Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.08.2013, Az. 30 W (pat) 6/12

30. Senat | REWIS RS 2013, 3322

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "basix KLICKTOREFRESH (Wort-Bild-Marke)/Babix" – zur rechtserhaltenden Benutzung - Warenidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft - klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 012 256

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des [X.] vom 2. Dezember 2011 aufgehoben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke 399 79 325 im Hinblick auf folgende von der angegriffenen Marke 30 2008 012 256 erfassten Waren zurückgewiesen worden ist:

Klasse 5: „medizinische Tees; Heilkräutertees; pharmazeutische Präparate und Substanzen; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; medizinische Aufbau-Seren; Vitaminpräparate einschließlich [X.]; natürliche und homöopathische Erzeugnisse und Substanzen für medizinische Zwecke; Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Nährstoffe und Nahrungsmittelpräparate, Substanzen und Nahrungsmittelzusätze für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten; diätetische Präparate und Substanzen für medizinische Zwecke; medizinische Ergänzungsstoffe und Zusätze für Nahrungsmittel und Getränke“.

In diesem Umfang wird die Löschung der Marke 30 2008 012 256 angeordnet.

Gründe

I.

1

Die in schwarz/weiß gestaltete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 22. Februar 2008 angemeldet und am 4. Juni 2008 als Marke in das beim [X.] geführte Register für verschiedene Waren der Klassen 5, 30 und 32, u. a. der Klasse 5

3

„medizinische Tees; [X.]; pharmazeutische Präparate und Substanzen; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; medizinische Aufbau-Seren; Vitaminpräparate einschließlich [X.]; natürliche und homöopathische Erzeugnisse und Substanzen für medizinische Zwecke; Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Nährstoffe und Nahrungsmittelpräparate, Substanzen und Nahrungsmittelzusätze für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten; diätetische Präparate und Substanzen für medizinische Zwecke; medizinische Ergänzungsstoffe und Zusätze für Nahrungsmittel und Getränke“

4

eingetragen worden.

5

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 4. Juli 2008 veröffentlicht worden ist, ist Widerspruch erhoben aus der [X.] Wortmarke 399 79 325

6

[X.]

7

die seit dem 3. April 2000 für folgende Waren der Klassen 3 und 5 eingetragen ist:

8

„3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;

9

5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst hilfsweise, dann am 5. August 2009 „vorsorglich“ bestritten. Die Widersprechende hat insoweit eidesstattliche Versicherungen ihres Geschäftsführers [X.] vom 13. Mai 2009 mit [X.] für die Jahre 2004 bis 2008 und vom 4. Januar 2010 mit [X.] für die [X.] bis 2008 nebst weiteren Unterlagen eingereicht.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 5 des [X.]s hat den Widerspruch mit Beschluss vom 2. Dezember 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken bestehe nicht. Auf die Frage der ausreichenden Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke komme es im Ergebnis nicht an. [X.] man diese, stünden sich jedenfalls mit den „pharmazeutischen Erzeugnissen“ identische Produkte gegenüber. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich. Der danach erforderliche Abstand werde von der angegriffenen Marke noch eingehalten. In klanglicher Hinsicht stünden sich „basix“ und „[X.]“ gegenüber. Die weiteren Wortbestandteile der angegriffenen Marke würden nicht benannt werden. Die [X.] und der Sprechrhythmus seien unterschiedlich: Die angegriffene Marke werde englisch („bä[X.]“) ausgesprochen, weil „basics“ das Wort für Grundausstattung sei, die Widerspruchsmarke hingegen deutsch („[X.]“). Die Ableitung der angegriffenen Marke „basix“ von „basics“ wirke Hörfehlern entgegen. Auch in schriftbildlicher Hinsicht sei eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur weiteren Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke hat sie ergänzend eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vom 11. Juli 2013 mit [X.] für die Jahre 2009 bis 2012 mit [X.] vorgelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es bestehe Verwechslungsgefahr. Es stünden sich teilweise identische sowie hochgradig und durchschnittlich ähnliche Waren gegenüber. Die Widerspruchsmarke sei zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Klanglich stünden sich mit „[X.]“ und „[X.]“ hochgradig ähnliche Zeichen gegenüber. Der Verkehr habe keine Veranlassung, den Bestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke englisch auszusprechen, da es sich um ein Fantasiewort handele, das nicht mit dem [X.] Begriff „basics“ gleichgestellt werden könne. Es sei daher bei beiden Zeichen von einer [X.] Aussprache auszugehen. Auch in (schrift-)bildlicher Hinsicht seien die Zeichen aufgrund ihrer im Ergebnis nur marginalen Unterschiede hochgradig ähnlich.

Die Widersprechende hat zunächst beantragt,

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für Klasse 5, vom 2. Dezember 2011 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2008 012 256 auf den Widerspruch aus der Marke 399 79 325 zu löschen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ihren Widerspruch am 31. Juli 2013 teilweise zurückgenommen, nämlich insoweit, als sich dieser auch gegen die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 30 und 32 richtete.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Widerspruchsmarke habe wegen ihrer Anlehnung an den Begriff „Baby“ nur eine geringe Kennzeichnungskraft. Die angegriffene Marke und die Widerspruchsmarke seien klanglich, (schrift-) bildlich und begrifflich selbst bei teilweiser Identität der Waren nicht verwechslungsfähig, zumal der Verkehr beim Erwerb von Gesundheitsprodukten regelmäßig besondere Sorgfalt anwende. Der Bestandteil der angegriffenen Marke „[X.]“ trete beim Gesamtvergleich nicht zurück. Selbst dann, wenn man dies annähme, überwögen wegen der unterschiedlichen Wortmitte und der unterschiedlichen Aussprache von „[X.]“ und „[X.]“ die Unterschiede: „[X.]“ werde auch von [X.] Verkehrskreisen englisch („be:[X.]“) ausgesprochen. Die rein deutsch anmutende Widerspruchsmarke werde hingegen mit langem „a“ gesprochen („Baa-bix“). Die Betonung und die Sprachmelodie seien demnach deutlich unterschiedlich. Ebensowenig bestehe eine (schrift-) bildliche Verwechslungsgefahr, weil es sich bei der angegriffenen Marke um eine grafisch ungewöhnlich gestaltete Bildmarke handele.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat - nach Beschränkung des Widerspruchs auf die von der angegriffenen Marke in Klasse 5 beanspruchten Waren - in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht insoweit die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

1. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr können auf Seite der Widerspruchsmarke jedenfalls die Waren „[X.]“ berücksichtigt werden (§ 43 Abs. 1 S. 3 [X.]), denn insoweit hat die Widersprechende eine Benutzung ihrer Marke glaubhaft gemacht.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke am 5. August 2009 in zulässiger Weise „vorsorglich“ bestritten. Damit ist die Einrede mangelnder Benutzung eindeutig erhoben worden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2012, § 43 Rn. 58). Da die Widerspruchsmarke am [X.] der angegriffenen Marke (4. Juli 2008) seit mehr als fünf Jahren, nämlich seit dem 3. April 2000, eingetragen war, sind beide Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 [X.] betroffen. Deshalb oblag es der Widersprechenden, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke in den beiden Benutzungszeiträumen Juli 2003 bis Juli 2008 und Juli 2008 bis Juli 2013 darzulegen und glaubhaft zu machen.

Das ist ihr mittels der eidesstattlichen Versicherungen vom 4. Januar 2010 und vom 11. Juli 2013 sowie der vorgelegten [X.] hinsichtlich der Ware „[X.]-[X.] N“ gelungen.

Die eidesstattliche Versicherung vom 4. Januar 2010 nennt für die [X.], 2007 und 2008 Umsatzzahlen für das Produkt „[X.] [X.]“ in [X.] jeweils in einer Höhe zwischen … [X.] und … [X.]; die eidesstattliche Versicherung vom 11. Juli 2013 für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils in einer Höhe zwischen… [X.] und … [X.]. Die eidesstattliche Versicherung vom 11. Juli 2013 verweist ergänzend auf vorgelegte Abschriften von Rechnungen vom 11. August 2009, 1. Juni 2010, 11. Juli 2011 sowie vom 26. Juni 2012, auf denen das Produkt „[X.]-[X.] N“ jeweils in einer Größenordnung zwischen 800 und 2.300 Verpackungseinheiten als Vertragsgegenstand genannt ist. Im Verfahren vor dem Amt sind weitere Abschriften von Rechnungen (jeweils aus dem Monat Januar der Jahre 2005 bis 2009) vorgelegt worden, die jeweils u.a. das Produkt „[X.]-[X.] N“ mit einem Volumen zwischen 2.700 und 7.400 Verpackungseinheiten zum Gegenstand haben. Die genannten Benutzungszeiträume sind im Rahmen der Glaubhaftmachung zwar jeweils nicht vollständig, aber für mehrere Jahre und damit in hinreichendem Umfang erfasst.

Die Benutzung der vorgelegten Prospekte und Gebrauchsinformationen, auf denen die Widerspruchsmarke in der Kennzeichnung „[X.]

Nach den vorgelegten Produktbeschreibungen ist „[X.]-[X.] N“ ein Arzneimittel für die Behandlung von Erkrankungen der Atemwege mit zähflüssigem Schleim, speziell für Säuglinge, aber auch Kinder und Erwachsene. Dieses fällt in die Kategorie der „[X.]“: Antitussiva unterdrücken den Hustenreiz, Expektorantia fördern den Auswurf von Bronchialsekret.

„[X.]-[X.] N“ lässt sich dem im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Warenbegriff der Klasse 5 „pharmazeutische Erzeugnisse“ zuordnen. Im Rahmen der [X.] (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 26 Rn. 194 ff., insbes. Rn. 202) ist zu berücksichtigen, dass die Widersprechende einerseits nicht auf das ganz spezielle mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkt festzulegen ist, andererseits aber auch nicht der gesamte mit dem eingetragenen Oberbegriff „pharmazeutische Erzeugnisse“ umfasste weite Warenbereich einzubeziehen ist. Anwendung findet vielmehr die sogenannte „erweiterte Minimallösung“ (vgl. auch [X.], 862, Rn. 61 - Culinaria/[X.]; [X.], 1447, 1449 - [X.]; [X.], 39 ff. - [X.]; [X.], 164, 165 - JOHN [X.]; [X.]. 1979, 223 - Mastu; [X.], 488, 489 - [X.]/[X.]). Danach wird einerseits die Beanspruchung des breiten Oberbegriffs ausgeschlossen, andererseits die Inhaberin der Widerspruchsmarke aber auch nicht auf das konkrete Einzelprodukt in seiner speziellen Zusammensetzung, Rezeptpflichtigkeit usw. beschränkt. Eine rechtserhaltende Benutzung ist vorliegend deshalb für den Bereich anzuerkennen, welcher der jeweiligen Arzneimittelhauptgruppe in der „Roten Liste“ entspricht (vgl. [X.], 64, 65, Rn. 10 - Maalox/[X.]; [X.]/[X.], a. a. [X.], § 26 Rn. 204 m. w. N.); das ist hier die Hauptgruppe 24 „[X.]“, nicht jedoch für weitere Waren, die unter den weitergehenden Oberbegriff „pharmazeutische Erzeugnisse“ fallen. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr sind damit nur Waren zu berücksichtigen, die in diese Hauptgruppe fallen (§ 43 Abs. 1 S. 3 [X.]).

Ob und inwieweit die Widersprechende eine Benutzung ihrer Marke für weitere Waren glaubhaft gemacht hat, kann offenbleiben, denn eine Verwechslungsgefahr besteht im Umfang des beschränkten Widerspruchs bereits dann, wenn man auf Seiten der Widerspruchsmarke allein die Warengruppe „[X.]“ berücksichtigt.

2.

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.] [X.], 1098, Rn. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 933, Rn. 32 - [X.]; [X.], 915, Rn. 45 - [X.]; [X.], 1040, Rn. 25 - [X.]/pure; [X.], 930, Rn. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Rn. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 235, Rn. 15 - [X.]/[X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. [X.], 862, Rn. 30 - Culinaria/[X.]; [X.], 1040, Rn. 25 - [X.]/pure; [X.], 930, Rn. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Rn. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 1103, Rn. 37 - Pralinenform II; [X.] [X.], 343 Nr. 48 - [X.]/[X.]).

Hiervon ausgehend kommt die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke verwechselbar nahe. Im Einzelnen:

a) Die angegriffene Marke beansprucht im Verhältnis zu den „[X.]“ der Widerspruchsmarke in Klasse 5 identische sowie hochgradig bis normal ähnliche Waren.

Zunächst können sich mit den „[X.]“ der Widerspruchsmarke und den von der angegriffenen Marke beanspruchten „pharmazeutischen Präparaten und Substanzen; natürlichen und homöopathischen Erzeugnissen und Substanzen für medizinische Zwecke; Substanzen für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten,“ identische Waren gegenüberstehen. Denn die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren sind Oberbegriffe, die die Warengruppe der „[X.]“ erfassen können.

Im Übrigen ist eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Produkte anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen

Danach besteht hier eine hohe (überdurchschnittliche) Ähnlichkeit (zu den Graden der Ähnlichkeit, vgl. [X.], 862, Rn. 55 - Culinaria/[X.]) zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „medizinische Tees; [X.]“, weil diese als Husten- und Bronchialtees das gleiche Anwendungsspektrum haben können wie „[X.]“ und sich diese Produkte deshalb in der Herstellung, im Vertrieb und beim Verbrauch begegnen können.

Zumindest eine normale (durchschnittliche) Ähnlichkeit besteht zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; medizinische Aufbau-Seren; Vitaminpräparate einschließlich [X.]; Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Nährstoffe und Nahrungsmittelpräparate, Nahrungsmittelzusätze für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten; diätetische Präparate und Substanzen für medizinische Zwecke; medizinische Ergänzungsstoffe und Zusätze für Nahrungsmittel und Getränke“. Denn Hustenmittel und „diätetische Substanzen für medizinische Zwecke“ sind [X.]/Stoppel, [X.], 15. Aufl., S. 15 mittlere Spalte zu „Arzneimittel, nämlich Hustenmittel“), da zu letzteren auch solche gehören, die ebenfalls schleim- und hustenlösende Wirkung haben (vgl. [X.] (pat) 152/98 - EXPECTOR).

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“ ist im Ergebnis normal (durchschnittlich).

Im Hinblick auf Babyprodukte kommt zwar die Annahme einer originär geringen (unterdurchschnittlichen) Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft, vgl. [X.], 862, Rn. 55 - Culinaria/[X.]) in Betracht. In den ersten drei Buchstaben der Widerspruchsmarke findet sich nämlich ein Hinweis auf die tatsächliche Zielgruppe der Waren („Baby“). Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des [X.] kommt Marken, die für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt sind, keine normale, sondern nur eine geringe Kennzeichnungskraft zu ([X.], 862, Rn. 34 - Culinaria/[X.]; [X.], 631, Rn. 59 - [X.]/Marulablu; [X.], 1040, Rn. 29 - [X.]/pure; [X.], 826, Rn. 16 - [X.]/[X.]; [X.], 729, Rn. 27 - [X.]; [X.], 905 - 909, Rn. 15 - [X.]; [X.], 803 Rn. 22 - [X.]). Von dem beschreibenden Begriff „Baby/baby“ weicht die Widerspruchsmarke durch den Austausch des Buchstaben „y“ durch „ix“ allerdings durchaus markant ab. Ob damit bereits von originär normaler (durchschnittlicher) oder von nur geringer (unterdurchschnittlicher) Kennzeichnungskraft auszugehen ist, kann indessen offenbleiben. Denn hinsichtlich der Warengruppe „[X.]“ hat die Widersprechende eine ursprünglich geringe (unterdurchschnittliche) Kennzeichnungskraft durch die glaubhaft gemachte nicht unerhebliche Benutzung der Widerspruchsmarke über einen langen Zeitraum so weit ausgeglichen, dass insgesamt jedenfalls von einer normalen (durchschnittlichen) Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist.

c) Hiervon ausgehend hält die angegriffene Marke im Umfang des auf die [X.] beschränkten Widerspruchs den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (z. B. [X.], 862, Rn. 45 - Culinaria/[X.]; [X.], 1040, Rn. 25 - [X.]/pure; [X.], 930, Rn. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Rn. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729 Rn. 23 - [X.]). Das schließt es jedoch nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können. Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. [X.], 64, Rn. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729, Rn. 31 - [X.]; [X.], 1055, Rn. 23 - airdsl). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 Rn. 211).

Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.], 413, Rn. 19 - [X.]/SIR; GRUR 2005, 1042, Rn. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843, Rn. 29 - [X.]; BGH [X.], 235, Rn. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484, Rn. 32 - [X.]; [X.], 60, Rn. 17 - coccodrillo; [X.], 779, 781 - Zwilling/[X.]). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH [X.], 235, Rn. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 Rn. 224 m. w. N.).

Danach besteht hier jedenfalls in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr.

Im Ansatz zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass die angegriffene Marke klanglich von ihrem Bestandteil „[X.]“ geprägt wird. Weder ihre grafische Gestaltung noch die Buchstabenfolge „[X.]“ kommt in klanglicher Hinsicht zum Ausdruck. Der [X.] „[X.]“ ist eine zusammengeschriebene, aber als solche erkennbare Kombination von „[X.]“, einer wortähnlichen Lautäußerung für ein klickendes Geräusch, sowie der [X.] Begriffe „to“ und „refresh“ für „erfrischen, erquicken oder stärken“. In Anlehnung an die Bedienung grafischer Benutzeroberflächen bei [X.], auf denen Optionen durch „Anklicken“ ausgewählt werden, wirkt „Klicken“ in der angegriffenen Marke als Aufforderung, etwas zu drücken. In Zusammenschau mit den hier relevanten Kollisionswaren der angegriffenen Marke ist „[X.]“ aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise lediglich als Gebrauchsanweisung für das so gekennzeichnete Produkt aufzufassen, in dem Sinn, dass etwas gedrückt werden muss, um an das Produkt zu gelangen. Als beschreibende und damit freihaltebedürftige Angabe ist „[X.]“ mithin bei der Kollisionsbetrachtung auszublenden ([X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 Rn. 309 und 333). Für diese Sichtweise spricht auch die Neigung des Verkehrs zur Verkürzung ([X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 1032).

Soweit sich bei der Kollisionsbetrachtung damit klanglich „[X.]“ und „[X.]“ gegenüberstehen, kommt die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung der Markenstelle zu nahe. Insoweit ist beiderseits sowohl eine [X.] als auch eine [X.] Ausspracheweise in Betracht zu ziehen; denn einerseits handelt es sich in ihrer Gesamtheit jeweils um Fantasiebegriffe, was für eine Aussprache nach [X.] [X.] spricht, andererseits knüpfen beide Zeichen gleichermaßen erkennbar an auch bekannte [X.] Begriffe an („baby“ bzw. „basics“). Danach bestehen Übereinstimmungen in der Anzahl der Silben („BA-BIX“ bzw. „[X.]“ einerseits und „[X.]“ bzw. „[X.]“ andererseits), in der Konsonantenfolge („[X.]-x“ und „b-s-x“) und sogar Identität in der [X.] („[X.]“ bzw. „ÄI-I“).

Der Mittelkonsonant der Widerspruchsmarke „b“ unterscheidet sich in seiner Aussprache isoliert betrachtet zwar deutlich von der Aussprache des Mittelkonsonanten der angegriffenen Marke „s“. Eingerahmt von identischen Konsonanten („b-…-x“) und der identischen [X.] geht dieser Unterschied jedoch unter. Auch fällt die an sich markante [X.] bei der Widerspruchsmarke („[X.]“) wegen der klanglich auch markanten und übereinstimmenden Buchstabenfolge am Ende („ix“) nicht ins Gewicht. Bei dieser Sachlage kann eine Verwechslungsgefahr im Umfang des beschränkten Widerspruchs nicht verneint werden, so dass die angegriffene Marke unter Aufhebung des [X.] insoweit zu löschen war.

3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 6/12

21.08.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.08.2013, Az. 30 W (pat) 6/12 (REWIS RS 2013, 3322)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3322

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