Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. IX ZB 140/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5683

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[X.] BESCHLUSS [X.]/04 vom 12. Januar 2006 Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 307 a) Ein Gläubiger, der dem Schuldenbereinigungsplan innerhalb der Frist zur Stellungnahme widersprochen hat, kann auch nach Ablauf der Frist noch nachträglich seine Zustimmung erklären. b) Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzgerichts, ob es dem Schuldner Gelegenheit gibt, den Schuldenbereinigungsplan innerhalb einer bestimmten Frist zu ändern oder zu ergänzen. c) Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine Einigung über einen ge-änderten Schuldenbereinigungsplan zustande kommen könnte, ist das Insol-venzgericht verpflichtet, nach § 307 Abs. 3 [X.] vorzugehen. [X.], [X.]uss vom 12. Januar 2006 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 12. Januar 2006 beschlossen: Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der [X.]uss der 26. Zivilkammer des [X.] vom 10. Mai 2004 und der [X.]uss des [X.] Insolvenz- gericht [X.] vom 18. September 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung [X.] auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren [X.] an das Insolvenzgericht [X.]. Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 4.000 Euro festgesetzt. Gründe: [X.] Der Schuldner hat beantragt, gemäß § 309 Abs. 1 [X.] die [X.] mehrerer Gläubiger gegen den von ihm vorgelegten [X.] zu ersetzen. Das Insolvenzgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen die Entscheidung des [X.] ist zurückgewiesen worden, weil die Summe der Ansprüche der 1 - 3 - zustimmenden Gläubiger nicht mehr als die Hälfte der Ansprüche der benann-ten Gläubiger betrage. Die Erklärung des Beteiligten zu 3. sei nicht als Zustim-mung zu werten. Von einem Vorgehen gemäß § 307 Abs. 3 [X.] habe das [X.] zu Recht abgesehen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner weiterhin das Ziel einer Zustimmungsersetzung. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 390 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht. 2 1. Der [X.]uss des [X.] kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil er nicht mit ausreichenden Gründen versehen ist. [X.]üsse, [X.] der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, über den entschieden wird; denn die Feststellungen des [X.] sind Grundlage der Entscheidung des [X.] (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so kann eine Rechtsprüfung nicht erfolgen. Ausführungen des [X.], die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne; sie ziehen [X.] auch ohne eine Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde [X.] die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach sich ([X.], [X.]. v. 5. Februar 2004 [X.] [X.] ZB 29/03, [X.], 1686 f; v. 7. April 2005 [X.] [X.] ZB 63/03, [X.], 1246). Der angefochtene [X.]uss ge-nügt den dargestellten Anforderungen an eine Beschwerdeentscheidung nicht. 3 - 4 -
2. Die Ausführungen des [X.] dazu, ob der weitere Beteiligte zu 3. dem Schuldenbereinigungsplan widersprochen oder ihm zugestimmt hat, sind zudem rechtlich nicht haltbar. 4 a) Den Gründen des angefochtenen [X.]usses ist zu entnehmen, dass das Forderungsverzeichnis, welches dem Schuldenbereinigungsplan zugrunde liegt, eine Forderung des Beteiligten zu 3. in Höhe von 25.564,59 Euro aus-weist. Der Beteiligte zu 3. hat dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt, zugleich aber erklärt, ihm stünden Forderungen von insgesamt 79.011,31 Euro zu. In späteren Schreiben hat er erklärt, sein erstes Schreiben sei als unbeding-te Zustimmung zu verstehen gewesen. Insolvenzgericht und [X.] haben dieses Verhalten als Ablehnung des [X.] gewertet. Das [X.] hat zur Begründung auf § 150 Abs. 2 BGB verwiesen. Der [X.] zu 3. habe das im Schuldenbereinigungsplan enthaltene Angebot nur unter einer Bedingung angenommen. Darin liege die mit einem neuen Angebot verbundene Ablehnung des ursprünglichen Angebots. Die einmal eingetretene Rechtsfolge des § 150 Abs. 2 BGB habe durch spätere Schreiben nicht mehr beseitigt werden können. 5 b) Richtig ist, dass der Beteiligte zu 3. dem Schuldenbereinigungsplan zunächst nicht zugestimmt hat. Ein Gläubiger, der einem [X.] zustimmt, sich zugleich aber einer höheren Forderung berühmt, als sie in dem Plan ausgewiesen ist, akzeptiert den Plan nicht seinem ganzen In-halt nach. Die Höhe der Forderung ist maßgeblich für die Quote, mit welcher der Gläubiger an etwaigen Erträgen zu beteiligen ist; auch und gerade auf die Quote muss sich die Zustimmung des Gläubigers erstrecken (ähnlich [X.] 2001, 855, 856; [X.] 2002, 12, 13 f; [X.] Z[X.] 2000, 441, 442). 6 - 5 -

c) Zu Unrecht haben [X.] und Insolvenzgericht jedoch nicht ge-prüft, ob die späteren Schreiben des Beteiligten zu 3. dessen uneingeschränkte und damit wirksame Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan enthielten. 7 aa) Auf das Zustandekommen eines Schuldenbereinigungsplans ist die Vorschrift des § 150 Abs. 2 BGB nicht unmittelbar anwendbar. Vorrangig gelten die spezielleren verfahrensrechtlichen Vorschriften der Insolvenzordnung (§§ 305 ff [X.]). Aus § 150 Abs. 2 BGB mag der allgemeine Rechtsgedanke abzuleiten sein, dass eine Zustimmung unter Vorbehalt oder unter einer Bedin-gung keine Zustimmung darstellt. Welche Folgen die entsprechende Erklärung eines Gläubigers nach sich zieht, ist jedoch nicht der Vorschrift des § 150 Abs. 2 BGB zu entnehmen, sondern derjenigen des § 307 [X.]. 8 bb) Nach § 307 Abs. 1 und 2 [X.] stellt das Insolvenzgericht den vom Schuldner genannten Gläubigern den Schuldenbereinigungsplan sowie die Vermögensübersicht zu und fordert sie zur Stellungnahme binnen einer Notfrist von einem Monat auf. Geht innerhalb dieser Frist die Stellungnahme eines Gläubigers nicht ein, so gilt dies als Einverständnis mit dem [X.]. Ob ein Gläubiger, der den Schuldenbereinigungsplan zunächst [X.] hat, nachträglich [X.] also nach Ablauf der Notfrist [X.] noch wirksam zu-stimmen kann, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach [X.] sowie Sinn und Zweck der Vorschriften über das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren ist diese Frage jedoch zu bejahen (ebenso [X.] Z[X.] 2001, 855, 856; AG Köln NZI 2000, 493; Uh-lenbruck/[X.], [X.] 12. Aufl. § 307 Rn. 40). 9 - 6 -
(1) Die Monatsfrist des § 307 Abs. 1 [X.] dient dem Zweck, möglichst schnell festzustellen, ob der Schuldenbereinigungsplan Grundlage für eine ein-vernehmliche Lösung sein kann (HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 307 Rn. 1). Dass das Gesetz eine Einigung der Beteiligten auch nach Ablauf dieser Frist noch ermöglichen will, folgt jedoch schon aus § 307 Abs. 3 [X.]. Nach dieser Vorschrift muss der Schuldner Gelegenheit erhalten, den [X.] zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies auf Grund der Stellungnah-me eines Gläubigers erforderlich oder zur Förderung einer einverständlichen Schuldenbereinigung sinnvoll erscheint. Die nachträgliche Zustimmung des [X.] Gläubigers zu einem noch nicht geänderten Plan führt mit ge-ringerem Verfahrensaufwand zum selben vom Gesetz gewünschten Ergebnis, nämlich der Einigung zwischen Gläubigern und Schuldner über die Bereinigung der Schulden. Ausdrücklich ausgeschlossen sind nur Einwendungen des Gläu-bigers nach Fristablauf (§ 307 Abs. 2 [X.]). 10 (2) Ließe man eine nachträgliche Zustimmung nicht zu, müsste entweder ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 309 [X.] durchgeführt oder [X.] wenn die Voraussetzungen des § 309 Abs. 1 [X.], wie im vorliegenden Fall, nicht erfüllt sind [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet werden, obwohl der [X.] Gläubiger den zunächst streitigen Schuldenbereinigungsplan mittlerweile akzeptiert. Eine derartige Verfahrensweise wäre wenig sinnvoll. Sie [X.] außerdem dem Anliegen des Gesetzes, die einvernehmliche Bereinigung der Schulden zu fördern. 11 d) Der Beteiligte zu 3. hätte dem Schuldenbereinigungsplan also auch nach Fristablauf noch zustimmen können. Die Auslegung seiner in den [X.] Entscheidungen weder mitgeteilten noch in Bezug genommenen Schreiben an das Insolvenzgericht ist dem Senat nicht möglich. Die Sache ist 12 - 7 - daher zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO; vgl. [X.] 160, 176, 185 f). II[X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende rechtliche Ge-sichtspunkte hin: 13 1. Zunächst wird im Wege der Auslegung der späteren Schreiben des Beteiligten zu 3. festzustellen sein, ob dieser dem Schuldenbereinigungsplan nachträglich uneingeschränkt [X.] also auch hinsichtlich einer Forderungshöhe von nur 25.564,59 Euro und der daraus resultierenden Quote [X.] zugestimmt hat. Dem Insolvenzgericht ist es dabei nicht verwehrt, den Beteiligten zu 3. um Klar-stellung seiner bisherigen Äußerungen zu bitten. 14 2. Sollte der Beteiligte zu 3. an einer höheren als der bisher im Forde-rungsverzeichnis ausgewiesenen Forderung festhalten, wird dem Schuldner Gelegenheit gegeben werden müssen, den Schuldenbereinigungsplan gemäß § 307 Abs. 3 [X.] binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu ändern oder zu ergänzen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist dem Schuldner zwar nicht in jedem Fall Gelegenheit zur Änderung oder Ergänzung seines gescheiterten Schuldenbereinigungsplans zu gewähren. Vielmehr hat das Insolvenzgericht nach pflichtgemäßem Ermessen eigenverantwortlich zu entscheiden, ob bei mehrheitlicher Ablehnung durch die Gläubiger der gerichtli-che Schuldenbereinigungsversuch bereits endgültig gescheitert und deshalb unverzüglich über den Insolvenzantrag zu befinden ist oder ob ein erneuter Versuch mit einem geänderten Plan Erfolg verspricht; dabei hat es die Wahr-scheinlichkeit einer Einigung gegenüber der Pflicht zur zügigen Durchführung 15 - 8 - des Verfahrens abzuwägen (BayObLG [X.], 110, 111; FK-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 307 Rn. 15 f; Nerlich/[X.], [X.] § 307 Rn. 17; zu weitgehend [X.] Z[X.] 2001, 1062, 1063). Im vorliegenden Fall scheinen jedoch so-wohl der Schuldner als auch der Beteiligte zu 3., um dessen Forderung es geht, eine Einigung über den Schuldenbereinigungsplan anzustreben. Das Interesse des Schuldners am Zustandekommen des [X.] könnte ihn veranlassen, seine Bedenken hinsichtlich der wirklichen Höhe der [X.] Forderung zurückzustellen. Das Verfahren nach § 307 Abs. 3 [X.] soll sinnvolle Änderungen des Planes erleichtern und so die Erfolgsaussichten für gütliche Einigungen fördern. Diese Funktion kann es nur erfüllen, wenn [X.] vorhandene Möglichkeiten, eine Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner herbeizuführen, von Seiten des Gerichts auch genutzt werden. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.09.2003 - 68 a IK 95/02 - [X.], Entscheidung vom 10.05.2004 - 326 T 88/03 -

Meta

IX ZB 140/04

12.01.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. IX ZB 140/04 (REWIS RS 2006, 5683)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5683

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