Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.07.2010, Az. 3 StR 151/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 5019

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Gegenstand

Strafzumessung: Fehlende Verletzungen des Opfers und Ausländereigenschaft des Täters als Strafmilderungsgründe bei der besonders schweren Vergewaltigung


Tenor

1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 12. Oktober 2009 im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte der besonders schweren Vergewaltigung und des Diebstahls schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben im Ausspruch über

- die Einzelstrafe wegen besonders schwerer Vergewaltigung,

- die Gesamtstrafe;

die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. 

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen "Vergewaltigung" und Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat verurteilt; als Einzelstrafen hat es eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren (Vergewaltigung) und eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen (Diebstahl) ausgesprochen. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die ebenfalls auf die Sachrüge gestützte, zum Nachteil des Angeklagten eingelegte und wirksam auf den Ausspruch über die Einzelstrafe wegen Vergewaltigung und über die Gesamtstrafe beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet [X.] bei der Strafbemessung; rechtsfehlerhaft habe das [X.] lediglich auf die in § 177 Abs. 4 StGB angedrohte Mindeststrafe erkannt. Das Rechtsmittel wird vom [X.] vertreten.

2

1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft ändert der [X.] den Schuldspruch klarstellend dahin ab, dass der Angeklagte der besonders schweren Vergewaltigung schuldig ist. Nach den Feststellungen nötigte er die Nebenklägerin dadurch zur Duldung des Vaginal- und des [X.], dass er ihr ein Springmesser an den Hals hielt. [X.] ist das [X.] deshalb von der Qualifizierung der Tat nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ausgegangen. Um dem sich aus § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO ergebenden Erfordernis der rechtlichen Bezeichnung der Straftat Rechnung zu tragen, ist diese Qualifikation in der Urteilsformel durch einen Schuldspruch wegen "besonders schwerer" Vergewaltigung kenntlich zu machen ([X.]R StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4).

3

2. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]s unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

4

3. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

5

a) Die Bemessung der Einzelstrafe wegen besonders schwerer Vergewaltigung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

6

Rechtsfehlerhaft hat das [X.] als strafmildernd berücksichtigt, dass die Nebenklägerin durch den Einsatz des Messers und die wiederholt erzwungenen sexuellen Handlungen keine körperlichen Verletzungen davongetragen hat. Dass der Täter kein Verhalten gezeigt hat, durch das er den Tatbestand noch eines weiteren Strafgesetzes verwirklicht hätte, kann ihm im Rahmen der Bemessung der Rechtsfolgen nicht zugute gehalten werden (vgl. [X.] bei [X.] NStZ 1998, 132; [X.] NStZ 2007, 464, 465).

7

Nicht frei von [X.] ist auch die Erwägung des [X.]s, der Angeklagte sei als Ausländer besonders strafempfindlich. Die [X.] begründet für sich alleine keine besondere Strafempfindlichkeit; nur besondere Umstände wie Verständigungsprobleme, abweichende Lebensbedingungen und erschwerte familiäre Kontakte können ausnahmsweise zu einer anderen Beurteilung führen ([X.]St 43, 233; [X.] NStZ 2006, 35; [X.], StGB, 57. Aufl., § 46 Rn. 43b). Konkrete Feststellungen hierzu fehlen.

8

b) Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Einzelstrafe wegen Vergewaltigung und über die Gesamtstrafe. In Anbetracht des festgestellten Tatgeschehens sieht sich der [X.] nicht in der Lage, die Verhängung der Mindeststrafe als angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO anzusehen.

9

Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben; möglich bleiben Ergänzungen, die zu den bisherigen, zum Schuld- und zum Strafausspruch getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch treten.

[X.]                                                     Sost-Scheible

                                    Schäfer                                                                  [X.]

Meta

3 StR 151/10

08.07.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 12. Oktober 2009, Az: 3504 Js 40267/09 - 17/09, Urteil

§ 46 StGB, § 177 Abs 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.07.2010, Az. 3 StR 151/10 (REWIS RS 2010, 5019)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5019

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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 290/13

3 StR 188/11

3 StR 188/11

3 StR 151/10

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