Bundessozialgericht, Urteil vom 05.06.2014, Az. B 4 AS 49/13 R

4. Senat | REWIS RS 2014, 5008

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Zufluss von Erwerbseinkommen und Kindergeld - Absetzung des Grundfreibetrages bei Erwerbstätigkeit gem § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 nur vom Erwerbseinkommen - Sperrwirkung - keine Absetzung des Restfreibetrages oder der Versicherungspauschale vom Kindergeld)


Leitsatz

Bei der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II kann der nicht verbrauchte Teil der nur vom Erwerbseinkommen abzugsfähigen Erwerbstätigenpauschale nicht auf eine andere Einkommensart (hier Kindergeld) übertragen werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 21. Juni 2013 und des [X.] vom 23. April 2012 aufgehoben sowie die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten für den Rechtsstreit zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung der Bewilligung von [X.] für die Monate Oktober und November 2008 sowie einer Erstattungsforderung des Beklagten von insgesamt 60 Euro.

2

Die 1989 geborene Klägerin - Schülerin an einem Gymnasium - lebte in den streitbefangenen Monaten mit ihrer Mutter in einer Bedarfsgemeinschaft. Ihre Mutter erhielt für sie Kindergeld in Höhe von 154 Euro monatlich. Ab September 2008 war die Klägerin als Übungsleiterin in einem Sportverein tätig, wofür sie in den Monaten Oktober und November 2008 ein monatliches "Honorar" in Höhe von 80 Euro erhielt. Durch Bescheid vom 12.8.2008 bewilligte der Beklagte ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.9.2008 bis [X.] in Höhe von 542,61 Euro monatlich. Darin enthalten waren kopfteilige Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 385,61 Euro. Von der Regelleistung in Höhe von 281 Euro setzte der Beklagte 124 Euro als zu berücksichtigendes Einkommen ab (154 Euro Kindergeld abzüglich der [X.] von 30 Euro). Nachdem die Klägerin einen "Übungsleitervertrag" übersandt hatte, änderte der Beklagte den zuvor benannten Bescheid für die Monate Oktober und November 2008 wegen der Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit und forderte insgesamt 60 Euro von der erbrachten Regelleistung zurück (Bescheid vom 20.11.2008). Mit ihrem Widerspruch hiergegen blieb die Klägerin erfolglos (Widerspruchsbescheid vom [X.]). Zur Begründung führte der Beklagte aus, von dem Einkommen aus Kindergeld und Erwerbstätigkeit seien die [X.] und ein Freibetrag von 50 Euro in Abzug zu bringen. Das berücksichtigungsfähige Einkommen steige damit monatlich von 124 Euro auf 154 Euro. Während des Widerspruchsverfahrens änderte der Beklagte den Bescheid vom 12.8.2008 wegen einer Betriebskostengutschrift in Höhe von 124,22 Euro nochmals (Bescheid vom [X.]). Diese berücksichtigte er als Einkommen bei der Berechnung der Kosten für Unterkunft und begehrte in dieser Höhe die Erstattung der erbrachten Leistungen.

3

Das [X.] hat den Bescheid des Beklagten vom 20.11.2008 insoweit aufgehoben, als dieser mehr als 134 Euro monatlich als Einkommen bei der Berechnung des [X.] berücksichtigt und eine Erstattung von Leistungen von mehr als insgesamt 20 Euro gefordert hatte. Es ist dabei von einem monatlichen Gesamteinkommen der Klägerin von 234 Euro ausgegangen und hat von diesem 100 Euro pauschal abgesetzt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das [X.] hat die auf die Beschwerde des Beklagten zugelassene Berufung durch Urteil vom [X.] zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Bescheid wegen der Berücksichtigung der Betriebskostenerstattung nicht nach § 86 [X.]G Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei, denn dieses Guthaben sei von den Leistungen für Unterkunft und Heizung abzusetzen. Das Einkommen aus Kindergeld und Übungsleitertätigkeit mindere hingegen die Regelleistung. Wenn es auch im Ergebnis dem [X.] folge, so habe dieses jedoch unzutreffend ein Gesamteinkommen gebildet und den pauschalen Abzug von diesem vorgenommen. Die Pauschale von 100 Euro nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II idF des [X.] vom 14.8.2005 ([X.] 2407, mit Wirkung vom 1.10.2005; im Weiteren aF) sei lediglich vom Erwerbseinkommen abzusetzen, sodass das Einkommen aus Übungsleitertätigkeit in Höhe von 80 Euro monatlich keine Berücksichtigung bei der [X.] finde. Gleichzeitig entwickele der pauschalierte Absetzbetrag jedoch bei Einkommen, das nicht aus Erwerbstätigkeit stamme, eine relative Sperrwirkung in dem Sinne, dass von diesem zwar die [X.] vor der Berücksichtigung in Abzug gebracht werden könne, nicht jedoch über den Gesamtbetrag von 100 Euro hinaus. Denn die Pauschale des § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF umfasse auch die Versicherungsbeiträge. Diese dürften nicht nur, weil zwei Einkommensarten zusammenträfen, doppelt abgesetzt werden. Daher seien von dem Kindergeld nur 20 Euro (100 Euro pauschaler [X.] 80 Euro Erwerbseinkommen = verbleibender Freibetrag von 20 Euro) abzugsfähig. Hieraus folge sodann ein zu berücksichtigendes Einkommen von 134 Euro monatlich (keine Berücksichtigung des Erwerbseinkommens und 154 Euro Kindergeld minus 20 Euro Freibetrag = 134 Euro).

4

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF geltend. Bei dem Freibetrag nach dieser Vorschrift handele es sich um eine Pauschale, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, ein bestimmter, in diese eingeflossener Betrag stünde durch den nicht vollständigen Verbrauch der Pauschale noch zum anderweitigen Abzug zur Verfügung. Umgekehrt könne bei einem Einkommen bis 400 Euro auch kein höherer Betrag als der Pauschbetrag abgesetzt werden. Mit der Vorgehensweise des [X.] sei ein Schutz der Gewinnerwartung des Leistungsberechtigten verknüpft, der jedoch nur für Einkommen aus Erwerbstätigkeit vorgesehen sei. Unter Beachtung der Fachlichen Hinweise der [X.] zu §§ 11, 11a, 11b [X.]B II (Stand [X.], RdNr 11.168) könnten zwar auch vom Einkommen, das nicht aus Erwerbstätigkeit stamme, weitergehende Absetzungen vorgenommen werden, wenn das Einkommen aus Erwerbstätigkeit hinter der Pauschale [X.]. Dann müssten die konkreten Absetzbeträge jedoch zusammengenommen das Erwerbseinkommen übersteigen. Das sei hier nicht der Fall, denn durch [X.] (30 Euro), Werbungskostenpauschale (15,33 Euro) und Fahrtkosten (8 Einzelfahrten á 2 Euro = 16 Euro) in Höhe von insgesamt 61,33 Euro werde das erzielte Erwerbseinkommen von 80 Euro unterschritten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom [X.] und des [X.] vom [X.] aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Ausführungen des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet.

9

Die Aufhebung der Bewilligung von [X.] für die Monate Oktober und November 2008 durch den Bescheid des Beklagten vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] in Höhe von 30 Euro monatlich und die Forderung eines Erstattungsbetrags von insgesamt 60 Euro ist rechtmäßig. Die Klägerin hat mit der Aufnahme der Tätigkeit als Übungsleiterin Einkommen erzielt, das zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne der Minderung ihres Bedarfs geführt hat. Sie hatte in den streitigen Monaten nur noch Anspruch auf eine um 30 Euro niedrigere monatliche Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts als von dem Beklagten durch Bescheid vom 12.8.2008 festgestellt.

1. Streitgegenstand ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung der Regelleistung aus dem Bescheid vom 12.8.2008 für die Monate Oktober und November 2008 in Höhe von 30 Euro monatlich sowie die Erstattungsforderung des Beklagten gegen die Klägerin in Höhe von insgesamt 60 Euro aufgrund des Bescheides vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.].

Nicht streitbefangen ist die Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen eines [X.]s und die Forderung eines Erstattungsbetrags von 124,22 Euro durch den Bescheid vom [X.]. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bescheid vom [X.] nach § 86 [X.]G Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist. Der Höhe nach ist die Prüfung im Revisionsverfahren darauf begrenzt, ob der Beklagte berechtigt war, die Regelleistung teilweise aufzuheben. Bereits die Klägerin hat den Streitgegenstand durch ihre Klage zum [X.] zulässig auf die teilweise Aufhebung und Erstattung der Regelleistung beschränkt und nur der Beklagte ist in die Revision gegangen.

An der Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung des Rechtsmittels hat sich mit der Neufassung des § 19 Abs 1 [X.]B II durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] ([X.]) zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert (vgl B[X.] Urteil vom 13.4.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.] 11; s nun auch zur neuen Rechtslage B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dies gilt auch für den Fall, dass der Leistungsberechtigte sich gegen eine Aufhebung der ihm bewilligten Leistung wendet, wenn die Aufhebung allein der Regelleistung zuzuordnen ist (vgl für den Fall der Aufhebung der Leistungen für Unterkunft und Heizung: B[X.] vom 16.5.2012 - B 4 [X.]32/11 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.] 14). Dies ist hier der Fall, denn die vom Beklagten im Bescheid vom 20.11.2008 verfügte Aufhebung der Leistungsgewährung in Höhe von 30 Euro monatlich wegen zugeflossenen Einkommens mindert nach § 19 S 2 und 3 [X.]B II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706 mit Wirkung vom 1.8.2006; im Weiteren aF) die Geldleistungen der [X.], also die Regelleistung. Erst soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen wäre, minderte dieses die Geldleistungen der kommunalen Träger - im Wesentlichen die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die hier vom Beklagten vorgenommene Minderung des monatlichen [X.] der Klägerin um 30 Euro überschreitet die von der Arbeitsagentur zu gewährende Regelleistung jedoch nicht. Die Klägerin hatte nach dem Bescheid vom 12.8.2008 Anspruch auf eine Regelleistung von 157 Euro. Das [X.] hingegen mindert nach § 22 Abs 1 [X.] [X.]B II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706 mit Wirkung vom 1.8.2006) als Rückzahlung, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen ist, lediglich die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen für die Unterkunft (vgl B[X.] vom [X.] - B 4 [X.]/11 R - B[X.]E 110, 294 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 55).

2. Die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] beurteilt sich nach § 40 [X.]B II iVm § 48 Abs 1 S 1 [X.]B X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 12.8.2008, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 S 2 [X.] 3 [X.]B X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Wegen § 40 Abs 1 S 2 [X.] 1 [X.]B II iVm § 330 Abs 3 S 1 [X.]B III ist diese Rechtsfolge zwingend.

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch das von der Klägerin erzielte Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gegenüber denen, die der [X.] vom 12.8.2008 zugrunde lagen, eingetreten ist. Es führt zu einer Minderung des zu beanspruchenden [X.]. Zwar ist dieses "Honorar" selbst nicht als Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 [X.]B II idF des [X.] vom 5.12.2006 ([X.] 2748; im Weiteren aF) bei der Berechnung der Regelleistung zu berücksichtigen (hierzu unter a). Das von der Mutter bezogene Kindergeld - hier Einkommen der Klägerin - ist jedoch nunmehr in voller Höhe der Berechnung der Leistungen zugrunde zu legen (§ 11 Abs 1 S 3 [X.]B II in der vorgenannten Fassung; im Weiteren aF). Von dem Kindergeld ist kein Pauschbetrag von 30 Euro mehr abzusetzen und damit ein um 30 Euro höheres Einkommen bei der Berechnung der Regelleistung zu berücksichtigen (b).

a) Nach § 11 Abs 1 S 1 [X.]B II aF sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des [X.] vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem [X.]. Das von der Klägerin erzielte Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit unterfällt keiner der in § 11 Abs 1 S 1 [X.]B II aF benannten Ausnahmen. Gleichwohl mindert es die Regelleistung nicht.

Zwar ist grundsätzlich zunächst zu prüfen, ob es sich bei diesem Einkommen um solches aus abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit handelt (vgl hierzu Entscheidung des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 31/13 R; s auch B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2600 § 2 [X.] 1 zum selbstständigen Aerobic-Trainer als sozialversicherungspflichtiger Lehrer). Denn die Schritte zur Bestimmung der Höhe der Berücksichtigungsfähigkeit des Einkommens sind bei diesen beiden Einkommensarten unterschiedlich. Bei Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit ist zunächst unter Beachtung von § 13 Abs 1 [X.] 1 [X.]B II idF des 7. Gesetzes zur Änderung des [X.]B III und anderer Gesetze vom [X.] ([X.] 681 mit Wirkung vom 1.1.2008; im Weiteren aF) iVm § 3 Abs 1 [X.]-V idF durch Art 1 [X.] 1 Buchst a D Buchst bb und [X.] der [X.] zur Änderung der [X.]-V vom 18.12.2008 ([X.] 2780, mit Wirkung vom 1.1.2008; im Weiteren aF) von den Betriebseinnahmen auszugehen, von denen nach § 3 Abs 2 S 1 [X.]-V aF die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs 2 [X.]B II aF abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen sind. Danach sind dann die Beträge, die sich aus § 11 Abs 2 bis 4 [X.]B II aF und ggf § 30 [X.]B II idF des [X.] vom 14.8.2005 ([X.] 2407 mit Wirkung vom 1.10.2005; im Weiteren aF) ergeben, abzuziehen (vgl B[X.] vom 5.6.2014 - B 4 AS 31/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; im [X.] an: B[X.] vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/13 R - [X.] 4-3200 § 11 [X.] 64 Rd[X.] 26). Bei Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ist nach § 13 Abs 1 [X.] 1 [X.]B II aF iVm § 2 Abs 1 [X.]-V aF von den Bruttoeinnahmen auszugehen, die vor der Berücksichtigung bei der Leistungsberechnung um die Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 S 1 bis 4 [X.]B II aF sowie ggf den [X.] nach § 30 [X.]B II zu bereinigen sind. Eine Klärung, ob es sich um Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit oder abhängiger Beschäftigung handelt, konnte hier jedoch unterbleiben. In beiden Fällen ist, wenn es sich um Einkommen von unter 400 Euro handelt, ein Pauschbetrag von 100 Euro in Abzug zu bringen (s hierzu bei selbstständigem Erwerbseinkommen: B[X.] vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/13 R - [X.] 4-3200 § 11 [X.] 64 Rd[X.] 41). Unterschreitet das erzielte Einkommen, sei es aus selbstständiger Tätigkeit ohne Abzug der Betriebsausgaben, sei es das Bruttoeinkommen aus abhängiger Beschäftigung, diesen Pauschbetrag, bleibt es in jedem Fall bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Einkommen nach § 11 [X.]B II außer Betracht. So liegt der Fall hier.

Nach den Feststellungen des L[X.] hat die Klägerin für ihre Tätigkeit als Übungsleiterin in den Monaten Oktober und November 2008 je 80 Euro erzielt. Dieses Einkommen, das den pauschalen Absetzbetrag nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF unterschreitet, ist daher von vornherein und unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung nicht bei der Bemessung des Bedarfs zur Existenzsicherung zu berücksichtigen. Daher und weil streitiger Zeitraum nur die Monate Oktober und November 2008 sind, bedurfte es keiner Ausführungen dazu, ob es sich bei dem "Honorar" um solches aus ehrenamtlicher Tätigkeit handelt, das durch den am 1.4.2011 in [X.] getretenen § 11b Abs 2 S 3 [X.]B II besonders privilegiert wird (idF des [X.]/[X.]B II/[X.]B XII-ÄndG vom 24.3.2011, [X.]).

b) Das von der Mutter der Klägerin für diese bezogene Kindergeld mindert hingegen als Einkommen den durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu deckenden Bedarf der Klägerin. Nach § 11 Abs 1 S 3 [X.]B II aF ist das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Die Rechtsprechung des B[X.] hat diese vom EStG abweichende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes in ständiger Rechtsprechung für gerechtfertigt angesehen, da das Kindergeld vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden soll und auch nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 S 3 [X.]B II teilnimmt (s im Einzelnen B[X.] Urteil vom 18.6.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 4 Rd[X.] 34 sowie B[X.] vom [X.] AS 39/08 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 23 Rd[X.] 17). Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin und der Vorinstanzen führt das Hinzutreten des weiteren Einkommens in Gestalt des Entgelts für die Übungsleitertätigkeit hier dazu, dass das Kindergeld - anders als im Bescheid vom 12.8.2008 erfolgt - nunmehr in voller Höhe, also mit 154 Euro, bei der Berechnung des [X.] zu berücksichtigen ist. Es sind keine Absetzungen vom Kindergeld mehr vorzunehmen.

Zwar ist nach § 13 [X.]B II aF iVm § 6 Abs 1 [X.] 1 [X.]-V idF der [X.]-V vom 17.12.2007 ([X.] 2942, mit Wirkung vom 1.1.2008; im Weiteren aF) als Pauschbetrag vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ein Betrag in Höhe von 30 Euro für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.]B II, die dem Grunde und der Höhe nach angemessen sind, abzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn keine tatsächlichen Aufwendungen für private Versicherungen iS des § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.]B II aF geltend gemacht werden (B[X.] vom 18.6.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 4 Rd[X.] 42; B[X.] vom [X.] AS 39/08 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 23 Rd[X.] 20). Die [X.] steht ebenso wenig in Abhängigkeit zu der Einkommensart und ist daher auch vom Kindergeld zumindest eines volljährigen Kindes in Abzug zu bringen (vgl B[X.] vom [X.] AS 39/08 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 23 Rd[X.] 20 zum minderjährigen Kind in und außerhalb der Bedarfsgemeinschaft; s auch B[X.] vom 18.6.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 4 Rd[X.] 34 zur Rechtslage bis zum 30.6.2006; s auch B[X.] vom 19.9.2008 - [X.] AS 56/07 R - Rd[X.] 14). Hier liegt der Fall jedoch anders.

Absetzungen vom Einkommen sind nur vorzunehmen, soweit die abzugsfähige Belastung nicht bereits (vorab) in voller Höhe oder anteilig abgesetzt worden ist (vgl B[X.] vom 27.9.2011 - B 4 [X.]80/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 40 Rd[X.] 33). Dies bedeutet, dass bei dem Zusammentreffen verschiedener Einkommensarten die [X.] grundsätzlich insgesamt [X.] in Abzug gebracht werden kann und nicht mehrfach, also von jedem zugeflossenen Einkommen. Die [X.] ist hier bereits mit dem pauschalen Abzug vom Einkommen der Klägerin aus der Übungsleitertätigkeit abgesetzt worden. § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF sieht insoweit vor, dass bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, an Stelle der Beträge nach S 1 [X.] 3 (Beiträge für private Versicherungen) bis [X.] 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen ist.

Dies führt im vorliegenden Fall zwar dazu, dass die Klägerin die abzugsfähige Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF nicht in vollem Umfang "ausnutzen" kann. Es verbleibt ein Differenzbetrag von 20 Euro zwischen dem nicht zu berücksichtigenden Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit in Höhe von 80 Euro und dem pauschalen Absetzbetrag von 100 Euro. Hieraus folgt jedoch nicht - anders als es das L[X.] angenommen hat -, dass dieser Differenzbetrag auf das Kindergeld zu übertragen ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF, der Gesetzesbegründung, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck des pauschalierten Abzugs.

§ 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF sieht vor, dass die Pauschale aus den Absetzbeträgen nach § 11 Abs 1 [X.] 3 bis 5 [X.]B II aF - Versicherungsbeiträge, geförderte Altersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundene Ausgaben - erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, zu [X.] kommen soll. Nach dem Wortlaut ist die Pauschale mithin nur vom Erwerbseinkommen abzusetzen (vgl B[X.] vom 30.9.2008 - B 4 [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 16 Rd[X.] 33; s auch [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, § 11 Rd[X.] 547, Stand: VI/2010; [X.] in LPK-[X.]B II, 5. Aufl 2013, § 11b Rd[X.] 29; so wohl auch [X.] in [X.], [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 11b Rd[X.] 15; Striebinger in Gagel [X.]B II/[X.]B III, § 11b Rd[X.], Stand: III/2013), nicht jedoch von anderen Einkommensarten, also auch nicht dem Kindergeld.

Eine Verteilung eines verbleibenden Restes der Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF auf andere Einkommensarten würde auch der in der Gesetzesbegründung benannten Zielsetzung dieser Pauschale zuwiderlaufen. Es war intendiert, mit ihr Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen (BT-Drucks 15/5446, [X.]). Denn mit der Einführung der Pauschale war eine Anhebung des Freibetrags verbunden worden - nunmehr sollte Erwerbseinkommen bis zu 100 Euro ohne Prüfung der konkreten mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwendungen von der Berücksichtigung bei der Berechnung des [X.] freigestellt werden. Es sollte jedoch keine allgemeine Erhöhung der Absetzbeträge unabhängig von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die Möglichkeit der Verteilung des nicht verbrauchten Rests der Pauschale auf andere Einkommensarten erfolgen.

Auch spricht bereits die Pauschalierung nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF selbst gegen eine Übertragbarkeit des Restes auf eine andere Einkommensart als Erwerbseinkommen. Eine Pauschale ist ein Geldbetrag, durch den eine Leistung, die sich aus verschiedenen Einzelposten zusammensetzt, ohne Spezifizierung nach ihrem Durchschnittswert abgegolten wird. Bei einer Pauschale ist es demnach nicht möglich zu bestimmen, welcher Teil dieser Pauschale bereits durch das sie unterschreitende Einkommen verbraucht worden ist, also auch nicht, dass die pauschalierten Versicherungsbeiträge noch nicht berücksichtigt worden sind. Sinn einer Pauschale ist es gerade, ohne Berechnung im Detail und konkreten Fall eine vereinfachende Berücksichtigung vornehmen zu können (BT-Drucks 15/5446, [X.]). Wenn jedoch nicht bestimmbar ist, welcher Teil der Pauschale "offen" und welcher "verbraucht" ist, so ist eine Übertragung eines Restes auf eine andere Einkommensart zumindest dann nicht möglich, wenn Absetzungen, die ebenfalls Bestandteil der Pauschale sind, für diese von ihrer Art her gesetzlich gerade nicht vorgesehen sind. So verhält es sich beim Kindergeld im Verhältnis zum Pauschalabzug nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF.

Die neben den Versicherungsbeiträgen in der Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF vorgesehenen Absetzungen von Beiträgen zur geförderten Altersvorsorge (§ 11 Abs 2 S 1 [X.] 4 [X.]B II aF) und von Ausgaben, die mit der Erzielung des Einkommens verbunden sind (§ 11 Abs 2 S 1 [X.] 5 [X.]B II aF), können nicht von dem Kindergeld vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des [X.] in Abzug gebracht werden. Die Übertragung des nicht verbrauchten Restes der Pauschale würde dies jedoch bewirken. Soweit der Differenzbetrag zwischen erzieltem Einkommen und Pauschale wie im konkreten Fall 20 Euro beträgt, wird dies zwar nicht auf den ersten Blick erkennbar, jedoch umso deutlicher, wenn das Erwerbseinkommen unter 70 Euro liegt. Dann würden bei Übertragung des nicht verbrauchten Restes der Pauschale nicht nur die Pauschale für Versicherungsbeiträge zum Freibetrag bei anderen Einkommensarten, sondern auch Altersvorsorgebeiträge oder mit der Erzielung des Einkommens verbundene Ausgaben, ohne dass diese grundsätzlich der Einkommensart "Kindergeld" zugeordnet werden können. Dieses Ergebnis ändert nichts daran, dass bei einer anderen Einkommensart ggf Absetzungen nach § 11 Abs 2 S 1 [X.] 5 [X.]B II aF neben der nicht verbrauchten Pauschale nach § 11 Abs 2 S 2 [X.]B II aF vorgenommen werden können, soweit sie mit dieser Einkommensart konkret verbunden und nicht durch die Pauschale bereits verbraucht sind (vgl B[X.] vom 27.9.2011 - B 4 [X.]80/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 40 Rd[X.] 33).

3. Der Beklagte war auch berechtigt, gemäß § 50 Abs 1 S 1 [X.]B X von der Klägerin die Erstattung des überzahlten Betrags von 2 x 30 Euro zu verlangen.

4. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 4 AS 49/13 R

05.06.2014

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 23. April 2012, Az: S 6 AS 1546/09, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 1 S 3 SGB 2 vom 05.12.2006, § 11 Abs 2 S 2 SGB 2, § 11 Abs 2 S 3 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB 2, § 6 Abs 1 Nr 1 AlgIIV 2008 vom 17.12.2007, § 3 AlgIIV 2008

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.06.2014, Az. B 4 AS 49/13 R (REWIS RS 2014, 5008)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5008

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 14 AS 1/14 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung und -berechnung - Zufluss von Erwerbseinkommen und Arbeitslosengeld - Absetzung …


B 14 AS 44/18 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche - Bildung eines Durchschnittseinkommens


B 4 AS 29/14 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Einkommensteuererstattung - Absetzung des Grundfreibetrages und Freibetrages bei Erwerbstätigkeit …


B 14 AS 53/12 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - keine Absetzbarkeit von Unterhaltszahlungen auf Unterhaltsschulden


B 7/14 AS 75/20 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Trinkgelder - freiwillige Zuwendungen Dritter - Abgrenzung zum Erwerbseinkommen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.