Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2015, Az. XII ZR 114/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1824

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 114/14
Verkündet am:

25. November 2015

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 242 Ca, 543, 550 Satz
1, 580 a Abs. 2
a)
Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche und
jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann

dem Formzwang des §
550 Satz
1 BGB unterfal-lende Vertragsänderung dar.
b)
Zur Frage, wann eine Vertragspartei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß §
242 BGB gehindert ist, sich auf einen Schriftformmangel zu berufen.
c)
Zur [X.] von Vereinbarungen zu am Mietobjekt durchzufüh-renden Um-
und Ausbaumaßnahmen.
[X.], Urteil vom 25. November 2015 -
XII ZR 114/14 -
OLG [X.]

LG Hechingen

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
November
2015
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose
und die Richter
Dr.
[X.], Dr.
Günter, Dr.
Botur und [X.]
für Recht erkannt:
Auf die
Revision der Kläger
wird das Urteil des
5.
Zivilsenats
des [X.]s [X.]
vom 22.
September
2014
aufgeho-ben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger begehren die Feststellung, dass sie als Mieter das zwischen den [X.]en bestehende [X.] wirksam durch Kündi-gung zum 31.
Juli 2014 beendet haben.
Die Kläger hatten im Jahre 2001 vom Rechtsvorgänger der beiden [X.]
(im Folgenden: Erblasser) zum Betrieb einer Zahnarztpraxis Räume im Erdgeschoss seines Anwesens angemietet. Zum Zweck der Praxisvergröße-rung schlossen die Kläger mit dem Erblasser
am 2.
Mai 2005 einen neuen schriftlichen
Mietvertrag, der sich neben den Erdgeschossräumen auch auf Räume im ersten Obergeschoss bezog. Es erfolgten Umbaumaßnahmen wie
1
2
-
3
-

ein Deckendurchbruch und der Einbau einer Verbindungstreppe zwischen den beiden Geschossen, deren Kosten die Kläger trugen.
Als Vertragsende war der 30.
April 2020 vereinbart, als monatliche Miete ein Betrag von 1.350

Knapp acht Monate nach dem Vertragsabschluss vereinbarte der Kläger zu
2 mit dem Erblasser mündlich, dass die monatliche Miete ab 1.
Januar 2006 um 20

1.370

rde, und vermerkte dies auf dem [X.] der Kläger. Der Erblasser verstarb und wurde von den beiden Beklagten beerbt.
Mit Schreiben vom 26.
Oktober 2013 kündigten die Kläger das Mietver-hältnis zum 31.
Juli 2014 aus wichtigem Grund, weil die Räume nicht mehr den gestiegenen Anforderungen an den Platzbedarf der Praxis und an die Einhal-tung von [X.] entsprächen. Mit der am 20.
Februar 2014 einge-reichten Klage auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses erklärten die Kläger die ordentliche Kündigung zum 31.
Juli 2014. Die Kläger haben die Praxisräume inzwischen geräumt.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

3
4
5
6
-
4
-

Die Befristung des Mietvertrags sei trotz der geringfügigen Änderung der Miete wirksam und die Voraussetzungen einer außerordentlichen sowie einer ordentlichen Kündigung hätten nicht vorgelegen. Die Schriftform sei zwar nur gewahrt, wenn sich die notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertrags-bedingungen aus einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde ergebe. Dieses Erfordernis beziehe sich auch auf Vertragsänderungen. [X.] seien von der Schriftform aber
solche Abreden, die für den Inhalt des [X.] seien.
Im vorliegenden Fall hätten sich die Vertragsparteien rund acht Monate nach Vertragsabschluss auf eine Mieterhöhung von knapp 2
% verständigt. Es sei umstritten, ob zeitlich nicht beschränkte Abänderungen der Miete stets als wesentlich zu erachten seien oder nur dann, wenn sie eine Wesentlichkeits-grenze von etwa 10
% oder mehr überschritten. Der hier gegebene Erhöhungs-betrag von 20

zu marginal und für einen potenziellen Erwerber nicht nachteilig sei. Anders als bei einer Mietminderung würde es bei dieser Sachlage gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen, wenn sich die Kläger mit dieser Begründung der vertraglichen Bindung für noch sechs Jahre entziehen könnten.
Der Eintritt der Beklagten in das Mietverhältnis sei nicht formbedürftig, weil es sich um einen gesetzlichen Eintritt aufgrund von [X.] handele. Auch dass die Kläger mit Genehmigung des Vermieters die [X.] umgestaltet hätten, habe nicht der Schriftform bedurft. Ein sog. [X.] Baukostenzuschuss sei nicht gegeben, eine Erweiterung der vermieteten Fläche habe nicht stattgefunden.
Schließlich rechtfertige auch der gestiegene
Raumbedarf der Kläger we-der eine ordentliche noch eine außerordentliche Kündigung. Gleiches gelte für 7
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5
-

gegebenenfalls nach Vertragsabschluss verschärfte Hygienevorschriften im Bereich der Zahnheilkunde.
Denn das [X.] trage stets der [X.].

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt
des Berufungs-gerichts, wonach die von §§
578 Abs.
1 und 2, 550
BGB
geforderte Schriftform nur gewahrt
ist, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Eini-gung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die [X.]en des Mietverhält-nisses, aus einer von beiden [X.]en unterzeichneten Urkunde ergibt
(Senats-urteil vom 30.
April 2014

XII
ZR
146/12
NJW 2014, 2102 Rn.
23 [X.]). Von der Schriftform ausgenommen sind lediglich
solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die [X.]en sich geeinigt haben, von nur nebensächli-cher Bedeutung sind (Senatsurteil
vom 22.
April 2015

XII
ZR
55/14
NJW 2015, 2034 Rn.
15 [X.]).
Für Vertragsänderungen gilt nichts anderes als für den [X.]. Sie müssen daher ebenfalls der Schriftform
des §
550
BGB genügen, es sei denn, dass es sich um unwesentliche Änderungen handelt (st. Rspr. des Senats, vgl. etwa Senatsurteile vom 13.
November 2013

XII
ZR
142/12

NJW 2014, 52 Rn.
22 [X.] und vom 30.
Januar 2013

XII
ZR
38/12

NJW 2013, 1083 Rn.
22 [X.]).
2. Richtig hat das Berufungsgericht auch
gesehen, dass der Eintritt der Beklagten als Erben des Vermieters in den Mietvertrag nicht schriftformschäd-lich ist. Denn er hat sich aufgrund der gemäß §§
1922, 1967 BGB erfolgenden 11
12
13
-
6
-

[X.] kraft
Gesetzes vollzogen und beruht nicht auf einer ver-traglichen Abrede, für die allein §
550 BGB gilt
(vgl. [X.] in [X.]/[X.] Miete 4.
Aufl. §
550 BGB Rn.
29; [X.]/[X.] [Stand:
23.
Juni 2015] §
550 Rn.
9; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
550 Rn.
7).
3. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, auch die nachträgliche Vereinbarung einer um 20

oder rund 1,5
%

höheren [X.] könne schon deshalb keine
Verletzung des Schriftformerfordernisses nach
§
550 Satz
1 BGB begründen, weil es sich nicht um eine wesentliche Ver-tragsänderung handele.
Vielmehr ist auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen, dass die Änderung der Miete einen [X.] gegen die Schriftform darstellt
und die Kläger das dann gemäß §
550 Satz
1 BGB für unbestimmte Zeit geschlossene Mietverhältnis wirksam or-dentlich
gekündigt haben.
a) Die Frage, ob eine nachträgliche dauerhafte Änderung der Miete stets und unabhängig von ihrer Höhe wesentlich ist oder es der Überschreitung einer Erheblichkeitsgrenze bedarf, ist umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt. Die wohl überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht dahin,
dass nur unerhebliche [X.] nicht dem Formzwang des §
550 BGB unterfallen, wobei die (regelmäßig in Prozentwerten angegebene) Grenze der Erheblichkeit nicht einheitlich festgelegt wird (vgl. etwa [X.], 572, 575
f.; [X.] OLGR 2008, 225, 227
f.; [X.], 138, 140; BeckOK
BGB/[X.] [Stand: 1.
Mai 2015] §
550 Rn.
20; [X.]/Lützenkirchen BGB 14.
Aufl. §
550 Rn.
17; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] §
550 BGB Rn.
61; [X.]Landwehr in Bub/[X.] Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete 4.
Aufl. Rn.
2508; [X.], 452, 453; [X.] Handbuch der Geschäftsraum-miete 5.
Aufl. Kap.
5 Rn.
104
f.; [X.]/[X.] BGB [2014; Update-14
15
-
7
-

stand: 22.
September 2015] §
550 Rn.
29
a; [X.] Mietrecht aktuell 4.
Aufl. Rn.
I
131; [X.]/[X.] NJW 2007, 3313, 3316).
Demgegenüber wird auch vertreten, eine dauerhafte Änderung der [X.] sei immer vertragswesentlich und daher stets nach §
550 BGB schriftlich zu vereinbaren (vgl. etwa [X.] in [X.]/[X.]
Miete 4.
Aufl. §
550 BGB Rn.
53; FA-MietRWEG/[X.] 5.
Aufl. Kap.
3 Rn.
362; [X.]/[X.]
6.
Aufl. §
550 Rn.
7; [X.]t-Futterer/Lammel Miete 12.
Aufl. §
550 BGB Rn.
41
f.; [X.]/Heintzmann BGB 13.
Aufl. §
550 Rn.
8; [X.] ZMR 2010, 585, 589; wohl auch [X.] NZM 2003, 513, 517).
b) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche und

jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann (vgl. hierzu Senatsurteil [X.]Z 163, 27 = NJW 2005, 1861
f.)

dem Formzwang des §
550 Satz
1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar.
aa) Bei der Miete handelt es sich per se um einen vertragswesentlichen Punkt, der für den von §
550 BGB geschützten potenziellen Grundstückserwer-ber von besonderem Interesse ist. Dies gilt umso mehr, als sich Änderungen unmittelbar auf die Möglichkeit des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs auswirken. So kann sich etwa die Nichtzahlung selbst eines
vergleichsweise geringfügigen
Erhöhungsbetrags
bei einem langfristigen Miet-vertrag nicht nur aufsummieren
und gegebenenfalls zu einem für eine Kündi-gung nach
§
543 Abs. 2 Satz
1 Nr.
3 lit.
b BGB ausreichenden Rückstand füh-ren.
Vielmehr kann der Verzug mit auch nur einem solchen Erhöhungsbetrag im Zusammenspiel mit anderweitigen Zahlungsrückständen des Mieters dazu füh-ren, dass ein wichtiger Grund i.S.d. §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 BGB zu bejahen ist. Mithin kann jede Mietänderung unabhängig von ihrer relativen oder absolu-16
17
18
-
8
-

ten Höhe "das Fass zum Überlaufen bringen"
und auch sonst kündigungsrele-vant
sein.
bb) Außerdem ist es

wie im Übrigen auch die Uneinheitlichkeit der von den Befürwortern einer Erheblichkeitsgrenze genannten Prozentwerte belegt

angesichts der Vielgestaltigkeit von Mietverhältnissen nicht möglich, eine feste Prozentgrenze (und noch viel weniger eine bestimmte Änderungssumme)
fest-zulegen, bis zu der eine Mietänderung nicht wesentlich ist. Daher spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit gegen die Annahme einer solchen [X.]. Letztlich haben es die [X.]en langfristiger Mietverhältnisse ohne weiteres in der Hand, bei der Vereinbarung von [X.] (jedweder Hö-he) der Formvorschrift des §
550 BGB zu genügen.
cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
ist für die Formbedürf-tigkeit nach §
550 Satz
1 BGB ohne Bedeutung, ob die Mietänderung zu einer dem Vermieter und damit auch dem potenziellen Grundstückserwerber günsti-gen Erhöhung oder aber zu einer Ermäßigung geführt hat. Dies folgt schon [X.], dass
die Schriftform nicht nur den Grundstückserwerber, sondern auch die Vertragsparteien schützen soll (st. Rspr. des Senats, vgl. etwa Senatsurteile [X.]Z 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn.
26 und [X.]Z 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn.
16
f.).
Der Formzwang des §
550 Satz
1 BGB greift auch dann ein, wenn eine Vereinbarung keine Verpflichtungen für einen potenziellen Erwerber, sondern ausschließlich Verpflichtungen des Mieters zum Inhalt hat
(Senatsurteil vom 29.
April 2009

XII
ZR
142/07

NJW 2009, 2195 Rn.
30; [X.]/[X.] BGB [2014; Updatestand: 22.
September 2015]
§
550 Rn.
28).
Im Übrigen nützt dem Erwerber eine ihm grundsätzlich günstige Vertragsänderung
nichts, wenn er von ihr mangels Beurkundung keine Kenntnis erlangen kann.

19
20
-
9
-

c) Dass für die mithin gemäß §§
578 Abs.
1 und
2,
550 Satz
1 BGB formbedürftige Vereinbarung zur Mieterhöhung die Schriftform gewahrt ist, lässt sich den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen, so dass revisionsrechtlich von einem Schriftformverstoß auszugehen ist.
Das Landgericht hat
zur Änderungsvereinbarung festgestellt, die Miete sei zum 1.
Januar 2006 erhöht worden. Der Kläger zu
2 habe auf seinem Miet-vertragsformular die ursprüngliche Miete durchgestrichen
und handschriftlich "1370 ab 1.1.06"
darüber geschrieben; dies sei im Einvernehmen mit dem [X.] erfolgt. Mit ihrer Berufung haben die Kläger

wie schon in erster Instanz

geltend gemacht, die Vereinbarung sei telefonisch erfolgt und den Vermerk ha-be der Kläger zu
2 nur zu Erinnerungszwecken aufgebracht.
Das Berufungsge-richt hat dazu, wie es zu der Änderungsvereinbarung und dem Vermerk auf dem Vertragsexemplar gekommen ist, keine Feststellungen getroffen.
Ausgehend vom in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vortrag der Kläger genügt die Vertragsänderung nicht der von §
550 Satz
1
BGB geforder-ten Schriftform der
§§
126, 126
a BGB. Für die Einhaltung der Schriftform einer Urkunde ist zwar ohne Belang, ob die Unterzeichnung der Niederschrift des [X.] zeitlich nachfolgt oder vorangeht. Es bedarf deshalb für die Rechtsgültigkeit einer Änderung des Vertragstextes keiner erneuten Unter-schrift, wenn die Vertragspartner sich über die Änderung einig sind und es ih-rem Willen entspricht, dass die Unterschriften für den veränderten Vertragsin-halt Gültigkeit behalten sollen
(Senatsurteil vom 29.
April 2009

XII
ZR
142/07

NJW 2009, 2195 Rn.
32; vgl. auch [X.] Beschluss vom 27.
Juni 1994

III
ZR
117/93

NJW 1994, 2300, 2301; Urteile vom 24.
Januar 1990

VIII
ZR
296/88 -
NJW-RR 1990, 518, 519 und vom 7.
Februar 1973 -
VIII
ZR
205/71

WM 1973, 386, 387). An einem solchen übereinstimmenden Willen fehlt es aber, wenn lediglich eine [X.] ohne Wissen der anderen auf 21
22
23
-
10
-

einem Vertragsexemplar eine Änderung etwa nur zur Gedächtnisstütze vor-nimmt.
d) Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen sind die Kläger auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß §
242 BGB gehindert, sich auf den Schriftformmangel zu berufen.
aa) Grundsätzlich darf sich jede Vertragspartei darauf berufen, die für ei-nen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten. Nur ausnahms-weise, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrags zu einem schlechthin un-tragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß §
242 BGB rechtsmiss-bräuchlich sein, wenn die [X.] sich darauf beruft, der Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der [X.] abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren [X.] schuldig gemacht hat oder wenn bei [X.] die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre (Senatsurteil vom 30.
April 2014

XII
ZR
146/12

NJW 2014, 2102
Rn.
27 [X.]). Zum Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
bb) Eine Treuwidrigkeit folgt nicht aus dem vom Berufungsgericht erwähnten
Umstand, dass die vereinbarte Vertragslaufzeit noch sechs Jahre beträgt, weil es gerade die langfristige Bindung ist, die von der Einhaltung
der Schriftform abhängt ([X.]Z 99, 54 = NJW 1987, 948, 949). Das Gleiche gilt mit Blick darauf, dass die [X.]en ihren Pflichten aus dem Mietvertrag über einen längeren Zeitraum bis zur
Kündigung durch die Kläger nachgekommen sind.
Daraus lässt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmöglichkeit Ge-brauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht eingehalten 24
25
26
-
11
-

ist
(st.
Rspr. des Senats, vgl. etwa Senatsurteile vom 30.
Januar 2013

XII
ZR
38/12

NJW 2013, 1083 Rn.
26 [X.] und
vom 9.
April 2008

XII
ZR
89/06 -
NJW 2008, 2181 Rn.
28
[X.]).
Es liegt auch keine einseitig die Mieter begünstigende Änderung
vor, bei der es gegen §
242 BGB verstoßen kann, wenn die Mieter aus ihr den weiteren Vorteil ziehen wollen, sich nunmehr ganz von dem ihnen lästig gewordenen Mietvertrag zu lösen
([X.]Z 65, 49 = [X.], 824, 826). Schließlich kann für sich genommen nicht die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigen, dass der Änderungsbetrag vergleichsweise gering ist. Denn die Änderung der Miethöhe ist

wie dargelegt

unabhängig von ihrem Umfang vertragswesent-lich, unterfällt daher §
550 BGB und führt dann, wenn sie nicht der Schriftform genügt, kraft gesetzlicher Anordnung zu einem auf unbestimmte Zeit [X.] Mietverhältnis und damit zur Kündbarkeit.
4. Auf rechtliche Bedenken trifft auch die Auffassung des Berufungsge-richts, eine über den Vertragstext hinausgehende Vereinbarung
zu
den von den Mietern vorgenommenen
und vom Vermieter gestatteten
Umbauarbeiten
unter-falle
nicht dem Schriftformerfordernis des §
550 BGB.
Dies wird von den bislang getroffenen Feststellungen nicht getragen.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen auch Neben-
abreden der Schriftform, wenn sie den Inhalt des Mietverhältnisses gestalten und nach dem Willen der Vertragsparteien wesentliche Bedeutung haben ([X.] vom 22.
Dezember 1999

XII
ZR
339/97

NJW 2000, 1105, 1106). Treffen die Mietvertragsparteien Vereinbarungen zu am Mietobjekt vorzuneh-menden Um-
und Ausbauarbeiten und dazu, wer diese vorzunehmen und
wer die Kosten
zu tragen hat, so liegt die Annahme nicht fern, dass diesen [X.] vertragswesentliche Bedeutung zukommt (vgl. [X.]/[X.]/27
28
29
-
12
-

[X.]/[X.] §
550 BGB Rn.
43;
[X.] in [X.]/[X.]/Stellmann Geschäftsraummiete 3.
Aufl. Kap.
6 Rn.
31
f.). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als das Berufungsgericht festgestellt hat, der Grund des Vertragsabschlusses sei die Vergrößerung der Praxis gewesen.
Von den im schriftlichen Mietvertrag enthaltenen Bestimmungen könnte insoweit allenfalls §
8 Abs.
2 relevant sein, der regelt, dass die weitere Ausstat-tung und das Herrichten der Mieträume dem Mieter nach eigenem Ermessen freistünden.
Mangels näherer Feststellungen zu Zeitpunkt und Inhalt der ge-troffenen Vereinbarungen, zu Zeitpunkt und
Umfang der Um-
und Ausbauarbei-ten und zur Bedeutung, die die Vertragsparteien diesem Punkt beigemessen haben, ist weder eine abschließende Beurteilung der [X.] noch der Frage möglich, ob mit dieser Vertragsbestimmung die Schriftform gewahrt ist.
b) Mit der vom Berufungsgericht gewählten Begründung lässt sich eine [X.] der Vereinbarungen jedenfalls nicht verneinen.
Eine ver-tragswesentliche [X.] zu Um-
und Ausbauarbeiten kann nicht nur bei einer Flächenvergrößerung oder bei einem verlorenen Baukostenzuschuss [X.]. Im Übrigen setzt ein verlorener Baukostenzuschuss entgegen der An-nahme des Berufungsgerichts
nicht zwingend eine Zuschusszahlung des [X.]s voraus, sondern kann auch etwa in Bauleistungen auf Kosten des Mieters bestehen (vgl. [X.] Urteil vom 22.
Mai 1967

VIII
ZR
25/65

NJW 1967, 2255, 2256; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]
Gewerberaummiete §
547 BGB Rn.
6; [X.]t-Futterer/Streyl Mietrecht 12.
Aufl. §
547 Rn.
13).
c) Einer
eventuellen
[X.] der Abreden zu den [X.] steht im Übrigen nicht entgegen, dass die Maßnahmen gegebenenfalls 30
31
32
-
13
-

im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durchge-führt werden sollten. Auch dann stünde nicht ohne weiteres fest, dass diese Abreden einen potenziellen Grundstückserwerber keinesfalls beträfen
oder je-denfalls keine längere Gültigkeitsdauer als ein Jahr hätten
(vgl. dazu Senatsur-teil [X.]Z 163, 27 = NJW 2005, 1861, 1862; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] §
550 BGB Rn.
46; [X.]/[X.] BGB [2014; Updatestand: 22.
September 2015]
§
550 Rn.
25
f.). Die Pflicht des Mieters zur Vornahme einschließlich Kostentragung kann sich [X.] ohne weiteres noch nach der Jahresfrist des §
550 Satz
2 BGB auswirken wie die Pflicht des Vermieters zur Duldung. Vor allem kann ein
verlorener
Bau-kostenzuschuss auch nach Jahren noch dazu führen, dass
bei vorzeitiger [X.]

etwa aufgrund außerordentlicher Kündigung des Vermie-ters

wegen des noch nicht "abgewohnten"
Teils ein Bereicherungsanspruch des Mieters besteht
(vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Ge-werberaummiete §
547 BGB Rn.
6; [X.]t-Futterer/Streyl Mietrecht 12.
Aufl. §
547 Rn.
15
ff.).
Der Schutz des potenziellen Grundstückserwerbers
gebietet daher
auch in einem solchen Fall, dessen Information durch die Schriftform si-cherzustellen.
5. [X.] nicht zu beanstanden ist hingegen, dass das [X.] das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes i.S.d. §
543 BGB verneint hat. Wie es zutreffend ausführt, liegt das [X.] für die Mieträume bei den Klägern als den Mietern
(st. Rspr. des Senats, vgl. etwa Senatsurteile vom 13.
Juli 2011

XII
ZR
189/09

NJW 2011, 3153 Rn.
9 [X.] und vom 17.
März 2010

XII
ZR
108/08

NZM 2010, 364 Rn.
17 [X.]). Dass sich im Laufe der Jahre ein erhöhter Platzbedarf für die Praxis ergeben hat, kann ebenso wenig eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen wie der von den Klägern angeführte Umstand, infolge neuer Hygienerichtlinien sei die Auf-lage zu erwarten, dass das Labor geschlossen werden müsste. Unabhängig 33
-
14
-

davon, dass ein entsprechendes behördliches Eingreifen bislang nicht erfolgt ist
und ein Mangel der Mietsache damit nicht vorliegt (vgl. Senatsurteil vom 20.
November 2013

XII
ZR
77/12

NZM 2014, 165 Rn.
20), hat das [X.]

von der Revision unangegriffen

im Einzelnen ausgeführt, dass allenfalls ein Teilbereich der Labortätigkeit betroffen sein kann.
6. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil diese noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Nach Zurückverweisung wird das Berufungsgericht insbesondere Feststellungen dazu zu treffen haben, wie es zur Vereinbarung der Mieterhöhung und der Ergänzung des [X.] der Kläger gekommen ist. Gegebenenfalls sind

nach ergänzendem Vortrag der [X.]en hierzu

dann auch Feststellungen zu den Vereinbarungen betref-fend die Umbaumaßnahmen erforderlich.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass

einen Schriftformverstoß unterstellt

das Mietverhältnis erst mit Ablauf des 30.
Sep-tember 2014 beendet worden sein kann. Denn die Kündigungsfrist bestimmt sich nach §
580
a Abs.
2 BGB. Sofern die außerordentliche Kündigung vom 26.
Oktober 2013, die sich ausschließlich mit der Nichterfüllung der gestiegenen Anforderungen befasste, in eine ordentliche Kündigung umzudeuten ist (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 24.
Juli 2013

XII
ZR
104/12

NJW 2013, 3361 Rn.
17
f. [X.]), wäre die ordentliche Kündigung mithin spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahrs zum Ablauf des nächsten [X.] und daher frühestens
zum Ablauf des 30.
Juni 2014 zulässig gewesen. Die Kläger haben aber nicht zu diesem Termin, sondern zum 31.
Juli 2014, also einem weder gesetzlich noch vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt, gekündigt (vgl. nur [X.]/Weidenkaff BGB 74.
Aufl. §
580
a Rn.
15; [X.]t-Futterer/[X.] Mietrecht 12.
Aufl. §
580
a Rn.
15), so dass ihre Kündigung erst mit dem nächstfolgenden Ende eines Kalendervierteljahrs, hier dem 30.
September 34
35
-
15
-

2014, Wirksamkeit entfalten konnte
(vgl. dazu Senatsbeschluss vom 25.
Okto-ber 1995

XII
ZR
245/94

NJW-RR 1996, 144). [X.] eine Umdeutung hin-gegen aus, hätte die mit der Klageerhebung im Februar 2014 erfolgte ordentli-che Kündigung ohnedies zu einer Beendigung des Mietverhältnisses frühestens mit Ablauf des 30.
September 2014 führen können.

Dose

[X.]

Günter

Botur

[X.]
Vorinstanzen:
LG Hechingen, Entscheidung vom 15.04.2014 -
2 O 33/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.09.2014 -
5 [X.] -

Meta

XII ZR 114/14

25.11.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2015, Az. XII ZR 114/14 (REWIS RS 2015, 1824)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1824

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 U 23/18 (Oberlandesgericht Rostock)


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