Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 30 W (pat) 802/16

30. Senat | REWIS RS 2018, 1679

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Tenor

In der [X.]

betreffend das eingetragene Design 40 2013 004 704-0001

([X.] 60/14

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 15. November 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

[X.] Der Beschluss der Designabteilung 3.5 des [X.] vom 19. Oktober 2015 wird aufgehoben.

I[X.] Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs 40 2013 004 704-0001 wird zurückgewiesen.

II[X.] Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

1

[X.]ie Antragsgegnerin ist Inhaberin des eingetragenen [X.]esigns 40 2013 004 704-0001 mit dem Anmeldetag 24. Oktober 2013. [X.]as [X.]esign wurde am 8. Januar 2014 in das [X.] eingetragen. Als Erzeugnis ist „Schutzbleche für Fahrräder oder Motorräder“ erfasst.

2

[X.]as [X.]esign ist im (elektronischen) Register mit folgender Wiedergabe eingetragen:

Abbildung

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„Klickt“ man die Abbildung zur Vergrößerung an bzw. fordert man einen P[X.]F-Ausdruck des [X.]esigns an, erhält man folgende Wiedergabe:

Abbildung

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wobei diese Wiedergabe auch der Anmeldung entspricht.

5

Gegen dieses eingetragene [X.]esign hat die Antragstellerin mit einem am 13. August 2014 beim [X.] ([X.]) eingegangenen Schriftsatz einen auf den [X.] der fehlenden Neuheit/Eigenart (§ 2 [X.]) gestützten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt. Zur [X.]egründung ihres Nichtigkeitsantrags hat sie vorgetragen, die Gestaltungsidee des [X.]esigns werde durch folgenden, mit [X.] gekennzeichneten Steckschutz der [X.] Firma [X.], 41502 [X.], vorweggenommen:

Abbildung

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[X.]ieser Steckschutz sei im [X.]ezember 2012 aus einer von der [X.] ausgerufenen Preisveranstaltung mit über 13.000 Stimmen als einer der Preisträger hervorgegangen. [X.]as angegriffene [X.]esign sei somit nicht neu, zumindest aber nicht eigenartig.

7

[X.]ie Antragsgegnerin hat dem durch Übergabeeinschreiben zugestellten, am 19. August 2014 zur Post gegebenen Nichtigkeitsantrag mit Schriftsatz vom 22. September 2014, eingegangen beim [X.] am selben Tag, widersprochen.

8

Sie hat geltend gemacht, dass vor dem Anmeldetag kein identisches oder im Gesamteindruck nicht unterscheidbares [X.]esign offenbart gewesen sei. [X.]ie auf dem Markt offenbarte Palette von Steckschutzblechen hebe sich deutlich vom Formgefühl des streitgegenständlichen Steckschutzblechs ab. Exemplarisch hierfür seien das Steckschutzblech „[X.]“, bei dem eine Schwertform Pate für das [X.]esign sei, und das Steckschutzblech „[X.]utt Fender“ der Firma [X.], das komplett anders als das angegriffene [X.]esign gestaltet sei. Entsprechende Abbildungen dieser Produkte wurden zur Akte gereicht bzw. von der [X.]esignabteilung ermittelt (vgl. [X.]. 30 der [X.] sowie Seite 4 des angefochtenen [X.]eschlusses).

9

[X.]ie [X.]esignabteilung 3.5 hat nach [X.]urchführung des [X.] mit [X.]eschluss vom 19. Oktober 2015 die Nichtigkeit des angegriffenen [X.]esigns festgestellt.

[X.]er zulässige Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des streitgegenständlichen eingetragenen [X.]esigns, dem die Antragsgegnerin rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 34a Abs. 2 [X.] widersprochen habe, sei in der Sache begründet, da diesem am Tag der Anmeldung im Hinblick auf die Entgegenhaltung [X.] jedenfalls die erforderliche Eigenart (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) gefehlt habe.

[X.] und www.vimeo.com.

www.vimeo.com vom Hersteller des [X.] eingestellte Video habe die Entgegenhaltung sogar bereits 2011 öffentlich gezeigt.

[X.]ie hier maßgeblichen Fachkreise, nämlich [X.]esigner, Händler und Hersteller von Fahrrädern, hätten auch i. S. v. § 5 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] Gelegenheit gehabt, im normalen Geschäftsverlauf Kenntnis von diesem Formenschatz zu erlangen, nämlich jedenfalls über die Veröffentlichung zum [X.] 2012. Es könne ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich Fachkreise auf diesem speziellen Markt auch regelmäßig auf englischsprachigen Seiten oder Portalen informierten. [X.]ies gelte insbesondere für den angesprochenen Wettbewerb [X.] 2012, bei dem es sich nicht nur um eine unbedeutende oder lokale Veranstaltung gehandelt habe.

Ausgehend davon ergebe eine Gegenüberstellung der prägenden Merkmale von angegriffenem [X.]esign und vorbekannter Entgegenhaltung, dass sich die beiden [X.]esigns für den informierten [X.]enutzer im Gesamteindruck nicht unterschieden.

Informierter [X.]enutzer sei vorliegend eine Person, die sich aus beruflichem oder privatem Interesse mit Schutzblechen für Fahrräder intensiver als ein durchschnittlicher Fahrradfahrer befasse. [X.]azu zähle nicht nur, wer in der Fahrradbranche beruflich oder als [X.]sportler tätig sei, sondern auch wer der „[X.]ike-[X.]ommunity“ angehöre oder ihr zumindest nahe stehe und daher Marktentwicklungen zu Fahrrädern im Allgemeinen beobachte.

Maßgeblich für den Gesamteindruck sei, wie das Schutzblech nach der Montage am Fahrrad erscheine. Prägend seien danach nur solche Merkmale, die nach der Montage nicht unsichtbar unter dem Sattel oder anderen Fahrradteilen verschwänden. [X.]as seien die Merkmale unterhalb der als Halterung am Fahrradsattel vorgesehenen Ausbuchtungen.

Prägend für das angegriffene [X.]esign seien mithin

[X.]) die Grundform eines symmetrischen [X.], dessen längere [X.] ([X.]asis) auf Höhe der [X.] liege und dessen Schenkel bei 1/5 der [X.] um etwa 12° nach außen gewinkelt verliefen,

([X.]) das Verhältnis ca. 1:2 der [X.]asis zur [X.],

([X.]) ein auf der [X.] d. h. mittig verlaufender, bei 1/5 der [X.] beginnender, nicht ganz bis zum Ende des [X.] verlaufender [X.] und

([X.]) die abgerundete Form der kürzeren [X.] des [X.], also am Ende des [X.].

[X.]ie Merkmale [X.]) und ([X.]) stellten dabei das gestaltende „Hauptmotiv“ dar und seien daher ganz besonders prägend. Grundform, Umriss und Proportionen würden nämlich bei einem Schutzblech für fixed gears und single speeds angesichts der minimalistischen Konzeption dieser Fahrräder besonders beachtet und fielen stark ins Auge.

Ob und in welchem Ausmaß die im angegriffenen [X.]esign als Halterung vorgesehenen Ausbuchtungen technisch oder funktional bedingt seien, könne dahinstehen, da diese bei der [X.]enutzung nicht sichtbar seien und das angegriffene [X.]esign daher schon aus diesem Grund nicht prägen könnten.

[X.]as prägende Merkmal des [X.] habe zwar auch funktionellen [X.]harakter, denn dieses Merkmal mache es möglich, das Schutzblech in Längsrichtung zu falten und so der [X.] anzugleichen. Nicht ausschließlich funktional bedingt sei jedoch die Anbringung von nur einem [X.] statt etwa zweier oder dreier [X.]e, die den dreidimensionalen Umriss des [X.] anders bestimmen würden. Insoweit könne der Gestaltung eine überschießende geschmackliche Wirkung nicht abgesprochen werden, so dass diese konkrete Gestaltung des Merkmals für die [X.]estimmung des Gesamteindrucks berücksichtigt werden müsse.

Ob die Entgegenhaltung das angegriffene [X.]esign vorwegnehme, richte sich auch danach, welchen Gestaltungsspielraum der Entwickler des angegriffenen [X.]esigns gehabt habe. Je enger der Gestaltungsspielraum, desto eher könnten geringe Unterschiede einen abweichenden Gesamteindruck hervorrufen und umgekehrt. [X.]ie Gestaltungsfreiheit werde durch funktionale und technische Vorgaben auf dem betreffenden [X.] ebenso eingeschränkt wie durch eine hohe [X.]esigndichte.

[X.]ie [X.]esigndichte bei Schutzblechen für fixed-gear- und single-speed-Fahrräder sei zum Anmeldetag des angegriffenen [X.]esigns am 24. Oktober 2013 gering gewesen. [X.]ie Entgegenhaltung [X.] („[X.]“) sei offensichtlich das erste am Sattelrohr ohne Werkzeug oder Kabelhalter befestigbare Schutzblech gewesen. [X.]ies ergebe die Preiswürdigung zum [X.]ikeminimalism Award 2012, welche den „[X.]“ als „a completely new product“ auszeichne. [X.]ass in der [X.] bis zur Anmeldung des angegriffenen [X.]esigns am 24. Oktober 2013 weitere vergleichbare steckbare Schutzbleche derart auf den Markt gekommen seien, dass es unvermeidbar gewesen wäre, sich nahezu identisch an die Entgegenhaltung anzulehnen, sei nicht ersichtlich. Insbesondere sei nicht nachgewiesen, dass die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Schutzbleche „[X.] Extended“ und „[X.]utt Fender“ bereits am 24. Oktober 2013 auf dem Markt gewesen wären. Gleiches gelte für ein Schutzblech „Face Fender“, das allerdings schon kein Schutzblech für das Hinterrad sei und daher die [X.]esigndichte von vornherein nicht hätte mitbestimmen könne. Insbesondere das schwertförmige Schutzblech „[X.] Extended“ zeige darüber hinaus im Gegenteil sogar auf, dass die [X.]rachenform insgesamt bzw. Trapezform unterhalb der [X.] funktional gerade nicht vorgegeben sei.

Mithin sei ein mindestens mittlerer Gestaltungsspielraum zu Grunde zu legen.

Unter Zugrundelegung eines solchen Gestaltungsspielraums nehme die Entgegenhaltung den Gesamteindruck des angegriffenen [X.]esigns vorweg.

[X.]as angegriffene [X.]esign lehne sich in den Merkmalen [X.]), ([X.]) und ([X.]), also in seiner Grundform, seinen Proportionen, seinem Umriss und dem in der Mitte angebrachten [X.], nahezu identisch an die Entgegenhaltung an; es abstrahiere deren Merkmale nur.

[X.]ie verbleibenden Unterschiede, nämlich das runde statt kantige untere Ende, die leicht abweichende Länge des [X.] und das Fehlen eines [X.] beim angegriffenen [X.]esign träten demgegenüber im Gesamteindruck deutlich zurück. [X.]ies gelte auch im Hinblick auf das Fehlen einer Lippe im oberen, bei der bestimmungsgemäßen Verwendung des Erzeugnisses nicht sichtbaren Teil des [X.]esigns. [X.]en Gemeinsamkeiten in den prägenden Merkmalen komme hier angesichts des festgestellten Grades an Gestaltungsfreiheit ein stärkeres Gewicht zu als den Unterschieden.

Nach alledem lasse das angegriffene [X.]esign keine gestalterischen Merkmale erkennen, die gegenüber dem vorbekannten Formenschatz beim informierten [X.]enutzer zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck führten und damit Eigenart im Sinne von § 2 Abs. 3 [X.] begründen könnten.

[X.]as angegriffene [X.]esign sei daher nichtig.

Angesichts dessen könne dahingestellt bleiben, ob die Unterschiede zwischen angegriffenem [X.]esign und Entgegenhaltung sogar unwesentlich im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.] seien und dem angegriffenen [X.]esign in der Folge bereits die Neuheit abzusprechen wäre.

[X.]ie Inhaberin des eingetragenen [X.]esigns hat [X.]eschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass bei der Ermittlung des für die [X.]eurteilung der Eigenart maßgeblichen jeweiligen Gesamteindrucks des eingetragenen [X.]esigns sowie der Entgegenhaltung [X.] nicht darauf abgestellt werden könne, wie das Schutzblech nach der Montage am Fahrrad erscheine. Maßgeblich sei vielmehr die komplette Form der Schutzbleche in nicht montiertem Zustand. [X.]ie entsprechenden Schutzbleche würden ausnahmslos in dieser Form beworben und vertrieben.

Ausgehend davon unterschieden sich beide [X.]esigns für einen informierten [X.]enutzer im Gesamteindruck sehr deutlich.

[X.]as Modell des „[X.]“ verfüge über eine Trapezform, die zum Ende hin kantig in Form eines leichten „v

Im Unterschied dazu sei das eingetragene [X.]esign am unteren Ende rund ausgestaltet und verfüge über eine Schwertform. [X.]ie [X.]reite des Schutzbleches verändere sich zunächst kaum. Lediglich die Stelle, an der sich die Löcher zur [X.]efestigung an den [X.] befänden, sei breiter als das restliche Schutzblech. [X.]iese [X.]efestigungsmöglichkeit befinde sich beim eingetragenen [X.]esign im oberen Viertel des Schutzbleches.

[X.]iese Abweichungen fielen im Gesamteindruck umso stärker ins Gewicht, als man entgegen der Auffassung der [X.]esignabteilung nicht von einem mittleren, sondern aufgrund des Verwendungszwecks lediglich von einem engen Gestaltungsspielraum ausgehen könne. [X.]enn nicht nur [X.]reite und Länge des vom Sattel abgehenden [X.] selbst, sondern auch das Kopfteil sowie die Aussparungen für die [X.] seien nach Form und Anordnung im Wesentlichen durch den [X.] vorgegeben. Verblieben demnach den Entwicklern nur geringe Gestaltungsspielräume, führten selbst kleinere Unterschiede wie hier ein rundes Ende des angegriffenen [X.]esigns oder eine stumpfere, kürzere Spitze zu einem anderen Gesamteindruck.

[X.]ie Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

den [X.]eschluss der [X.]esignabteilung 3.5 des [X.]s vom 19. Oktober 2015 aufzuheben und den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen [X.]esigns 40 2013 004 704-0001 zurückzuweisen.

[X.]ie Antragstellerin beantragt,

die [X.]eschwerde zurückzuweisen.

Maßgeblich für den Gesamteindruck sei allein, wie das Schutzblech nach der Montage am Fahrrad erscheine; prägend seien daher nur die von der [X.]esignabteilung zu [X.]), ([X.]) und ([X.]) herausgearbeiteten Merkmale unterhalb der als Halterung am Fahrradsattel vorgesehenen Ausbuchtungen, wobei die Merkmale [X.]) und ([X.]) das gestalterische Hauptmotiv darstellten.

Hingegen handele es sich bei den nach Montage ohnehin nicht mehr sichtbaren Ausbuchtungen sowie dem [X.] um rein technisch-funktionale Merkmale, die den Gesamteindruck schon aus diesem Grunde nicht mitbestimmen könnten und daher bei der Prüfung der Eigenart auszublenden seien. Zudem sei dieses Merkmal auch im vorbekannten [X.] identisch enthalten.

[X.]ie verbleibenden Unterschiede, nämlich das runde statt kantige untere Ende, die leicht abweichende Länge des [X.] und das Fehlen eines [X.] beim angegriffenen [X.]esign träten demgegenüber im Gesamteindruck deutlich zurück. [X.]ies gelte auch im Hinblick auf das Fehlen einer Lippe im oberen Teil des [X.]esigns. [X.]en Gemeinsamkeiten in den prägenden Merkmalen komme vorliegend angesichts des festgestellten Grades an Gestaltungsfreiheit ein stärkeres Gewicht zu als den Unterschieden.

Nach alledem lasse das angegriffene [X.]esign keine gestalterischen Merkmale erkennen, die gegenüber dem vorbekannten Formenschatz beim informierten [X.]enutzer zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck führten und damit Eigenart im Sinne von § 2 Abs. 3 [X.] begründen könnten.

[X.]as angegriffene [X.]esign war [X.] in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem [X.] [X.]z.: 2-03 O 348/14). [X.]en Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das [X.] mit [X.]eschluss vom 17. Oktober 2014 ([X.]. 38 [X.]) zurückgewiesen; die dagegen gerichtete sofortige [X.]eschwerde der Antragstellerin und Inhaberin des angegriffenen [X.]esigns wurde mit [X.]eschluss des [X.] vom 17. November 2014 [X.]z.: 6 W 96/14, [X.]. 46 [X.] = WRP 2015, 238) zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt [X.]ezug genommen.

II.

[X.]ie zulässige [X.]eschwerde ist begründet. [X.]enn der auf die absoluten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit bzw. Eigenart (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 i. V.m. § 2 Abs. 2, 3 [X.]) gestützte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen [X.]esigns ist zwar aus den von der [X.]esignabteilung genannten Gründen zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

A. Über die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit/Eigenart gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 [X.] ist in der Sache zu befinden, nachdem die Antragsgegnerin dem zulässigen Nichtigkeitsantrag, welcher ihr gegenüber gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 [X.] i. V. m. § 127 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] als am 22. August 2014 zugestellt galt, mit einem beim [X.] am 22. September 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 34a Abs. 2 [X.] eingegangenen Schriftsatz widersprochen hat.

Verfahrensgegenständlich sind dabei allein die im Nichtigkeitsantrags benannten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit bzw. Eigenart (§ 2 Abs. 2, 3 [X.]). Soweit die Antragsgegnerin im Verfahren vor der [X.]esignabteilung sich darauf berufen hat, dass das [X.]esign nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wegen einer technischen Funktion vom [X.]esignschutz ausgeschlossen sei, ist dieser [X.] nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 [X.] seitens der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden und daher nicht Gegenstand des Verfahrens. [X.]enn mit der Angabe des [X.]es nach § 33 Abs. 1, 2 [X.] bestimmt der Antragsteller Gegenstand und Umfang der Prüfung des [X.]. Aufgrund des insoweit geltenden Verfügungsgrundsatzes sind Gegenstand des [X.] vor dem [X.] wie auch eines nachfolgenden [X.]eschwerdeverfahrens vor dem [X.][X.] nur die von der Antragstellerin vorgetragenen Nichtigkeitsgründe. [X.]ie [X.]esignabteilung bzw. – im [X.]eschwerdeverfahren – das [X.][X.] sind nicht befugt, von Amts wegen neue Nichtigkeitsgründe aufzugreifen und hierauf ihre Entscheidung zu stützen.

[X.]. [X.]em angegriffenen [X.]esign fehlte es zum [X.]punkt der Anmeldung nicht an Neuheit i. S. von § 2 Abs. 2 [X.]. [X.]anach gilt ein [X.]esign als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches [X.]esign offenbart worden ist. [X.]esigns gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden. Neuheitsschädlich ist ein [X.]esign durch den vorbekannten Formenschatz daher nur dann getroffen, wenn es alle für den Gesamteindruck wesentlichen Erscheinungsmerkmale ebenfalls aufweist (vgl. [X.]/Kur, [X.]esignrecht, 2. Aufl., [X.]. 64). [X.]aran fehlt es vorliegend aber bereits deshalb, weil das angegriffene [X.]esign aus den nachfolgend zu [X.]. genannten Gründen entgegen der Auffassung der [X.]esignabteilung einen die Eigenart i. S. von § 2 Abs. 3 [X.] begründenden hinreichenden Abstand zum vorbekannten Formenschatz aufweist.

[X.]. Gemäß § 2 Abs. 3 [X.] hat ein [X.]esign Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten [X.]enutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes [X.]esign bei diesem [X.]enutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. [X.]ei der [X.]eurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des [X.] bei der Entwicklung des [X.]esigns berücksichtigt.

1. Maßgebliches Kriterium im Rahmen der [X.]estimmung der Eigenart ist die Unterschiedlichkeit des jeweiligen Gesamteindrucks ([X.]GH GRUR 2010, 718, Nr. 32 – Verlängerte Limousinen; [X.]/Kur, a. a. [X.] [X.]. 68).

a. Ob sich der Gesamteindruck des eingetragenen [X.]esigns von dem durch ein vorbekanntes [X.]esign erzeugten Gesamteindruck unterscheidet, kann daher allein im Wege eines Einzelvergleichs ermittelt werden, wobei die [X.]esigns sowohl hinsichtlich ihrer Merkmale im Einzelnen als auch nach der [X.]edeutung der Merkmale für den Gesamteindruck zu vergleichen sind (vgl. [X.]/v. [X.]/ Kühne, [X.]esigngesetz, 5. Aufl., § 2 [X.]. 20). Wenn sich der Gegenstand eines eingetragenen [X.]esigns danach auch nur einigermaßen von jedem einzelnen vorbekannten [X.]esign unterscheidet, kann ihm die Eigenart nicht abgesprochen werden (vgl. [X.]/Kur, a. a. [X.], [X.]. 68) Für die Feststellung der Unterschiedlichkeit reicht es dabei aus, wenn der Gesamteindruck des eingetragenen [X.]esigns mit dem Gesamteindruck desjenigen vorbekannten [X.]esigns verglichen wird, welches dem eingetragenen [X.]esign am nächsten kommt. Weiter entfernte [X.]esigns finden aber Eingang in die Prüfung, wie es sich mit dem Grad der Gestaltungsfreiheit i. S. von § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] verhält.

b. Maßgeblich für die [X.]eurteilung der Eigenart sind die Vorstellungen des informierten [X.]enutzers. [X.]ies ist eine Person, die sowohl mit dem [X.] des jeweiligen Erzeugnisses vertraut ist als auch über Kenntnisse des [X.]esignbestands in der maßgeblichen Warengruppe verfügt ([X.]/von [X.]/Kühne, a. a. [X.], § 2 Rn. 29). Informierter [X.]enutzer ist vorliegend - wie die [X.]esignabteilung zutreffend festgestellt hat - eine Person, die sich aus beruflichem oder privatem Interesse mit Schutzblechen für Fahrräder intensiver als ein durchschnittlicher Fahrradfahrer befasst. [X.]azu zählt nicht nur, wer in der Fahrradbranche beruflich oder als [X.]sportler tätig ist, sondern auch, wer der „[X.]ike-[X.]ommunity“ angehört oder ihr zumindest nahe steht und daher Marktentwicklungen zu Fahrrädern im Allgemeinen beobachtet.

c. Wie bereits dargelegt, wird die gesetzliche [X.]efinition der Eigenart nach § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] durch die Anweisung ergänzt, dass bei der [X.]eurteilung der Eigenart der Grad der Gestaltungsfreiheit des [X.] bei der Entwicklung des [X.]esigns berücksichtigt werden muss.Insoweit besteht eine Wechselwirkung zwischen Gestaltungsspielraum und Gesamteindruck. [X.]er Gestaltungsspielraum eines [X.]esigners kann vor allem durch technische oder funktionale Zwänge und dadurch bedingte gebrauchsbedingte [X.] (vgl. [X.], 189 Nr. 67, 72 – [X.]; [X.]/Kur, a. a. [X.] [X.]. 135) oder durch einen größeren vorbekannten Formenschatz eingeschränkt werden (vgl. Günther/[X.]eyerlein, [X.]esigngesetz, § 2 [X.]. 26), durch letzteren jedoch nur, wenn er nicht lediglich Ausdruck des Vorhandenseins von Gestaltungsalternativen i. S. einer „quantitativen“ [X.]esignvielfalt ist, sondern zu einer die Gestaltungsmöglichkeiten eines [X.] einschränkenden „qualitativen“ [X.]esigndichte, bei der die vorbekannten [X.]esigns untereinander nur noch einen geringen Abstand einhalten, geführt hat. Ein sich daraus ergebender enger Gestaltungsspielraum des [X.] hat zur Folge, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten [X.]enutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen können; ein größerer Gestaltungsspielraum kann hingegen dazu führen, dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten [X.]enutzer keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. [X.]GH GRUR 2011, 1112 Nr. 32 – Schreibgeräte).

aa. Vorliegend lassen sich zwar keine Feststellungen zu einer die Gestaltungsmöglichkeiten eines [X.] einschränkenden „qualitativen“ [X.]esigndichte treffen. Allein die seitens der Antragsgegnerin benannten Schutzbleche reichen ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt um bereits zum [X.]punkt der Anmeldung des angegriffenen [X.]esigns auf dem Markt befindliche Produkte handelt, schon ihrer geringen Anzahl wegen nicht aus, um eine den Gestaltungsspielraum einengende [X.]esigndichte zu belegen, zumal es sich bei dem Schutzblech „Face Fender“ der Firma [X.] ohnehin nicht um ein am Sattel zu befestigendes, sondern um ein Vorderradschutzblech handelt. Vielmehr spricht die belegte Präsentation und Auszeichnung der Entgegenhaltung [X.] beim „[X.] 2012“ eher dafür, dass zum [X.]punkt der Anmeldung solche am Fahrradsattel zu [X.] Schutzbleche jedenfalls nicht besonders verbreitet waren. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben.

bb. [X.]enn jedenfalls führen gebrauchsbedingte [X.] zu einer nachhaltigen Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten und einem dementsprechend engen Gestaltungsspielraum eines [X.]. So sind nicht nur das - vorliegend für den Gesamteindruck aus den nachfolgend zu [X.].2.b. genannten Gründen ohnehin nicht relevante – Kopfteil eines solchen [X.], welches in den sich verjüngenden Sattel geschoben wird und daher dessen Form berücksichtigen muss, sowie die – ebenfalls nicht zu berücksichtigenden - Aussparungen für die [X.] nach Form und Anordnung im Wesentlichen durch den [X.] vorgegeben (vgl. dazu [X.] WRP 2015, 238), sondern vor allem sind auch [X.]reite, Länge und Ausgestaltung des vom Sattel ausgehenden [X.] selbst durch funktionale Zwänge nachhaltig eingeschränkt.

[X.]as angegriffene [X.]esign kann die Erscheinungsform eines am Fahrradsattel zu [X.] [X.] darstellen. Ein solches Schutzblech verfolgt den Zweck, den Fahrer bei Regen und/oder verschmutzten Straßen/Wegen vor Spritzwasser oder [X.], welcher durch das Hinterrad des Fahrrades aufgewirbelt wird, zu schützen. Ein Schutzblech muss daher den entsprechenden Teil des Fahrradreifens abdecken, um diesen Zweck zu erfüllen. Allerdings sollte ein am Sattel befestigtes Schutzblech auch nicht länger und breiter als nötig sein, um aufspritzendes Wasser/aufgewirbelten [X.] abzufangen. [X.]enn jede darüber hinausgehende [X.]reite und Länge hätte zur Folge, dass aufgrund der Materialbeschaffenheit solcher Schutzbleche, welche aus Gewichtsgründen in aller Regel aus Kunststoff gefertigt sind, eine Instabilität auftritt – nicht zuletzt auch wegen einer höheren Anfälligkeit gegenüber Luftströmungen –, was dazu führen würde, dass Regen und [X.] nicht so zuverlässig abgehalten werden könnten wie dies bei einem kürzeren und in seiner [X.]reite sich an dem jeweiligen Reifen orientierenden Schutzblech der Fall ist. Außerhalb einer rein funktionsorientierten Ausgestaltung bestehen daher für einen Entwerfer nur wenige Alternativen zur Ausgestaltung einer den Verwendungszweck nicht beeinträchtigenden Form eines solchen am Fahrradsattel zu [X.] [X.].

So stimmen nicht zuletzt die seitens der [X.]eteiligten zur Akte gereichten Gestaltungen und Produkte von vergleichbar am Sattel zu [X.] Schutzbleche im Wesentlichen in Länge und [X.]reite als auch dem Vorhandensein einer Verbreiterung zum Sattel hin überein.

2. Ausgehend davon hat der Entwerfer des angegriffenen [X.]esigns ein Schutzblech geschaffen, welches im Hinblick auf die geringe Gestaltungsfreiheit einen noch hinreichenden Abstand zum vorbekannten Formenschatz einhält, um die Eigenart zu begründen.

Um festzustellen, ob sich der Gesamteindruck des eingetragenen [X.]esigns von dem durch ein vorbekanntes [X.]esign erzeugten Gesamteindruck (hier Entgegenhaltung [X.]) unterscheidet, bedarf es zunächst der Ermittlung der den Gesamteindruck des angegriffenen [X.]esigns bestimmenden Gestaltungsmerkmale.

a. Maßgebend ist dabei vorliegend die sich bei einem Ausdruck des [X.]esigns ergebende und der Anmeldung entsprechende Form

Abbildung

nicht die nachfolgende Form

Abbildung

welche nicht der Anmeldung entspricht und daher einer [X.]erichtigung (von Amts wegen oder auf Antrag) zugänglich sein dürfte. Insoweit ist anzumerken, dass anders als im Markenrecht, wo der Eintragung in das Register eine konstitutive Wirkung zukommt und daher eine [X.]erichtigung ausgeschlossen ist (vgl. [X.]GH 2005, 1044, 1046 – [X.]entale Abformmasse), der Eintragung eines angemeldeten [X.]esigns als ungeprüftem Schutzrecht eine solche Wirkung nicht zukommt, so dass eine fehlerhafte Wiedergabe eines [X.]esigns im (elektronischen) Register jederzeit berichtigt werden kann (vgl. Günther/[X.]eyerlein, [X.], 3. Aufl., § 19 [X.]. 10).

b. Soweit die [X.]esignabteilung davon ausgegangen ist, dass es für die [X.]eurteilung des Gesamteindrucks des angegriffenen [X.]esigns in Anbetracht des (möglichen) Verwendungszwecks des [X.]esigns als „Schutzblech für Fahrräder oder Motorräder“ allein darauf ankommt, wie das Schutzblech nach der Montage am Fahrrad erscheint, ist dem zunächst insoweit zu folgen, als auch die [X.]estimmung des Gesamteindrucks eines eingetragenen [X.]esigns trotz seiner Waren- und Erzeugnisunabhängigkeit grundsätzlich nicht unabhängig davon beurteilt werden kann, in welcher Weise das Erzeugnis bei seiner bestimmungsgemäßen oder jedenfalls zu erwartenden Verwendung (hier: am Sattel zu befestigendes Schutzblech) wahrgenommen wird (vgl. dazu auch [X.]GH GRUR 2016, 803 Nr. 42 – Armbanduhr). Für die weitere Auffassung der [X.]esignabteilung, dass es für die [X.]estimmung des maßgeblichen Gesamteindrucks allein auf die Erscheinungsform des [X.] in montiertem Zustand ankommt, könnte § 4 [X.] sprechen, wonach ein [X.]esign, das bei einem Erzeugnis, das [X.]auelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, nur dann als neu gilt und über Eigenart verfügt, wenn das [X.]auelement, das in ein komplexes Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und diese sichtbaren Merkmale des [X.]auelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen. Andererseits ist aber auch zu beachten, dass die entsprechenden Schutzbleche in nicht montiertem Zustand beworben und vertrieben werden und zudem auch nicht ständig, sondern nur situationsbedingt bei Regen oder nassen Wegen montiert werden.

Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben. [X.]enn bei [X.]erücksichtigung der jeweiligen Kopfteile einschließlich der [X.] des angegriffenen [X.]esigns sowie der Entgegenhaltung [X.] welche in Form, Größe und Ausgestaltung augenscheinlich deutlich voneinander abweichen, weisen beide in ihrem Gesamteindruck auf jeden Fall einen deutlicheren Abstand zueinander auf als dies bei [X.]erücksichtigung lediglich der nach Montage noch sichtbaren Teile der Schutzbleche der Fall ist. Zugunsten der Antragstellerin kann daher für die [X.]estimmung des Gesamteindrucks nur auf die nach der Montage noch sichtbaren Merkmale abgestellt werden. [X.]ies sind vorliegend die Merkmale unterhalb der als Halterung am Fahrradsattel vorgesehenen Ausbuchtungen.

c. Somit verfügt das angegriffene [X.]esign über folgende wesentlichen Merkmale:

[X.]) eine Fläche,

1. die die Grundform eines symmetrischen [X.] aufweist

2. deren längere [X.] ([X.]asis) auf Höhe der [X.] liegt

3. dessen Schenkel bei etwa 1/5 der [X.] leicht um ca. 12° abknicken bis zur Höhe der [X.], wodurch dieser Teil breiter ausgestaltet ist als die übrige [X.]

4. deren kürzere [X.] über ein abgerundete Form verfügt

([X.]) das Verhältnis ca. 1:2 der [X.]asis zur [X.],

([X.]) ein [X.], der

1. auf ca. 1/5 der [X.] in Höhe der abknickenden Schenkel beginnt

2. mittig verläuft,

3. nicht ganz bis zum Ende des [X.] verläuft

d. Zur Ermittlung des ästhetischen Gesamteindrucks ist über diese äußere [X.]eschreibung der Merkmale hinaus erforderlich, diese in [X.]ezug auf ihre Maßgeblichkeit für den Gesamteindruck zu bewerten und zu gewichten (vgl. [X.]GH, [X.], 503, 504 – Sitz-Liegemöbel; [X.], 1023 – 3-Speichen-Felgenrad m. w. Nachw.).

aa. [X.]anach können die unter A. und [X.]. aufgeführten Merkmale entgegen der Auffassung der [X.]esignabteilung nicht als „gestalterisches Hauptmotiv“ gewertet werden. Vielmehr ist das Gewicht dieser Merkmale für den Gesamteindruck dadurch nachhaltig gemindert, dass sie sich in ihrer Form und Ausgestaltung im Wesentlichen an dem Funktionszweck eines solchen am Sattel zu [X.] [X.] orientieren, nämlich den Fahrer bei Regen und/oder verschmutzen Straßen/Wegen vor Spritzwasser oder [X.], welcher durch das Hinterrad des Fahrrades aufgewirbelt wird, zu schützen. [X.]ie trapezförmige Grundform (Merkmal A.1.) sowie Länge und [X.]reite der Fläche (Merkmal [X.].) sind so ausgestaltet, dass ein Reifen oder [X.] im notwendigen Umfang zum Schutz vor [X.] oder Spitzwasser abgedeckt wird. [X.]ies gilt auch für die im oberen Fünftel der Trapezfläche abknickenden Schenkel und die sich dadurch in diesem [X.]ereich zur längeren [X.] (Merkmal A.2.) hin ergebende Verbreiterung der Trapezfläche (Merkmal [X.].), da sowohl die Verbreiterung als auch die dadurch bedingte längere Ausgestaltung der [X.] notwendig sind, um einen hinreichend stabilen Anschluss an die unten am Sattel anzubringende [X.]efestigungsvorrichtung zu bekommen.

bb. Im Wesentlichen funktional bestimmt ist auch der mittig verlaufende, bei 1/5 der Trapezhöhe beginnende Längsfalz (Merkmal [X.] 1. und 2., da dieser – wie die [X.]esignabteilung zutreffend festgestellt hat – dazu dient, das Schutzblech in Längsrichtung zu falten und so der [X.] anzugleichen. Einer Funktionalität dieses Merkmals steht aber entgegen der Auffassung der [X.]esignabteilung nicht entgegen, dass ein solcher Effekt auch durch die Anbringung mehrerer Längsfalze erreicht werden kann. [X.]enn dies ändert nichts daran, dass auch die Anbringung von nur einem Längsfalz einen funktionellen [X.]harakter aufweist, welcher auch anderen Gestaltern grundsätzlich zur Verfügung stehen muss.

cc. Wenngleich die vorgenannten Merkmale im Wesentlichen von der zur Erreichung des Verwendungszwecks notwendigen Gestaltung eines am Fahrradsattel zu [X.] [X.] bestimmt werden, so können dennoch sowohl Ansatz und Ausgestaltung der technisch-funktionalen Verbreitung zur längeren [X.] hin (Merkmale A. 2 und [X.]) als auch [X.]eginn und Länge des mittig angeordneten Längsfalzes (Merkmal [X.].1 und [X.].2) variiert werden, so dass auch in [X.]ezug auf diese Merkmale ein gewisser Gestaltungsspielraum besteht. Insbesondere die Verbreiterung der Trapezfläche zur längeren [X.] hin muss nicht zwingend durch „abknickende“ Seiten (Schenkel) dieser Fläche gestaltet werden. [X.]iesen Merkmalen kann daher insgesamt ein wenngleich auch letztlich hinter ihrer technisch-funktionalen [X.]estimmung zurücktretender gestalterischer „Überschuss“ nicht abgesprochen werden; jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass bei diesen Merkmalen gestalterische Erwägungen keine Rolle gespielt haben (vgl. dazu [X.], [X.], 546 Nr. 31 – [X.]O[X.]ERAM)

dd. Hingegen werden die Merkmale [X.] (abgerundete Ausgestaltung der [X.]) und [X.].3 (nicht bis zur [X.] durchlaufender Längsfalz) nicht, jedenfalls nicht in erster Linie von gebrauchsbedingten [X.] bestimmt. [X.]as abgerundete Ende des [X.] verleiht dem angegriffenen [X.]esign eine insgesamt eher weich und gefällig anmutende Form. [X.]ieser Eindruck wird noch dadurch betont, dass der Längsfalz nicht durchgängig bis zum Ende des [X.] reicht, sondern gleichsam in das abgerundete Ende „ausläuft“. Mag der gestalterische „Überschuss“ dieser Merkmale für sich gesehen nicht von besonders großem Gewicht sein, so kommt ihm im Gesamteindruck des angegriffenen [X.]esigns gleichwohl gegenüber den übrigen im Wesentlichen funktional bestimmten Erscheinungsmerkmalen ein nicht unerhebliches Gewicht zu.

3. Zum Vergleich steht der seitens der Antragstellerin zur [X.]egründung ihres Nichtigkeitsantrags in das Verfahren als Entgegenhaltung [X.] eingeführte Steckschutz der [X.] Firma [X.], 41502 Göteborg, gegenüber:

Abbildung

a. Zutreffend hat die [X.]esignabteilung festgestellt, dass diese Entgegenhaltung vor dem Anmeldetag des angegriffenen [X.]esigns i. S. v. § 5 [X.] offenbart gewesen ist.

Gemäß § 5 [X.] ist ein [X.]esign offenbart, wenn es bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, es sei denn, dass dies den in der [X.] tätigen Fachkreisen des betreffenden Sektors im normalen Geschäftsverlauf vor dem Anmeldetag des [X.]esigns nicht bekannt sein konnte.

www.vimeo.com vom Hersteller des [X.] eingestellte Video der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Mit der [X.]esignabteilung ist davon auszugehen, dass die maßgeblichen Fachkreise, nämlich [X.]esigner, Händler und Hersteller von Fahrrädern im normalen Geschäftsverlauf Kenntnis von diesem Formenschatz erlangt haben, nämlich jedenfalls über die Veröffentlichung zum [X.] 2012. Für das öffentliche Zugänglichmachen genügt dabei bereits die Möglichkeit, dass die Fachkreise im normalen Geschäftsverlauf Kenntnis von dem [X.]esign erlangen konnten. Zum normalen Geschäftsverlauf der Fachkreise jedes Wirtschaftszweigs zählen Maßnahmen der Marktbeobachtung, um die Konkurrenzlage und neue Tendenzen bei der Entwicklung der eigenen Erzeugnisse zu berücksichtigen (vgl. [X.]GH GRUR 2012, 1253 Nr. 21 – Gartenpavillon;

b. Weitere Entgegenhaltungen sind von der insoweit nach gemäß § 34a Abs. 1 Satz 2 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 4 [X.]esignV darlegungspflichtigen Antragstellerin nicht in das Verfahren eingeführt worden und dem Senat auch nicht bekannt. Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin benannten und von der [X.]esignabteilung bei Prüfung des Gestaltungsspielraums erwähnten Steckschutzbleche „[X.] Extended“ bzw. „[X.]utt Fender“ sowie dem weiteren Produkt „Face Fender“ liegen dem Senat bereits keine Kenntnisse zu deren Priorität vor. Vor allem jedoch hat sich die Antragstellerin sich zu keinem [X.]punkt auf diese berufen.

c. Entgegen der Auffassung der [X.]esignabteilung hält das angegriffene [X.]esign seinem maßgeblichen Gesamteindruck nach gegenüber der Entgegenhaltung [X.] unter [X.]erücksichtigung der geringen Gestaltungsfreiheit eines [X.] einen zur [X.]egründung der Eigenart hinreichenden Abstand ein.

aa. [X.]ei einem zur [X.]estimmung der Eigenart erforderlichen (Merkmals-)Vergleich des angegriffenen [X.]esigns mit der Entgegenhaltung [X.] ist der [X.]esignabteilung zwar zuzustimmen, dass das angegriffene [X.]esign sich (als Schutzblech in montiertem Zustand) in seiner Form nach Größe und [X.]reite (Merkmal [X.]) 1. sowie Merkmal ([X.])), seinem Umriss (Merkmal [X.]) 2. und 3.) und dem in der Mitte angebrachten und bei ca. 1/5 der Trapezhöhe beginnenden Längsfalz (Merkmale ([X.]) 1. und 2.) nahezu identisch an die Entgegenhaltung anlehnt und insoweit allenfalls geringfügig von dieser abweicht.

[X.]ie Vergleichsdesigns unterscheiden sich jedoch sowohl insoweit, als sich die Linienführung der Seitenränder bei der schwertförmigen Ausgestaltung der Entgegenhaltung [X.] stärker verjüngt als bei dem angegriffenen [X.]esign (vgl. dazu die [X.]arstellung beider [X.]esigns im Schriftsatz der [X.]eschwerdegegnerin vom 30. Juni 2016 [X.]. 67 [X.]), als auch darin, dass der [X.] bei der Entgegenhaltung anders als beim angegriffenen [X.]esign (vgl. Merkmal ([X.]) 3.) bis zum Ende des [X.] geführt wird. Unterschiede bestehen darüber hinaus in der Ausgestaltung des unteren Endes, welches beim angegriffenen [X.]esign eine runde (Merkmal [X.]) 4.), bei der Entgegenhaltung hingegen eine kantige Ausgestaltung aufweist. Zudem verfügt die Entgegenhaltung [X.] zusätzlich zu dem [X.] noch über einen im oberen Teil des sichtbaren [X.] befindlichen [X.], welcher beim angegriffenen [X.]esign fehlt.

Wenngleich danach die Übereinstimmungen in rein quantitativer Hinsicht überwiegen – beide [X.]esigns unterscheiden sich letztlich nur in den Merkmalen A. 4 und [X.]. 3 sowie durch den zusätzlich bei der Entgegenhaltung vorhandenen [X.] –, wobei das angegriffene [X.]esign vor allem auch von dem durchaus charakteristischen Ausgestaltung der Verbreiterung in abknickender Form Gebrauch macht (Merkmal [X.]) 3.), so reichen die Abweichungen und Unterschiede dennoch zur [X.]egründung eines abweichenden Gesamteindrucks aus.

Grund dafür ist, dass die Übereinstimmungen überwiegend gerade jene Merkmale betreffen, deren Gestaltung durch den Verwendungszweck maßgeblich vorgegeben ist. So wird der informierte [X.]enutzer erkennen, dass die weitgehenden Übereinstimmungen der Vergleichsdesigns in Größe und [X.]reite (Merkmal [X.]) 1. sowie Merkmal ([X.])), im Umriss (Merkmal [X.]) 2. und 3.) und dem in der Mitte angebrachten und bei ca. 1/5 der [X.] beginnenden [X.] (Merkmale ([X.]) 1. und 2.) im Wesentlichen nicht primär gestalterischen, sondern technisch-funktionalen Zwecken dienen. Auch wenn insbesondere der durch „abknickende“ Seitenflächen ausgebildeten Verbreiterung zur längeren [X.] hin ein gestalterischer Gehalt nicht abgesprochen werden kann, da diese auch anders ausgestaltet werden kann, ohne das technisch-funktionale Erfordernis einer durch die Verbreiterung bewirkten höheren Stabilität des [X.] zu beeinträchtigen, so geht die Gestaltung dieser Merkmale dennoch in ihrer Gesamtheit nicht wesentlich über das hinaus, was zur Erreichung des Verwendungszwecks erforderlich ist, nämlich das (Hinter-)[X.] eines Fahrrads (oder auch Motorrads) soweit abzudecken, dass ein ausreichender Schutz gegen durch das Hinterrad aufgewirbeltes Wasser oder aufgewirbelten [X.] gewährleistet ist. Solchen Merkmalen, welche sich jedenfalls nicht unmaßgeblich an technisch-funktionalen Erfordernissen orientieren müssen, kommt aber im Gesamteindruck ein geringeres Gewicht zu als Merkmalen, deren Ausgestaltung kaum oder überhaupt nicht von technisch-funktionalen Erwägungen bestimmt wird.

Vor diesem Hintergrund gewinnt dann aber die unterschiedliche Gestaltung des abweichenden unteren Endes des [X.] für den informierten [X.]enutzer an Gewicht. So hebt sich insbesondere die im Wesentlichen das ästhetische Empfinden ansprechende abgerundete Ausgestaltung des unteren Endes des angegriffenen [X.]esigns deutlich von dem kantig wirkenden und für den [X.]etrachter eher funktional ausgestalteten Ende der Entgegenhaltung ab. [X.]ieser Unterschied wird noch dadurch verstärkt, dass bei dem angegriffenen [X.]esign der [X.] anders als bei der Entgegenhaltung [X.] nicht bis zum Ende durchgeht, sondern in das abgerundete Ende der Form „ausläuft“. [X.]urch diese Merkmale, welche sich von einer rein funktionalen Ausgestaltung merklich entfernen und daher vom informierten [X.]enutzer gegenüber den übrigen am Verwendungszweck orientierten Elementen stärker gewichtet werden, vermittelt das angegriffene [X.]esign einen eleganten, eher weichen und gefälligen Eindruck. [X.]ieser Unterschied wird noch dadurch verstärkt, dass beim angegriffenen [X.]esign winkelartig ausgebildete Elemente weitgehend vermieden werden (so durch den Verzicht auf den [X.]), vielmehr das Erscheinungsbild von runden bzw. abgerundeten Gestaltungselementen getragen wird. Hingegen ruft die Entgegenhaltung [X.] nicht zuletzt durch die Ausgestaltung des Endes und dem auch bis zum Ende durchgezogenen [X.] für den informierten [X.]enutzer eher den Eindruck einer kantigen, überwiegend an Funktion und Verwendungszweck orientierten kühl-minimalistischen Gestaltung hervor, wofür sie ja auch ausgezeichnet worden ist. [X.]avon macht aber das angegriffene [X.]esign keinen Gebrauch.

Trotz der formal weitreichenden Übereinstimmungen ruft das angegriffene [X.]esign daher in seiner Gesamtheit einen anderen Gesamteindruck hervor als die Entgegenhaltung [X.] mit der Folge, dass ihm ein Mindestmaß an Eigenart nicht abgesprochen werden kann.

[X.]. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 23 Abs. 4 Satz 5 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 91 Abs. 1 ZP[X.]

Meta

30 W (pat) 802/16

15.11.2018

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 30 W (pat) 802/16 (REWIS RS 2018, 1679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1679

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