Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2016, Az. V ZB 140/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11112

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:200516BVZB140.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/15
vom

20. Mai 2016

in der Abschiebungshaftsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 104 Abs. 1; FamFG § 76 Abs. 1, § 78 Abs. 2, § 420 Abs. 1; Richtlinie 2013/33/[X.] ([X.]) Art. 9 Abs. 6
a) Fragt der Betroffene in einer Anhörung in einer Freiheitsentziehungssa-che (§ 420 Abs.
1 FamFG) nach einem Anwalt, ist dies im Zweifel als [X.] auf Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrens-kostenhilfe auszulegen.
b) Unterlässt das Gericht
eine Entscheidung über einen solchen Antrag, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung, wenn Verfah-renskostenhilfe im Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu bewilligen gewe-sen wäre (Abgrenzung zu [X.], Beschluss vom 12. September 2013
-
V [X.], [X.] 2014, 6).
c) Aus Art. 9 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/[X.] des [X.] und des Rats vom 26.
Juni 2013 ([X.]) ergibt sich kein Recht des Betroffenen auf Beiordnung eines Rechtsanwalts auch ohne Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung gegen einen Haftantrag.
-
2
-
[X.], Beschluss vom 20. Mai 2016 -
V [X.]/15 -
LG [X.]

[X.]

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3
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 20. Mai 2016
durch die
Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, [X.] und Dr.
Göbel
und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 21. September 2015 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.

Der
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000

Gründe:

I.

Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht mit [X.] vom 30. Juli 2015 gegen den Betroffenen nach dessen Anhörung [X.] bis zum 29. September 2015 an. Die
gegen den Haftanord-nungsbeschluss des Amtsgerichts gerichtete Beschwerde und den Antrag auf Bewilligung
von Verfahrenskostenhilfe hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene, der zwischenzeitlich nach [X.] abgeschoben worden ist,
die Feststellung erreichen, durch die Haftanordnung in seinen Rechten verletzt zu sein.

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II.

Nach Auffassung des [X.] ist die Entscheidung des Amtsgerichts nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Der Betroffene sei in dem Anhörungstermin vor dem Amtsgericht darüber informiert worden, dass er [X.] einen Rechtsanwalt habe konsultieren können. Er habe aber keinen Rechtsanwalt benannt, den er hätte anrufen wollen. Ebenso wenig
habe er die 15-minütige Unterbrechung der Anhörung bis zur Verkündung des angefochte-nen Beschlusses genutzt, um einen Rechtsanwalt anzurufen.
Da er nicht erklärt
habe,
über kein Geld zu verfügen, habe das Amtsgericht auch keinen Anlass gehabt, ihn auf die Möglichkeit der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe hin-zuweisen. Es habe davon ausgehen können, dass der Betroffene auf sein Recht auf anwaltlichen Beistand im Anhörungstermin habe verzichten wollen.

III.

Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 Abs. 1
FamFG statthafte (§
70 Abs.
3 Satz
1
Nr.
3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbe-schwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Die Haftanordnung des Amtsgerichts verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten.
Insbesondere folgt die Rechtswidrigkeit entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht daraus, dass der Betroffene während seiner Anhörung nicht anwaltlich vertreten war.

1. Allerdings weist die Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht entgegen der Ansicht des [X.] einen Verfahrensfehler auf.

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a) Ausweislich des in der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Protokolls der Anhörung fragte der Betroffene nach einem Anwalt. Es liegt bei verständiger Würdigung dieser Frage nahe, hierin die konkludente Stellung ei-nes Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der [X.] zu sehen

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Abs. 1, § 78 Abs. 2 FamFG). Sie zielte erkennbar auf ein Tätigwerden des Gerichts und beschränkte sich nicht auf die Bitte, dem Be-troffenen (nur) die Gelegenheit einzuräumen, sich selbst und auf eigene Kosten eine anwaltliche Vertretung zu beschaffen. Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Betroffene über die finanziellen Möglichkeiten verfügte, oh-ne staatliche Unterstützung einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dass er ge-genüber dem Amtsgericht nicht ausdrücklich erklärt hat, kein Geld zu haben, steht, anders, als das Beschwerdegericht meint,
der konkludenten Stellung ei-nes Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht entgegen, da auch diese Erklärung in der Bitte um einen Anwalt konkludent enthalten ist.
[X.] spricht für eine
dahingehende Auslegung der Erklärung -
mittelbar -
auch die Frage des Betroffenen unmittelbar nach Bekanntmachung der Haftanord-nung, warum er keinen Anwalt erhalten habe.
Über den Verfahrenskostenhilfe-antrag hätte entschieden werden müssen.

b) Das Verfahren des Amtsgerichts wäre aber auch dann zu [X.], wenn die Frage nach einem Anwalt nur zum Ziel gehabt hätte, einen Wahlanwalt kontaktieren zu können. In diesem Fall hätte sich das Amtsgericht nicht auf den schlichten Hinweis an den Betroffenen, er können sich jederzeit anwaltlicher Hilfe bedienen, beschränken dürfen. Ebensowenig hätte es genügt, die Anhörung für 15 Minuten für eine Kontaktaufnahme
zu einem Rechtsanwalt zu unterbrechen. Der in dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert dem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmäch-5
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tigten seiner Wahl vertreten zu lassen und billigt ihm
das Recht zu, diesen [X.] zu der Anhörung hinzuzuziehen ([X.], Beschluss vom 10. Juli 2014 -
V [X.], [X.] 2014, 228 Rn. 8; siehe auch [X.], [X.], 552 f.; NJW 1993, 2301 f. -
jeweils zur mündlichen Anhörung des Verurteilten im Strafvollstreckungsverfahren). Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur theoretisch Kontakt zu einem Wahlanwalt aufnehmen kann, sondern eine sol-che Kontaktaufnahme effektiv möglich ist. Aus dem Protokoll der Anhörung ist jedoch -
wie die Rechtsbeschwerde zu Recht beanstandet -
nicht ersichtlich, in welcher Weise der Betroffene einen Wahlanwalt hätte beauftragen können. Ein [X.] oder eine Liste mit Rechtsanwälten lag ihm nicht vor. Sein [X.] sollte ihm erst nach Aufnahme in die Abschiebehafteinrichtung wieder ausgehändigt werden. Ein Angebot, von einem freien Fernsprecher im [X.] oder vom Richterzimmer aus zu telefonieren, ist ebenfalls nicht protokolliert.

c) Keinesfalls konnte das Amtsgericht nach der 15-minütigen Unterbre-chung davon ausgehen, dass der Betroffene auf
anwaltlichen Beistand verzich-ten wollte, wie das Beschwerdegericht annimmt. An einen solchen Verzicht sind strenge Anforderungen zu stellen, die hier nicht erfüllt sind. Auch nach der Un-terbrechung der Anhörung stand die Bitte des Betroffenen um einen Anwalt im Raum. Sowohl zur Gewährung rechtlichen Gehörs als auch zur Wahrung eines fairen Verfahrens hätte das Amtsgericht zumindest bei dem Betroffenen nach-fragen müssen, ob die Kontaktaufnahme zu einem Anwalt erfolgreich war und ob er weiter auf der
Teilnahme
eines Anwalts bestehe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Möglichkeit einer Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe er-örtert werden müssen.

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2. Der Verfahrensfehler des Amtsgerichts führt hier jedoch nicht zur Rechtwidrigkeit der Haft, so dass sich die Entscheidung des [X.] aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 74 Abs. 2 FamFG).

a) Grundsätzlich kommt die Aufhebung der Haftanordnung oder (nach Erledigung)
die Feststellung der Rechtswidrigkeit wegen eines [X.] nur in Betracht, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Grund hierfür ist, dass gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1
FamFG eine Rechtsbeschwerde nur darauf gestützt werden
kann, dass die an-gefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. Dies erfor-dert, wenn -
wie hier -
kein Fall eines absoluten [X.]. § 72 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 547 ZPO vorliegt, entsprechende Darlegungen in der Rechtsbeschwerde
zur
Ursächlichkeit des Verfahrensfehlers für die Entschei-dung. Hieran fehlt es.
Dass der Betroffene bei der von ihm gewünschten an-waltlichen Vertretung während der Anhörung tatsächliche oder rechtliche Um-stände mit der Folge vorgebracht hätte, dass die Haftanordnung nicht ergangen oder von dem Beschwerdegericht aufgehoben worden wäre, ergibt sich aus der Begründung der Rechtsbeschwerde nicht.

b) Da gemäß Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter
Beachtung der darin vorge-schriebenen Formen beschränkt werden kann, kommt es auf die [X.] allerdings nicht an, wenn die verletzte [X.] eine Voraussetzung für den Erlass der freiheitsentziehenden Maß-nahme darstellt. Dies ist bei der erstinstanzlich gebotenen
Anhörung des Be-troffenen (§ 420 Abs.1 FamFG) der Fall. Fehlt sie, führt dies ohne Rücksicht auf die inhaltliche Richtigkeit der Haftanordnung zu deren
Rechtswidrigkeit.
[X.] gleich zu behandeln ist der Fall, dass eine Anhörung zwar stattgefunden 8
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hat, hierbei dem Gericht jedoch ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, der die verleiht (vgl. näher [X.], Beschluss vom 18. Februar
2016 -
V [X.], juris Rn.
26). Das
Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom [X.] 2013 ([X.]. [X.]/13 -
PPU -
G. and R., [X.]:[X.]:[X.] Rn. 44 f.) än-dert an
dieser Unterscheidung nichts, weil der [X.] Gesetzgeber unions-rechtlich nicht gehindert ist, die persönliche Anhörung
des Betroffenen als eine Voraussetzung für die Anordnung von [X.] einzuführen ([X.],
Beschluss vom 18. Februar 2016 -
V [X.], juris Rn. 25).

c) Der Verfahrensfehler des Amtsgerichts
hat aber nicht ein solches Ge-

aa) Dies gilt zunächst für den Fall, dass die Frage des Betroffenen nach einem Anwalt naheliegend als konkludenter Antrag auf Bewilligung von Verfah-renskostenhilfe (§ 76 Abs. 1 FamFG) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu verstehen wäre und das Amtsgericht deshalb verfahrenswidrig über einen sol-chen Antrag nicht entschieden hat.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist einem unbemittelten Be-troffenen, dem
nach § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO Verfahrens-kostenhilfe zu bewilligen ist, in der Regel auch ein Rechtsanwalt nach § 78 Abs. 2 FamFG beizuordnen. Hat das Gericht dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe bewilligt, den Antrag auf Beiordnung eines
Rechtsanwalts jedoch [X.] abgelehnt und die Anhörung des Betroffenen ohne Beisein eines [X.] durchgeführt, drückt eine solche Anhörung der Anordnung oder der Fortsetzung der Haft den Makel der Grundrechtsverletzung (Art. 104 Abs.
1 GG) auf ([X.], Beschluss vom 28. Februar 2013 -
V [X.], [X.] 2013, 11
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132 Rn.
12 ff.; Beschluss vom 12.
September 2013 -
V
[X.], [X.] 2014, 6 Rn.
11).

(2) Hier hätte das Amtsgericht jedoch bereits den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückweisen müssen, so dass die Anwesenheit ei-nes Anwalts während der Anhörung nicht geboten war.

(a) Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs.
1 ZPO setzt die [X.] von Verfahrenskostenhilfe neben der Bedürftigkeit des Betroffenen vo-raus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinrei-chende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Da das Pro-zesskostenhilfe-
bzw. [X.] nicht dem Zweck dient, über zweifelhafte Rechtsfragen
abschließend vorweg zu entscheiden, darf ein Gericht zwar
die Erfolgsaussicht nicht verneinen, wenn eine solche Rechtsfrage zu klären ist, auch wenn das Gericht in der Sache zu Ungunsten des [X.] entscheiden möchte (vgl. nur [X.], NJW 2013, 1148, 1150; [X.], Beschluss vom 8. Mai 2013 -
XII ZB 624/12, NJW 2013, 2198 Rn.
8 mwN). [X.] muss dann gelten, wenn sich in tatsächlicher Hinsicht schwierige und komplexe Fragen stellen.

(b)
Vorliegend bot die Rechtsverteidigung des Betroffenen aber keine Aussicht auf Erfolg, weil sämtliche Voraussetzungen für die Haftanordnung vor-lagen und sich auch keine zweifelhaften Rechts-
oder Tatsachenfragen stellten, die unter dem Gesichtspunkt der in Art. 3 Abs.
1 i.V.m. Art.
20 Abs.
3 GG ver-bürgten Rechtsschutzgleichheit die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch ohne Vorliegen von Erfolgsaussicht im engeren Sinne gebieten würde.

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(c) Aus Art. 9 Abs.
6 der Richtlinie 2013/33/[X.] des [X.] und des Rats vom 26.
Juni 2013 ([X.]) ergibt sich kein weitergehendes Recht des Betroffenen auf Beiordnung eines Rechtsanwalts auch ohne Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung. Nach ihrem Wortlaut wird die unentgeltliche Rechtsberatung und -e-richtdie Verteidigung gegen einen von der Behörde gestellten Haftantrag. [X.] davon entspricht die derzeitige Regelung der Verfahrenskostenhilfe den Vorgaben des Art. 9 Abs. 6 bis 8
der Richtlinie. Gemäß Art. 9 Abs.
8 b) der Richtlinie können die Mitgliedsstaaten nämlich vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsbera-tung im Allgemeinen gewährt wird. So verhält es sich bei den
Vorschriften der §
76 Abs.
1 FamFG, § 114 Abs.
1 ZPO; sie
setzen eine hinreichende Erfolgs-aussicht der Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung voraus und gelten in gleicher Weise für [X.] und ausländische Staatsangehörige.

Der [X.] ist nicht verpflichtet, die Sache dem Gerichtshof der [X.] nach Art. 267 A[X.]V vorzulegen, da die zitierten Vorschriften der Richtlinie in dem hier interessierenden Zusammenhang klar und eindeutig
sind. Bei solchen Vorschriften besteht eine unionsrechtliche Pflicht zur Vorlage nicht ([X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 -
[X.]. 283/81 -
C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415 Rn. 16).

bb) Die Grundlagen der gemäß § 420 Abs. 1 FamFG vorgeschriebenen Anhörung sind auch dann nicht berührt, wenn die Frage des Betroffenen nach einem Anwalt als Bitte zu verstehen gewesen wäre, ihm die Kontaktaufnahme mit einem Wahlanwalt zu ermöglichen.
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(1) Allerdings weist die Rechtsbeschwerde im Ausganspunkt zu Recht darauf hin, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens einem Betroffenen garan-tiert, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und ihm das Recht zubilligt, diesen Bevollmächtigten zu der Anhörung hinzuzuziehen ([X.],
Beschluss vom 10. Juli 2014 -
V [X.], [X.] 2014, 228 Rn. 8; siehe auch [X.], [X.], 552 f.; NJW 1993, 2301 f.; Verfassungsgericht des [X.], NJW 2001, 2533, 2534 -
jeweils zur mündlichen Anhörung des Verurteilten im Strafvollstreckungsverfahren). [X.] das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, indem es etwa einen [X.] des Bevollmächtigten nicht berücksich-tigt, kann
dies nach der Rechtsprechung des [X.]s zur Rechtswidrigkeit der Haft führen ([X.], aaO, Rn. 12).

(2) Hier lässt sich jedoch bereits nicht feststellen, dass der Betroffene
in der Lage gewesen wäre, einen Wahlanwalt zu finden, der bereit gewesen wäre, an der Anhörung teilzunehmen, wenn das Amtsgericht ihm
ein [X.]
oder eine Liste mit Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt hätte und ihn hätte telefonieren lassen. Dass er bereits im Zeitpunkt der Anhörung anwaltlich ver-treten war, wird in der Rechtsbeschwerde nicht behauptet. Ebensowenig wird dargelegt, ob der Betroffene über die finanziellen Mittel verfügte, einen Rechts-anwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Hiergegen spricht der im Be-schwerdeverfahren gestellte Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, der eine Bedürftigkeit des Betroffenen voraussetzt. Da schließlich der [X.] keinen Rechtsanwalt benennt, der zu seiner unentgeltlichen Vertretung be-reit gewesen
wäre, kann nicht angenommen werden, dass das Amtsgericht 20
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durch seine Verfahrensweise die Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Anhö-rung vereitelt
hat.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74
Abs. 7 FamFG ab-gesehen.

[X.] Schmidt-Räntsch Kazele

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.07.2015 -
29 XIV (B) 15/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.09.2015 -
5 T 558/15 -

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Meta

V ZB 140/15

20.05.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2016, Az. V ZB 140/15 (REWIS RS 2016, 11112)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11112

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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