Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.04.2012, Az. III R 87/09

3. Senat | REWIS RS 2012, 7078

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Gegenstand

(Kindergeldanspruch eines in Deutschland freiwillig rentenversicherten und unbeschränkt steuerpflichtigen Selbständigen für seine in Österreich bei der Mutter lebenden Kinder - Persönlicher Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71)


Leitsatz

1. Anhang I Teil I Buchst. D (bzw. Buchst. E in der ab 2007 geltenden Fassung) Ziff. b der VO Nr. 1408/71 sieht eine Anwendung der für Familienleistungen geltenden Vorschriften der Art. 72 ff. der VO Nr. 1408/71 für den Fall, dass ein deutscher Träger der zuständige Träger für die Gewährung der Familienleistungen ist, bei in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Selbständigen nur dann vor, wenn eine Versicherungspflicht besteht, nicht dagegen bei einer nur freiwilligen Versicherung .

2. Erfüllt ein nach deutschem Recht Kindergeldberechtigter die Voraussetzungen des Anhangs I Teil I Buchst. D (bzw. Buchst. E in der ab 2007 geltenden Fassung) der VO Nr. 1408/71 nicht, kann sich eine Anwendbarkeit der Antikumulierungsvorschriften des Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und des Art. 10 der VO Nr. 574/72 auch daraus ergeben, dass der andere Elternteil in den persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 fällt und deshalb die Kinder als Familienangehörige i.S. des Art. 1 Buchst. f Ziff. i der VO Nr. 1408/71 anzusehen sind .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) besitzt die [X.] Staatsangehörigkeit. Er ist der Vater der im Januar 1994 geborenen [X.]ochter ([X.]) und des im Juni 1997 geborenen [X.] (S). Der Kläger war in [X.] als Handelsvertreter selbständig tätig und erhält seit dem 1. Februar 2007 eine Regelaltersrente. In die Rentenversicherung für Angestellte zahlte er bis 1969 Pflichtbeiträge ein. Vom 1. Januar 1970 (Beginn der Handelsvertretertätigkeit) bis 31. Dezember 2005 zahlte der Kläger freiwillig Rentenversicherungsbeiträge.

2

Die Ehefrau des [X.] und Mutter der beiden Kinder ist [X.] Staatsangehörige und lebt mit den beiden Kindern seit Oktober 2000 in [X.]. Seit Anfang des Jahres 2006 ist die Ehefrau in [X.] nichtselbständig tätig.

3

Der Kläger erhielt während des sich bis einschließlich Januar 2006 erstreckenden [X.] das Kindergeld für seine beiden Kinder in gesetzlicher Höhe. Am 4. Juli 2007 teilte er der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) mit, dass seine Ehefrau und seine Kinder nach [X.] gezogen seien und dass seine Ehefrau dort seit Januar 2007 berufstätig sei. Später legte er den Vordruck [X.] vor, in dem das zuständige [X.] Finanzamt bescheinigte, dass die Ehefrau des [X.] ab dem 2. Januar 2006 laufend eine berufliche [X.]ätigkeit ausgeübt habe und ihr für den gleichen [X.]raum ein Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige zustehe.

4

Mit Bescheid vom 9. Juli 2008 änderte die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung wie folgt:

für die [X.] von November 2000 bis Dezember 2001: je Kind 69,02 € pro Monat;

für die [X.] von Januar 2002 bis Januar 2006: je Kind 77 € pro Monat.

5

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass mangels Anwendbarkeit der speziellen gemeinschaftsrechtlichen Konkurrenzvorschriften für Familienleistungen auf die allgemeine Konkurrenzvorschrift des Art. 12 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der [X.] zu- und abwandern ([X.] Nr. 1408/71), in ihrer durch die Verordnung ([X.]) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 --[X.] Nr. 118/97-- (Amtsblatt der Europäischen [X.]en --ABl[X.]-- 1997 Nr. L 28, [X.]) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung ([X.]) Nr. 647/2005 des [X.] und des Rates vom 13. April 2005 --[X.] Nr. 647/2005-- ([X.] 2005 Nr. L 117, [X.]), in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 ([X.] Nr. 574/72) in ihrer durch die [X.] Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die [X.] Nr. 647/2005, zurückzugreifen sei. Danach könne in [X.] (nur) das hälftige Kindergeld gezahlt werden.

6

Den hiergegen erhobenen Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 als unbegründet zurück.

7

Das Finanzgericht (FG) hob den Bescheid vom 9. Juli 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 hinsichtlich des [X.]raumes von November 2000 bis Dezember 2003 auf und wies die Klage im Übrigen als unbegründet ab.

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

9

Der Kläger beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils, den Rückforderungsbescheid vom 9. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 insoweit aufzuheben, als das Kindergeld für die [X.] von Januar 2004 bis Januar 2006 von der Familienkasse zurückgefordert wird.

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. [X.]ie Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Kindergelds für den Zeitraum Januar 2004 bis Januar 2006 und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und [X.]ntscheidung.

1. [X.]as [X.] hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass ein etwaiger Anspruch des [X.] auf das volle Kindergeld nach den §§ 62 f. des [X.]inkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung ([X.]StG) für seine Kinder jedenfalls nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]StG ausgeschlossen sei. [X.]ie bisherigen Feststellungen des [X.] ermöglichen allerdings keine abschließende [X.]ntscheidung dazu, ob § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]StG im vorliegenden Fall überhaupt zur Anwendung gelangt.

2. a) Zu Unrecht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die [X.]röffnung des persönlichen Geltungsbereichs der [X.] 1408/71 durch den Anhang [X.]. [X.] der [X.] 1408/71 (entspricht [X.]. [X.] in der ab 2007 geltenden Fassung) ausgeschlossen wird.

[X.]) Wie der Senat mit Urteil vom 4. August 2011 [X.]/08 (BFH[X.] 234, 316) dargelegt hat, wird der persönliche Geltungsbereich der [X.] 1408/71 im Rahmen der allgemeinen Vorschriften des Titels I in Art. 2 der [X.] 1408/71 festgelegt. Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 gilt die Verordnung insbesondere für Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedst[X.]ten gelten oder galten, soweit sie St[X.]tsangehörige eines Mitgliedst[X.]ts sind, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene. [X.]ie in dieser Vorschrift verwendeten Begriffe "Arbeitnehmer" und "Selbständiger" werden in Art. 1 [X.]. a der [X.] 1408/71 definiert. Sie bezeichnen jede Person, die im Rahmen eines der in Art. 1 [X.]. a der [X.] 1408/71 aufgeführten Systeme der [X.] Sicherheit gegen die in dieser Vorschrift angegebenen Risiken unter den dort genannten Voraussetzungen versichert ist. [X.]ine Person besitzt somit z.B. die [X.]igenschaft eines Selbständigen im Sinne der [X.] 1408/71, wenn sie auch nur gegen ein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 [X.]. a dieser Verordnung genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der [X.] Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert ist. [X.]abei ist nicht die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit maßgeblich, sondern der Versichertenstatus (z.B. Urteile des Gerichtshofs der [X.]uropäischen Union --[X.]uGH-- vom 7. Juni 2005 [X.]/03, [X.]odl und [X.], [X.]. 2005, [X.]. 29 ff.; vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.], [X.]uropäische Zeitung für Wirtschaftsrecht 2011, 436 Rdnrn. 28 ff.).

bb) Für die Frage, ob der persönliche Geltungsbereich der [X.] 1408/71 eröffnet ist, kommt es dagegen nicht darauf an, ob der Selbständige auch die Voraussetzungen erfüllt, die in ihrem Anhang [X.]. [X.] aufgeführt sind. [X.]enn die in dieser Bestimmung enthaltenen [X.]inschränkungen gelten nur für die Vorschriften des Titels [X.] der [X.] 1408/71, d.h. bei Anwendung ihrer Art. 72 ff. [X.]as setzt voraus, dass die [X.]röffnung des persönlichen Geltungsbereichs nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 [X.]. a der [X.] 1408/71 bereits bejaht wurde (vgl. Senatsurteil in BFH[X.] 234, 316, m.w.N).

cc) Unter den Begriff des Selbständigen sind nach Art. 1 [X.]. a Ziff. i der [X.] 1408/71 sowohl Personen zu erfassen, die bei der [X.] Rentenversicherung zunächst pflichtversichert und anschließend freiwillig weiterversichert waren, als auch nach Art. 1 [X.]. a Ziff. iv der [X.] 1408/71 Personen, die bei der [X.] Rentenversicherung freiwillig versichert sind und eine selbständige Tätigkeit ausüben. [X.]as [X.] hat den genauen Versicherungsstatus des [X.] bislang nicht festgestellt. Nach Aktenlage spricht jedoch einiges dafür, dass der Kläger als freiwillig versicherter Selbständiger jedenfalls von einer der beiden Alternativen erfasst wird.

b) Als Familienleistung i.S. des Art. 1 [X.]. u Ziff. i der [X.] 1408/71 unterfällt das Kindergeld nach den §§ 62 ff. [X.]StG gemäß Art. 4 Abs. 1 [X.]. h dieser Verordnung auch ihrem sachlichen Geltungsbereich (vgl. Senatsurteil in BFH[X.] 234, 316, m.w.N).

3. Sollten die noch erforderlichen [X.]rmittlungen des [X.] ergeben, dass der Kläger vom persönlichen Geltungsbereich der [X.] 1408/71 erfasst wird, ist das auf ihn anzuwendende Recht nach den Vorschriften des Titels II dieser Verordnung (Art. 13 ff.) zu bestimmen.

Insoweit sieht Art. 13 Abs. 1 der [X.] 1408/71 vor, dass vorbehaltlich der Art. 14c und 14f der [X.] 1408/71 Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedst[X.]ts unterliegen und sich nach Titel II der [X.] 1408/71 bestimmt, welche Rechtsvorschriften dies sind. Art. 13 Abs. 2 [X.]. b der [X.] 1408/71 bestimmt, dass vorbehaltlich der Regelungen der Art. 14 bis 17 der [X.] 1408/71 eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedst[X.]ts eine selbständige Tätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses ([X.] unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedst[X.]ts wohnt. [X.]en Feststellungen des [X.] lässt sich nicht entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt der Kläger in [X.]eutschland als Handelsvertreter selbständig tätig war oder noch ist. Jedenfalls würde er während der [X.] der selbständigen Tätigkeit in [X.]eutschland den [X.] Rechtsvorschriften unterliegen, sofern sich nicht im zweiten Rechtsgang Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände der Art. 14 bis 17 der [X.] 1408/71 ergeben. Sollte der Kläger die selbständige Tätigkeit vor oder bei Renteneintritt beendet haben, wären nach Art. 13 Abs. 2 [X.]. f der [X.] 1408/71 die [X.] Rechtsvorschriften weiterhin anwendbar, sofern der Wohnsitz in [X.]eutschland fortbestanden hat (Recht des Wohnsitzst[X.]ts) und sich nicht aufgrund Art. 13 Abs. 2, Art. 14 bis 17 der [X.] 1408/71 die Anwendbarkeit des Rechts eines anderen Mitgliedst[X.]ts ergibt (z.B. Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit oder selbständigen Tätigkeit in [X.]).

4. a) Soweit sich aufgrund des Art. 13 Abs. 2 der [X.] 1408/71 ergibt, dass auf den Kläger [X.] Rechtsvorschriften anzuwenden sind, müsste noch geprüft werden, wie die sich dann ergebende Anspruchskumulierung vermieden wird.

Nach den den Senat bindenden Feststellungen des [X.] bestand für die [X.]hefrau des [X.] während des Zeitraums Januar 2004 bis Januar 2006 für beide Kinder ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach [X.] Recht. Soweit daneben ein Anspruch des [X.] auf [X.]s Kindergeld bestand, wäre die dann gegebene Anspruchskumulierung grundsätzlich nach den Antikumulierungsvorschriften des Art. 10 der [X.] 574/72 aufzulösen, da die Gewährung von Familienleistungen im Wohnsitzst[X.]t der Kinder ([X.]) nicht von der Ausübung einer [X.]rwerbstätigkeit abhängig ist (vgl. hierzu die Übersicht über die vergleichbaren Leistungen i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]StG in dem für den Streitzeitraum geltenden Schreiben des [X.] vom 14. Februar 2002 [X.], [X.], 241) und somit die Antikumulierungsvorschrift des Art. 76 der [X.] 1408/71 nicht eingreift.

b) [X.]) Allerdings sieht Anhang [X.]. [X.] der [X.] 1408/71 bei der Anwendung der für Familienleistungen geltenden Vorschriften des Titels [X.] der [X.] 1408/71 eine [X.]inschränkung des persönlichen Geltungsbereichs der [X.] 1408/71 vor. [X.]anach gilt für den Fall, dass ein [X.]r Träger der zuständige Träger für die Gewährung der Familienleistungen gemäß Titel [X.] der [X.] 1408/71 ist, i.S. des Art. 1 [X.]. a Ziff. ii der [X.] 1408/71 als Selbständiger, wer eine Tätigkeit als Selbständiger ausübt und in einer Versicherung der selbständig [X.]rwerbstätigen für den Fall des Alters versicherungs- oder beitragspflichtig ist oder in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.

bb) Insoweit hat das [X.] jedoch festgestellt, dass der Kläger weder in einer Versicherung der selbständig [X.]rwerbstätigen für den Fall des Alters versicherungs- oder beitragspflichtig noch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] wird der Fall der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung von dieser Vorschrift nicht erfasst, da insoweit gerade keine Versicherungspflicht besteht. [X.]ie [X.]inschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs bei der Anwendung der für Familienleistungen geltenden Vorschriften würde jedoch dazu führen, dass trotz einer grenzüberschreitenden Kumulation zweier Ansprüche die gemeinschaftsrechtliche Antikumulierungsvorschrift nicht zur Anwendung gelangen würde.

cc) Zur Reichweite der Bestimmungen des [X.] der [X.] 1408/71 hat der [X.]uGH in der Rechtssache Schwemmer (Urteil vom 14. Oktober 2010 [X.]/09, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht 2011, 235 Rdnr. 38) entschieden, dass auch in einem Fall, in dem die nach [X.]m Recht Kindergeldberechtigte die Voraussetzungen des Anhangs [X.]. [X.] der [X.] 1408/71 nicht erfüllt, die Antikumulierungsvorschrift des Art. 10 der [X.] 574/72 zur Anwendung kommen kann. [X.]ies begründete er zum einen damit, dass es trotz der fehlenden Anwendbarkeitsvoraussetzungen zur [X.]ntstehung paralleler Ansprüche auf Familienleistungen für denselben Zeitraum kommen könne. Zum anderen verwies er unter Bezugnahme auf die [X.]ntscheidung in der Rechtssache [X.] ([X.]uGH-Urteil vom 4. Juli 1985 [X.], [X.]. 1985, [X.]. 15) darauf, dass die Kinder als Familienangehörige des [X.]lternteils, der Arbeitnehmer (in [X.]) ist, in den persönlichen Anwendungsbereich der [X.] 1408/71 fallen.

[X.]araus ergibt sich, dass Art. 10 der [X.] 574/72 im Streitfall jedenfalls für den Monat Januar 2006 Anwendung finden würde, da die Mutter der Kinder in diesem Monat selbst Arbeitnehmerin war und daher die Kinder als Familienangehörige in den persönlichen Anwendungsbereich der [X.] 1408/71 fallen. Auch für die Monate Januar 2004 bis [X.]ezember 2005 könnte sich eine Anwendbarkeit des Art. 10 der [X.] 574/72 daraus ergeben, dass die Mutter der Kinder in den persönlichen Geltungsbereich der [X.] 1408/71 fällt, wofür erforderlich, aber auch ausreichend wäre, dass sie nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 [X.]. a der [X.] 1408/71 in irgendeinem der von dem sachlichen Geltungsbereich der [X.] 1408/71 erfassten Zweige der [X.] Sicherheit in irgendeinem Mitgliedst[X.]t der [X.]uropäischen Union versichert ist (vgl. Senatsurteil in BFH[X.] 234, 316). [X.]anach wäre es für die Anwendbarkeit des Art. 10 der [X.] 574/72 bereits ausreichend, wenn die [X.]hefrau des [X.] im fraglichen Zeitraum oder in einem früheren Zeitraum (s. hierzu Art. 2 Abs. 1 der [X.] 1408/71) in irgendeinem Mitgliedst[X.]t in einem der in Art. 1 der [X.] 1408/71 genannten Versicherungszweige (z.B. der Renten-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherung) versichert war.

dd) Kommt Art. 10 der [X.] 574/72 nach den noch durchzuführenden Feststellungen des [X.] zur Anwendung, wäre wegen der in der Bestimmung geregelten Anspruchsreihenfolge des Weiteren noch zu ermitteln, ob die [X.]hefrau des [X.] auch im Zeitraum Januar 2004 bis [X.]ezember 2005 eine Berufstätigkeit ausgeübt hat. [X.]ie vorliegenden Bescheinigungen [X.] 411 enthalten hierzu keine näheren Angaben. Hat die [X.]hefrau eine Berufstätigkeit ausgeübt (s. zur Reichweite des Begriffs der Berufstätigkeit Beschluss Nr. 119 der Verwaltungskommission der [X.]uropäischen Gemeinschaften für die [X.] Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 24. Februar 1983 zur Auslegung des Art. 76 und des Art. 79 Abs. 3 der [X.] 1408/71 sowie des Art. 10 Abs. 1 der [X.] 574/72 bezüglich des Zusammentreffens von Familienleistungen oder -beihilfen, ABl[X.]G 1983 Nr. [X.], [X.]), wäre nach Art. 10 Abs. 1 [X.]. [X.]. i der [X.] 574/72 vorrangig [X.] zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet. [X.]eutschland müsste gegebenenfalls den [X.]ifferenzbetrag zu einem höheren inländischen Kindergeldanspruch des [X.] leisten.

Soweit die [X.]hefrau im streitigen Zeitraum keine Berufstätigkeit ausgeübt hat, wäre nach Art. 10 Abs. 1 [X.]. a der [X.] 574/72 der Anspruch des [X.] auf [X.]s Kindergeld vorrangig.

Meta

III R 87/09

19.04.2012

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 10. November 2009, Az: 10 K 4210/08 Kg, Urteil

§ 65 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, Art 13 EWGV 1408/71, Art 76 Anh 1 EWGV 1408/71, Art 10 EWGV 574/72, Art 2 Tit 1 EWGV 1408/71, Anh 1 Teil 1 Buchst D EWGV 1408/71, Anh 1 Teil 1 Buchst E EWGV 1408/71, Art 72 EWGV 1408/71, Art 72ff EWGV 1408/71

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.04.2012, Az. III R 87/09 (REWIS RS 2012, 7078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7078

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