Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2018, Az. XII ZR 129/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12714

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[X.]:[X.]:BGH:2018:070318BXIIZR129.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XII ZR 129/16
Verkündet am:

7. März 2018

Küpferle

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
[X.] §§
126 Abs.
2, 550
a)
Dem Schriftformerfordernis des §
550 Satz
1 [X.] kann auch gemäß §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.] entsprochen werden, wonach es genügt, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede [X.] die für die andere [X.] bestimmte Urkunde unterzeichnet.
b)
Für die Einhaltung der Schriftform des §
550 Satz
1 [X.] ist es dann [X.], wenn die Vertragsparteien gleichlautende Vertragsurkunden unter-zeichnen. Eines Zugangs dieser Urkunden beim jeweiligen Vertragspartner bedarf es insoweit nicht (Fortführung von [X.], 301
= NJW 2008, 2178 und vom 18.
Oktober 2000 -
XII
ZR
179/98 -
NJW 2001, 221).

BGH, Urteil vom 7. März 2018 -
XII ZR 129/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
März
2018
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose
und
die Richter

Schilling, Dr.
Nedden-Boeger,
Dr.
Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]
wird der Beschluss des 23.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]
vom 6.
Dezember 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]en streiten um den Fortbestand eines
über die Errichtung und den Betrieb einer Photovoltaikanlage geschlossenen Grundstücks-Nutzungsvertrags
und über Ansprüche hieraus.
Am 5. März 2012 schloss der Kläger mit dem damaligen [X.], Herrn
[X.]
(im Folgenden: [X.]), einen "Nutzungsvertrag"
über die ge-samten Dach-
und Freiflächen auf dem Außenbereich eines
ehemaligen Kaser-nengeländes. Nach dem Vertrag sollten dem Kläger diese
Flächen zur Verfü-gung gestellt werden, um dort auf eigene Kosten eine Photovoltaikanlage
zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten. Der Kläger verpflichtete sich, die zur Vorbereitung notwendigen Maßnahmen wie etwa Gutachten
oder
Bebauungs-pläne auf seine Kosten zu veranlassen, sowie zur Zahlung eines Nutzungsent-gelts von einem Euro für die gesamte
Vertragslaufzeit von 30 Jahren. Von den 1
2
-
3
-

Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage
sollten dem Kläger die Einnahmen für das erste Megawatt
Peak zustehen, dem Grundstückseigentü-mer die darüber hinausgehenden Einnahmen. Die Vertragsparteien gingen [X.] von einer Gesamtleistung der zu installierenden Photovoltaikanlage
von et-wa fünf Megawatt
Peak aus. Der schriftliche Vertragsentwurf des [X.] wurde von [X.] unterschrieben und sodann dem Kläger per Telefax übermittelt. Der Klä-ger unterschrieb seinerseits dieses Telefax und faxte es an [X.] zurück. Die im Original unterschriebenen Exemplare verblieben
bei den jeweiligen Unterzeich-nern.
Am 4. Oktober 2012 kündigte [X.] den Vertrag außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. In der Folge verkaufte er das [X.] an [X.], der am 11. März 2013 als Eigentümer in das Grundbuch ein-getragen wurde. Die Beklagte erwarb von diesem das Grundstück am 27. [X.] 2013 und wurde am 10. Juni 2013 als Eigentümerin eingetragen.
Ab
dem 15. März
2013 verweigerte
die Beklagte dem Kläger den Zutritt zum Grundstück. Sie überließ das Grundstück einer anderen Gesellschaft, die dort eine Photovoltaikanlage errichtete und betreibt.
Der Kläger will zum einen festgestellt wissen, dass das [X.] durch die Kündigung vom 4. Oktober 2012 nicht beendet wurde, sondern weiter fortbesteht, und zum anderen, dass die Beklagte ihm gegenüber [X.] ist, weil sie ihm den Zutritt zum Gelände verweigert hat und eine Besitzeinräumung nicht mehr möglich ist. Außerdem hat er
vorgerichtliche Anwaltskosten
von 12.419,91

.
Das [X.] hat die Klage vollumfänglich abgewiesen, das Oberlan-desgericht
die Berufung des [X.] durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO 3
4
5
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4
-

zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Dieses
hat seine Entscheidung
wie folgt begründet:
Der streitgegenständliche Nutzungsvertrag sei durch die Kündigung vom 4.
Oktober 2012 beendet worden, bevor die Beklagte das Eigentum an den [X.] erworben habe. Der Vertrag sei nicht als Pachtvertrag, sondern als Grundstücksmietvertrag in der Form der Gewerbemiete zu qualifizieren. Selbst wenn das vereinbarte Entgelt weit unter dem Marktpreis liegen sollte, handele es sich um eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung, so dass kein Leihvertrag vorliege. Allein daraus, dass die Vertragsparteien mehrfach Begriffe des [X.] verwendeten, wiewohl sie auch von der "vermieteten Dachfläche"
sprä-chen, könne nicht automatisch auf die Rechtsnatur des Vertrags geschlossen werden. Die Abgrenzung zwischen Miete und Pacht sei vielmehr danach vorzu-nehmen, ob nach dem objektiven Inhalt aller Vertragsbestimmungen nur der Gebrauch
der überlassenen Sache oder
aber Gebrauch und Fruchtgenuss zu gewähren seien. Verträge, die die Überlassung von Flächen zur Installation und zum Betrieb von Photovoltaikanlagen regelten, seien in aller Regel als [X.]smietvertrag anzusehen. Eine Fruchtziehung aus dem verpachteten [X.] liege nicht vor. Die auf einem Grundstück erzeugte Elektrizität stelle weder eine Frucht im Sinne des § 99 Abs.
1 [X.] noch eine sonstige Ausbeute 7
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aus der Sache dar, da die Strahlungsenergie nicht aus der Substanz der über-lassenen Fläche oder des Sonnenlichts gewonnen werde und auch keine Sa-che sei. Die vom Netzbetreiber erlangte Vergütung sei
auch keine unmittelbare [X.] im Sinne von §
99 Abs.
2 [X.]. Das dem Betreiber einer Photovol-taikanlage
eingeräumte grundstücksbezogene Nutzungsrecht könne nicht un-mittelbar auf die Gewinnung der Einspeisevergütung abzielen. Es schaffe allein die technischen Grundbedingungen für die Errichtung, den Betrieb und den Rückbau einer Photovoltaikanlage. Die Förderung sei staatlicherseits vorgege-ben und einer [X.]vereinbarung entzogen. Die genutzte [X.] führe für sich genommen nicht zur Ertragsziehung.
Der ursprüngliche Vermieter sei mangels Einhaltung der Schriftform ge-mäß §§
550, 126 [X.] auch trotz der vereinbarten Vertragslaufzeit von 30 Jah-ren zur ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen. Die Vertragsparteien [X.] nicht dieselbe Urkunde eigenhändig handschriftlich unterzeichnet, so dass die Schriftform des §
126 Abs.
2
Satz 1 [X.] nicht gewahrt sei. Gleiches gelte für die Schriftform nach § 126 Abs.
2 Satz
2 [X.].
Denn der ursprüngliche [X.] sei nicht in den Besitz des [X.] mit der Originalunterschrift des [X.] gelangt. Dies sei aber erforderlich, wie
sich bereits aus dem Wort-laut der Vorschrift ("für die andere [X.] bestimmte Urkunde") ergebe. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach es nicht darauf ankomme, in [X.] Besitz eine Vertragsurkunde nach der Unterschrift verbleibe, beziehe sich nur
auf den Fall des §
126 Abs.
2 Satz
1 [X.]. Die mangelnde Schriftform sei auch nicht wirksam nachgeholt worden. Die Kündigungsfrist bestimme sich zwar nach §
580
a Abs.
1 Nr.
3 [X.]. Zugleich sei jedoch die Frist des §
550 Satz 2 [X.] zu berücksichtigen, so dass die Kündigung erst
zum 5.
März 2013 wirksam sei.

10
-
6
-

II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat
das Vertragsverhältnis
nicht
als Pachtver-hältnis, sondern als Mietvertrag eingestuft.
Damit weicht es von der in der ober-gerichtlichen Rechtsprechung verbreiteten, dort aber nicht näher
begründeten Beurteilung vergleichbarer [X.] als Pachtvertrag ab
(vgl.
[X.], 694, 695; [X.] Beschluss vom 4.
November 2014
-
20
W
256/13
-
juris Rn.
11
f.; OLG Saarbrücken NJW
2012, 3731
ff.; OLG [X.] MittBayNot 2008, 320
f.; [X.] CuR
2007, 107, 108; [X.], 1909, 1912; OLG Oldenburg NJW-RR
1998, 644; Vergabekammer [X.] Beschluss vom 14.
August 2007
-
VK
5/07
-
juris
Rn.
20
f.;
offen
gelassen etwa von OLG Oldenburg NJW-RR
2014, 571;
[X.] Urteil vom 30.
März 2011 -
3
U
113/10 -
juris Rn.
29; [X.] Urteil vom 16. September 2009
-
3
U
180/08
-
juris Rn.
16;
OLG Naumburg -
Urteil vom 18.
Dezember 2001
-
11
U
213/01
-
juris
Rn.
11).
Jedenfalls für den vorliegenden Fall dürfte die Rechtsauffassung des Be-rufungsgerichts
zutreffend
sein
(vgl. auch
[X.]/Mohr ZfIR 2009, 8, 10; [X.], 105, 106 f.; [X.]/[X.] WM
2000, 1309 Fn.
2; [X.] 2012, 264, 265; [X.] ZfIR 2015, 635, 639 f.). Ob ein Vertrag, mit dem eine [X.] der anderen ein Grundstück zur Nutzung überlässt, als Miet-
oder Pachtver-trag einzustufen ist, hängt nach §
581 [X.] davon ab, ob dem Nutzer neben dem Gebrauch des Grundstücks auch der Genuss der Früchte

99 [X.]), so-weit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzuse-hen sind, zusteht.
Bei der Überlassung eines Grundstücks zum Zwecke der Errichtung und des Betriebs einer Photovoltaikanlage kommt die Annahme einer [X.] 11
12
13
14
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7
-

im Sinne des §
99 Abs.
2 [X.] oder eines Falls
der mittelbaren Fruchtziehung (§
99 Abs.
3 [X.]) ohnehin
nicht in Betracht. Aber auch §
99 Abs.
1 [X.] greift nicht ein, weil
es sich bei der Elektrizität, die mittels der vom Nutzungsberech-tigten selbst zu errichtenden Photovoltaikanlage gewonnen werden soll, um keine unmittelbare
Sachfrucht
des Grundstücks im Sinne des §
99 Abs.
1 [X.] handelt
(vgl. [X.]/[X.] [Stand: 1.
September 2017] [X.] §
99 Rn.
10.1; [X.]/[X.] [X.] 15.
Aufl. §
99 Rn.
4;
jurisPK-[X.]/[X.] [Stand: 24.
Mai 2017] §
99 Rn.
7; [X.]/[X.] 7.
Aufl. §
99 Rn.
5; [X.]/Ellenberger
[X.] 77. Aufl. §
99 Rn.
2; Soergel/[X.] [X.] 13.
Aufl. §
99 Rn.
9; [X.]/[X.] [X.] [2017]
§
99 Rn.
10; zweifelnd BeckOK
[X.]/[X.] [Stand:
15.
Juni 2017] §
99 Rn.
7). Die Revision erkennt dies letztlich
selbst, wenn sie ausführt, die Elektrizität solle aus der Substanz des auf die überlassene Fläche einstrahlenden Sonnenlichts gewonnen wer-den,
mithin
nicht aus der Substanz des Grundstücks selbst. Soweit sich die [X.] darauf beruft, dass das [X.] die vertragliche Einräumung des Rechts, das in einem Graben fließende Wasser zum Betrieb einer Brettschnei-demühle zu benutzen, als Grundstückspacht eingeordnet hat (vgl. RG SeuffA 83 Nr.
68), betrifft das unabhängig davon, ob dieser rechtlichen Einschätzung beizutreten ist
(vgl. insoweit [X.]/[X.] [X.] [2017] §
99 Rn.
10), eine andere Fallgestaltung.
Die
rechtliche Qualifizierung des "Nutzungsvertrags"
kann jedoch schon deshalb dahinstehen, weil sie Bedeutung nur für den Zeitpunkt einer eventuell durch die Kündigung bewirkten Vertragsbeendigung erlangen kann. Während bei Vorliegen eines Mietvertrags eine am 4.
Oktober 2012 ausgesprochene, auf §
550 [X.] gestützte ordentliche Kündigung zur Vertragsbeendigung mit Ablauf des ersten Jahres nach Überlassung des Grundstücks führen
konnte (nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum 5.
März 2013; §
550 Satz
2 [X.]), wäre sie bei Annahme eines Pachtvertrags und daraus folgender Anwendbar-15
-
8
-

keit der Kündigungsfrist des §
584 Abs.
1 [X.] erst zum Schluss des folgenden Pachtjahres und damit zum 5.
März 2014 wirksam geworden. Der Klageantrag, mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Vertragsverhältnis durch die Kündigung vom 4.
Oktober 2012 nicht beendet wurde, ist aber
nicht davon abhängig, ob die Kündigung im Jahre 2013 oder im Jahre 2014 Wirksamkeit erlangte. Gleiches gilt für das auf Schadensersatz gerichtete Feststellungsbe-gehren.
Zwar wäre dann die Zutrittsverweigerung von März 2013 bis März 2014 unberechtigt erfolgt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Kläger mit der noch in der Planung befindlichen Photovoltaikanlage
in diesem Zeitraum bereits [X.] oder gar Gewinne hätte erzielen können.
2. Rechtsfehlerhaft
ist die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe nicht die
-
nach §§
578 Abs.
1, 581 Abs.
2 [X.] unbeschadet der Einordnung als Miet-
oder Pachtvertrag
erforderliche
-
Schriftform des §
550 Satz
1 [X.]
eingehalten
und sei daher gemäß §
550 Satz
2 [X.] mit Ablauf eines Jahres nach der Überlassung des Grundstücks ordentlich kündbar gewesen. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Fest-stellungen kann ein Schriftformmangel nicht bejaht werden.
Indem die [X.] jeweils gleichlautende Vertragsurkunden unterzeichnet haben, ist die Schriftform des §
550 [X.] vielmehr unabhängig davon gewahrt, ob diese Vertragsurkunden nach Unterzeichnung in den Herrschaftsbereich der jeweils anderen Vertragspartei gelangt sind.
a) Das Berufungsgericht führt allerdings zutreffend aus, dass die [X.] Anforderungen des §
126 Abs.
2 [X.] für das Zustandekommen eines Vertrags, der einer gesetzlich vorgesehenen Schriftform genügen muss, nicht erfüllt wären. Ein Vertrag, für den die gesetzliche [X.] ist, kommt grundsätzlich nur dann rechtswirksam zustande, wenn sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§
145
ff. [X.]) in der Form des § 126 [X.] 16
17
-
9
-

erklärt werden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugehen ([X.] vom 17.
Juni 2015 -
XII
ZR
98/13 -
NJW 2015, 2648 Rn.
30).
Das ist hier nicht der Fall. Eine Urkunde, auf der beide Vertragsparteien im Original unterschrieben haben, existiert nicht, so dass §
126 Abs.
2 Satz
1 [X.] -
der die Unterzeichnung auf derselben Urkunde erfordert -
nicht genügt ist. Die beiden gleichlautenden, von den Vertragsparteien im Original unter-schriebenen Vertragsurkunden sind der jeweils anderen Vertragspartei nicht zugegangen. Vielmehr wurden jeweils nur Telefaxkopien übersandt, was auch für einen
der Schriftform des §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.] entsprechenden Ver-tragsschluss nicht ausreicht
(vgl. [X.] vom 30.
Juli 1997 -
VIII
ZR
244/96 -
NJW 1997, 3169, 3170 mwN).
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht jedoch die Übersendung der beiden unterzeichneten gleichlautenden Vertragsurkunden jeweils (nur) per Telefaxkopie trotz Nichteinhaltung der materiell-rechtlichen Anforderungen des §
126 Abs.
2 [X.] nicht der Wahrung des Schriftformerfor-dernisses
des § 550 Satz 1 [X.] für Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr entgegen.
aa) Die
von §
550 Satz 1 [X.] geforderte Schriftform kann nicht nur ein-gehalten werden, indem die Vertragsparteien dieselbe Urkunde unterzeichnen (§
126 Abs.
2 Satz 1 [X.]). Vielmehr besteht zur Erfüllung des Schriftformerfor-dernisses auch die Möglichkeit des §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.], wonach es [X.], wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede [X.] die für die andere [X.] bestimmte Urkunde [X.] (vgl. Senatsurteile BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn.
34 und vom 18.
Oktober 2000 -
XII
ZR
179/98 -
NJW 2001, 221, 222
f.).

18
19
20
-
10
-

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats reicht die Einhaltung der [X.] Schriftlichkeit der Erklärungen (sog. äußere Form) zur Wahrung der Schrift-form des § 550 [X.] aus. Ein Mietvertrag genügt danach auch dann der Schrift-form des § 550 [X.], wenn er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des §
126 [X.] niedergelegten Vertragsbedingungen nur mündlich oder konkludent abgeschlossen worden ist. Die Auslegung von §
550 [X.] führt unter Berück-sichtigung seines Schutzzwecks und seiner Rechtsfolge zu dem Ergebnis, dass §
550 [X.] über die Einhaltung der äußeren Form hinaus nicht das [X.] des Vertrags
durch die schriftlich abgegebenen Erklärungen voraus-setzt. §
550 [X.] dient in erster Linie dem Informationsbedürfnis des Erwerbers, dem durch die Schriftform die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich von [X.] und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten. Diesen Schutzzweck erfüllt selbst eine nur der äußeren Form ge-nügende Mietvertragsurkunde, in der die von beiden [X.]en unterzeichneten Bedingungen des erst später konkludent abgeschlossenen Vertrags enthalten sind. Eine solche Urkunde informiert den Erwerber über die Bedingungen des Mietvertrags, in die er, wenn der Mietvertrag mit diesem Inhalt zustande [X.] ist und noch besteht, eintritt. Auch die zusätzlich mit der Schriftform des §
550 [X.] verfolgten Zwecke, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden si-cherzustellen und die Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung lang-fristiger Bindungen zu warnen, werden durch die bloße Einhaltung der äußeren Form erfüllt
(Senatsurteile
vom 17.
Juni 2015
-
XII
ZR
98/13 -
NJW 2015, 2648 Rn. 33 mwN
und vom 24.
Februar 2010 -
XII
ZR
120/06 -
NJW 2010, 1518 Rn.
22 ff.).
cc) Mit Blick hierauf ist für die Einhaltung
der Schriftform des §
550 Satz
1 [X.] ausreichend, wenn -
wie im vorliegenden Fall -
die Vertragsparteien gleichlautende Vertragsurkunden unterzeichnen. Eines Zugangs dieser Urkun-den beim jeweiligen Vertragspartner bedarf es hingegen nicht.
21
22
-
11
-

(1) Allerdings verlangt der Wortlaut des §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.], dass das jeweils unterzeichnete (gleichlautende) Vertragsexemplar für die andere Vertragspartei bestimmt sein muss. Der vom Berufungsgericht daraus [X.] Schluss, auch im Rahmen des §
550 Satz
1 [X.] müssten die gleichlauten-den Urkunden in den Besitz des jeweiligen Vertragspartners gelangt sein, ist jedoch nicht zwingend. Denn er lässt unberücksichtigt, dass die Vorschrift des §
126
Abs.
2 [X.] den der Schriftform genügenden Vertragsschluss und mithin die Form empfangsbedürftiger Willenserklärungen regelt. Für einen wirksamen Vertragsschluss im Sinne des §
126 Abs.
2 [X.] ist der Zugang der schriftlich abgegebenen Willenserklärungen beim Erklärungsempfänger erforderlich, so dass durch das Tatbestandsmerkmal "für die andere [X.] bestimmt"
in §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.] die Form der dann auch zugehenden Willenserklärung um-schrieben wird.
(2) Demgegenüber ist es für die Einhaltung der Schriftform des §
550 Satz
1 [X.] ohne Bedeutung, ob die beurkundeten Erklärungen den Vertrags-parteien zugegangen sind, weil es bereits nicht darauf ankommt, ob es durch
sie oder auf andere Weise
zum Vertragsschluss gekommen ist. Da es allein auf die äußere Form
ankommt, ist nur die Existenz der die vertraglichen Regelun-gen dokumentierenden und unterzeichneten Urkunde entscheidend. Im Fall des §
126 Abs.
2 Satz
1 [X.] ist dies eine von allen Vertragsparteien unterschrie-bene Urkunde, während es nach §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.] zwei gleichlautende, aber jeweils nur von einer Vertragspartei im Original unterzeichnete Urkunden sind. Der Zugang dieser Urkunden ist für das Schriftformerfordernis des §
550 Satz
1 [X.] ebenso ohne Belang wie die Frage, wo die Urkunden sich befinden (vgl. Senatsurteil BGHZ 160, 97 = NJW 2004, 2962, 2963) oder ob sie im Zeit-punkt der gerichtlichen Prüfung der Formgemäßheit des [X.] (vgl. Senatsurteil [X.], 301 = NJW 2008, 2178 Rn.
23).
23
24
-
12
-

(3) Anders als die Revisionserwiderung meint, wird der
von §
550 [X.] verfolgte
Schutzzweck
auch durch zwei gleichlautende Vertragsurkunden er-reicht, von denen die eine von der einen und die andere von der anderen [X.] unterzeichnet worden ist, ohne dass diese Urkunden jedoch in den Besitz der jeweils anderen Vertragspartei gelangt sind.
Der mit der Beurkundung in erster Linie beabsichtigte [X.] kann sowohl mittels einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkun-de gewährleistet werden als auch durch zwei gleichlautende Urkunden, die in der Summe die erforderlichen Unterschriften tragen. In beiden Fällen besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass der Erwerber Einsicht in die schriftlich nie-dergelegten vertraglichen Regelungen nimmt, in die er bei Vorliegen eines wirk-samen
Vertrags
eintritt. Zwar mag eine solche Einsichtnahme in der Praxis bei mehreren gleichlautenden, aber jeweils nur von einer Vertragspartei [X.]en Urkunden auf größere Schwierigkeiten stoßen als bei nur einer, von allen Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde. Diese Problematik
ist bereits darin
angelegt, dass der Gesetzgeber zur Wahrung der Schriftform auch den Weg des §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.]
eröffnet hat,
und besteht
im Rahmen des Schriftformerfordernisses nach §
550 Satz
1 [X.] unabhängig davon, ob die einzelnen Urkunden auch der jeweils anderen Vertragspartei zugegangen sind.
Nichts anderes gilt für den mit §
550 [X.] ebenfalls
beabsichtigten Schutz der vertragsschließenden [X.]en selbst. Langfristige Abreden können bei einem Vertragsschluss durch [X.] im Sinne des §
126 Abs.
2 Satz
2 [X.] urkundlich ohnedies nur durch Vorlage aller gleichlautenden Vertragsurkunden belegt werden, so dass der [X.] insoweit [X.] besondere Bedeutung erlangt. Soweit [X.] bestehen, sind diese vor allem dadurch begründet, dass es zweier gleichlautender Urkunden zur Wahrung der Schriftform bedarf, nicht aber durch ein -
wie hier -
Unterbleiben 25
26
27
-
13
-

des [X.]es. Der zudem mit §
550 [X.] bezweckte Übereilungs-schutz ist durch die Verschriftlichung der zu unterzeichnenden vertraglichen Abreden, mit der diese dem die Unterschrift Leistenden nochmals vor Augen geführt werden, hergestellt und vom Zugang der Urkunde bei der anderen [X.] weitgehend unabhängig.
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß §
562 Abs.
1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach §
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO an das [X.] zurückzuverweisen. Dieses wird nun zu klären haben, ob die von der Beklagten geltend gemachten sonstigen Schriftformmängel vorliegen.
Dose
Schilling
Nedden-Boeger

Botur
Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.02.2016 -
1 [X.] 905/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.12.2016 -
23 [X.] -

28

Meta

XII ZR 129/16

07.03.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2018, Az. XII ZR 129/16 (REWIS RS 2018, 12714)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12714

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 129/16

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