Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2017, Az. 3 StR 497/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 17716

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Gegenstand

(Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und Zurückverweisung im Revisionsverfahren: Zäsurwirkung einer Vorverurteilung bei vollstreckter Strafe; maßgeblicher Zeitpunkt des Vollstreckungsstandes bei der erneuten Gesamtstrafenbildung)


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. August 2016 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt.

2

Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat lediglich den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Während der Schuldspruch und die Bemessung der gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen keinen diesen benachteiligenden Rechtsfehler erkennen lassen, kann der [X.] keinen Bestand haben.

3

Der Angeklagte hatte zwei der abgeurteilten Taten am 4. August 2014 und damit zeitlich vor dem rechtskräftigen Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2014 begangen, durch welches er zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden war, die noch nicht erledigt ist. Damit kommt in Betracht, dass mit dieser Freiheitsstrafe und den im angefochtenen Urteil verhängten Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden, während die für die Tat vom 18. März 2016 festgesetzte Einzelstrafe wegen einer möglichen Zäsurwirkung des Urteils vom 1. Dezember 2014 gesondert auszusprechen war. Dem steht nicht notwendig entgegen, dass durch das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2014 eine Tat des Angeklagten geahndet worden war, die dieser vor dem Urteil des [X.] vom 23. Juni 2014 begangen hatte. Denn dieses Urteil würde nur dann seinerseits eine Zäsur begründen und damit eine Gesamtstrafenbildung zwischen der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2014 und den Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 ausschließen, wenn die dort verhängte Geldstrafe von 50 Tagessätzen noch nicht erledigt ist (s. etwa [X.], Urteil vom 18. März 1982 - 4 [X.], NJW 1982, 2080 f.; Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 [X.], [X.]St 32, 190, 193; Urteile vom 10. Juli 1985 - 3 [X.], juris Rn. 6; vom 6. März 1987 - 2 StR 37/87, [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 2; vom 30. Juni 1987 - 1 [X.], [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 3; Beschlüsse vom 18. Dezember 1987 - 5 [X.], [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsur-wirkung 5; vom 26. Oktober 1988 - 4 [X.], [X.] 1989, 132, 133; seine gegenteiligen, nicht tragenden Erwägungen im Urteil vom 13. November 1985 - 3 [X.], [X.]St 33, 367, 369 verfolgt der [X.] nicht weiter; s. bereits [X.], Beschluss vom 7. September 1988 - 3 [X.], [X.], 552). Ob dies der Fall ist, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen, da dieses den Vollstreckungsstand des Urteils des [X.] vom 23. Juni 2014 nicht mitteilt.

4

Durch die möglicherweise rechtsfehlerhaft gebildete Gesamtstrafe ist der Angeklagte beschwert. Da das [X.] die Vollstreckung der von ihm verhängten Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung ausgesetzt hatte, vermag der [X.] nicht auszuschließen, dass das [X.] auch die Vollstreckung einer aus dieser Freiheitsstrafe und den beiden Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hätte.

5

Über die Gesamtstrafe ist daher nochmals zu befinden. Dabei wird die nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] zu beachten haben, dass insoweit der Vollstreckungsstand der gegen den Angeklagten ergangenen früheren Urteile im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils (25. August 2016) maßgeblich (s. nur [X.], Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 [X.], juris Rn. 5) und im Falle vom Ersturteil abweichender Gesamtstrafenbildung auch Augenmerk auf das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO zu richten ist (zuletzt etwa [X.], Beschluss vom 8. Juni 2016 - 4 StR 73/16, [X.], 275, 276).

[X.]     

       

Schäfer     

       

Gericke

       

Tiemann     

       

Hoch     

       

Meta

3 StR 497/16

10.01.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 25. August 2016, Az: 40 KLs 7/16

§ 53 StGB, § 55 Abs 1 S 1 StGB, § 358 Abs 2 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2017, Az. 3 StR 497/16 (REWIS RS 2017, 17716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17716

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