Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.01.2010, Az. 4 StR 504/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 10323

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Gegenstand

Revision im Strafsachen: Wirksamkeit einer Rechtsmittelbeschränkung bei Herausnahme des Maßregelausspruchs der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt; Dauer des Vorwegvollzug bei Anrechnung von Untersuchungshaft


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.] wird das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2009, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Reihenfolge der Vollstreckung dahin geändert, dass die Vollziehung von insgesamt drei Jahren und neun Monaten der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

1. Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ferner hat es bestimmt, dass zwei Jahre und neun Monate der verhängten Freiheitsstrafe vor seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollziehen sind. Die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird, führt zu einer geänderten Festlegung der Dauer des [X.]; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 20. Oktober 2009 verwiesen. Auch der auf § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB in der Fassung des am 20. Juli 2007 in [X.] getretenen Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 ([X.]) gestützte Ausspruch, dass ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollziehen ist, hält als solcher sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.

3

2. Indessen kann die Entscheidung des [X.]s über die Dauer des [X.] nicht bestehen bleiben.

4

a) Dass der [X.] nach dem Willen des Beschwerdeführers vom Revisionsangriff ausgenommen sein soll, steht dem nicht entgegen. Ob die Beschränkung des Rechtsmittels die Berechnung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe hier überhaupt erfasst (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 9. Oktober 2007 - 5 StR 374/07 [X.]. 4 a.E.), kann letztlich dahinstehen; denn die Beschränkung ist insgesamt unwirksam, weil der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge und mit der Sachrüge auch den Schuldspruch angreift. In einem solchen Fall kann mit der erklärten Rechtsmittelbeschränkung nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung nach § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer [X.] unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist ([X.], Beschluss vom 26. August 2009 - 2 StR 302/09).

5

b) Das [X.] hat bei seiner Entscheidung über die Berechnung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe zwar ausdrücklich der Gesetzeslage nach Neufassung des § 67 Abs. 2 StGB Rechnung tragen wollen. Aus dieser folgt jedoch, dass im vorliegenden Fall nicht zwei Jahre und neun Monate, sondern drei Jahre und neun Monate der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Erst danach ist unter Berücksichtigung der im Fall des Beschwerdeführers für erforderlich gehaltenen Dauer der Therapie im Maßregelvollzug von zwei Jahren mit dann insgesamt fünf Jahren und neun Monaten die Hälfte der verhängten, sich auf elf Jahre sechs Monate belaufenden Freiheitsstrafe erledigt. Eine Kürzung der Dauer des angeordneten [X.] um die Dauer der bisher erlittenen Untersuchungshaft ist nicht zulässig ([X.], Beschluss vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09).

6

c) Da die sachverständig beratene [X.] rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt ist, dass im Fall des Angeklagten die Therapie voraussichtlich zwei Jahre dauern werde und es sich bei der Bestimmung der Dauer des [X.] um einen auf klaren gesetzlichen Vorgaben beruhenden Rechenvorgang handelt, kann der Senat die Dauer des [X.] gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog selbst festlegen (Senatsbeschluss vom 8. April 2008 - 4 StR 21/08 m.w.N.). Der Angeklagte ist durch diese nachträgliche Entscheidung unter keinen Umständen beschwert (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 [X.], [X.], 105).

7

3. Eine Kostenermäßigung nach § 473 Abs. 4 StPO war nicht veranlasst, weil das unbeschränkte Rechtsmittel des Angeklagten nur zu einer geringen Änderung des angefochtenen Urteils geführt hat.

Tepperwien                                 Athing                                   Solin-Stojanović

                         [X.]

Meta

4 StR 504/09

19.01.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bielefeld, 22. Juni 2009, Az: 10 Ks 46 Js 410/08 - 8/09, Urteil

§ 64 StGB, § 67 Abs 2 S 2 StGB, § 318 StPO, § 344 Abs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.01.2010, Az. 4 StR 504/09 (REWIS RS 2010, 10323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10323

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