Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 20.10.2010, Az. 2 BvR 2064/08

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2010, 2185

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen lediglich begrenzte Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten nach § 33c EStG idF vom 16.08.2001


Gründe

1

Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten nach § 33c des Einkommensteuergesetzes - [X.] - in der Fassung des [X.] vom 16. August 2001 ([X.] 2074). Nach dieser Regelung können zusammenlebende, beiderseitig berufstätige Eltern Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung ihrer im Haushalt lebenden Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, als außergewöhnliche Belastung abziehen, soweit die Aufwendungen 1.548 € je Kind übersteigen. Der abzuziehende Betrag darf 1.500 € je Kind nicht übersteigen.

2

1. Die verheirateten Beschwerdeführer sind beide berufstätig und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Einkommensteuererklärung für das [X.] machten sie Kosten für die Betreuung ihrer 1989 und 1994 geborenen Kinder in Höhe von insgesamt 16.646 € steuermindernd geltend. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Festsetzung der Einkommensteuer lediglich Freibeträge in Höhe von 5.808 € je Kind (insgesamt 11.616 €) sowie Kinderbetreuungskosten gemäß § 33c [X.] in Höhe von 1.500 € je Kind (insgesamt 3.000 €).

3

2. Das [X.] wies mit Urteil vom 27. Juni 2006 - 7 K 119/05 - ([X.], S. 1358 ff.) die Klage der Beschwerdeführer ab, mit der sie die Verfassungswidrigkeit des § 33c [X.] insoweit geltend machten, als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten erst ab einem Betrag in Höhe von 774 € je Kind und Elternteil und nur bis zu einem Betrag in Höhe von 1.500 € pro Kind steuerlich berücksichtigt werden. Die von den Beschwerdeführern gegen das finanzgerichtliche Urteil erhobene Revision wurde vom [X.] mit Urteil vom 29. Mai 2008 - [X.]/07 - ([X.], S. 1822 f.) als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des [X.]s war die Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten gemäß § 33c [X.] im Zusammenspiel mit dem Freibetrag für den [X.] gemäß § 32 Abs. 6 [X.] noch verfassungsgemäß.

4

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde machen die Beschwerdeführer geltend, die Regelung des § 33c [X.] verstoße gegen das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Gebot der horizontalen Steuergleichheit und gegen das Verbot der Benachteiligung von Eltern gegenüber Kinderlosen (Art. 6 Abs. 1 GG). Der Ausschluss eines Abzuges von [X.] bei Berufstätigkeit beider Eltern mindere mittelbar die Berufschancen von Frauen und verstoße damit auch gegen den in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG verankerten Gleichheitsanspruch der Frau. Die Entscheidungen des [X.]s sowie des Finanzgerichts Hamburg seien daher aufzuheben.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 [X.] nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung hat und ihre Annahme auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt ist (vgl. [X.] 90, 22 <24 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung erwerbsbedingten Betreuungsaufwands für Kinder nach § 33c [X.] begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

6

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] muss der Betreuungsbedarf als notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums (vgl. [X.] 82, 60 <85>; 87, 153 <169 ff.>) einkommensteuerlich stets unbelastet bleiben, ohne dass danach unterschieden werden dürfte, in welcher Weise dieser Bedarf gedeckt wird (vgl. [X.] 99, 216 <234>). Danach führt die Gewährung des [X.] nach § 32 Abs. 6 [X.] sowohl bei persönlicher Betreuung als auch bei einer Fremdbetreuung von Kindern nicht - mit Wirkung auch auf die Regelung des § 33c [X.] - zu einer gleichheitswidrigen Benachteilung der Beschwerdeführer.

7

2. Auch die Regelung des § 33c Abs. 1 [X.], nach der Kinderbetreuungskosten nur insoweit berücksichtigt werden, als sie je Kind bei zusammenlebenden, beiderseitig berufstätigen Eltern den Betrag von 1.548 € und bei nicht zusammenlebenden Elternteilen den Betrag von 774 € je Elternteil übersteigen, ist verfassungsgemäß, denn sie schließt lediglich eine doppelte steuerliche Berücksichtigung von Betreuungsaufwand durch § 32 Abs. 6 [X.] und § 33c [X.] aus. Zudem liegt der Pauschbetrag des [[X.]-4f9e-a55c-76a7fc429d94]§ 32 Abs. 6 [X.][/ref] in Höhe von 1.080 € je Kind und Elternteil bei zusammen veranlagten Ehegatten über der Grenze, ab der die Kinderbetreuungskosten nach § 33c Abs. 1 [X.] berücksichtigungsfähig sind.

8

3. § 33c [X.] verstößt schließlich auch insoweit nicht gegen das Grundgesetz, als der steuerlich zu berücksichtigende Betrag für die tatsächlich entstandenen Kinderbetreuungskosten auf einen Höchstbetrag von 1.500 € je Kind begrenzt wird. Zwar müssen erwerbsbedingt notwendige Kinderbetreuungskosten zumindest als zwangsläufige Aufwendungen der grundrechtlich geschützten privaten Lebensführung in realitätsgerechter Höhe abziehbar sein. Jedoch ist der Gesetzgeber berechtigt, mit einer sachgerechten Pauschalierung eine Obergrenze festzulegen und damit zu bestimmen, wieweit die dem Grunde nach zwangsläufigen Kinderbetreuungskosten im typischen Fall auch der Höhe nach zwangsläufig sind (vgl. [X.] 112, 268 <282>). Es ist nicht ersichtlich, dass der von dem Gesetzgeber im [X.] gewährte steuerliche Abzugsbetrag bei zusammenlebenden, zusammenveranlagten Eltern mit zwei Kindern in Höhe von insgesamt 7.320 € (Summe des [X.] nach § 32 Abs. 6 [X.] in Höhe von 1.080 € je Kind und Elternteil sowie Höchstbetrag der steuerlich zu berücksichtigenden Kinderbetreuungskosten nach § 33c Abs. 2 [X.] in Höhe von 1.500 € je Kind) bei typisierender Betrachtung nicht ausreichend wäre, um die zwangsläufig notwendigen Kinderbetreuungskosten zu decken (vgl. auch [X.] 99, 216 <244 f.>).

9

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2064/08

20.10.2010

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BFH, 29. Mai 2008, Az: III R 108/07, Urteil

Art 3 Abs 2 S 2 GG, Art 3 Abs 3 GG, Art 6 Abs 1 GG, § 32 Abs 6 EStG, § 33c Abs 1 EStG vom 16.08.2001

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 20.10.2010, Az. 2 BvR 2064/08 (REWIS RS 2010, 2185)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2185

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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