte Längsseiten ohne Umschlaglasche

(5) Art der Faltung mit einzuklappenden Seitenteilen mit rechteckigen [X.], die vor der Schmalseite eingeklappt und durch Umklappen der [X.] sowie durch die hochzuklappende Griffausnehmung fixiert werden

geprägt werde.

Entgegen der Auffassung des [X.] sei die [X.] auch nicht um die Merkmale zu „bereinigen“, die sich auf die aufgebaute Schachtel bezögen, da bei der Erfassung des Gesamteindrucks eines Designs in einer [X.] auch bestimmungsgemäße Funktionszustände des Gegenstands, in dem das Design verwirklicht sei, Berücksichtigung finden könnten.
Zutreffend sei die Designabteilung bei der Bestimmung des Gesamteindrucks auch davon ausgegangen, dass nur auf die verzerrte Wiedergabe des angegriffenen Designs zurückzuführende Merkmale für den Gesamteindruck nicht zu berücksichtigen seien. Die Eigenart des angegriffenen Designs gegenüber einem vorbekannten Muster könne sich nicht aus einer bloß ungenauen, verzerrten Darstellung des vorbekannten Musters ergeben. Unzulänglichkeiten oder Qualitätsdefizite bei der Wiedergabe eines Designs gingen daher zu Lasten des [X.].
In den danach den Gesamteindruck prägenden Merkmalen stimmten die miteinander zu vergleichenden Designs auch überein; die vom Designinhaber aufgeführten Unterschiede erzeugten beim informierten Benutzer keinen abweichenden Gesamteindruck.

So könnten etwaige Unterschiede in den Größenverhältnissen, insbesondere auch der Längswände, dem angegriffenen Design aufgrund der verzerrten Darstellung nicht eindeutig entnommen werden und seien daher nicht weiter zu berücksichtigen. Der Unterschied in den Größenverhältnissen falle dem informierten Benutzer ohnehin erst durch Nachmessen und damit nur aufgrund einer sehr detaillierten und sorgfältigen technischen Prüfung auf und führe deswegen zu keinem anderen gestalterischen Gesamteindruck. Entsprechendes gelte für die Ausgestaltung der Seitenteile, die Aussparungen für die Griffe sowie vor allem für die Größe des Spaltes, der aufgrund der verzerrten Darstellung unterschiedlich groß ausfalle. Der Spalt zwischen Schmalseite und Seitenteil im angegriffenen Design stelle lediglich ein „Auseinanderklaffen“ der Schnittlinie dar, die sich ergebe, wenn der Zuschnitt nicht eben liege. Zudem sei er ausschließlich technisch bedingt, da er ein einfaches Aufklappen des Schachtelzuschnitts ermöglichen soll, und daher vom Designschutz nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen.

Ebenso seien die vom Designinhaber angeführten Vorsprünge und Ausnehmungen an den Seitenwänden und den Schmalwänden der [X.]. 1 ausschließlich technisch bedingt, da sie allein der Verrastung bzw. der zusätzlichen Fixierung der Seitenteile dienten und zudem auch kaum wahrgenommen würden. Unterschiede in der Form der Griffausnehmungen und der Ausgestaltung der Umschlaglaschen seien nicht vorhanden.
Im Gesamteindruck überwögen danach die Gemeinsamkeiten der sich gegenüberstehenden Designs in den prägenden bzw. mitprägenden Merkmalen die lediglich unwesentlichen Unterschiede deutlich, so dass das angegriffene Design über keine Eigenart gegenüber der entgegengehaltenen [X.]. 1 verfüge; dies umso weniger, als einige Unterschiede technisch bedingte Merkmale beträfen bzw. der verzerrten Darstellung des angegriffenen Design nicht eindeutig entnommen werden könnten oder durch diese erst entstünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des [X.] hat in der Sache Erfolg. Denn der auf die absoluten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit bzw. Eigenart (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 2, 3 [X.]) gestützte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs ist zwar aus den von der Designabteilung genannten Gründen zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

A. Auf den vorliegenden Rechtsstreit finden die Vorschriften des Designgesetzes (in der aktuell gültigen Fassung vom 24. Februar 2014) Anwendung. Das angegriffene Design ist am 6. November 2001 zur Eintragung angemeldet und sodann am 3. April 2002 eingetragen worden, jeweils nach dem 28. Oktober 2001 (als Stichtag gemäß § 72 Abs. 2 [X.]), jedoch vor dem 1. Juni 2004 (als Datum des Inkrafttretens der Neufassung des [X.]). Die Übergangsvorschriften des § 72 Abs. 1, 2 [X.] sind demnach nicht anwendbar, die Übergangsvorschrift gemäß § 72 Abs. 3 [X.] betrifft lediglich die „Schutzwirkungen bis zur Eintragung“, so dass für das weitere Verfahren das Designgesetz in der zum 1. Januar 2014 in [X.] getretenen Fassung (zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 17. Juli 2017) Anwendung findet, ergänzt durch die Bestimmungen der Verordnung zur Ausführung des Designgesetzes (Designverordnung - [X.]) vom 2. Januar 2014.

B. Über die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit/Eigenart gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 [X.] ist in der Sache zu befinden, nachdem der Antragsgegner dem ihm am 13. April 2016 zugestellten [X.] innerhalb der Monatsfrist des § 34a Abs. 2 [X.] widersprochen hat.

C. Dem angegriffenen Design fehlte es zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht an Neuheit i. S. von § 2 Abs. 2 [X.]. Danach gilt ein Design als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design offenbart worden ist. Designs gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden. Neuheitsschädlich ist ein Design durch den vorbekannten [X.] daher nur dann getroffen, wenn es alle für den Gesamteindruck wesentlichen Erscheinungsmerkmale ebenfalls aufweist (vgl. [X.]/Kur, Designrecht, 2. Aufl., [X.]. 64). Daran fehlt es vorliegend bereits deshalb, weil das angegriffene Design aus den nachfolgend zu D. genannten Gründen entgegen der Auffassung der Designabteilung einen die Eigenart i. S. von § 2 Abs. 3 [X.] begründenden hinreichenden Abstand zum vorbekannten [X.] aufweist.

D. Gemäß § 2 Abs. 3 [X.] hat ein Design Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des [X.] bei der Entwicklung des Designs berücksichtigt.

Maßgebliches Kriterium im Rahmen der Bestimmung der Eigenart ist die Unterschiedlichkeit der jeweiligen [X.] ([X.], 718 – verlängerte Limousinen; [X.]/Kur, Designrecht, 2. Aufl., [X.]. 68).

Ob sich der Gesamteindruck des eingetragenen Designs von dem durch ein vorbekanntes Design erzeugten Gesamteindruck unterscheidet, ist allein im Wege eines Einzelvergleichs zu ermitteln, wobei die Designs sowohl hinsichtlich ihrer Merkmale im Einzelnen als auch nach der Bedeutung der Merkmale für den Gesamteindruck zu vergleichen sind (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Designgesetz, 6. Aufl., § 2 [X.]. 30). Wenn sich der Gegenstand eines eingetragenen Designs danach auch nur einigermaßen von jedem einzelnen vorbekannten Design unterscheidet, kann ihm die Eigenart nicht abgesprochen werden (vgl. [X.]/Kur, aaO., [X.]. 68). Für die Feststellung der Unterschiedlichkeit reicht es aus, wenn der Gesamteindruck des eingetragenen Designs mit dem Gesamteindruck des vorbekannten Designs verglichen wird, welches dem eingetragenen Design am nächsten kommt. Weiter entfernte Designs finden Eingang in die Prüfung, wie es sich mit dem Grad der Gestaltungsfreiheit iS von § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] verhält.

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Eigenart sind die Vorstellungen des informierten Benutzers. Die Benutzereigenschaft setzt voraus, dass die Person das Produkt, das das eingetragene Design verkörpert, zu dem für dieses Produkt vorgesehenen Zweck verwendet ([X.], 803, Rn. 34 - Armbanduhr; vgl. auch [X.] GRUR-​RR 2010, 425 Rn. 46 - [X.] und [X.]; [X.], 494 Rn. 23 - [X.]). Als „informiert“ wird ein Benutzer bezeichnet, der verschiedene Designs kennt, die es in dem betreffenden Wirtschaftsbereich gibt, gewisse Kenntnisse über die Elemente besitzt, die die Designs regelmäßig aufweisen, und die Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit verwendet. Seine Kenntnisse und der Grad der Aufmerksamkeit sind zwischen denen eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers und denen eines Fachmanns anzusiedeln (zum Gemeinschaftsgeschmacksmuster vgl. [X.] [X.], 506 Rn. 53 und 59 - [X.]; [X.], GRUR-​RR 2010, 425 Rn. 47 - [X.] und [X.]; [X.], [X.], 285 Rn. 55 - Kinderwagen II). Er nimmt, soweit möglich, einen direkten Vergleich der betreffenden Geschmacksmuster bzw. Designs vor ([X.], 803, Rn. 34 - Armbanduhr; [X.], [X.], 506 Rn. 55 - [X.]; [X.], 178 Rn. 54 - [X.] und [X.]; [X.], [X.], 774 Rn. 26 - [X.]/[X.]). Informierter Benutzer ist vorliegend jedenfalls auch eine Person, die sich aus beruflichem oder privatem Interesse mit Verpackungen wie Faltkartons und Faltschachteln beschäftigt.

2. Insoweit ist zu beachten, dass die gesetzliche Definition der Eigenart nach § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] durch die Anweisung ergänzt wird, dass bei der Beurteilung der Eigenart der Grad der Gestaltungsfreiheit des [X.] bei der Entwicklung des Designs berücksichtigt werden muss.Insoweit besteht eine Wechselwirkung zwischen Gestaltungsspielraum und Gesamteindruck. Der Gestaltungsspielraum eines Designers kann vor allem durch technische oder funktionale Zwänge und dadurch bedingte gebrauchsbedingte Gestaltungsnotwendigkeiten (vgl. [X.], 189 Rn. 67, 72; [X.]/Kur aaO [X.]. 135) oder durch einen großen vorbekannten [X.] eingeschränkt werden (vgl. Günther/Beyerlein, aaO, § 2 [X.]. 26); durch letzteren jedoch nur, wenn er nicht lediglich Ausdruck des Vorhandenseins von [X.] iS einer „quantitativen“ Designvielfalt ist, sondern zu einer die Gestaltungsmöglichkeiten eines [X.] einschränkenden „qualitativen“ Designdichte, bei der die vorbekannten Designs untereinander nur noch einen geringen Abstand einhalten, geführt hat. Ein sich daraus ergebender kleiner Gestaltungsspielraum des [X.] hat zur Folge, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen können; ein größerer Gestaltungsspielraum kann hingegen dazu führen, dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. [X.] [X.], 1112 – Schreibgeräte).

a. Vorliegend dürften ungeachtet der Frage einer sich aus dem vorbekannten [X.] ergebenden „qualitativen“ Designdichte jedenfalls gebrauchs-bedingte Gestaltungsnotwendigkeiten zu einer nachhaltigen Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten und einem dementsprechend engen Gestaltungs-spielraum eines [X.] führen.

Das angegriffene Design kann die Erscheinungsform eines Zuschnitts einer ineinander stapelbaren tragbaren Transportschachtel darstellen. Unerheblich ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin, ob eine solche Verwendung der Erzeugnisangabe entnommen werden kann. Maßgebend ist insoweit allein das Erscheinungsbild, das aus der grafischen oder fotografischen Wiedergabe ersichtlich ist. Der allein maßgeblichen Wiedergabe des angegriffenen Designs ist aber aufgrund der trapezförmigen Ausgestaltung der Längs- und Schmalseiten eindeutig zu entnehmen, dass sowohl die Längs- wie auch die Schmalseiten in einer abgeschrägten Stellung an die Bodenfläche anschließen, so dass es sich um die Erscheinungsform eines Schachtelzuschnitts für einen sich von oben nach unten verjüngenden und damit ineinander stapelbaren Karton handelt.

Der Gestaltungsspielraum einer solchen zum Transport von Gegenständen vorgesehenen stapelbaren tragbaren Faltschachtel ist von vornherein insoweit eingeschränkt, als sie eine Grundfläche mit vier Seitenwänden aufweisen muss, wobei diese aus Gründen der Handhabbarkeit für einen Benutzer quadratisch oder rechteckig ausgestaltet ist und an den jeweiligen, ggf. schmaleren Seitenwänden (aus Sicht des Benutzers) im oberen Teil der Seitenwand mit einer Griffaussparung versehen ist. Größe, Breite und Höhe der Längs- und Seitenwände wie auch der Schachtel/des Kartons können dabei je nach Einsatz- und Verwendungszweck variieren, allerdings begrenzt durch die [X.] einer Tragbarkeit der Schachtel/des Kartons.

 Anhaltspunkte für eine seitens des [X.] geltend gemachte, den Gestaltungsspielraum eines [X.] (noch weiter) einschränkende „Designdichte“, bei der die vorbekannten Designs untereinander nur noch einen geringen Abstand einhalten bzw. für eine von der Antragstellerin geltend gemachte, einen weiten Gestaltungsspielraum eröffnende Designvielfalt bestehen nicht.

b. Ausgehend von einem durch gebrauchsbedingte Gestaltungsnotwendigkeiten bedingten tendenziell engen Gestaltungsspielraum eines [X.], welcher dazu führt, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen an.deren Gesamteindruck hervorrufen können (vgl. [X.], [X.], 142 Nr. 17 – Untersetzer; [X.], 112 Nr. 32 - Schreibgeräte), weist das angegriffene Design seinem Gesamteindruck nach einen zur Begründung der Eigenart i.S. von § 2 Abs. 3 [X.] hinreichenden Abstand zum vorbekannten [X.] auf.

3. Um festzustellen, ob sich der Gesamteindruck des eingetragenen Designs von dem durch ein vorbekanntes Design erzeugten Gesamteindruck unterscheidet, bedarf es zunächst der Ermittlung der den Gesamteindruck des angegriffenen Designs bestimmenden Gestaltungsmerkmale, wobei trotz seiner Waren- und Erzeugnisunabhängigkeit grundsätzlich nicht unbeachtet bleiben kann, in welcher Weise das Erzeugnis bei seiner bestimmungsgemäßen oder jedenfalls zu erwartenden Verwendung (hier: Schachtelzuschnitt für Faltschachtel) wahrgenommen wird (vgl. [X.], 803 Nr. 42 – Armbanduhr).

a. Maßgebend ist dabei allein die in der Anmeldung festgelegte Wiedergabe des Designs, aus der die Erscheinungsmerkmale ermittelt werden müssen, auf denen der Gesamteindruck des eingetragenen Designs beruht (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO § 2 [X.]. 29, 30). Auch wenn es im Einzelfall schwierig sein kann, ästhetisch wirkende Formen mit Mitteln der Sprache auszudrücken, muss die Beschreibung erkennen lassen, welche Einzelformen den Gesamteindruck bestimmen und wie diese Formen gestaltet sind (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO § 3 [X.]. 33).

Danach ist es entgegen der Auffassung der Designabteilung unerlässlich, die (letztlich auch für den Gesamteindruck gewichtigen) Größenverhältnisse der mittig angeordneten (Boden)Fläche sowie der daran anschließenden Längs- und Seitenwände zueinander in die [X.] aufzunehmen und in Worte zu fassen, auch wenn eine exakte Ausmessung insoweit nicht möglich ist.

Der einzigen als Design hinterlegten Abbildung lässt sich entgegen der Auffassung der Designabteilung auch keine die Bestimmung der Größen- und Längenverhältnisse erschwerende oder sogar ausschließende „verzerrte“ Darstellung eines Faltschachtelzuschnitts entnehmen. Weder ist ersichtlich, dass ein Einklappen der Seitenteile technisch nicht durchführbar ist, weil sie z.B. erkennbar gegenüber der schmalen Seite der Form zu lang sind, noch erlaubt allein die unterschiedliche Ausgestaltung der Spaltbreiten zwischen den Seitenteilen und den Schmalseiten einen Rückschluss auf eine „verzerrte“ Darstellung, bei der die Seitenteile leicht angehoben sind. Maßgebend ist allein die in der hinterlegten zweidimensionalen Darstellung unmittelbar und eindeutig zu ersehende Erscheinungsform, nicht hingegen ein sich erst durch Interpretation und Überlegung ergebender Schutzgegenstand (vgl. [X.] [X.], 835 Nr. 32, 33 – Sportbrille).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin können der Abbildung insoweit auch keine zu Lasten des [X.] gehenden Unzulänglichkeiten und Qualitätsdefizite entnommen werden. Vielmehr ist der als Design hinterlegten Abbildung sowohl das Vorhandensein eines Spalts zwischen den jeweiligen Seitenteilen und den Schmalseiten wie auch deren unterschiedliche Größe klar und eindeutig zu entnehmen. Für diese konkrete Ausgestaltung, mag sie nun vom Designinhaber beabsichtigt sein oder nicht, kann das eingetragene Design Schutz beanspruchen.

Nicht aufzunehmen in die [X.] sind ferner die Merkmale, die sich erst nach „Aufbau“ einer Schachtel aus dem designgegenständlichen Schachtelzuschnitt ergeben.

Somit ist die [X.] der Designabteilung insbesondere um die aus der Abbildung erkennbaren Größenverhältnisse zu ergänzen und demnach wie folgt zu ändern bzw. zu ergänzen (wobei nicht aufzunehmende Merkmale gestrichen und Änderungen/Ergänzungen durch Fettdruck gekennzeichnet sind):

M1: Grundform

[X.] Grundform eines aus 11 Teilen bestehenden Schachtelzuschnitts einer nach oben offenen Schachtel mit mittig angeordneter rechteckiger Fläche (Boden) , daran anhängenden trapezförmigen Längs- und Schmalseiten und an den Längsseiten anhängenden einklappbaren Seitenteilen; ob der Zuschnitt flach liegend oder mit leicht angehobenen Seiten und Seitenteilen dargestellt wird, lässt sich der Wiedergabe nicht eindeutig entnehmen, der Grad der Neigung der Längs- und Schmalseiten bleibt offen

[X.] Das Größenverhältnis von Breite zu Länge des rechteckigen Bodens beträgt mindestens 1: 2,5. Der Rand der Schmalseite entspricht dazu ca. 1, wobei aufgrund der verzerrten Darstellung und des fehlenden Maßstabs keine exakten Größenverhältnisse erkennbar werden;

M2: Gestaltung der Schmalseiten

M2.0 trapezförmig, wobei der obere Rand etwas länger und die an die Bodenfläche anschließende Seite etwas kürzer ist als die an die Schmalseiten anschließenden Seiten

M2.1 anhängende trapezförmige Umschlaglasche über gesamter Schmalseite

M2.2 mittig im oberen Drittel der Schmalseite befindliche rechteckige Griffausnehmung mit doppelter Faltlinie am oberen Rand und unten abgerundeten Ecken
[X.] Spalt zwischen Schmalseite und Seitenteil, wobei der Spalt aufgrund der verzerrten Darstellung bei den oberen Seitenteilen größer ist als bei den unteren unterschiedlich groß ausfällt

M3: Gestaltung der Seitenteile

M3.1 Seitenteil mit spitzem Winkel, so dass die an die Längsseite anschließende Seite der Seitenteile deutlich länger ist als die gegenüberliegende Seite (Verhältnis ca. 2 : 1)

M3.2 Größe des [X.] deutlich kleiner als Längs- und Schmalseite im Verhältnis zur Längs- und Schmalseite eher klein erscheinend, aber aufgrund der verzerrten Darstellung nicht genau bestimmbar
[X.] rechteckige Grifföffnung mit unten abgerundeten Ecken fast über die gesamte Breite (die genaue Größe der Grifföffnung ist nicht erkennbar);

M4: Gestaltung der Längsseite

M4.0 trapezförmig mit Verhältnis von Breite zu Höhe ca. 3 : 1, bezogen auf die an die Grundfläche anschließende Seite

M4.1 ohne Umschlaglasche
M4.2 ohne [X.]

[X.]: schlichte gerade Ausführung der Schachtelseiten ohne Aussparungen und Vorsprünge zur Fixierung.

b. Zur Ermittlung des ästhetischen Gesamteindrucks ist über diese äußere Beschreibung der Merkmale hinaus erforderlich, diese in Bezug auf ihre Maßgeblichkeit für den Gesamteindruck zu bewerten und zu gewichten (vgl. [X.], [X.], 503, 504 – Sitz-Liegemöbel; [X.], 1023 – 3-Speichen-Felgenrad m. w. Nachw.).

aa. Bei dem angegriffenen Design handelt es sich um die grafische Darstellung des Zuschnitts einer zum Transport von Gegenständen vorgesehenen Faltschachtel/eines Faltkartons mit Bodenfläche, Seitenwänden einschließlich Umschlaglaschen und [X.] an den Schmalseiten, wobei angesichts der trapezförmigen Ausgestaltung von Längs- und Schmalseiten (Merkmal 1.1) eine funktionsgemäße Verwendung als Zuschnitt für eine sich auf allen Seiten von oben nach unten verjüngende Schachtel („konische Form“) möglich ist. Der Gesamteindruck einer solchen Schachtel/eines solchen Kartons wird unter Berücksichtigung dieses [X.] wesentlich durch Form und Maße der die äußere Form bildenden Teile (Boden und Seitenwände) und ihrer Anordnung zueinander bestimmt, da diese für Funktion und Verwendungszweck maßgeblich von Bedeutung sind. Von daher gewinnen Form und Ausgestaltung von Bodenfläche und Seitenwänden gegenüber der Form und Ausgestaltung von Umschlaglaschen, [X.] etc. an Gewicht. Insgesamt kommt daher der Form, Größe und Anordnung von Bodenfläche und Seitenwänden ein größeres Gewicht zu als den übrigen Merkmalen.

bb. Keinen Einfluss auf die Gewichtung der Merkmale hat es, dass sich Form und Gestaltung der Bodenfläche und der Seitenwände auf eine für einen stapelbaren und tragbaren Karton weitgehend vorgegebene Gestaltung beschränken, so dass ihnen ein technisch-funktionaler Charakter zukommt. Denn dies gilt gleichermaßen für die übrigen Merkmale wie insbesondere die [X.] (Merkmale M2.2 und [X.]) oder die an die Schmalseiten anschließenden trapezförmigen Umschlaglaschen (Merkmal M2.1), welche sich in Größe und Ausgestaltung maßgeblich an ihrer Funktion als Trage- und Transporthilfen orientieren.

Weisen damit aber sämtliche Merkmale des angegriffenen Designs einen technisch-funktionalen Charakter auf, führt dies nicht dazu, dass sämtliche Merkmale ungeachtet ihrer Wirkung auf den Gesamteindruck gleich zu gewichten sind, sondern hat lediglich zur Folge, dass der „[X.]“ der Merkmale kein Einfluss auf die Gewichtung der Merkmale im Verhältnis zueinander mehr zukommt.

4 . Zum Vergleich stehen die seitens der Antragstellerin als [X.] in das Verfahren eingeführten Abbildungen [X.]. 1 und [X.]. 4

Abbildung

Abbildung

des [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05 sowie die dem US-Patent 2,352,994 vom 04. Juli 1944 entnommene Abbildung

Abbildung

a. Zutreffend hat die Designabteilung festgestellt, dass das [X.] Patent [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05 mit seiner Veröffentlichung im [X.] [X.] am 16. Mai 1989 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und damit auch die entgegengehaltenen Abbildungen vor dem Anmeldetag des angegriffenen Designs i.S.v. § 5 [X.] offenbart worden sind. Bekanntmachungen und Veröffentlichungen von ausländischen Schutzrechten genügen für eine Offenbarung, wenn sie den Fachkreisen zugänglich sind (vgl. [X.]/Kur, Designrecht, 2. Aufl., § 2 [X.]. 78; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO, § 5 [X.]. 26). Davon ist vorliegend auszugehen, was auch für das US-Patent 2,352,994 vom 04. Juli 1944 gilt. Bei einem weitgehend technisch – funktionalen Gegenstand wie vorliegend lag es nämlich für einschlägige Fachkreise nahe, auch nach einschlägiger vorveröffentlichter Patentliteratur zu suchen.

Gegenüber den diesen Patentschriften entnommenen und dem angegriffenen Design entgegengehaltenen Abbildungen hält das angegriffene Design seinem maßgeblichen Gesamteindruck nach unter Berücksichtigung der eher geringen Gestaltungsfreiheit eines [X.] einen zur Begründung der Eigenart hinreichenden Abstand ein.

b. Dies gilt zunächst entgegen der Auffassung der Designabteilung und der Antragstellerin für [X.]. 1

Abbildung

des [X.] 1000909 ([X.]) 1989-05.

aa. Zwar stimmen die danach miteinander zu vergleichenden Designs in ihrer Grundform eines Schachtelzuschnitts einer Schachtel mit mittig angeordneter rechteckiger Fläche (Boden), daran anhängenden trapezförmigen Längs- und Schmalseiten und an den Längsseiten anhängenden einklappbaren Seitenteilen, wobei der Grad der Neigung der Längs- und Schmalseiten offenbleibt (Merkmal [X.]), sowie in Form und Gestaltung der Schmalseiten (Merkmale M2.0 bis M2.2) überein. Ebenso weisen die Seitenteile beider Designs zur Schmalseite hin einen spitzen Winkel auf (M.3.1), wenngleich dieser bei dem angegriffenen Design deutlich stärker ausfällt. Übereinstimmungen bestehen ferner noch insoweit, als die Längsseiten beider Designs keine weiteren (gestalterischen) Details wie z.B. Umschlaglaschen und [X.] aufweisen (Merkmale M4.1 bis 4.2) und auch keine Aussparungen und Vorsprünge zur Fixierung (Merkmal [X.]) erkennbar sind.
bb. Sie unterscheiden sich jedoch darin, dass das Größenverhältnis von Breite zu Länge des rechteckigen Bodens bei der [X.]. 1 ca.1:2 beträgt, während beim angegriffenen Design die Bodenfläche mehr als 2,5 mal so lang wie breit ist (Merkmal [X.]), die entgegengehaltene [X.]. 1 zudem nicht über einen beim angegriffenen Design deutlich erkennbaren Spalt zwischen Schmalseite und Seitenteil verfügt (Merkmal [X.]). Ferner sind die an die Längsseiten anschließenden Seiten der Seitenteile beim angegriffenen Design deutlich länger als die jeweils gegenüberliegenden Seiten (Verhältnis ca. 2 : 1, vgl. Merkmal M3.1), während bei der [X.]. 1 die an die Längsseiten anschließenden Seiten der Seitenteile aufgrund des weniger ausgeprägten spitzen Winkels der unmittelbar an die Schmalseiten anschließenden Seitenteile nur wenig länger sind als die gegenüberliegenden Seiten. Vor allem jedoch beträgt das Verhältnis von Breite zu Höhe der Längsseiten bei [X.]. 1 nicht wie beim angegriffenen Design ca. 3 : 1, bezogen auf die an die Grundfläche anschließende Seite (Merkmal 4.0), sondern fällt deutlich geringer aus und beträgt gerade etwas mehr als 2 : 1.
Zudem sind die Seitenteile des angegriffenen Designs deutlich kleiner als dessen Längs- und Schmalseite (Merkmal 3.2), während bei [X.]. 1 das Seitenteil zwar gegenüber der Längsseite deutlich kleiner ausfällt, nicht aber gegenüber der Schmalseite. Nicht zuletzt fallen auch die – für den Gesamteindruck allerdings eher untergewichtigen - Grifföffnungen der Seitenteile bei [X.]. 1 nicht so groß aus wie beim angegriffenen Design, sie erstrecken sich insbesondere nicht fast über die gesamte Breite des [X.] (Merkmal 3.3).

cc. Danach unterscheiden sich die miteinander zu vergleichenden Designs vor allem in dem für den Gesamteindruck wesentlichen Zuschnitt von Bodenfläche, Seitenwänden und Seitenteilen. Insbesondere das deutlich abweichende Größenverhältnis von Breite zu Länge des rechteckigen Bodens (Merkmal 1.2), das gegenüber der [X.].1 beim angegriffenen Design erheblich größer ausfallende Verhältnis von Breite zu Höhe der Längsseiten von ca. 3 : 1 (Merkmal 4.0), die beim angegriffenen Design gegenüber [X.]. 1 im Verhältnis zu den Längsseiten deutlich kleiner ausfallenden und auch in ihrer Form erkennbar voneinander abweichenden Seitenteile des angegriffenen Designs (Merkmale 3.1 und 3.2) sowie nicht zuletzt auch der bei [X.].1 nicht erkennbare Spalt zwischen Seitenteilen und Schmalseiten (Merkmal 2.3) verleihen dem angegriffenen Design einen wesentlich „schlankeren“ und sich von einer herkömmlichen „Kastenform“ eines Kartons deutlich abhebenden Eindruck als dies bei [X.]. 1 der Fall ist, die einen kompakteren, „gedrungeneren“ Eindruck vermittelt, welcher beim informierten Benutzer dann aber auch einen anderen Gesamteindruck hervorruft.

[X.]. Dem steht auch der technisch-funktionale Charakter dieser Merkmale nicht entgegen.

Zwar haben Ähnlichkeiten von Designs in Merkmalen, die durch eine technische Funktion bedingt sind, für den beim informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindruck eine eher geringe Bedeutung (vgl. auch [X.], [X.], 602 [X.]n. 67, 72, 76–78 – [X.]) oder sind bei ausschließlich technischer Bedingtheit i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sogar „auszublenden“ (vgl. dazu [X.] GRUR 2018, 612, Rn. 17-35 – [X.]). Daraus folgt aber nicht, dass Unterschieden in den Merkmalen, die eine technische Funktion erfüllen, vom informierten Benutzer grundsätzlich nur geringe und nichts zu einer Unterschiedlichkeit beitragende Bedeutung beigemessen wird ([X.] [X.], 285 Nr. 60 – Kinderwagen II; [X.]/Kur, aaO, [X.]. 2 [X.]. 134). Jedenfalls dann, wenn – wie hier – sämtliche Merkmale einen technisch-funktionalen Charakter aufweisen und sich auf eine an der Erreichung des [X.] orientierte Gestaltung beschränken, können erhebliche Unterschiede in den für den Gesamteindruck jedenfalls mitbestimmenden Merkmalen – wie sie hier vorhanden sind – ohne weiteres zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck i.S. von § 2 Abs. 3 [X.] führen.

ee. Nach alledem ruft das angegriffene Design in seiner Gesamtheit einen anderen Gesamteindruck hervor als die entgegengehaltene [X.]. 1 des benannten [X.] Patents, so dass ihm ein Mindestmaß an Eigenart gegenüber dieser Entgegenhaltung nicht abgesprochen werden kann.

c . Dies gilt auch gegenüber der weitgehend [X.].1 des [X.] Patents entsprechenden Abbildung aus dem US-Patent 2,352,994

Abbildung

 wenngleich dort insbesondere das Verhältnis von Breite zu Höhe der Längsseiten sich etwas mehr dem angegriffenen Design annähert als dies bei [X.]. 1 des [X.] Patents der Fall ist. Dennoch verbleibt es nicht zuletzt im Hinblick auf die im Wesentlichen [X.]. 1 des [X.] Patents entsprechende Ausgestaltung der Schmalseiten und der Seitenteile bei einem insgesamt abweichenden Gesamteindruck.
d. Ebenso unterscheidet sich [X.]. 4 der [X.] Patentschrift in der konkret abgebildeten dreidimensionalen Form einer „aufgebauten“ Faltschachtel bzw. eines entsprechenden Faltkartons in ihrem Erscheinungsbild und damit in ihrem Gesamteindruck aus den in dem angefochtenen Beschluss genannten und seitens der Antragstellerin in der Beschwerde auch nicht angegriffenen Gründen ganz offensichtlich von der designgegenständlichen zweidimensionalen Erscheinungsform eines Schachtelzuschnitts, so dass ihm die erforderliche Eigenart gegenüber dieser Entgegenhaltung nicht abgesprochen werden kann.

Insoweit ist anzumerken, dass bei dem zur Bestimmung der Eigenart erforderlichen maßgeblichen (Merkmals-)Vergleich des angegriffenen Designs mit der [X.]. 4 allein auf die aus der vorgenannten [X.] Patentschrift ersichtliche dreidimensionale Form einer Faltschachtel abzustellen ist. Hingegen kann bei der Bestimmung des Gesamteindrucks der [X.]. 4 entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht der dieser Form zugrundeliegende (mutmaßliche) zweidimensionale Zuschnitt mit der Begründung herangezogen werden, dass es sich bei der Wiedergabe einer „aufgebauten“ Schachtel wie in [X.]. 4 lediglich um eine andere Erscheinungsform eines entsprechenden Schachtelzuschnitts handele.

Eine andere Erscheinungsform liegt bei Aufnahme des Designs in einen anderen als den in der Erzeugnisangabe benannten oder nach der Gestaltung naheliegenden Gegenstand vor, wie es z.B. bei einer das eingetragene Design aufnehmenden ([X.] der Fall wäre.

Bei einer „Umwandlung“ des designgegenständlichen zweidimensionalen Faltschachtelzuschnitts in eine dreidimensionale Erscheinungsform (hier: „aufgebaute“ Faltschachtel gemäß [X.]. 4) bzw. – gleichsam umgekehrt – bei „Rückführung“ der dreidimensionalen Erscheinungsform einer Faltschachtel gemäß [X.]. 4 auf deren zweidimensionalen Zuschnitt handelt es sich jedoch nicht um eine Aufnahme des Designs in einen anderen Gegenstand bzw. ein anderes Erzeugnis und damit um eine andere Erscheinungsform eines Designs, sondern um eine andere Erscheinungsform des Erzeugnisses bzw. Gegenstands und damit auch um ein „anderes Design“ i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Die Erscheinungsform einer „aufgebauten“ Schachtel stellt keine Erscheinungsform des Zuschnitts dieser Schachtel dar. Daher handelt es sich auch – entgegen der Auffassung der Designabteilung in dem im parallelen und am 4. März 2021 durch Rücknahme des [X.]s beendeten [X.] 16/16 ergangenen Beschluss vom 10. August 2018 - nicht um unterschiedliche Zustände (aufgebaut bzw. auseinandergefaltet) ein und derselben Erscheinungsform eines Erzeugnisses (Faltschachtel), sondern um unterschiedliche Erscheinungsformen desselben Erzeugnisses, wie sie bei einer Vielzahl von Erzeugnissen auftreten können.

Zwar können verschiedene Zustände und die damit verbundenen unterschiedlichen Erscheinungsformen eines Erzeugnisses als Design (z.B. im Wege einer Sammelanmeldung) gesondert geschützt werden (vgl. zur [X.]: [X.] in [X.]/[X.], Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 3. Aufl., Art. 3 [X.]. 120 sowie Art. 6 [X.]. 109). Der Schutzgegenstand wird dann aber grundsätzlich nur durch die den Zustand wiedergebende Erscheinungsform gebildet, erstreckt sich somit nicht auf einen aus der Erscheinungsform konstruktiv zu entwickelnden und/oder herzustellenden anderen Zustand des Erzeugnisses (vgl. [X.] aaO, Art. 3 [X.]. 120). Denn dies würde zu einer Ausweitung des Gegenstands des Designs auf einen im Wege der Abstraktion gebildeten Gegenstand führen, welcher nicht sichtbar wiedergegeben ist, sondern allein in der Vorstellung des Betrachters existiert (vgl. [X.], [X.], 835 Nr. 32, 33 – Sportbrille).

Der Schutzgegenstand eines eingetragenen Designs bestimmt sich daher allein danach, was den als Design hinterlegten Abbildungen entnommen werden kann, nicht hingegen danach, was möglicherweise oder sogar bestimmungsgemäß aus einem das betreffende Design aufnehmenden Erzeugnis (hier: Faltschachtelzuschnitt) hergestellt und/oder entwickelt werden kann. Entsprechend wird auch der im Rahmen des [X.] maßgebliche Gesamteindruck einer Entgegenhaltung wie vorliegend der [X.]. 4 allein durch die der Entgegenhaltung zu entnehmenden erkennbaren äußerlichen Erscheinungs-merkmale bestimmt (hier Faltschachtel gemäß [X.]. 4). Er umfasst jedoch nicht einen durch gedankliche „Rückführung“ dieser Entgegenhaltung sich ergebenden fiktiven, nur in der Vorstellung des Betrachters existierenden Zustand, wie hier den der „aufgebauten“ Faltschachtel gemäß [X.]. 4 zugrundeliegenden Zuschnitt.

Das eingetragene Design ist daher allein mit der sich aus [X.]. 4 der vorgenannten Entgegenhaltung erkennbaren Faltschachtel zu vergleichen, welche sich in ihrem Gesamteindruck – wie bereits erwähnt - deutlich voneinander unterscheiden.

5. Nach alledem ruft das angegriffene Design einen anderen Gesamteindruck hervor als sämtliche [X.] mit der Folge, dass ihm die Eigenart nicht abgesprochen werden kann.

Weitere [X.] sind von der insoweit nach gemäß § 34a Abs. 1 Satz 2 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 4 [X.] darlegungspflichtigen Antragstellerin nicht in das Verfahren eingeführt worden und dem Senat auch nicht bekannt.

E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23 Abs. 4 Satz 5 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 91 Abs. 1 ZPO.

F. Der Gegenstandswert für das [X.] ist nach freiem Ermessen zu bestimmen (§34a Abs.5 Satz 2 [X.] i.V.m. § 23 Abs.3 Satz 2, § 33 Abs. 1 RVG).

a. Der [X.] geht im [X.] an seine Rechtsprechung zur Festsetzung des [X.] in einem markenrechtlichen Löschungs-verfahren wegen absoluter Schutzhindernisse nach §§ 50, 53 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 24. November 2016 - [X.], [X.], 127 Rn. 3; Büscher in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 90 [X.] Rn. 13) davon aus, dass auch im designrechtlichen [X.] nach § 34a [X.] bei einem Design, das entweder – wie vorliegend - unbenutzt oder wenig benutzt oder bei dem sich Feststellungen zu Art um Umfang seiner Benutzung nicht treffen lassen, eine Festsetzung des [X.] auf 50.000,- € im Regelfall billigem Ermessen entspricht, wenn keine besonderen Umstände ersichtlich sind, die es rechtfertigen, das wirtschaftliche Interesse des [X.] an der Aufrechterhaltung seines Designs höher oder niedriger festzusetzen (vgl. [X.], [X.], 1016 [X.], 11).

b. Aufgrund dieser Entscheidung des [X.]s geht der Senat beim designrechtlichen [X.] ebenfalls von einem Regelwert i. H. v. 50.000,- € aus.

c. Besondere Umstände, die eine höhere oder niedrigere Festlegung nahelegen (vgl. [X.] aaO, [X.]. 11), sind nicht ersichtlich. Soweit der Designinhaber in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2021 darauf hingewiesen hat, dass Lizenzen an dem [X.] erteilt worden seien, ergeben sich daraus allein keine Anhaltspunkte für eine die Erhöhung des [X.] nach sich ziehende umfangreiche Benutzung des eingetragenen Designs.

Meta

30 W (pat) 811/18

04.03.2021

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 33 Abs 1 Nr 2 GeschmMG 2004, § 2 Abs 2 GeschmMG 2004, § 2 Abs 3 GeschmMG 2004

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.03.2021, Az. 30 W (pat) 811/18 (REWIS RS 2021, 8196)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8196

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