Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2023, Az. B 6 KA 15/23 B

6. Senat | REWIS RS 2023, 10562

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionsgrund - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Klärungsbedürftigkeit bei bereits außer Kraft getretenem Recht (hier: kostenmäßige Folge eines Direktbezugs von Gerinnungsfaktorenzubereitung im Jahr 2015 gem § 47 Abs 1 Nr 2 AMG 1976 in der Fassung vom 1.7.1998) - nur bei erheblicher Zahl von Fällen oder fortwirkender allgemeiner Bedeutung (hier: verneint))


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 25. Januar 2023 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 233 726,61 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin macht Ansprüche auf Aufwendungsersatz für die Beschaffung von Faktorpräparaten zur Behandlung von Patienten mit Gerinnungsstörungen iHv 233 726,61 Euro geltend.

2

Alleingesellschafter und Geschäftsführer der klagenden GmbH ist ein Facharzt für Transfusionsmedizin. Dieser betrieb bis September 2022 als Einzelunternehmer das [X.] (MVZ) W, das auf die Behandlung von Patienten mit Blutgerinnungsstörungen spezialisiert ist. Für die Versorgung eines bei der beklagten Krankenkasse versicherten Patienten im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren bestellte die Klägerin im Q[X.]rtal 2/2015 Faktorpräparate direkt beim Hersteller, der diese direkt an die Klägerin lieferte. Die Klägerin forderte von der Beklagten Ersatz der entstandenen Aufwendungen in Höhe der verauslagten Kosten für die Präparate zuzüglich eines Aufschlags iHv 3 % sowie 6,38 Euro pro Packung und verwies dabei auf den [X.] zwischen den Ersatzkassen und dem [X.]. Die Beklagte lehnte eine Begleichung der Forderung ab. Der Klägerin stünden weder Verzugszinsen und Mahngebühren noch Verwaltungsgebühren zu. Die Rechnung sei dementsprechend zu korrigieren.

3

Mit ihrer beim [X.] erhobenen Klage hat die Klägerin [X.] vorgetragen, sie sei vom [X.] als Rechenzentrum gemäß § 300 Abs 2 [X.]B V beauftragt worden, die diesbezügliche Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen vorzunehmen. Das MVZ habe die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Aufwendungsersatz an sie abgetreten. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin im Wege der [X.] für die Beschaffung von Faktorpräparaten für weitere bei der Beklagten versicherte Patienten geltend gemacht. Die Lieferung der [X.]zubereitungen erfolgte in diesen Fällen vom Hersteller direkt an Hausarztpraxen am jeweiligen Wohnort der Versicherten. Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 221 121,40 Euro nebst Prozesszinsen zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil des [X.] vom 10.3.2021). Die Klage sei hinsichtlich der aufgewendeten Kosten für die verordneten Präparate begründet; hinsichtlich des Aufwendungsersatzes in Höhe einer Apothekenvergütung bleibe sie ohne Erfolg.

4

Auf die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin hat das L[X.] das Urteil des [X.] geändert und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil vom [X.]). Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der Arzneimittelkosten aus abgetretenem Recht zu. In den der [X.] zugrundeliegenden Fällen seien die Präparate vom Hersteller direkt an die jeweiligen Hausärzte geliefert worden, die die Präparate sodann an die Versicherten abgegeben hätten. Damit läge schon keine Geschäftsbesorgung durch das MVZ vor. Hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Forderung sei die Beschaffung der Faktorpräparate durch die Klägerin im eigenen Namen und nicht durch oder für das MVZ erfolgt. Dementsprechend seien dem MVZ keine Aufwendungen entstanden, so dass ein derartiger Anspruch nicht auf die Klägerin übergegangen sein könne. Unabhängig davon sei aber bereits eine wirksame Abtretung möglicher Ansprüche des MVZ an die Klägerin nicht festzustellen. Ansprüche der Klägerin auf Aufwendungsersatz aus eigenem Recht seien nicht Gegenstand der Klage.

5

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 [X.] und 3 [X.]G).

6

II. A. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

7

1. Soweit die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird, ist die Beschwerde - soweit sie zulässig ist - nicht begründet. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB B[X.] Beschluss vom 29.11.2006 - [X.] [X.] 23/06 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]3; B[X.] Beschluss vom 28.10.2015 - [X.] [X.] 12/15 B - [X.] 4-2500 § 116 [X.]1 Rd[X.] 5; B[X.] Beschluss vom 12.9.2018 - [X.] [X.] 12/18 B - juris Rd[X.] 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar ergibt (B[X.] Beschluss vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 29/17 B - juris Rd[X.] 4). [X.] ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB B[X.] Beschluss vom 13.2.2019 - [X.] [X.] 17/18 B - juris Rd[X.] 7).

8

Die Klägerin führt aus, die Entscheidung des L[X.] beruhe auf der Rechtsfrage:

        
        

"Hat die vom verordnenden Facharzt für Transfusionsmedizin getragene GmbH als Erfüllungsgehilfin gegen die Kasse Anspruch auf Erstattung der Kosten für im [X.] vom Arzneimittelhersteller erworbene und dem Patienten zur Verfügung gestellten [X.]? "

9

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin damit eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen formuliert hat, an denen das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu B[X.] Beschluss vom [X.] - B 12 KR 60/14 B - juris Rd[X.]5; B[X.] Beschluss vom 5.11.2008 - [X.] [X.] 24/07 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 154/10 B - juris Rd[X.]0). Die Frage enthält jedenfalls einzelfallbezogene Prämissen, die von mehreren, vom L[X.] gegebenenfalls festzustellenden Sachverhaltselementen ausgehen. Dass die Klägerin als "[X.]" des (jeweiligen) verordnenden Facharztes für Transfusionsmedizin tätig geworden ist, hat das L[X.] schon nicht festgestellt.

Wenn die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung rügt, dass das L[X.] "den Anspruch der Klägerin selbst auf Erstattung dieser Kosten nur rudimentär" (Beschwerdebegründung [X.]) prüfe, zieht sie lediglich die Richtigkeit der Entscheidung des L[X.] in dem hier zu entscheidenden Einzelfall in Zweifel. Dies wird auch deutlich, soweit die Klägerin weitergehend ausführt, "das [X.] war auf der Grundlage der eigenen Argumentation verpflichtet, den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Basis aller in Betracht kommenden Rechtsgründe zu prüfen" und es sei ein "Erstattungsanspruch gemäß § 812 BGB" ausgelöst worden (Beschwerdebegründung [X.]). Die Frage, ob die Entscheidung des L[X.] im Einzelfall zutreffend ist, vermag die Zulassung der Revision nicht zu eröffnen.

b) Jedenfalls aber fehlt es im Hinblick auf die aufgeworfenen Fragestellungen an einem über den Einzelfall hinausgehenden, die Allgemeinheit betreffenden Interesse (sogenannte Breitenwirkung). Die Frage betrifft die kostenmäßigen Folgen eines sogenannten [X.]s von [X.]zubereitungen beim Hersteller, dh ohne Einbindung einer Apotheke, auf der Grundlage von § 47 Abs 1 Satz 1 [X.] (in der bis 31.8.2020 geltenden Fassung, aF). Danach durften gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, soweit es sich um [X.]zubereitungen handelte, von dem hämostaseologisch q[X.]lifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden. Diese Vorschrift ist jedoch aufgrund der Änderungen durch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom [X.] ([X.]) in der Fassung von Art 12 [X.] des [X.] zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.5.2020 ([X.] 1018) mit Ablauf des 31.8.2020 außer [X.] getreten. Eine Direktabgabe von [X.]zubereitungen durch den pharmazeutischen Hersteller oder Großhändler an den behandelnden Arzt ist seitdem ausgeschlossen. Gleichzeitig ist die Preisbildung in § 130d [X.]B V neu geregelt worden. Ergänzend bestimmt der neu eingeführte § 132i Satz 1 [X.]B V (in der Fassung des [X.] in der Arzneimittelversorgung vom [X.], [X.]), dass die Krankenkassen oder deren Landesverbände Versorgungsverträge mit ärztlichen Einrichtungen (oder deren Verbänden) schließen, die auf die q[X.]litätsgesicherte Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie durch hämostaseologisch q[X.]lifizierte Ärzte spezialisiert sind. In den [X.] soll die Vergütung von zusätzlichen, besonderen ärztlichen Aufwendungen zur medizinischen Versorgung und Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Gerinnungsstörungen bei Hämophilie, insbesondere für die Beratung über die Langzeitfolgen von Gerinnungsstörungen, die Begleitung und Kontrolle der Selbstbehandlung, die Dokumentation nach § 14 des Transfusionsgesetzes und die Meldung an das [X.] nach § 21 Abs 1a des Transfusionsgesetzes sowie für die Notfallvorsorge und -behandlung geregelt werden (§ 132i Satz 2 [X.]B V).

Dass trotz dieser grundlegenden Neuregelung ein über den Einzelfall hinausgehendes, die Allgemeinheit betreffendes Interesse an der Klärung der formulierten Rechtsfrage bestehen würde, ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin nicht ersichtlich. Bei Rechtsfragen zu bereits außer [X.] getretenem Recht kann eine Klärungsbedürftigkeit nur anerkannt werden, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage dieses nicht mehr geltenden Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihrer Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (B[X.] Beschluss vom 12.1.2017 - [X.] [X.] 68/16 B - juris Rd[X.]; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 26/20 B - juris Rd[X.]5, jeweils mwN). Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich die Rechtsfrage "nicht durch die neue Regelung des § 132i [X.]B V erledigt" habe, "zumal jedenfalls in Notfällen der [X.] über den Arzt geboten ist" (Beschwerdebegründung [X.]), kann damit eine fortwirkende allgemeine Bedeutung bezogen auf die Auslegung des alten Rechts nicht begründet werden. Wenn die Klägerin damit auf § 43 Abs 3a Satz 1 AMG Bezug nehmen will, wonach das Bereithalten eines Vorrats an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für den unvorhersehbaren und dringenden Bedarf ([X.]) vorgesehen ist, so bestimmt bereits § 132i Satz 2 [X.]B V, dass die Vergütung der Notfallversorgung in den Versorgungsverträgen zu regeln ist.

2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler liegen, soweit die Beschwerdebegründung den [X.] entspricht, nicht vor. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.]G und § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

a) Die Klägerin macht eine fehlerhafte Anwendung des § 101 Abs 2 [X.]G geltend. Sie ist der Auffassung, dass dem im Berufungsverfahren abgegebenen Schriftsatz der Beklagten vom 3.3.2021 ein Anerkenntnis im Hinblick auf die in Rechnung gestellten Arzneimittelkosten zu entnehmen sei. In diesem Schriftsatz habe die Beklagte bestätigt, dass sie bereit sei, die in den Rechnungen der Klägerin bezifferten Kosten für Arzneimittel als solche zu begleichen. Nur die darüber hinausgehenden [X.] habe die Beklagte nicht anerkannt. Die weiteren Formulierungen in der Beschwerdebegründung ("Das [X.] ignoriert das Anerkenntnis", "Diese Interpretation … steht mit den Grundsätzen, die bei der Auslegung von [X.] anzuwenden sind, im Widerspruch" und das "[X.] hätte bei zutreffender Anwendung des § 101 Abs. 2 [X.]G insoweit die Berufung zurückweisen müssen" vgl Beschwerdeschriftsatz [X.] f) verdeutlichen, dass die Klägerin eine fehlerhafte Auslegung von [X.] durch das L[X.] rügen will. Ein Verstoß gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze stellt aber regelmäßig keinen Verfahrensfehler, sondern gegebenenfalls eine Verletzung materiellen Rechts dar (vgl auch B[X.] Beschluss vom [X.] KR 41/17 B - juris Rd[X.]2 mwN; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 487).

Soweit die Klägerin möglicherweise auf eine Verletzung des Willkürverbots zielt, wird eine solche Verletzung schon nicht hinreichend dargelegt. Willkür liegt nicht bereits dann vor, wenn eine Entscheidung unzutreffend ist, sondern erst, wenn sie unter keinem rechtlichen Aspekt mehr vertretbar ist, wenn die Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich deswegen der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhe. Die Rechtslage muss daher in krasser Weise verkannt worden sein (vgl B[X.] Beschluss vom 12.4.2018 - B 3 KR 46/17 B - juris Rd[X.] 6; B[X.] Beschluss vom 14.10.2020 - [X.] ÜG 3/20 B - juris Rd[X.]2). Insoweit versäumt die Klägerin, sich mit der Argumentation des L[X.] auseinanderzusetzen, welches aufgrund fehlender Angaben zur Höhe etwaiger Erstattungsansprüche und dem Hinweis auf eine fehlende prüfbare bzw korrekte Rechnung, ein Anerkenntnis der Beklagten verneint (vgl [X.] S 17 f). Allein mit der Darstellung einer eigenen, anderen Rechtsansicht, legt die Klägerin keine krasse Verkennung der Rechtslage durch das L[X.] dar.

b) Auch soweit die Klägerin die Missachtung eines (vermeintlichen) Geständnisses der Beschwerdegegnerin nach § 288 ZPO rügt, bestehen keine Gründe für eine Zulassung der Revision aufgrund eines [X.]. Eine Bindung des Gerichts an ein Geständnis eines Beteiligten iS des § 288 ZPO besteht im sozialgerichtlichen Verfahren nicht (B[X.] Beschluss vom [X.] R 260/18 B - juris Rd[X.]4; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 12 [X.] 3/00 B - juris Rd[X.] 4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 14. Aufl 2023, § 202 Rd[X.]). Das Gericht ist vielmehr nach § 103 Satz 2 [X.]G bei der Sachverhaltsermittlung an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

c) Mit der Rüge, das L[X.] habe die Anschlussberufung der Klägerin im Hinblick auf die Erstattung weiterer Aufwendungen zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen, hat die Klägerin einen Verfahrensmangel nicht hinreichend aufgezeigt. Die Beschwerdebegründung geht über die Behauptung einer unzutreffenden Rechtsanwendung des L[X.] nicht hinaus. Ein Verfahrensmangel ist nur dann iS des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G "bezeichnet", wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird. Für eine Rüge "Prozess- statt Sachurteil" und umgekehrt bedarf es daher einer Auseinandersetzung mit den Gründen der Berufungsentscheidung und einer schlüssigen Darlegung, worin die unrichtige Beurteilung der Sachurteilsvoraussetzungen liegt (B[X.] Beschluss vom [X.] - juris Rd[X.] 7; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, [X.]). Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, aus welchen Gründen die vom L[X.] unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des B[X.] getroffene Entscheidung zur Unzulässigkeit der Anschlussberufung mit der Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Dies folgt jedenfalls nicht daraus, dass - wie die Klägerin vorträgt - § 524 ZPO keine Einschränkung enthalte, "wie sie vom [X.] hier formuliert wurde" (Beschwerdebegründung [X.]). Die auch im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach § 202 [X.]G iVm § 524 ZPO mögliche Anschlussberufung ist kein Rechtsmittel, sondern nur ein angriffsweise wirkender Antrag, mit dem sich der Gegner (hier: die Klägerin) innerhalb des Rechtsmittels des Berufungsklägers (hier: der Beklagten) an dessen Rechtsmittel anschließt. Sie bietet die Möglichkeit, die vom Berufungskläger angefochtene Entscheidung des [X.] auch zu seinen, des sich [X.], Gunsten ändern zu lassen, ohne dass insoweit eine Beschwer vorliegen müsste (stRspr; vgl grundlegend B[X.] Urteil vom [X.] 103/65 - B[X.]E 24, 247 = [X.] [X.] 9 zu § 521 ZPO; B[X.] Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 3/13 R - B[X.]E 117, 1 = [X.] 4-2500 § 28 [X.], Rd[X.] 9; B[X.] Urteil vom 26.10.2017 - [X.] [X.] 12/16 R - [X.] 4-1750 § 524 [X.] Rd[X.]4). Mit ihr können aber nicht Ansprüche zur Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt werden, die von der Berufung gar nicht erfasst werden; anderenfalls liegt kein Fall einer "Anschließung" an das eingelegte Rechtsmittel vor.

Für die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist es deshalb erforderlich, dass sie den gleichen prozess[X.]len Anspruch wie die Hauptberufung betrifft (stRspr; vgl B[X.] Urteil vom 5.5.2010 - [X.] [X.] 6/09 R - B[X.]E 106, 110 = [X.] 4-2500 § 106 [X.]7, Rd[X.]8 ff; B[X.] Urteil vom 10.2.2005 - [X.] RA 48/04 R - juris Rd[X.]3 f; B[X.] Urteil vom 26.10.2017 - [X.] [X.] 12/16 R - [X.] 4-1750 § 524 [X.] Rd[X.]4). Der Maßstab für die Beurteilung, ob der gleiche prozess[X.]le Anspruch betroffen ist, ergibt sich in Anwendung von § 99 Abs 3 [X.]G. Auf dieser Grundlage ist das L[X.] zu dem Ergebnis gelangt, dass das Begehren der Klägerin auf pauschalen Aufwendungsersatz von Verwaltungskosten für Logistik und Lagerung beschaffter Arzneimittel nicht den gleichen prozess[X.]len Anspruch betreffe wie die Berufung der Beklagten, die die Frage der Erstattung der allein - zum Einkaufspreis angefallenen - Faktorpräparate zum Gegenstand habe. In diesem Zusammenhang hat es [X.] ausgeführt, dass für die Entscheidung über die Anschlussberufung Feststellungen zu treffen wären, auf die es für die Entscheidung über die Berufung der Beklagten von vornherein nicht ankomme. So müsste im Hinblick auf das wechselnde und teils widersprüchliche Vorbringen der Klägerin aufgeklärt werden, wer die mit dem Einkauf und der Abrechnung der [X.] verbundenen Tätigkeiten tatsächlich durchgeführt und insoweit anfallende Personal- und weitere Kosten getragen habe (L[X.]-Urteil S 16). Mit dieser Argumentation des L[X.] setzt sich die Beschwerdebegründung nicht hinreichend auseinander. Es liegt auch keine Abweichung zur Rechtsprechung des B[X.] vor, wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang meint, das Urteil des L[X.] stehe im Widerspruch zum Urteil des B[X.] vom 26.10.2017 ([X.] [X.] 12/16 R - [X.] 4-1750 § 524 [X.]). Auch dieser Vortrag reicht nicht über das [X.] der Unrichtigkeit des Berufungsurteils hinaus.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

C. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der geltend gemachten Forderung.

 [X.]

Loose 

Rademacker

Meta

B 6 KA 15/23 B

25.10.2023

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Hannover, 10. März 2021, Az: S 20 KA 28/17, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 43 Abs 3a S 1 AMG 1976, § 47 Abs 1 Nr 2 AMG 1976 vom 01.07.1998, § 132i SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2023, Az. B 6 KA 15/23 B (REWIS RS 2023, 10562)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 10562

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