Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.04.2017, Az. 19 W (pat) 7/17

19. Senat | REWIS RS 2017, 12326

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Antriebseinrichtung" – zur Auslegung eines unklaren Antrags der Patentinhaberin


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2006 053 730

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.], der Richterin [X.] sowie [X.] und Dipl.-Phys. Dr. Haupt

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der [X.] 1.23 des [X.] vom 26. September 2012 aufgehoben und das Patent 10 2006 053 730 in vollem Umfang widerrufen.

Gründe

I.

1

Auf die am 15. November 2006 eingereichte Anmeldung ist mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 das Patent 10 2006 053 730 mit der Bezeichnung „Antriebseinrichtung“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 6. Mai 2010 erfolgt.

2

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit [X.] vom 6. August 2010, eingegangen beim [X.] am gleichen Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

3

Die Einsprechende hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 3 und 4 [X.]) und unzulässig erweitert, da er über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]).

4

Zum Stand der Technik hat die Einsprechende auf folgende Druckschriften verwiesen:

5

[X.] [X.] 29 24 457 C2

6

[X.] [X.] 20 2005 003 466 U1

7

D3 [X.] 297 19 801 U1

8

D4 [X.] 10 2005 030 052 A1

9

[X.] aumüller aumatic gmbh: Prospekt „[X.]“, [X.], Druckvermerk „52-50-0-1.06 AK 11.05“, Seiten 1 – 4

[X.].1 aumüller aumatic gmbh: Beschreibung „Gleichlaufregelung MRMGi ab [X.]. 6, [X.], [X.], Druckvermerk „[X.]/PS, [X.]“, Seiten 1 – 3

[X.].2 aumüller aumatic gmbh: [X.] „Gleichlaufregelung für 2 Antriebe xxx S4 (mit Impulsgeber)“, [X.], Druckvermerk „118-14-0-1-0.0 AK 09.04“

[X.] aumüller: [X.] „MRMGi, Gleichlaufregelung mit Geber (Stromsignal)“, [X.] „[X.]-01-05-061“, 19.5.03, Blatt 1 von 1

[X.].4 aumüller: Schaltbild „MRMGi, Gleichlaufregelung mit Geber (Stromsignal)“, [X.] „[X.]-[X.]“, 19.5.03, Blatt 1 von 1

[X.] BUSCH, [X.]: Elektrotechnik und Elektronik für Maschinenbauer und Verfahrenstechniker. 2., überarb. Aufl., [X.]: [X.], 1996, Seiten 29 – 32, 307 – 315, 355 – 359, 370 – 382 und 389 – 393. [X.]-519-16346-2

[X.] [X.], [X.], 13., aktual. Aufl., [X.], [X.]: [X.], 05.10.2006, Seiten 11, 12, 13, 17, 18, 78 und 389 – 394. [X.]-446-40613-1

D8 [X.] 195 23 241 A1

[X.] [X.] 195 47 965 A1,

wobei die [X.] und [X.] bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogen worden sind und für die Vorveröffentlichung der Druckschriften [X.] bis [X.].4 von der Einsprechenden ein Zeuge benannt, diese aber von der Patentinhaberin nicht angezweifelt wurde.

Mit dem am Ende der Anhörung am 26. September 2012 verkündeten Beschluss hat die [X.] 1.23 des [X.]s das Patent gemäß Hauptantrag der Patentinhaberin mit

den Patentansprüchen 1 bis 4, eingereicht in der Anhörung am 26. September 2012,

den Patentansprüchen 5 bis 24, eingereicht mit [X.] vom 12. Juli 2012,

der Beschreibung gemäß Patentschrift mit Einschub 1 vom 11. Februar 2011 zwischen den Absätzen 0003 und 0004, sowie mit handschriftlichen Änderungen auf Seite 2/8, eingereicht in der Anhörung am 26. September 2012 und

den Zeichnungen, Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift

beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 30. Oktober 2012, eingegangen beim [X.] am 31. Oktober 2012.

Die Einsprechende beantragt,

den Beschluss der [X.] 23 des [X.]s vom 26. September 2012 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

[X.] ist wie angekündigt zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat zuletzt mit [X.] vom 4. April 2017 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent unverändert aufrechtzuerhalten.

Der Patentanspruch 1 in der von der [X.] beschränkt aufrechterhaltenen Fassung lautet:

Antriebseinrichtung für eine Klappe eines Fahrzeugs, mit einem mit einem feststehenden Bauteil oder einem bewegbaren Bauteil verbindbaren ersten Befestigungselement und mit einem an dem dem ersten Befestigungselement entgegengesetzten Ende axial relativ dazu bewegbaren [X.], das an seinem dem ersten Befestigungselement entgegengesetzten Ende ein mit dem bewegbaren Bauteil oder dem feststehenden Bauteil [X.] zweites Befestigungselement aufweist, mit einem eine Gewindespindel und eine auf der Gewindespindel angeordneten Spindelmutter aufweisenden [X.], durch den das erste Befestigungselement und das [X.] axial relativ zueinander bewegbar antreibbar sind, wobei die Antriebseinrichtung einen Gleichstrommotor umfaßt, durch den der [X.] drehbar antreibbar ist, durch dessen Motorwelle die Gewindespindel oder ein Kupplungsbauteil einer Kupplung drehbar antreibbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der [X.] bei axialer Auseinanderbewegung des ersten Befestigungselements und des [X.]es (1) mit einem sich über den [X.] Drehmoment drehbar antreibbar ist, wobei der Gleichstrommotor (21) zu Beginn der axialen Auseinanderbewegung von erstem Befestigungselement und [X.] (1) in einem über seiner Nennlast liegenden Lastbereich des [X.] (21) betrieben wird, wobei in der Zuleitung von einer Spannungsquelle zum Gleichstrommotor (21) ein Energiespeicher angeordnet ist, durch den der Anlaufstrom des [X.] (21) vorgespeichert wird.

Zum Wortlaut der sonstigen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Einsprechenden hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum Widerruf des Patents.

2. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Patent in der von der [X.] beschränkt aufrechterhaltenen Fassung. Der insoweit unklare Antrag der Patentinhaberin, die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen und das Patent unverändert aufrechtzuerhalten, ist entsprechend § 133 BGB unter Berücksichtigung des nach der Rechtsordnung und der Interessenslage der Patentinhaberin Vernünftigen sowie der Umstände des Falles dahin auszulegen (vgl. [X.], [X.], 9. Aufl. 2014, Einleitung [X.]. 120 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung), dass die Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden und die Aufrechterhaltung des Patents in der beschränkten Fassung, wie von der [X.] entschieden, beantragt wird. Dass eine Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung von der Patentinhaberin begehrt werden könnte, ist nicht anzunehmen. Nachdem sie selbst keine Beschwerde gegen den Beschluss der [X.] eingelegt hat und auch keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass eine Anschlussbeschwerde erhoben werden sollte, wäre ein auf die Rückkehr zur erteilten Fassung des Patents gerichteter Antrag unzulässig, da die damit begehrte Entscheidung gegen das Verbot der Reformatio in [X.] verstoßen würde. Eine unzulässige Antragstellung aber kann von der Patentinhaberin vernünftigerweise nicht gewollt sein. Auch der Umstand, dass sie bereits in dem Verfahren vor der [X.] nach Hauptantrag nur noch die Aufrechterhaltung des Patents in der dem Beschluss der [X.] zugrundeliegenden beschränkten Fassung verfolgt hat, spricht dafür, dass sie auch im Beschwerdeverfahren an der Aufrechterhaltung des Patents in dieser Fassung festhalten und nicht wieder auf die erteilte Fassung zurückgreifen möchte.

3. [X.] betrifft eine Antriebseinrichtung für eine Klappe eines Fahrzeugs. Die Antriebseinrichtung besteht aus einem mit einem feststehenden oder einem bewegbaren Bauteil verbindbaren ersten Befestigungselement und mit einem an dem dem ersten Befestigungselement entgegengesetzten Ende axial relativ dazu bewegbaren Gehäuserohr, das an seinem dem ersten Befestigungselement entgegengesetzten Ende ein mit dem bewegbaren oder dem feststehenden Bauteil [X.] zweites Befestigungselement aufweist und einem [X.], durch den das erste Befestigungselement und das Gehäuserohr axial relativ zueinander bewegbar antreibbar sind, wobei die Antriebseinrichtung einen Elektromotor umfasst, durch den der [X.] drehbar antreibbar ist (Absatz 0001 des Streitpatents).

Bei derartigen Antriebseinrichtungen müsse der Elektromotor so ausgelegt sein, dass er unter allen üblichen Betriebsbedingungen sicher eine Bewegung des zu bewegenden Bauteils durchführen kann. Dies erfordere beim Stand der Technik einen entsprechend starken und großvolumigen Elektromotor und damit einen großen Einbauraum für die Antriebseinrichtungen (Absätze 0002 und 0003).

Da der Einbauraum, insbesondere in Fahrzeugen beschränkt sei, stelle sich die Aufgabe, eine Antriebseinrichtung mit möglichst geringer Baugröße, insbesondere mit geringem Durchmesser zu schaffen (Absatz 0004).

Die gestellte Aufgabe soll durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelöst werden, der sich in der von der [X.] beschränkt aufrechterhaltenen Fassung wie folgt gliedern lässt:

1.1 Antriebseinrichtung für eine Klappe eines Fahrzeugs,

1.2 mit einem mit einem feststehenden Bauteil oder einem bewegbaren Bauteil verbindbaren ersten Befestigungselement und

1.3 mit einem an dem dem ersten Befestigungselement entgegengesetzten Ende axial relativ dazu bewegbaren [X.],

1.4 das an seinem dem ersten Befestigungselement entgegengesetzten Ende ein mit dem bewegbaren Bauteil oder dem feststehenden Bauteil [X.] zweites Befestigungselement aufweist,

1.5 mit einem eine Gewindespindel und eine auf der Gewindespindel angeordneten Spindelmutter aufweisenden [X.], durch den das erste Befestigungselement und das [X.] axial relativ zueinander bewegbar antreibbar sind,

1.6 wobei die Antriebseinrichtung einen Gleichstrommotor umfasst, durch den der [X.] drehbar antreibbar ist, durch dessen Motorwelle die Gewindespindel oder ein Kupplungsbauteil einer Kupplung drehbar antreibbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.7 der [X.] bei axialer Auseinanderbewegung des ersten Befestigungselements und des [X.]es (1) mit einem sich über den [X.]

1.8 wobei der Gleichstrommotor (21) zu Beginn der axialen Auseinanderbewegung von erstem Befestigungselement und [X.] (1) in einem über seiner Nennlast liegenden Lastbereich des [X.] (21) betrieben wird,

1.9 wobei in der Zuleitung von einer Spannungsquelle zum Gleichstrommotor (21) ein Energiespeicher angeordnet ist, durch den der Anlaufstrom des [X.] (21) vorgespeichert wird.

4. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann einen seit mehreren Jahren berufstätigen Elektrotechnikingenieur mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Antriebstechnik zu Grunde.

5. Einzelne Angaben im Patentanspruch 1 in der von der [X.] beschränkt aufrechterhaltenen Fassung bedürfen der Erläuterung:

a) Der Gleichstrommotor treibt den [X.] an, wodurch dieser das erste Befestigungselement und das [X.] axial auseinander bewegt. Die Angabe, dass der [X.] dabei „mit einem sich über den [X.]

Dieses Verhalten der Antriebseinrichtung kann verschiedene Ursachen haben:

1. [X.] die durch den [X.] axial auf das bewegbare Bauteil, hier die [X.], wirken muss, um es zu bewegen, nimmt von einem bestimmten Wert an ab. Beispielsweise ist die zu überwindende Gewichtskraft, um eine Kofferraumklappe aus der Horizontalen zu bewegen, größer als in einer Stellung, in der sich die Klappe schon fast in der Vertikalen befindet. [X.] ist bei geeigneter Geometrie von [X.] und Klappe zumindest bereichsweise proportional zum Drehmoment, mit dem der [X.] angetrieben werden muss.

2. Gesetzt den Fall, dass [X.] konstant ist, kann durch eine nichtkonstante Steigung bzw. Ganghöhe des Gewindes der Gewindespindel, hier zuerst eine größere, dann an einem weiteren Punkt des [X.]es eine kleinere Steigung, ebenfalls eine Reduktion des vom Gleichstrommotor aufzubringenden Drehmoments erreicht werden, vgl. dazu beispielsweise in der Druckschrift [X.] die Figur 1 und darin die Bezugszeichen M, L und R.

3. Selbst bei [X.] auf den [X.] und konstanter Gewindesteigung der Gewindespindel ist, wie der Fachmann weiß, die Haftreibung grundsätzlich größer als die Gleitreibung und daher beim Anlaufen der Gewindespindel (Absatz 0006 der Streitpatentschrift: „zu Beginn des [X.]es bei axialer Auseinanderbewegung“) [X.] und damit ein höheres Drehmoment des [X.] vonnöten, als später auf dem [X.] bei konstanter Geschwindigkeit.

Dem Fachmann ist insoweit ohne Weiteres klar, dass bei Antriebseinrichtungen nach dem Streitpatent immer erst ein höheres und danach ein niedrigeres Drehmoment aufgebracht werden muss, sofern nicht besondere Maßnahmen getroffen werden, dem entgegen zu wirken.

b) Unter dem Begriff „Nennlast“ (Merkmal 1.8) versteht der Fachmann die höchste Belastung, mit der der Gleichstrommotor im Dauerbetrieb betrieben werden kann, ohne Schaden, beispielsweise durch Überhitzung, zu nehmen.

c) Die Formulierung „ein Energiespeicher … durch den der Anlaufstrom … vorgespeichert wird“ (Merkmal 1.9) wird vom Fachmann wie folgt verstanden:

In einem Energiespeicher kann kein Strom, sondern nur Energie oder damit assoziiert eine Ladungsmenge gespeichert werden. Im einzigen Ausführungsbeispiel des Streitpatents ist der Energie- bzw. Ladungsspeicher durch einen Kondensator realisiert.

Unter einem Anlaufstrom versteht der Fachmann den elektrischen Strom, der im Stromkreis des [X.] fließt, wenn dieser sich in einem Zustand der Beschleunigung zwischen Ruhe und konstanter Nenndrehzahl befindet. Der Anlaufstrom ist größer als der Strom, welcher fließt, wenn der [X.] und die mit ihm verbundene Klappe sich in Bewegung befinden. Ursache dafür sind das anfänglich höhere Drehmoment (siehe hierzu Merkmal 1.7 zusammen mit obiger Erläuterung unter a), die daraus resultierende höhere Last für den Gleichstrommotor und zusätzlich die für einen Fachmann selbstverständliche Charakteristik von Elektromotoren allgemein, die darin begründet liegt, dass für das Beschleunigen der Masse der rotierenden Teile eines [X.] auf konstante Drehzahl mehr Leistung und damit mehr Strom als für das Konstanthalten der Drehzahl nötig ist. Ein erhöhter Strom fließt somit bis zum Erreichen der stationären Drehzahl. Die elektrische Energie, die nötig ist, den erhöhten Anlaufstrom zu liefern, wird im genannten Energiespeicher zumindest teilweise gespeichert.

6. Es kann sowohl dahin gestellt bleiben, ob der Fachmann alle Merkmale, die über die ursprüngliche Fassung der Patentansprüche hinaus in den Patentansprüchen der beschränkten Fassung genannt sind, den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend entnimmt (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]), als auch, ob die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 [X.]), da wegen mangelnder Patentfähigkeit ihrer Gegenstände auch eine beschränkte Aufrechterhaltung des Patents nicht in Betracht kommt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 1 Abs. 1 [X.] und § 4 [X.]).

6.1 Den Ausgangspunkt für die Bemühungen des Fachmanns um eine Fortentwicklung und Verbesserung bildet zur Überzeugung des Senats der unstrittig zum Stand der Technik zählende Prospekt „[X.]“ (Druckschrift [X.]).

6.2 Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig. Er mag zwar als neu gelten, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6.3 Die Druckschrift [X.] offenbart eine Antriebseinrichtung für eine Klappe (Seite 1, Technische Beschreibung, Punkte 1 und 2: „

Weiterhin umfasst die Antriebseinrichtung nach Druckschrift [X.] einen [X.], mit einer, wie der Fachmann als selbstverständlich mitliest, Gewindespindel und einer auf der Gewindespindel angeordneten Spindelmutter, durch den das erste Befestigungselement und das [X.] axial relativ zueinander bewegbar antreibbar sind (siehe hierzu beispielsweise den Titel des Prospekts: „

Schließlich enthält die Antriebseinrichtung nach Druckschrift [X.] auch einen Gleichstrommotor (vgl. Seite 1, Abschnitt „Betriebsparameter“, erster Punkt: „

Ausgehend von einem fachgemäßen Verständnis der Bewegungsabläufe des offenbarten Spindelhub-Linearantriebs versteht der Fachmann ohne Weiteres, dass der [X.] bei axialer Auseinanderbewegung des ersten Befestigungselements und des [X.]es mit einem sich über den [X.] reduzierenden Drehmoment drehbar antreibbar ist (Merkmal 1.7).

6.4 Der Fachmann wird ausgehend von der Druckschrift [X.] Überlegungen anstellen, wie er die Antriebseinrichtung, vor allem bei der Verwendung in Fahrzeugen, hinsichtlich geringer Baugröße und – da die Länge durch die Anwendung im Wesentlichen vorgegeben ist – insbesondere geringen Durchmessers optimieren kann. Deshalb wird er bei der Auswahl des zur Anwendung kommenden [X.] darauf achten, dass dieser auch bezüglich der Motorleistung nicht größer dimensioniert ist als nötig, da die Baugröße von Elektromotoren (gleicher Typ bzw. Funktionsprinzip vorausgesetzt) mit der Motorleistung korreliert. Der Fachmann weiß, dass bei wechselnder Belastung des [X.] dessen Nennleistung nicht der maximalen Last entsprechen muss, da im Kurzzeitbetrieb – beispielsweise in der Einschalt- bzw. Anlaufphase – die Nennleistung ohne Gefahr überschritten werden kann. Als Beleg dafür können die Druckschriften [X.] und [X.] dienen, in denen nicht nur das entsprechende allgemeine Fachwissen nachzulesen ist, sondern auch konkrete Berechnungen für die Auswahl von passenden Gleichstrommotoren exemplarisch vorgeführt werden (vgl. Druckschrift [X.]: Seite 380 bis 382; Druckschrift [X.]: Seite 389, letzter Absatz bis Seite 394). Somit liegt für den Fachmann die Realisierung des Merkmals 1.8 im Rahmen fachgemäßer Überlegungen nahe.

6.5 Bei der Maßnahme, in der Zuleitung von Spannungsquelle zum Verbraucher einen Energiespeicher mit geringem Innenwiderstand vorzusehen, wenn temporär mit einer erhöhten Anforderung von Leistung zu rechnen ist, handelt es sich zur Überzeugung des Senats um eine Maßnahme, die der Fachmann bei der Konzipierung von [X.] für Elektromotoren regelmäßig ergreift, um einen zu großen Spannungsabfall im Moment des [X.] aufgrund des Innenwiderstands der Spannungsquelle zu verhindern.

Dem Fachmann sind zur technischen Realisierung derartiger Energiespeicher sowohl Akkumulatoren als auch Kondensatoren bekannt und geläufig. Die konkrete Realisierungsform wird anwendungsspezifisch gewählt. Im Falle der Anwendung im Fahrzeug kommt für den Fachmann vor allem unter den Gesichtspunkten des Gewichts und der Abmessungen eine Realisierung mit Kondensatoren in Betracht. Dabei ist es für ihn selbstverständlich, den Kondensator bei einem mit Gleichstrom betriebenen Elektromotor parallel zu diesem und zur Spannungsquelle anzuordnen und nicht in Reihe, da dies eine Unterbrechung des Stromkreises zur Folge hätte. Damit kann der vor dem Anlaufen des [X.] aufgeladene Kondensator beim Anlaufen seine gespeicherte Energie abgeben und einen mit der [X.] abnehmenden Anteil des [X.] zu dem von der Spannungsquelle gelieferten Anteil beitragen. Die Auswahl eines geeigneten Kondensators und die Berechnung der richtigen Dimensionierung stellen für den zuständigen Fachmann lediglich Routineaufgaben dar. Als Nachweis der Fachüblichkeit dieser Maßnahmen wird rein beispielgebend auf die Druckschrift [X.] verwiesen, die ebenfalls eine Stromspeiseeinrichtung für einen elektrischen Gleichstrommotor beschreibt, bei der ein Elektrolyt-Kondensator hoher Kapazität (Figur 2, Bezugszeichen 28 und zugehöriger Beschreibungsteil Spalte 6, Zeilen 33 bis 41) in der Zuleitung von der Spannungsquelle (Figur 2: „

6.6 Somit ergibt sich der Gegenstand des verteidigten Anspruchs 1 für den Fachmann in naheliegender Weise ausgehend von der Druckschrift [X.] unter Berücksichtigung seines Wissens und Könnens.

6.7 Die auf den unabhängigen Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche teilen dessen Schicksal, zumal sie keine Besonderheiten nennen, die aus Sicht des Senats zur Grundlage einer gewährbaren Anspruchsfassung hätten werden können. Auch die Patentinhaberin hat Derartiges nicht geltend gemacht.

Meta

19 W (pat) 7/17

19.04.2017

Bundespatentgericht 19. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 133 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.04.2017, Az. 19 W (pat) 7/17 (REWIS RS 2017, 12326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12326

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