Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2002, Az. III ZR 102/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 479

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:28. November 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:[X.]:ja ZPO § 545 Abs. 2 (n.F.)Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.]) darauf gestützt werden, daßdas untere Gericht mit Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommenoder verneint hat.EuGVÜ Art. 5 Nr. 3; 13 Abs. 1 Nr. 3; 14 Abs. 1 2. Alt.; BGB § 661aFür die auf eine Gewinnzusage i.S. des § 661a BGB gestützte Klage gegen ei-ne (natürliche oder juristische) Person, die in dem Hoheitsgebiet eines [X.]sstaates ansässig ist, besteht am Wohnsitz des klagenden Verbrauchersentweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 f.EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ).- 2 -[X.], Urteil vom 28. November 2002 - [X.]/02 -OLG [X.] [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] 17. Oktober 2002 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision der [X.] gegen das Urteil des [X.] Oberlandesgerichts [X.] vom 19. Februar 2002 wirdzurückgewiesen.Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.Von Rechts [X.] Beklagte ist eine in den [X.] ansässige [X.]. Mit Schreiben vom 30. Juni 2000 sandte sie der in der [X.] wohnhaften Klägerin eine "Wichtige Benachrichtigung we-gen Bargeld-Zuteilung aus Auswahl-Verfahren". Darin teilte die Beklagte [X.]in mit, im Zuge einer "[X.]" würden noch vor dem [X.] 12.300 DM vergeben. Weiter hieß es in dem [X.] stellen Sie sich vor, Frau M., Ihr Name wurde nicht nurnominiert, sondern sogar als Gewinner gezogen. Das heißt fürSie, der [X.] gehört jetzt schon [X.] 4 -Entsprechend der im Schreiben vom 30. Juni 2000 gegebenen Anleitungsandte die Klägerin der [X.] den "[X.]" mit aufgeklebter"[X.]" zurück. Die Beklagte zahlte nicht.Die Klägerin macht geltend, die Beklagte schulde ihr aufgrund einerGewinnzusage (§ 661a BGB) 12.300 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat [X.], das angerufene [X.] sei weder internationalnoch örtlich zuständig. Sie könne nur an ihrem Sitz in den [X.] ver-klagt werden. Das [X.] hat abgesonderte Verhandlung über die Zuläs-sigkeit der Klage angeordnet und durch Zwischenurteil entschieden, daß [X.] zulässig sei. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Beru-fung der [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag, die Klage als unzulässig abzuweisen.[X.] Revision ist unbegründet.[X.] hat das [X.] für [X.] und örtlich zuständig erachtet. Es könne dahinstehen, ob [X.] Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die [X.] Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. [X.] 5 -1968, [X.] [X.], im folgenden: EuGVÜ) sei. Die internationale [X.] der [X.] Gerichte ergebe sich jedenfalls aus dem Gerichts-stand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ). Denn die Klage werdeauf ein deliktsähnliches Verhalten der [X.] gestützt.[X.] Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.Die Klage ist zulässig. Die [X.] Gerichte sind international zustän-dig.1.Das Revisionsgericht ist befugt, die internationale Zuständigkeit zu [X.]. § 545 Abs. 2 ZPO n.F., der hier anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 7 Satz 1EGZPO), steht insoweit nicht entgegen. Die Vorschrift hat die Regelungen inden bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 ZPO übernommen. Sie bestimmt - entspre-chend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 ZPO (bisher: § 512 a ZPO) - darüberhinaus, die Revision könne nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzli-che Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat(Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur [X.] Zivilprozesses BT-Drucks. 14/4722 S. 106, s.auch S. 94 zu § 513 Abs. 2-E und [X.] zu § 547-E). Diese Regelung beziehtsich jedoch ungeachtet ihres weitgefaßten Wortlauts nicht auf die internatio-nale Zuständigkeit (vgl. [X.], [X.]. [X.]. 1008 f und 1855; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.],ZPO 60. Aufl. 2002 Übersicht § 38 Rn. 9; s. auch [X.] aaO § 545 Rn. 17- 6 -a.E.; [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl. 2002 § 280 Rn. 8; [X.]/[X.] aaO [X.]. 38; s. auch [X.], Beschluß vom 17. September 2001 - [X.]/02 - Um-druck S. 4; a.[X.] in [X.], ZPO 23. Aufl. 2001 § 545 Rn. 13;[X.]/[X.] aaO § 545 Rn. 16 und § 513 Rn. 8; vgl. ferner [X.]/[X.],ZPO 3. Aufl. 2002 § 545 Rn. 12 f).a) Hinsichtlich des § 549 Abs. 2 ZPO a.F., der die sachliche und örtlicheZuständigkeit des Gerichts des ersten [X.] sowie die Frage nach derZuständigkeit des Arbeitsgerichts und dem Vorliegen einer Familiensache derrevisionsrechtlichen Prüfung entzogen hatte, war anerkannt, daß er für die in-ternationale Zuständigkeit nicht - auch nicht entsprechend - galt. Die interna-tionale Zuständigkeit war in jedem Verfahrensabschnitt, auch im [X.], von Amts wegen zu prüfen (st. [X.]pr., vgl. [X.]Z - [X.] - 44, 46; [X.]Z115, 90, 91; 134, 127, 129 f; [X.], Urteil vom 17. Dezember 1998 - [X.]/97 - NJW 1999, 1395 f; [X.], ZPO 21. Aufl. 1993 §§ 549,550 Rn. 56). Weder dem Wortlaut des § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) noch der [X.] ist ein ausreichender Hinweis darauf zu entnehmen, daßder Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.aa) Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) erstreckt sich die revisionsrechtli-che Prüfung nicht darauf, daß das Gericht des ersten [X.] "seine" [X.] zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Damit kann allein [X.] unter den [X.] Gerichten gemeint sein, nämlichdie Frage der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, ferner - abweichend vombisherigen Recht - der funktionellen Zuständigkeit, der Abgrenzung zwischenZivilkammer und Kammer für Handelssachen sowie zwischen [X.] Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. [X.]/[X.] aaO Rn. 13- 7 -a.E.), nicht jedoch diejenige zwischen den [X.] und den ausländischenGerichten.bb) Die Gesetzesbegründung (Begründung aaO) verweist darauf, daßim Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des [X.], die allein auf die Frage der Zuständigkeit"des Gerichts" gestützt werden, vermieden werden sollen. Die in den [X.] geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfäl-lig werden. Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werdenkönnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie [X.] unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen ([X.]Z44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten der revisionsrechtlichen Nachprüfungentziehen wollen. Die internationale Zuständigkeit hat nämlich ein ungleichgrößeres Gewicht. Sie betrifft die Abgrenzung zu den [X.]. Es handelt sich darum, inwieweit die [X.] Gerichte [X.] mit [X.] eine Entscheidungsbefugnis in [X.] nehmen können (vgl. [X.]Z aaO 51).Es kommt hinzu, daß die internationale Zuständigkeit - an[X.] als dieörtliche, sachliche, funktionelle und ähnliche innerstaatliche Zuständigkeit -über das Verfahrensrecht entscheidet, dem der Rechtsstreit unterliegt. [X.] das [X.] Gericht wendet [X.]s Prozeßrecht, das [X.] aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von derinternationalen Zuständigkeit nicht selten ab, nach welchem materiellen Rechtdie Rechtssache entschieden wird. Wird die [X.] internationale Zustän-digkeit bejaht, so bestimmt das [X.] internationale Privatrecht, nach [X.] materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird- 8 -aber die [X.] internationale Zuständigkeit verneint (und ruft deshalb [X.] ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem interna-tionalen Privatrecht seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. [X.] kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Ge-gensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den [X.] Gerichten - diesachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen ([X.]Z aaO 50; [X.]aaO Rn. 1009).b) Die Auffassung, daß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) die revisionsrechtlichePrüfung der internationalen Zuständigkeit nicht hindert, wahrt schließlich [X.] der Vorlagepflichten nach dem EuGVÜ und dem hierzu abge-schlossenen Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27.September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung ge-richtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den [X.] 3. Juni 1971 ([X.] [X.], künftig: Protokoll). Danach können inder [X.] nur die obersten Gerichtshöfe des Bundes(Art. 2 Nr. 1 des Protokolls) und andere Gerichte, sofern sie als Rechtsmittelge-richt entscheiden (Art. 2 Nr. 2 des Protokolls), dem Gerichtshof eine Ausle-gungsfrage zur Vorabentscheidung vorlegen. Diese Vorlageberechtigung gingeins Leere, wenn der [X.] aufgrund des § 545 Abs. 2 ZPO n.F.die internationale Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen hätte. [X.] dann nämlich auch für die Berufungsgerichte (vgl. § 513 Abs. 2 [X.].F.), so daß es in der [X.] kein Gericht gäbe, das [X.] wäre, dem [X.] des EuGVÜ (und des am selben Tag und am selben Ort unter-zeichneten Protokolls sowie des Protokolls vom 3. Juni 1971 ) vorzulegen. Ein solches Ergebnis wäre aber mit der im Protokoll vom- 9 -3. Juni 1971 bestimmten Vorlageregelung unvereinbar (vgl. zu den völkerver-trags- und sekundärrechtlichen Kontrollpflichten [X.] [X.] 2001, 298,299 [X.] mithin zulässige revisionsrechtliche Prüfung ergibt, daß im Streitfalldie [X.] Gerichte entweder gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ oder gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ internationalzuständig sind.a) Grundsätzlich sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in [X.] eines Vertragsstaates des EuGVÜ haben, vor den Gerichtendieses Staates zu verklagen (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ); entsprechendes gilt [X.] und juristische Personen, die ihren Sitz in dem [X.] Vertragsstaates haben (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuG-VÜ). Abweichend von dieser Regel können in einem Vertragsstaat ansässige(natürliche oder juristische) Personen vor den Gerichten eines anderen [X.]sstaates verklagt werden, wenn dort einer der in Art. 5 ff EuGVÜ genanntenWahlgerichtsstände besteht (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ; vgl. auch [X.]/[X.],ZPO 2. Aufl. 2000 Art. 3 EuGVÜ Rn. 1). So liegt der Streitfall. Die in den [X.] ansässige Beklagte kann vor einem [X.] Gericht verklagt wer-den, weil in der [X.] entweder die internationale [X.] für Verbrauchersachen (Art. 13, 14 EuGVÜ) oder der unerlaubtenHandlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) begründet [X.]) Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck ab-geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieserPerson (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die [X.] 10 -keit nach den Art. 13 ff. EuGVÜ für "andere Verträge" (als Teilzahlungskaufoder Darlehen), wenn sie die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstandhaben, sofern dem Vertragsschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrau-chers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist undder Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderli-chen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite [X.]). Es handelt sich bei dieser Zuständigkeit um einen Sonderfalldes Gerichtsstandes des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ).Während Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ sich allgemein auf Klagen [X.] bezieht, erfaßt Art. 13 EuGVÜ bestimmte Arten von Verträgen, die [X.] geschlossen hat ([X.], Urteil vom 11. Juli 2002 - [X.]. [X.]/00 - NJW 2002, 2697, 2698). Die in Art. 13 EuGVÜ verwendetenBegriffe sind autonom auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und [X.] des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um dessen volleWirksamkeit zu sichern ([X.] aaO).Die vorliegende auf eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB ge-stützte Klage kann als Klage aus einem Verbrauchervertrag (Art. 13 Abs. 1EuGVÜ) angesehen werden.aa) Zwar handelt es sich bei der Gewinnzusage oder vergleichbarenMitteilung der [X.] nicht um einen Vertrag, sondern um ein einseitigesRechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung (vgl. [X.], NJW2000, 3305, 3307; [X.]/[X.], [X.]. 2002 § 661a Rn. 2; Ring,[X.] 2002 Art. 2 Abs. 4 Rn. 172). Die vertragliche Natur des [X.] kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß eine [X.] zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bestanden- 11 -hätte (vgl. [X.] aaO [X.]). Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin bei [X.] Waren bestellt oder die Beklagte die Auszahlung des Gewinns [X.] abhängig gemacht hätte.bb) Die an die Klägerin gerichtete Gewinnbenachrichtigung der [X.] zielte jedoch auf eine Vertragsanbahnung. Die Klägerin, die unstreitig [X.] im vorbeschriebenen Sinn war, sollte hierdurch veranlaßt werden,bei der [X.] Waren zu bestellen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternativeund lit. a EuGVÜ). Denn sie wurde in dem Schreiben der [X.] vom30. Juni 2000 aufgefordert, von der Klägerin angebotene "Schnäppchen" zunutzen. Auch das in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. [X.] bestimmte Erfordernis,daß der Verbraucher in dem Staat seines Wohnsitzes die zum Abschluß desVertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, war- zumindest dem Rechtsgedanken nach - erfüllt. Die Klägerin versah entspre-chend den Anweisungen der [X.] im Schreiben vom 30. Juni 2000 [X.] mit der [X.] und schickte ihn am 7. Juli 2000zurück.cc) Sind aber die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ ge-geben, dann konnte die in der [X.] wohnende Klägerinihre "Klage eines Verbrauchers" gegen die in den [X.] ansässige [X.] wahlweise vor den [X.] (Art. 14 Abs. 1 erste [X.]) oder - wie geschehen - vor den [X.] Gerichten (Art. 14 Abs. [X.] Alternative EuGVÜ) erheben.c) Wäre hingegen für die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13ff. EuGVÜ) entscheidend auf den - hier nicht erfolgten - Abschluß eines [X.] 12 -ges abzustellen, wären die [X.] Gerichte jedenfalls aufgrund des [X.] der unerlaubten Handlung zuständig.aa) Gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ können in [X.] ansässige (natürliche oder juristische) Personen auch vor [X.] eines anderen Vertragsstaats verklagt werden, wenn eine unerlaubteHandlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestelltist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand [X.] bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädi-gende Ereignis eingetreten ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3; Art. 53 Abs. 1Satz 1 EuGVÜ). Der Begriff der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5Nr. 3 EuGVÜ ist als autonomer Begriff anzusehen. Um eine einheitliche [X.] allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, ist davon auszugehen, daß sich [X.] der "unerlaubten Handlung" auf Klagen bezieht, mit denen eine [X.]shaftung des [X.] geltend gemacht wird und die nicht an einen [X.] im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (st. [X.]pr. des [X.], vgl. Ur-teil vom 11. Juli 2002 aaO; Urteil vom 27. September 1988 - [X.]. 189/87 - [X.]E 1988, 5565, 5585 = NJW 1988, 3088, 3089 m. Anm. [X.];vgl. auch [X.], Urteil vom 11. Februar 1988 - [X.] - NJW 1988, 1466,1467). So läge der Streitfall, wenn für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes(Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ) und, was hier in Frage steht, die [X.] (Art. 13 ff. EuGVÜ) die Anknüpfung an die mitder Gewinnzusage betriebene Vertragsanbahnung nicht genügte. Die Haftungwegen Gewinnzusage (§ 661a BGB) wäre dann als nichtvertragliche delikti-sche oder deliktsähnliche Haftung - nicht als eine solche wegen zurechenbargesetzten [X.] (vgl. [X.] aaO S. 3306, 3308) - aufzufassen.- 13 -Mit der Einführung des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber einer [X.] und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, [X.] Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersen-den, um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf [X.] aber nicht aushändigen (vgl. Begründung der Bundesregierung zu [X.] eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des [X.] sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro BT-Drucks. 14/2658 S. 48 f, [X.] Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 14/2920 S. 15; [X.] aaO S. 3306 m.w.[X.] wurde - [X.] Vorbild folgend ([X.] [X.] 2002, 192) -eine Tendenz der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und desRates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei [X.] ([X.]. EG Nr. L 144 S. 19) aufgegriffen, wettbewerbsrechtliche [X.] allgemein-zivilrechtlich zu ahnden ([X.] NJW 2000, 3306; vgl. auchBeschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorgenann-ten Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/3195 S. 33 f; [X.] Rn. 167-169). Die unlautere Werbung mittels Vortäuschung scheinbarerGewinne sollte unterbunden werden, indem dem Verbraucher gesetzlich einge-räumt wurde, den Unternehmer beim Wort zu nehmen und die Leistung desmitgeteilten Gewinns zu verlangen (Begründung [X.] aaO S. 49;Bericht aaO S. 34). Darin ist jedenfalls eine Haftung wegen "[X.]" - im oben beschriebenen weitgefaßten Sinn des Art. 5 Nr. 3 EuG-VÜ - zu sehen. Der Unternehmer wird für sein - in der Regel vorsätzlich abge-gebenes (vgl. [X.] aaO S. 3306, 3307) - täuschendes Versprechen "be-straft", indem er gemäß § 661a BGB hierfür dem Verbraucher auf Erfüllunghaftet (vgl. Gegenäußerung aaO; [X.]/[X.], [X.] 14 -rum 2000/01, 334, 337). Diese deliktische Qualifikation einer Klage aus [X.] wahrt zugleich die Parallelität zu den [X.] (vgl.[X.] aaO S. 3308 und 3309; s. aber dagegen [X.]. [X.] 2002, 192, 194 f;[X.]/[X.] aaO), die nach allgemeiner Auffassung unter den Gerichts-stand der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen (vgl.[X.], Urteil vom 11. Februar 1988 aaO; [X.] in MünchKomm ZPO 2. Aufl.2001 Schlußanhang IZPR Art. 5 EuGVÜ Rn. 37; [X.]/Schütze/[X.], ZPO 3. Aufl. 1994 [X.]. § 40 Art. 5 EuGVÜ Rn. 51;[X.] aaO Rn. 17; [X.] in [X.], ZPO 22. Aufl. 1999 Art. 5 EuG-VÜ Rn. 10; [X.] in Bülow/[X.]/[X.]/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- [X.] Art. 5 EuGVÜ Rn. 100; Gei-mer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 1997 Art. 5 EuGVÜ Rn. 151;Schlosser, EuGVÜ 1996 Art. 5 Rn. 16; Kropholler, [X.]. 1998 Art. 5 EuGVÜ Rn. 57; [X.] [X.] 2002, 192, 194).Der Anspruch aus Gewinnzusage wäre im übrigen auch dann dem [X.] der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen, wennes sich um einen gesetzlichen Fall der culpa in contrahendo handelte (vgl. Lo-renz aaO 3307, 3309; [X.], Urteil vom 17. September 2002 - [X.]. [X.] 334/00 - NJW 2002, 3159 f).bb) Der gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ maßgebliche Ort, "an dem das schä-digende Ereignis eingetreten ist", liegt sowohl an dem Ort, an dem der [X.] eingetreten ist, als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens ([X.],Urteil vom 30. November 1976 - [X.]. 21/76 - [X.]E 1976, 1735, 1746 fund vom 7. März 1995 - [X.]. [X.]-68/93 - [X.]E 1995 I S. 415, 460;- 15 -[X.] aaO Rn. 42; [X.] aaO Rn. 107). Dementsprechend konnte die [X.] an dem für den Wohnsitz der Klägerin zuständigen Gericht verklagtwerden. Dort trat nämlich mit dem Empfang des scheinbaren Gewinnverspre-chens der Erfolg der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) ein (vgl. [X.]/[X.] aaO S. 338; [X.] NJW 2000, 3308, [X.] Vorlage wegen der hier vorgenommenen Auslegung der Art. 13und 5 Nr. 3 EuGVÜ nach Art. 2 f des Protokolls vom 3. Juni 1971 bedarf esnicht. Zwar ist die Auslegungsfrage in der für den vorliegenden [X.] Form noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des [X.] gewesen. Eine Vorlage ist aber - ebenso wie im Falle des Art. 177 Abs. 3EWG-Vertrag und des Art. 234 Abs. 3 [X.] - entbehrlich, wenn die rich-tige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, daß für vernünfti-ge Zweifel kein Raum bleibt ([X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]. 283/81<[X.].I.L.F.I.T.> - [X.]E 1982, 3415; [X.] NJW 1988, 1456; [X.]Z 109, 29,35; [X.], Urteil vom 12. Mai 1993 - [X.] - [X.]R EGÜbk Art. 6 Nr. 3Zuständigkeit 1). So liegt es hier. Die auf eine Gewinnzusage oder eine ver-gleichbare Mitteilung (§ 661a BGB) gestützte Klage ist in Anlehnung an [X.] des [X.] vom 11. Juli 2002 (aaO) und17. September 2002 (aaO) dem internationalen Gerichtsstand für Verbraucher-sachen (Art. 13 f EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ)zuzuordnen. Daß weder die eine noch die andere Vorschrift anwendbar ist undsich die Beklagte auf den allgemeinen Gerichtsstand des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜberufen könnte, hält der Senat im Hinblick auf die genannten Entscheidungendes Gerichtshofs für ausgeschlossen. Er ist davon überzeugt, daß die gleicheGewißheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten und den [X.] selbst besteht (vgl. [X.], [X.] und [X.]Z aaO).- 16 -4.Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel gegen dasZwischenurteil des [X.]s zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO; vgl. [X.]/[X.]aaO § 280 Rn. 8 a.E.).RinneWurm [X.][X.]Galke

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III ZR 102/02

28.11.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2002, Az. III ZR 102/02 (REWIS RS 2002, 479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 479

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