Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2007, Az. II ZR 334/04

II. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5916

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 8. Januar 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 314, 320, 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 559 n.F. a) Das "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen" (§ 559 Abs. 1 ZPO n.F.) erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbrin-gen in der Berufungsinstanz. Dieser Beweis kann nur durch das [X.], nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden. b) Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen" Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor. c) Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO, nicht jedoch mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO n.F. oder einer [X.] Gegenrüge des [X.] behoben werden. [X.], [X.]eil vom 8. Januar 2007 - [X.] - [X.] - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2007 durch [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] erkannt: Das Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 wird aufrechterhalten. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens. Die durch die Nebenintervention verursachten weiteren Kosten werden der Streithelferin der Klägerin auferlegt. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin verlangt aus einem mit der [X.] zu 1 am 17. März 2000 geschlossenen [X.] über den Erwerb sämtlicher von der [X.] zu 1 gehaltenen Geschäftsanteile an der [X.]

GmbH B.

(im Folgenden: [X.]

) Schadensersatz von den Beklag-ten als Gesamtschuldnern, weil die Beklagte zu 1 entgegen der in dem Vertrag erteilten Zusicherung - für deren Erfüllung die Beklagte zu 2 zusätzlich die Ga-rantie übernommen habe - die Stammeinlage von 950.000,00 DM aus einer Kapitalerhöhung bei der [X.] nicht wirksam geleistet habe. 1 Die [X.] gewährte auf der Grundlage einer Abrede vom 10. Januar 1995 der [X.] zu 1, ihrer damaligen Alleingesellschafterin, am 24. Februar 1995 2 - 3 - ein - bis 30. September 1995 [X.] - verzinsliches Darlehen von 1 Mio. DM; bereits am 1. März 1995 überwies diese 950.000,00 DM an die [X.] unter Angabe des Verwendungszwecks "Kapitalerhöhung" zurück. Am 13. März 1995 beschloss die Gesellschafterversammlung der [X.] , das Stammkapital von 50.000,00 DM auf 1 Mio. DM zu erhöhen, wobei die - sofort bar zu [X.] - neue Stammeinlage von 950.000,00 DM wiederum von der [X.] zu 1 übernommen wurde. Die von der [X.] zu 1 zuvor eingezahlten 950.000,00 DM wurden sodann bei der [X.] als Erhöhung der Stammeinlage verbucht. Nach den aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Feststellungen - die denjenigen im [X.] entsprechen - zahlte die Beklagte zudem an die [X.] bis zum 17. März 2000 einen Betrag in Höhe der als Darlehen emp-fangenen Valuta von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten - am 13. Ja-nuar 1997 betrug die noch offene Restforderung 496.230,00 DM - vollständig zurück. Durch den notariellen [X.] vom 17. März 2000 veräußerte die Beklagte zu 1 an die Klägerin sämtliche von ihr an der [X.] ge-haltenen Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von 1,00 DM. In dem Vertrag sicherte die Beklagte zu 1 u.a. die vollständige Einzahlung des Stammkapitals zu und verpflichtete sich zum Schadensersatz für den Fall der Unrichtigkeit der gegebenen Zusicherungen; zusätzlich übernahm die Beklagte zu 2 die Garantie für die Erfüllung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. Am 18. Oktober 2002 wurde auf Antrag der [X.] das vorläufige Insol-venzverfahren über deren Vermögen eröffnet. Nachdem der vorläufige Insol-venzverwalter am 28. Oktober 2002 die Klägerin zur Zahlung der - nach seiner Ansicht von der [X.] zu 1 seinerzeit nicht wirksam erbrachten - Stamm-einlage von 950.000,00 DM aufgefordert hatte, zahlte die Klägerin unter dem 16. Dezember 2002 den geforderten Betrag an die [X.] ; diese hatte bereits vorher den Antrag auf Insolvenzeröffnung zurückgenommen, woraufhin das 3 - 4 - [X.]die Aufhebung der vorläufigen Insolvenzverwaltung [X.] hatte. 4 Das [X.] hat die [X.] gesamtschuldnerisch zur Leistung von Schadensersatz in Höhe der verlangten 485.727,28 • (= 950.000,00 DM) verurteilt, im Übrigen jedoch wegen eines weitergehenden Leistungs- und Fest-stellungsbegehrens die Klage - rechtskräftig - abgewiesen. Das Oberlandesge-richt hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Dagegen haben sich die [X.] mit der - vom Senat zugelassenen - Revision gewandt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. Juni 2006 war die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Durch [X.] vom selben Tag ([X.], [X.], 1633) hat der Senat unter Aufhe-bung des Berufungsurteils und unter Änderung des [X.]s die [X.] in vollem Umfang abgewiesen. 5 Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt, durch den sie mit einer verfahrensrechtlichen Gegenrüge die von dem Senat bei seiner die Klage abweisenden Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu der bis zum 17. März 2000 durch die Beklagte zu 1 bewirkten vollständigen "Rückzahlung des [X.]" im Umfang von 1 Mio. DM angreift. 6 Entscheidungsgründe:Das auf einer Sachprüfung ([X.] 37, 79, 82) beruhende [X.] des Senats vom 12. Juni 2006 ist gemäß §§ 555, 343 ZPO aufgrund der neuen Verhandlung aufrechtzuerhalten, weil die von der Klägerin mit dem [X.] erhobene verfahrensrechtliche Gegenrüge gegen die Richtigkeit der diesem Versäumnisurteil über die endgültige Abweisung der Klage zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils (vgl. § 559 Abs. 1 und 2 ZPO) zur "vollständigen Rückzahlung des Darlehens" erfolglos bleibt. 8 [X.] Die Klägerin wendet sich mit ihrem Einspruch nicht gegen die - ihr günstige - Annahme des Senats, dass die Beklagte zu 1 die von ihr anlässlich der Kapitalerhöhung vom 13. März 1995 übernommene Einlageverbindlichkeit in Höhe von 950.000,00 DM nicht durch die ursprüngliche (Vor-)Einzahlung vom 1. März 1995 erfüllt hat, weil hierin eine sog. verdeckte Finanzierung aus Gesellschaftsmitteln in Form des "Her- und [X.]" lag, bei dem unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung der Inferent nichts geleistet und die [X.] nichts erhalten hat und bei dem die in diesem Zusammenhang für die "Herzahlung" getroffene "[X.]" als Teil des [X.] unwirksam ist (vgl. Versäumnisurteil v. 12. Juni 2006 aaO [X.]. 11, 12). Die Klägerin beanstandet vielmehr allein, dass der Senat die offen ge-bliebene [X.] der [X.] zu 1 in Höhe von 950.000,00 DM auf-grund der vom Berufungsgericht als unstreitig festgestellten vollständigen, [X.] vor Abschluss des notariellen [X.]es vom 17. März 2000 bewirkten "Rückzahlung des Darlehens" in entsprechender Höhe als erfüllt angesehen hat. Zwar habe das Berufungsgericht - ebenso wie schon zuvor das [X.] - festgestellt, dass die Beklagte zu 1 an die [X.] "das Darlehen von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten vollständig zurückge-zahlt" habe; jedoch entspreche dies nicht dem - von den [X.] zugestan-denen - Vortrag der Klägerin im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 3. September 2003, dass das Darlehen in Höhe von ca. 750.000,00 DM mit Forderungen der [X.] zu 1 gegen die [X.] aus einem [X.] "über zwei Jahre hinweg" nach und nach verrechnet worden sei. Eine solche [X.] - 6 - rechnung habe wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 5 GmbHG keine Erfüllungs-wirkung gehabt. 10 I[X.] Die verfahrensrechtliche Gegenrüge (§ 286 ZPO) geht fehl. 11 Bei der von der Klägerin als unrichtig beanstandeten Feststellung des Berufungsgerichts über die "vollständige Rückzahlung des Darlehens" durch die Beklagte zu 1 "in nicht näher bekannten Raten" vor dem Abschluss des nota-riellen Kaufvertrages vom 17. März 2000 handelt es sich um aus dem Beru-fungsurteil [X.] (unstreitiges) Parteivorbringen i.S. des § 559 Abs. 1 ZPO, das als tatbestandliche Darstellung im Rahmen der [X.]eilsgründe an die Stelle des früheren förmlichen Tatbestandes des Berufungsurteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. getreten ist (vgl. nur [X.]([X.])/[X.] 2. Aufl. § 559 Rdn. 2). Dieses "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivor-bringen" - zu dem auch der in Bezug genommene Tatbestand des [X.] gehört - erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Partei-vorbringen in der Berufungsinstanz (vgl. Musielak/[X.], ZPO 5. Aufl. § 559 Rdn. 15 m.w.Nachw.). Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden ([X.] 140, 335, 339). Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestand-lichen" Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor. Eine etwaige Unrichtigkeit derartiger tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsver-fahren nach § 320 ZPO behoben werden (st.Rspr., vgl. [X.], [X.]. v. 13. Juli 2000 - [X.], [X.], 2070, 2072; [X.], [X.]. v. 26. März 1997 - [X.], NJW 1997, 1933; [X.], [X.]. v. 3. März 1995 - [X.], [X.], 961; [X.], [X.]. v. 7. Dezember 1993 - [X.], NJW 1994, 517, 519 - jew. zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 561 ZPO a.F.). Eine Ver-fahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO oder - wie hier - eine entspre-- 7 - chende verfahrensrechtliche Gegenrüge des [X.], die auf ein im Berufungsurteil nur allgemein in Bezug genommenes schriftsätzliches Vorbrin-gen gestützt wird, kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. auch Musielak/[X.] aaO § 559 Rdn. 16; [X.]([X.])/ [X.] aaO § 559 Rdn. 4 und § 551 Rdn. 23). 12 Da es im vorliegenden Fall hinsichtlich der tatbestandlichen Darstellung der unstreitigen vollständigen Rückzahlung des "Darlehens von 1 Mio. DM" durch die Beklagte zu 1 an die [X.] an einer [X.]eilsberichtigung nach § 320 ZPO fehlt, sind diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für das weitere Verfahren bindend, §§ 314, 559 ZPO; der Senat hatte sie daher seiner Beurteilung im Rahmen der von ihm getroffenen abschließenden Revisi-onsentscheidung "in der Sache selbst" (§ 563 Abs. 3 ZPO) zugrunde zu legen. Darauf, dass selbst unter Zugrundelegung des von der Klägerin als übergangen gerügten Vorbringens die dann seitens der [X.] mit der [X.] zu 1 als [X.] durchgeführte Verrechnung des bestehen gebliebenen Bareinlageanspruchs mit "[X.]" aus dem [X.] in Höhe von ca. 750.000,00 DM gemäß der insoweit einschlägigen Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nach ständiger Se-natsrechtsprechung (vgl. [X.] 153, 107, 112; [X.] 152, 37, 43 m.w.Nachw.) zulässig gewesen wäre, weil - mangels gegenteiligen Sachvortrags - diese [X.], liquide und vollwertig waren und eine solche spätere Verrechnung nicht be-reits im Zeitpunkt der Begründung der ursprünglichen [X.] abgespro-chen war, kommt es danach nicht mehr an. 13 Damit hat es auch aufgrund der neuen mündlichen Verhandlung nach dem Einspruch bei der sachlich-rechtlichen Feststellung des Senats in dem Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 zu verbleiben, dass die Beklagte zu 1 14 - 8 - durch die vom Berufungsgericht bindend festgestellte "Rückzahlung" von 1 Mio. DM bis zum 17. März 2000 auf die vermeintliche, wegen Verstoßes ge-gen die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht wirksam begründete ("[X.]"-)Schuld die offene Einlageverbindlichkeit erfüllt hat (vgl. dazu im Einzel-nen: Versäumnisurteil v. 12. Juni 2006 aaO [X.]. 13). Danach steht der Klägerin gegen die [X.] ein Schadensersatzanspruch wegen angeblicher Verlet-zung der unternehmensvertraglichen Zusicherung über die vollständige Erbrin-gung der Stammeinlagen bei der [X.] nicht zu. Goette Kurzwelly [X.] Gehrlein Caliebe
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.10.2003 - 16 [X.]/03 - [X.], Entscheidung vom 28.04.2004 - 7 U 5482/03 -

Meta

II ZR 334/04

08.01.2007

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2007, Az. II ZR 334/04 (REWIS RS 2007, 5916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5916

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