Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.03.2022, Az. II R 24/20

2. Senat | REWIS RS 2022, 4396

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Gegenstand

Anteilsvereinigung bei einer grundbesitzenden GmbH


Leitsatz

1. NV: Verpflichtet sich ein Gesellschafter zur Abtretung eines Geschäftsanteils, verwirklicht erst ein gesellschaftsrechtlich formwirksames Rechtsgeschäft den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. Ein formloser Gesellschafterbeschluss reicht nicht aus.

2. NV: Die Anrechnung der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 6 Satz 2 GrEStG ist nicht Bestandteil der gesonderten Feststellung gemäß § 17 Abs. 3 GrEStG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 09.07.2020 - 6 K 931/18 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]ie Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH. An ihrem Stammkapital waren die Gesellschafter [X.], [X.] und [X.] zu gleichen Teilen beteiligt. Mit ([X.]) Gesellschafterbeschluss vom 30.05.2013 vereinbarten die Gesellschafter, das Stammkapital der Klägerin zu erhöhen. [X.]ie Erhöhung sollte durch Einbringung der Geschäftsanteile an einer weiteren GmbH, der [X.], erfolgen. [X.]ie Geschäftsführung der Klägerin wurde zugleich angewiesen, die notarielle Umsetzung vorzubereiten.

2

Von den vier Geschäftsanteilen an der [X.] hielten die Klägerin und [X.] jeweils einen Geschäftsanteil. Unstreitig hielt [X.] zudem einen Geschäftsanteil treuhänderisch für [X.], hingegen ist zwischen den [X.]eteiligten umstritten, ob [X.] auch den Geschäftsanteil des [X.] treuhänderisch für diesen gehalten hatte.

3

[X.]urch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 03.07.2013 erwarb die [X.] Grundbesitz, der außerhalb des [X.]ezirks ihres Geschäftsleitungsfinanzamts belegen ist. Am 08.07.2013 teilte der den Grundstückserwerb beurkundende Notar dem für die Festsetzung der diesbezüglichen Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt die Rechtswirksamkeit dieses Vertrags mit. Für den Erwerbsvorgang wurde gegenüber der [X.] Grunderwerbsteuer festgesetzt.

4

[X.]urch notariell beurkundete Vereinbarung vom [X.] wurde das Treuhandverhältnis zwischen [X.] und [X.] über einen Geschäftsanteil der [X.] aufgehoben und der Geschäftsanteil an [X.] abgetreten. [X.]anach waren die Klägerin, [X.], [X.] und [X.] zu jeweils gleichen Teilen an der [X.] beteiligt. Außerdem wurde am selben Tag im [X.] an diese Vereinbarung in Umsetzung des [X.] vom 30.05.2013 die Erhöhung des Stammkapitals der Klägerin beschlossen und die Anteile von [X.], [X.] und [X.] am Stammkapital der [X.] im Wege der Sacheinlage auf die Klägerin übertragen. Im Ergebnis hielt daraufhin die Klägerin alle Geschäftsanteile der [X.].

5

Am 03.11.2016 erließ der [X.]eklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) gegenüber der Klägerin einen [X.]escheid über die gesonderte Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer (Feststellungsbescheid) für den "[X.] bzw. die Anteilsübertragung" an der grundbesitzenden [X.] durch notariell beurkundete Vereinbarung vom [X.] und wies den Einspruch der Klägerin nach Erlass eines --aufgrund eines zwischen den [X.]eteiligten nicht streitigen [X.] geänderten Feststellungsbescheids vom 13.12.2016 mit Einspruchsentscheidung vom 31.05.2018 als unbegründet zurück.

6

[X.]ie Klage vor dem [X.] ([X.]) hatte Erfolg. Zur [X.]egründung führte das [X.] im Wesentlichen aus, die Grunderwerbsteuer sei für den dem Grunde nach steuerpflichtigen Erwerbsvorgang vom [X.] schon nach § 1 Abs. 6 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) nicht zu erheben. [X.]er Erwerb des [X.] durch die [X.] am 03.07.2013 habe nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der Grunderwerbsteuer unterlegen. [X.]ie [X.]emessungsgrundlage sei bei beiden Erwerbsvorgängen unstreitig gleich hoch gewesen. Es bestehe eine wirtschaftliche Erwerberidentität, die für die Anwendung des § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] ausreiche. Außerdem sei der Erwerbsvorgang vom [X.] nach § 6a [X.] von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen. [X.], [X.] und [X.] hätten sich über [X.] zu einem gemeinsamen Zweck, nämlich dem Halten der Geschäftsanteile der [X.], gesellschaftsrechtlich zu einer GbR verbunden, so dass der Erwerbsvorgang als eine Umstrukturierung im Konzern anzusehen sei. [X.]as Urteil ist in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2021, 969 veröffentlicht.

7

Mit seiner Revision macht das [X.] eine Verletzung von § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.], § 17 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] und § 6a [X.] i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 1 der [X.]sordnung ([X.]O) geltend.

8

In einem Feststellungsbescheid sei keine Entscheidung über die Nichterhebung der Steuer nach § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] zu treffen. Im Übrigen hätten weder die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] noch die des § 6a [X.] vorgelegen.

9

[X.]as [X.] beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[X.]ie Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Anders als das [X.] meine, liege schon kein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 [X.] i.d.[X.] vom 26.06.2013 ([X.] a.F.) vor, weil es sich lediglich um den Übergang von einer mittelbaren zu einer unmittelbaren [X.]eteiligung gehandelt habe. Zudem habe bereits der Gesellschafterbeschluss vom 30.05.2013 das --entscheidende-- wirtschaftliche Ergebnis des Vorgangs vom [X.] bewirkt. Zu diesem Zeitpunkt hätten der [X.] aber noch keine Grundstücke "gehört". [X.]asselbe gälte sogar dann, wenn der Vertrag vom [X.] als Erwerbsvorgang angesehen würde. [X.]er [X.]egriff "gehört" könne sachgerecht nur nach Maßgabe von § 39 der Abgabenordnung ([X.]) ausgelegt werden. Im Kaufvertrag vom 03.07.2013 sei die Auflassung nur bedingt erklärt worden. Erst nach Eintritt aller [X.]edingungen, genau genommen erst nach Kaufpreiszahlung, sei ein zivilrechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Übereignung des [X.] entstanden. [X.]er Eintritt aller [X.]edingungen sei aber durch den Notar erst mit Schreiben vom 28.10.2013 mitgeteilt und der Kaufpreis erst dann fällig geworden. Auch sei die Auflassungsvormerkung erst am 14.10.2013 im Grundbuch eingetragen worden. Im Übrigen habe das [X.] zutreffend die Anwendung sowohl des § 6a [X.] als auch des § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] bejaht. Schließlich sei nicht ersichtlich, woraus sich die Zuständigkeit des [X.] für die angefochtene Feststellung ergebe.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). [X.]ie Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. [X.]as [X.] hat die [X.]esteuerungsgrundlagen für den Anteilserwerb am [X.] zutreffend festgestellt. [X.]er Anteilserwerb unterlag der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.F. Er war nicht nach § 6a [X.] steuerbegünstigt. Im Feststellungsbescheid war keine Feststellung bezüglich der Nichterhebung der Steuer nach § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] zu treffen.

1. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] werden bei einem nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] steuerbaren Rechtsgeschäft die [X.]esteuerungsgrundlagen durch das [X.] gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des [X.]ezirks des [X.]s belegenes Grundstück betroffen ist.

a) [X.]ie für die Grunderwerbsteuer maßgebende Zuständigkeit eines Finanzamts für die Steuerfestsetzung oder die Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 [X.] ergibt sich aus § 17 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Finanzverwaltung und den darauf beruhenden (landesgesetzlichen) Zuständigkeitsverordnungen. [X.]ei diesen Verordnungen handelt es sich um nicht revisibles Landesrecht (Urteil des [X.] --[X.]FH-- vom [X.], [X.], 454, [X.], 157, Rz 22, m.w.N.).

b) Zu den nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] gesondert festzustellenden [X.]esteuerungsgrundlagen gehören die verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht des jeweiligen Erwerbsvorgangs dem Grunde nach, über die als Steuerschuldner in [X.]etracht kommenden natürlichen oder juristischen Personen und über die Finanzämter, die zur Steuerfestsetzung berufen sind. Zu den [X.]esteuerungsgrundlagen gehört auch die Angabe der betroffenen Grundstücke. Gesondert festzustellen ist außerdem der Zeitpunkt, auf den der Grundbesitz der [X.] nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] zu bewerten ist ([X.]FH-Urteil vom 04.03.2020 - II R 35/17, [X.], 545, [X.], 514, Rz 15). Zu entscheiden ist schließlich über eine Steuerbefreiung oder Nichterhebung der Steuer nach §§ 5 bis 7 [X.] dem Grunde und der Höhe nach (vgl. [X.], Urteil vom 07.01.2011 - 3 K 60/10, [X.]Entscheidungsdienst 2013, 232, Rz 36; [X.]FH-Urteil vom 12.01.2022 - II R 4/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 12).

aa) Zu den Steuerbefreiungen, über die im Rahmen der gesonderten Feststellung zu entscheiden ist, gehört auch die Steuerbefreiung nach § 6a [X.] (vgl. [X.]FH-Urteile vom 22.08.2019 - II R 18/19 (II R 62/14), [X.], 379, [X.], 352, und vom 21.08.2019 - II R 21/19 (II R 56/15), [X.], 361, [X.], 344).

bb) [X.] der Steuer gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] ist hingegen nicht [X.]estandteil der gesonderten Feststellung. Sie hat vielmehr durch das jeweilige für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt (Festsetzungsfinanzamt) zu erfolgen (vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 01.03.2016, [X.], 282, Tz 9; [X.]/Meßbacher-Hönsch, 20. Aufl. 2021, [X.] § 1 Rz 1385; [X.]/Loose, a.a.[X.], § 17 Rz 69; [X.], [X.], Kommentar, 6. Aufl., § 1 Rz 472). [X.]ie Anrechnung der [X.]emessungsgrundlage nach § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] ist keine Steuerbefreiung und auch nicht der [X.] [X.]FH-Urteil vom 12.01.2022 - II R 4/20 angesprochenen-- Nichterhebung der Steuer nach §§ 5 bis 7 [X.] vergleichbar. § 1 Abs. 6 Satz 1 [X.] stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass nicht nur der erste, sondern auch der zweite Rechtsvorgang der Steuer unterliegt; durch Satz 2 wird lediglich eine [X.]oppelbesteuerung der in Satz 1 genannten Rechtsvorgänge vermieden (vgl. [X.]/Meßbacher-Hönsch, a.a.[X.], § 1 Rz 1367). [X.]ie Entscheidung über eine Anrechnung nach § 1 Abs. 6 [X.] erfordert weitere Informationen, die üblicherweise das für den Erlass des gesonderten Feststellungsbescheids zuständige Finanzamt nicht besitzt. Vielmehr kennt das Festsetzungsfinanzamt die [X.]emessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang. Auf dieser Informationsgrundlage kann es die Nichterhebung der Steuer nach § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] durchführen.

c) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 [X.] kann von der gesonderten Feststellung abgesehen werden, wenn der Erwerb steuerfrei ist. Von einer gesonderten Feststellung ist jedoch nur dann abzusehen, wenn dies sofort erkennbar, klar und eindeutig ist und keiner weiteren Überprüfung bedarf. In allen anderen Fällen ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen und in dem Feststellungsbescheid eine Entscheidung über den Umfang der Steuerbefreiung zu treffen (vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder in [X.], 282, Tz 10; [X.]/Loose, a.a.[X.], § 17 Rz 76; [X.], [X.], Kommentar, 11. Aufl., § 17 Rz 14; [X.], a.a.[X.], § 17 Rz 31).

2. Gehört zum Vermögen einer [X.] ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.F. der Steuer --soweit eine [X.]esteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in [X.]etracht kommt-- ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der [X.] begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der [X.] in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden.

a) § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] ist gleichermaßen auf grundbesitzende Personen- und Kapitalgesellschaften anwendbar. [X.]er Wortlaut der Vorschrift, der von "Vermögen" und "Anteil" an einer grundbesitzenden "[X.]" spricht, differenziert insoweit nicht ([X.]FH-Urteil vom 27.05.2020 - II R 45/17, [X.], 247, [X.]St[X.]l II 2021, 315, Rz 12).

b) § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] knüpft die Steuerpflicht an das Rechtsgeschäft und nicht an die tatsächliche Vereinigung der [X.]santeile in einer Hand ([X.]FH-Urteil vom 04.03.2020 - II R 2/17, [X.], 240, [X.], 511, Rz 13 f.).

c) Ob ein Grundstück i.S. des § 1 Abs. 3 [X.] zum Vermögen der [X.] "gehört", richtet sich weder nach Zivilrecht noch nach § 39 AO. Maßgebend ist vielmehr die grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung. Ein Grundstück "gehört" der [X.] i.S. des § 1 Abs. 3 [X.], wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 [X.] der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines unter § 1 Abs. 1, 2 oder 3 oder nunmehr auch 3a [X.] fallenden Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist ([X.]FH-Urteile vom 11.12.2014 - II R 26/12, [X.], 343, [X.], 402, Rz 18; vom 01.12.2021 - II R 44/18, [X.], 373, Rz 20). [X.]ie Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift die [X.]egründung eines Anspruchs auf Übereignung voraus. [X.]ieser Anspruch muss im Regelfall zivilrechtlich wirksam und durchsetzbar sein ([X.]FH-Urteil in [X.], 343, [X.], 402, Rz 20, m.w.N.).

3. Infolge der rückwirkenden Änderung durch Art. 14 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den [X.]eitritt [X.] zur [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ([X.]) vom 25.07.2014 ([X.], 1266) wird nach § 6a Satz 1 [X.] für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder 3a [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Umwandlungsgesetzes, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben.

a) Nach § 6a Satz 3 [X.] setzte die Nichterhebung der Steuer voraus, dass an dem [X.] ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und eine oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en (Alternative 1) oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en (Alternative 2) beteiligt sind. Art. 14 Nr. 1 [X.] hat das Wort "[X.]" durch die Worte "dort genannten Rechtsvorgang" ersetzt. [X.]ie neue Fassung ist nach § 23 Abs. 12 [X.] (eingefügt durch Art. 14 Nr. 3 [X.]) auf [X.] anzuwenden, die nach dem 06.06.2013 verwirklicht werden. [X.]ie rückwirkende Anwendung der Vorschrift ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine [X.], an deren Kapital oder [X.]svermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 [X.]). [X.]ie genannten Fristen müssen jedoch nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten [X.]s auch eingehalten werden können ([X.]FH-Urteil vom 21.08.2019 - II R 19/19 (II R 63/14), [X.], 343, [X.], 337, Rz 34).

b) [X.] Unternehmen können Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften, sowie natürliche und juristische Personen sein, die wirtschaftlich tätig sind ([X.]FH-Urteil in [X.], 343, [X.], 337, Rz 23). [X.]ie [X.]eteiligung an den abhängigen [X.]en muss für die Anwendung des § 6a [X.] nicht im [X.]etriebsvermögen gehalten werden ([X.]FH-Urteil in [X.], 343, [X.], 337, Rz 24).

4. Unter [X.]eachtung dieser Grundsätze ist das [X.] zu Unrecht davon ausgegangen, dass der angefochtene Feststellungsbescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. [X.]ie Vorentscheidung war daher aufzuheben. [X.]ie Sache ist spruchreif. [X.]as [X.] hat die [X.]esteuerungsgrundlagen für den Erwerbsvorgang am [X.] zutreffend festgestellt.

a) [X.]ie Frage, ob das [X.] für die Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen zuständig war, hängt von der Auslegung der Finanzverwaltungszuständigkeitsverordnung des [X.] vom 14.10.2004 (SächsGV[X.]l 2004, 539, zuletzt geändert durch Verordnung vom [X.], [X.], 253) ab und ist als Landesrecht im Revisionsverfahren nicht zu prüfen.

b) [X.]as [X.] hat in den angefochtenen Feststellungsbescheiden mit dem [X.] den zutreffenden [X.] benannt. [X.]ie an diesem Tag geschlossene notariell beurkundete Vereinbarung unterlag der [X.]esteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.F.

aa) [X.]er Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.F. wurde entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits durch den formlosen [X.]erbeschluss vom 30.05.2013 verwirklicht. Nach § 15 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die [X.]en mit beschränkter Haftung (GmbHG) bedarf es zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch [X.]er eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags. [X.]as Gleiche gilt auch für eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines [X.]ers zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG). Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird zwar durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig (§ 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG). [X.]ie Heilung erfolgt aber bereits zivilrechtlich nicht rückwirkend (Urteil des [X.] vom 25.03.1998 - VIII ZR 185/96, [X.], 195, unter [X.] aa) und kann insbesondere auch steuerlich keine Rückwirkung entfalten.

Sollte demzufolge der [X.]erbeschluss vom 30.05.2013 so auszulegen sein, dass sich die [X.]er bereits darin zur Abtretung der Geschäftsanteile an der [X.] an die Klägerin verpflichteten, ist diese Verpflichtung erst zum Zeitpunkt der Abtretung der Anteile und damit mit der notariell beurkundeten Vereinbarung vom [X.] wirksam geworden.

bb) [X.]er Grundbesitz "gehörte" am [X.] zum Vermögen der [X.] i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.F. [X.]iese hatte den Grundbesitz aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrags vom [X.] erworben. [X.]er Kaufvertrag begründet einen Anspruch auf Übereignung des Grundbesitzes i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. [X.] wurde dem für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt durch den beurkundenden Notar am 08.07.2013 angezeigt. Auf die Wirksamkeit der Auflassung oder die Fälligkeit des Kaufpreises kommt es dagegen nicht an.

Gegen die Wirksamkeit des Kaufvertrags vom [X.] hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass weitere [X.]edingungen des Kaufvertrags erst nach dem [X.] erfüllt worden seien, ist dieses Vorbringen nicht entscheidungserheblich. Sie meint ersichtlich nicht [X.]edingungen für die Wirksamkeit der schuldrechtlichen Verpflichtungen, sondern die Voraussetzungen für den Vollzug. Entscheidend für die Erfüllung des grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbstatbestands ist aber die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts.

cc) [X.]urch die Einbringung der Geschäftsanteile von [X.], [X.] und [X.] an der [X.] in die Klägerin wurde ein Anspruch auf Übertragung der Geschäftsanteile an der [X.] begründet, der zu einer Vereinigung aller Anteile in der Hand der Klägerin führt. Erwerberin aller Anteile am Stammkapital der [X.] war die Klägerin, nicht eine behauptete GbR.

c) [X.]as [X.] hat zu Recht keine Steuerbefreiung des Vorgangs nach § 6a [X.] festgestellt. Unbeschadet einer weiteren Prüfung der Voraussetzungen des § 6a Satz 1 [X.] sind jedenfalls weder die Voraussetzungen des § 6a Satz 3 Alternative 1 [X.] noch die Voraussetzungen des § 6a Satz 3 Alternative 2 [X.] erfüllt, da in jedem Falle die von § 6a Sätze 3, 4 [X.] geforderte Konzernstruktur fehlt.

aa) Auf [X.] beteiligt an dem steuerbaren Rechtsvorgang ist die Klägerin. Ob auf [X.] die [X.] (fiktive Veräußerin) oder aber [X.], [X.] und [X.] als Parteien des maßgebenden Rechtsgeschäfts beteiligt sind, kann dahinstehen. Unter beiden Varianten fehlt es an den [X.]egünstigungsvoraussetzungen.

bb) § 6a Satz 3 Alternative 1 [X.] ist nicht erfüllt. [X.]ie Klägerin einerseits und die [X.] andererseits beherrschten einander mangels entsprechender [X.]eteiligung nicht. Aber auch zwischen der Klägerin einerseits und [X.], [X.] und [X.] andererseits bestand kein [X.]eherrschungsverhältnis in dem von § 6a Satz 4 [X.] geforderten Sinne. Zwar waren [X.], [X.] und [X.] zu jeweils einem [X.]rittel an der Klägerin beteiligt, diese [X.]erstellung allein macht sie jedoch nicht zu einem herrschenden Unternehmen gemäß § 6a Satz 4 [X.]. Sollte zwischen [X.], [X.] und [X.] --wie das [X.] annimmt-- eine GbR zum Halten der Anteile an der grundbesitzenden [X.] bestanden haben, ist dies unerheblich. Eine solche GbR war nicht [X.]eteiligte des steuerbaren Rechtsvorgangs vom [X.]. Ersichtlich hielt sie selbst keine Anteile an der [X.] und übertrug sie folglich auch nicht.

cc) Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 6a Satz 3 Alternative 2 [X.] gegeben, da es an einem Rechtsvorgang fehlt, an dem zwei von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en beteiligt sind. Zwar meint das [X.], zwischen [X.], [X.] und [X.] habe eine weitere gesellschaftsrechtliche [X.]indung bestanden, da sie vereinbart hätten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich das Halten der Geschäftsanteile der [X.], gegenseitig zu fördern. [X.]as [X.] übersieht aber, dass eine solche GbR --was indes ebenfalls notwendig wäre, um die Voraussetzungen des § 6a Satz 3 Alternative 2 [X.] zu erfüllen-- im Hinblick auf die Erwerberin, d.h. die Klägerin, kein herrschendes Unternehmen wäre. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des [X.] sowohl im Tatbestand als auch in den Entscheidungsgründen des Urteils haben [X.], [X.] und [X.] lediglich eine Mitgesellschafterstellung an der Klägerin inne. [X.]arüber hinausgehende gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen wurden weder vom [X.] festgestellt noch sind sie ersichtlich.

d) [X.]as [X.] hatte in dem Feststellungsbescheid nicht über eine Steueranrechnung nach § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] zu entscheiden. [X.]iese Entscheidung obliegt der für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzbehörde. [X.]ie materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach dieser Vorschrift bedürfen daher keiner Erörterung. [X.]as gilt insbesondere für die Frage, ob für bestimmte Erwerbstatbestände Ausnahmen von der für § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] grundsätzlich erforderlichen Erwerberidentität (vgl. [X.]FH-Urteil vom 15.01.2003 - II R 50/00, [X.]FHE 200, 430, [X.]St[X.]l II 2003, 320, unter II.4.) zu machen sind. Erwerberin im Erwerbsvorgang vom [X.] war jedenfalls die [X.], Erwerberin aufgrund der Vereinbarung vom [X.] war die Klägerin.

5. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

6. [X.]er Senat entscheidet im Einverständnis der [X.]eteiligten nach § 121 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O ohne mündliche Verhandlung.

Meta

II R 24/20

16.03.2022

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 9. Juli 2020, Az: 6 K 931/18, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 1 Abs 6 S 2 GrEStG 1997, § 6a GrEStG 1997, § 17 Abs 3 S 1 Nr 2 GrEStG 1997, § 17 Abs 4 S 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 1 Abs 3 Nr 1 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 15 Abs 4 S 1 GmbHG, § 15 Abs 4 S 2 GmbHG, § 39 AO, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 12 GrEStG 1997 vom 25.07.2014, Art 14 Nr 3 KroatienAnpG, § 1 Abs 3 Nr 1 GrEStG 1997 vom 26.06.2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.03.2022, Az. II R 24/20 (REWIS RS 2022, 4396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4396

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