Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2015, Az. 2 StR 518/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 12586

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 518/14
vom
16. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.

2.

3.

wegen
besonders schweren Raubs u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des
Generalbun-desanwalts und der Beschwerdeführer am 16. April 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, §
406a Abs.
2 Satz
2
[X.]
beschlossen:
1.
Die Revision des Angeklagten [X.]

gegen das Urteil des [X.] vom 5.
Juni 2014 wird verworfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet.

Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten [X.]

gegen die im vorbezeichneten Urteil getroffenen Adhäsions-entscheidungen
sowie über die Kosten des Rechtsmittels bleibt einer abschließenden Entscheidung vorbehalten.

2.
Auf die Revision
der Angeklagten N.

wird
das vorbenannte Urteil, soweit es sie betrifft, mit den zugehörigen Feststellun-gen aufgehoben

a)
im Fall B.[X.]4.
der Urteilsgründe,

b)
im Gesamtstrafenausspruch.

-
3
-
Die weitergehende Revision der Angeklagten N.

wird verwor-fen.

3.
Auf die Revision der Angeklagten [X.]

wird das vorbenannte
Urteil, soweit es sie betrifft, aufgehoben.

4.
Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

wegen besonders schweren Raubs in vier Fällen, schweren Raubs in zwei Fällen, Anstiftung zum schweren Raub, räuberischer Erpressung und Diebstahls in zwei Fällen, teilweise in [X.] mit weiteren Delikten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an den Adhäsionskläger E.

10.000

und an den Adhäsionskläger T.

1.500

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.] seit dem 28. Mai 2014 zu zahlen. Zugleich hat es festgestellt, dass der [X.] T.

aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrührt.
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4
-
Die Angeklagte N.

hat das [X.] wegen Beihilfe zu einem in [X.] mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und einer gefährlichen Körperverletzung begangenen besonders schweren Raubs in zwei Fällen sowie wegen Beihilfe zu einem in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung began-genen besonders schweren Raubs in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von zwei Jahren und acht
Monaten verurteilt.

Gegen die Angeklagte [X.]

hat es wegen Beihilfe zu einem in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und einer gefährlichen Kör-perverletzung begangenen besonders schweren Raubs unter Einbeziehung zweier Strafen aus früheren Verurteilungen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verhängt.
Gegen ihre Verurteilung
wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge,
die Angeklagten [X.]

und [X.]

erheben zudem
Verfahrensrügen. Die [X.] der Angeklagten haben den aus der [X.] ersichtlichen [X.]; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 [X.].
Soweit sich die Revision des Angeklagten [X.]

gegen den Adhäsionsausspruch rich-tet,
bleibt eine abschließende Entscheidung vorbehalten.
[X.]
Die Verfahrensrügen des Angeklagten [X.]

sind aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet. Auch die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat hinsichtlich des Schuld-
und Straf-ausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Soweit die Revision die Adhäsionsentscheidungen angreift, ist der Senat an einer abschließenden Entscheidung gehindert. Der Senat hat mit Beschluss 2
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vom 8.
Oktober 2014 (2
StR 137/14
und 337/14) bei den anderen Strafsenaten und beim [X.] für Zivilsachen angefragt, ob an der Rechtsprechung, die bei der Bemessung des [X.] regelmäßig die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Schädigers und des Geschädigten erfordert, festgehalten wird. Er beabsichtigt diese Rechtsprechung aufzugeben. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.

Das [X.] hat bei der Entscheidung über die Adhäsionsanträge jeweils die "desolaten wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten"
([X.] S.
129 f.) berücksichtigt. Ob und in welcher Weise es die wirtschaftlichen [X.] der Geschädigten berücksichtigt hat, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Damit kann ein den Angeklagten beschwerender Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das [X.] sowohl die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten als auch
der Geschä-digten lediglich anspruchsmindernd in Ansatz gebracht hätte (vgl. Senatsbe-schluss vom 29. Dezember 2014 -
2 [X.]/14).
Im Hinblick darauf, dass über diesen Teil der Revision des Angeklagten in absehbarer [X.] nicht entschieden werden kann, ist
es geboten, über den "entscheidungsreifen" strafrechtlichen Teil des angefochtenen Urteils vorab zu entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 8.
Oktober 2014 -
2 StR 137/14).
Der Senat stellt daher die Entscheidung über den Adhäsionsausspruch zurück. Dies
betrifft
auch den Feststellungsausspruch, der für sich gesehen nicht zu [X.] ist
(vgl. [X.], Beschluss vom 26.
September 2002 -
IX [X.],

I[X.]
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-
6
-
Die Überprüfung des Urteils auf die Revision
der Angeklagten N.

führt zur Aufhebung der Verurteilung
im
Fall B.[X.]4. der Urteilsgründe
sowie zur Auf-hebung des Gesamtstrafenausspruchs.
1. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen fuhren
der Angeklagte [X.], der gesondert verfolgte C.

und die Angeklagte N.

im Juli 2013 zur Wohnung des Zeugen [X.]

, um diesen zu überfallen.
Der Angeklagten N.

kam
dabei die Aufgabe zu, bei dem Zeugen [X.]

zu klingeln
und diesen zu veranlassen, die Tür zu öffnen. Da
die Angeklagte N.

festgestellt hatte, dass die Haustür
nicht verschlossen war,
teilte sie dies [X.]

und C.

mit und
ging zum Auto zurück.
[X.]

und C.

betraten daraufhin das Haus und zo-gen sich Sturmhauben über den Kopf. Nachdem
der Zeuge [X.]

die Woh-nungstür
geöffnet hatte,
bedrohte C.

den
Zeugen mit einer nicht funktions-fähigen
Signal-
oder Gaswaffe, während [X.]

ihm ein
Messer drohend vor das
Gesicht hielt. Die Angeklagten erbeuteten 2.000

t-gegenstände. Zudem nötigten
sie den Zeugen, seine Bankkarte und die dazu-gehörige Geheimzahl herauszugeben, und hoben anschließend
einen geringen Geldbetrag von dessen Konto ab.
2. Die Beweiswürdigung
des [X.], auf die es
seine Überzeugung gestützt hat, die Angeklagte N.

habe entgegen ihrer Einlassung
den Einsatz einer Pistole und eines Messers zumindest billigend in Kauf genommen, ist nicht frei von [X.].
Die Würdigung der erhobenen Beweise
ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die von dem Gericht gezogenen Schlussfolgerungen müssen
aber
auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen
und dürfen sich nicht als bloße Vermutung erweisen, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu be-9
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-
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-
gründen vermag (vgl. [X.], Beschluss
vom 24.
März 2000 -
3 StR 585/99;
[X.] vom 24. Februar 2015 -
4 StR 11/15).

Dass die Angeklagte die verwendeten [X.] auf der Fahrt zum Tatort wahrgenommen hat, hat das [X.] nicht festgestellt. Vielmehr hat
es seine Überzeugung auf einen "Rückschluss aus den festgestellten [X.]"
gestützt, denn derjenige, der
sich an einer Tat
wie der vorliegenden betei-lige, ohne dass eine konkrete Tatbeteiligung abgesprochen oder sonst vorge-sehen ist, nehme diejenige Tatbegehung billigend in Kauf, mit der nach den Umständen zu rechnen sei
([X.] S.
62
f.).
Dabei hat das [X.]
indiziell zulasten der Angeklagten gewertet, sie habe selbst nicht behauptet, es sei eine Begehungsweise ohne Waffen oder [X.] abgesprochen gewesen.
Diese Erwägungen
halten
revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] durfte der Angeklagten schon nicht anlasten, dass sie keine von den Feststellungen abweichende andere Tatplanung behauptet
hat.
Hie-raus
ergibt sich kein
Indiz dafür, die Angeklagte habe auch hinsichtlich der Tat-bestandsvoraussetzungen des §
250 StGB vorsätzlich gehandelt.
Macht ein Angeklagter zu
einem
bestimmten Punkt eines einheitlichen Geschehens keine Angaben, dürfen daraus für ihn nachteilige Schlüsse nur gezogen werden, wenn nach den Umständen Äußerungen zu diesem Punkt zu erwarten gewesen wären, andere mögliche Ursachen des Verschweigens ausgeschlossen werden können und die gemachten Angaben nicht ersichtlich fragmentarischer Natur sind (vgl. [X.], Urteil vom 18.
April 2002 -
3
StR 370/01, [X.], 45; [X.] vom 16.
Dezember 2010 -
4
StR 508/10, NStZ-RR 2011, 118). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es
erschließt sich nicht, warum von der Angeklagten, die sich
dahin eingelassen
hat, sie sei von einer Tatbegehung "mittels Schlägen"
ausgegangen, zu erwarten gewesen wäre, dass sie weitere Angaben dazu macht, worauf sich ihre Tatvorstellung gründete, zumal den Ur-13
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-
8
-
teilsgründen auch nicht zu entnehmen ist, dass
überhaupt danach gefragt [X.] ist.

Die Überzeugung des Tatgerichts, die Angeklagte habe nach den ihr be-kannten Umständen der Tat mit dem Einsatz eines Messers und einer Pistole rechnen müssen, ist aber auch im Übrigen nicht rechtsfehlerfrei begründet. Das [X.]
hat insoweit
nur berücksichtigt, dass es sich bei dem [X.] um einen [X.] handelte, und dass [X.]

und der gesondert verfolgte C.

vor der Tat in Gegenwart der Angeklagten erörtert
hatten, ob bei der Tatbegehung mit
Widerstand oder einer weiteren anwesenden Person zu rechnen sei. Im Hinblick darauf, dass das [X.] in seiner
Wohnung über-fallen, durch das plötzliche Eintreten der zwei mit Sturmhauben maskierten Tat-beteiligten
überrascht und
körperliche Gewalt angewandt werden
sollte, hätte das [X.] zudem erörtern müssen, ob die Angeklagte auch mit dem Ein-satz von Droh-
oder Druckmitteln
rechnen musste.
Letztlich offen bleibt
auch, worauf sich die Annahme der Strafkammer stützt, die Angeklagte habe davon ausgehen müssen, dass bei der Tat neben
einer ungeladenen Pistole (§
250 Abs.
1 Nr.
1b) StGB) auch ein Messer (§
250 Abs.
2 Nr.
1 StGB) eingesetzt werden würde.
Nach alledem hat der Schuldspruch wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung keinen Bestand. Die Aufhebung erfasst auch die für sich genommen rechtsfeh-lerfreie
tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperver-letzung. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall B.[X.]4. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
II[X.]
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9
-
Die Revision der Angeklagten [X.]

hat mit der Sachrüge
vollumfänglich
Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.
1. Nach den Feststellungen betraten
der Angeklagte [X.]

und der [X.] verfolgte C.

unter Mitnahme eines Baseballschlägers
und einer nicht funktionstüchtigen Gas-
oder Signalwaffe am 23.
August 2013 die M.

Filiale in [X.]

. Sie bedrohten die vier anwesenden Mitarbeiter, wobei der Angeklagte
[X.]

dem Zeugen R.

zudem mit dem Baseballschlä-ger gegen die Schulter schlug. Insgesamt erbeuteten sie Bargeld in Höhe von mindestens 3.500

Um die Tatbegehung zu erleichtern, hatte die Angeklagte [X.]

, die als Mitarbeiterin bei der M.

Filiale beschäftigt war,
den
Ange-klagten [X.]

zuvor unter anderem darüber informiert, wo sich [X.] be-findet und wie viele
Mitarbeiter sich zum Tatzeitpunkt in der Filiale aufhalten werden.
2. Die Annahme des [X.], die Angeklagte [X.]

habe auch den Einsatz des Baseballschlägers durch den Angeklagten [X.]

billigend in Kauf genommen, beruht auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung.
Das [X.] hat seine Überzeugung
wiederum maßgeblich auf die Einlassung der Angeklagten gestützt, die angegeben hatte,
"sich keine Gedan-ken darüber gemacht zu haben, wie der Überfall ablaufen würde."
Damit habe sie "jede Tatbegehung billigend in Kauf genommen, mit der nach den [X.] zu rechnen gewesen"
sei ([X.] S. 83).
Es stellt im Ergebnis zwar keinen Rechtsfehler dar, wenn
das Landge-richt angesichts der konkreten Tatumstände davon ausgeht, die Angeklagte [X.]

habe
damit rechnen müssen, dass die Tat unter Mitnahme von Droh-
oder Druckmitteln begangen werden sollte. Wenngleich
es das [X.] versäumt
hat, sich mit den konkreten Umständen der Tat auseinanderzusetzen, legen die 18
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-
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Urteilsgründe in ihrem Zusammenhang diesen Schluss nahe. Denn bei der [X.] war nach Kenntnis der Angeklagten
[X.]

jedenfalls mit der [X.] von vier Mitarbeitern und gegebenenfalls mit dem Erscheinen von Gäs-ten zu rechnen. Zudem musste ein Mitarbeiter veranlasst werden, den
Tresor
zu öffnen.
Demgegenüber erschließt sich nicht von selbst, dass die Angeklagte [X.]

darüber hinaus auch mit der Verwendung von [X.] im Sinne des §
250 Abs.
2
StGB
und
einer körperlichen
Misshandlung oder
Verletzung von
Mitarbeitern
rechnen musste. Dies bedarf nochmaliger Prüfung durch das neue Tatgericht.

Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Schuldspruchs hinsichtlich aller tateinheitlich erfüllter
Straftatbestände
(vgl. [X.], [X.], 7.
Aufl., §
353 Rn.
12).
Vorsitzender Richter am [X.] Krehl Eschelbach
Prof. Dr. Fischer ist aus tat-
sächlichen Gründen an der
Unterschriftsleistung gehindert.

Krehl

Ott Zeng
22

Meta

2 StR 518/14

16.04.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2015, Az. 2 StR 518/14 (REWIS RS 2015, 12586)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12586

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 518/14

2 StR 211/14

2 StR 137/14

4 StR 11/15

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