Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.10.2013, Az. 30 W (pat) 106/11

30. Senat | REWIS RS 2013, 2268

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Diclodolor/Diclac dolo" – zur rechtserhaltenden Benutzung – keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Marke durch abweichende Benutzungsform – Warenidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 77 276

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des [X.] vom 7. Oktober 2011 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben. Die Erinnerung der Widersprechenden gegen den Beschluss derselben Markenstelle vom 26. April 2010 ([X.]) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]ie Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 28. November 2007 angemeldet und am 6. März 2008 als Marke in das beim [X.] geführte [X.]egister für die Waren der [X.]

4

"pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; [X.]esinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide"

5

eingetragen worden.

6

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 11. April 2008 veröffentlicht worden ist, ist Widerspruch erhoben aus der [X.] Wortmarke 306 40 364

7

[X.] dolo

8

die seit dem 19. Oktober 2006 nach einer Teillöschung vom 14. Mai 2012 für folgende Waren der [X.] eingetragen ist:

9

"pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Analgetika und Antirheumatika; Analgetika und Antirheumatika enthaltende Pflaster und Transdermalpflaster".

[X.]ie Markenstelle für [X.]lasse 5 des [X.]s hat den Widerspruch – neben zwei weiteren - mit Beschluss vom 26. April 2010 zunächst zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die [X.]ollisionsmarken könnten sich bei zum Teil identischen und im Übrigen ähnlichen Waren begegnen, die vornehmlich für den Fachverkehr, aber auch für breite Verkehrskreise bestimmt seien. [X.]ie Widerspruchsmarke sei normal kennzeichnungskräftig. [X.]er danach gebotene strenge Abstand werde von der jüngeren Marke eingehalten. [X.]ie Marken kämen sich in keiner entscheidungserheblichen [X.]ichtung verwechselbar nahe. [X.]er klangliche Unterschied zwischen der Widerspruchsmarke "[X.] dolo" und "[X.]" werde selbst bei einer flüchtigen Aufnahme oder Wiedergabe der Marken nicht unbemerkt bleiben. [X.]ie markanten Abweichungen (insbesondere das "[X.]" der Widerspruchsmarke gegenüber dem "O" der angegriffenen Marke in der jeweils zweiten Silbe) führten zu einem unterschiedlichen [X.]lang der Marken in ihrem Gesamteindruck und damit zum Ausschluss einer klanglichen [X.]. In schriftbildlicher Hinsicht unterschieden sich die Vergleichsmarken trotz identischer Gesamtlänge mit jeweils 10 Buchstaben vor allem dadurch, dass die Buchstaben "[X.]" in der Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke mit dem Buchstaben "O" keine Entsprechung fänden. Außerdem stünden sich zwei Wörter und eines gegenüber, was ebenfalls nicht unbemerkt bleibe.

Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hat dieselbe Markenstelle den Beschluss vom 26. April 2010 durch Beschluss vom 7. Oktober 2011 aufgehoben und die angegriffene Marke auf den beschwerdegegenständlichen Widerspruch gelöscht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, angesichts sich gegenüberstehender identischer Waren und durchschnittlicher [X.]ennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe [X.] zwar nicht in schriftbildlicher und begrifflicher, jedoch in klanglicher Hinsicht. [X.]ie Marken seien dabei in ihrer Gesamtheit gegenüber zu stellen. Insoweit fielen die Übereinstimmungen stärker ins Gewicht. [X.]ie angegriffene Marke werde "dick-los-do-lor" und die Widerspruchsmarke "dick-lack-do-lo" ausgesprochen. Gemeinsamkeiten bestünden somit in der Anzahl der Silben (jeweils 4), der ersten ("dick") und der dritten Silbe ("do"), den ersten vier Buchstaben ("[X.]") und den vier ersten Buchstaben der letzten beiden Silben ("dolo"). Auch die Vokalfolgen ("i-o-o-o") und ("i-a-o-o") stimmten überwiegend überein. Unterschiede bestünden in Bezug auf die zweite Silbe ("lo" bzw. "lac") und die Endsilbe der Marken ("lor" bzw. "lo"). [X.]er letzte Buchstabe der angegriffenen Marke "[X.]" sei ein klangschwacher [X.]onsonant. [X.]ie Widerspruchsmarke werde auf der zweiten Silbe ("lac") betont. Weil Unterschiede im Wortinneren weniger stark wahrgenommen würden und es sich um lange Markenworte handele, seien die [X.]ollisionsmarken durchschnittlich ähnlich und es bestehe [X.].

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.

Im Beschwerdeverfahren, am 11. Januar 2012, hat sie die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. [X.]ie Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgelegt, nämlich eine eidesstattliche Versicherung ihres Vorstandsmitglieds [X.]vom 15. März 2012, [X.]opien von Produktverpackungen, [X.]echnungen aus den Jahren 2007 bis 2010, Werbematerialien sowie Auszüge aus der "[X.]oten Liste" der Jahre 2008 bis 2011.

[X.]ich-lach-[X.]o-lo"), die angegriffene Marke hingegen auf der Anfangssilbe und wegen des abschließenden [X.]onsonanten "r" auf der letzten Silbe, weil der Verkehr keine Veranlassung habe, "dolor" der korrekten [X.] Aussprache entsprechend auf seiner ersten Silbe zu betonen. Auch die Melodik sei anders. Bei der angegriffenen Marke steige die Stimme am Ende an, bei der Widerspruchsmarke falle sie hingegen ab. [X.] bestehe insbesondere wegen der Zweigliedrigkeit der Widerspruchsmarke keine Markenähnlichkeit. [X.]ie von der Widersprechenden präsentierte Gegenüberstellung der [X.] in Handschrift

Abbildung

sei manipulativ und nicht aussagekräftig. Auch begrifflich bestehe keine [X.], denn beide Marken lehnten sich auf sehr unterschiedliche Weise an den Wirkstoff "[X.]ofenac" und den [X.] Begriff "dolor" an.

Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für [X.]lasse 5, vom 7. Oktober 2011 aufzuheben und die Erinnerung der Widersprechenden gegen den Beschluss vom 26. April 2010 zurückzuweisen.

[X.]ie Widersprechende und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur weiteren Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke hat sie ergänzend einen Ausdruck des Internetauftritts der Widersprechenden vorgelegt und zur Begründung ihres [X.] ausgeführt, die Benutzung der Widerspruchsmarke für ein Präparat gegen Gelenkbeschwerden und [X.]ückenschmerzen sei glaubhaft gemacht. [X.]ie Hinzufügung des "

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht entgegen der Auffassung der Erinnerungsprüferin der Markenstelle keine Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

1. Bei der Prüfung der [X.] ist seitens der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 S. 3 [X.] hinsichtlich der von ihr beanspruchten Waren im Ergebnis von der [X.]egisterlage auszugehen. [X.]ie Widersprechende hat auf die in zulässiger Weise erhobene Nichtbenutzungseinrede eine Benutzung der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke im maßgeblichen Zeitraum glaubhaft gemacht.

[X.]ie Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke am 11. Januar 2012 in zulässiger Weise bestritten. [X.]a die am 19. Oktober 2006 eingetragene Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke (11. April 2008) noch nicht fünf Jahre eingetragen war, ist die Nichtbenutzungseinrede allerdings nur zulässig für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 S. 2 [X.]. [X.]ie Benutzung der Widerspruchsmarke ist damit glaubhaft zu machen für den Zeitraum August 2008 bis August 2013.

[X.]iese Glaubhaftmachung ist der Widersprechenden mit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 15. März 2012 und den weiteren Unterlagen gelungen. [X.]ie eidesstattliche Versicherung legt die Benutzung der Bezeichnung "[X.]® [X.]" für ein Präparat gegen Gelenkbeschwerden und [X.]ückenschmerzen mit dem Wirkstoff [X.]ofenac-[X.]alium bzw. [X.]ofenac-Natrium in Tablettenform (12,5 mg Filmtabletten sowie 25 mg überzogene Tabletten) dar und nennt insoweit für die Jahre 2008 bis 2011 jährliche Umsätze zwischen …,-- [X.] und …,-- [X.], wobei die verkaufte Stückzahl im Jahr 2011 schätzungsweise …,-- [X.] betrug. [X.]er Werbeaufwand wird für das [X.] mit …,-- [X.], für das [X.] mit …,-- [X.] und für das [X.] mit …,-- [X.] beziffert. [X.]ie eidesstattliche Versicherung verweist ergänzend auf das beigefügte Verpackungsmaterial, Werbematerialien und Abschriften von [X.]echnungen aus den Jahren 2010 und 2011.

Aus dem vorgelegten Verpackungs- und Prospektmaterial ergeben sich Packungsgestaltungen in den Formen

Abbildung

sowie

Abbildung

bzw.

[X.]ie von der Widersprechenden vorgelegten Auszüge aus der "[X.]oten Liste" der Jahre 2008 bis 2011 enthalten in der Hauptgruppe 05 (Analgetika/Antirheumatika) die Eintragungen "[X.]

[X.] dolo nicht entgegen.

Nach § 26 Abs. 3 S. 1 [X.] ist eine rechtserhaltende Benutzung anzuerkennen, wenn die benutzte Form den kennzeichnenden [X.]harakter der Marke nicht verändert. [X.]avon ist nach der [X.]echtsprechung des [X.] auszugehen, wenn der angesprochene Verkehr unter Berücksichtigung der branchenüblichen Form der Verwendung von Marken die eingetragene und die benutzte Form trotz und gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach als dieselbe Marke ansieht (vgl. z. B. BGH G[X.]U[X.] 2010, 729, [X.]n. 17 - [X.]; G[X.]U[X.] 2009, 772, [X.]n. 39 - [X.]). [X.]as ist hier der Fall.

[X.]ie benutzte Form unterscheidet sich von der eingetragenen dadurch, dass die verwendete [X.]ennzeichnung zwischen den [X.] "[X.]" und "dolo" das hochgestellte Zeichen "®" enthält und "dolo" mit einem Großbuchstaben geschrieben ist.

Unschädlich ist zunächst die Großschreibung von "dolo"; diese ist vom Schutzgegenstand der als Wortmarke eingetragenen Widerspruchsmarke erfasst (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2012, § 9 [X.]n. 196).

Auch das an den [X.] "[X.]" gesetzte "®"-Symbol verändert den kennzeichnenden [X.]harakter der Widerspruchsmarke nicht.

Wird einem Zeichen der Zusatz "®" beigefügt, erwartet der Verkehr, dass dieses Zeichen für den Verwender als Marke eingetragen ist oder dass ihm der Markeninhaber eine Lizenz erteilt hat (BGH G[X.]U[X.] 2013, 840, [X.]n. 35 – P[X.]OTI II; G[X.]U[X.] 2009, 888 – [X.]; G[X.]U[X.] 1990, 364, [X.]n. 35 – Baelz). Gesetzliche Vorgaben für den genauen Anbringungsort bestehen nicht; allerdings kann bei [X.] der Tatbestand einer wettbewerbsrechtlichen Irreführung im Sinne von § 5 UWG gegeben sein (vgl. z. B. [X.] Magazindienst 2010, 543 - Medisoft).

[X.]ie Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke, der Verkehr werde wegen der Position des Zusatzes "®" in "[X.]

Nach alledem ist von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auszugehen, zumal die verwendete Zeichenform die Zeichenelemente "[X.]" und "[X.]" in gleicher Schriftart, -größe und -farbe vor einem einheitlichen Hintergrund nebeneinander darstellt, was für eine Zugehörigkeit beider Bestandteile zu einer Marke spricht.

Wie sich aus den vorgelegten [X.], [X.] und auch den Auszügen aus der "[X.]oten Liste" ergibt, handelt es sich bei dem so gekennzeichneten Präparat mit dem Wirkstoff "[X.]ofenac" um ein schmerzstillendes und entzündungshemmendes Arzneimittel der [X.]ategorie "Analgetika/Antirheumatika". "[X.]ofenac" ist die gebräuchliche [X.]urzbezeichnung der definierten chemischen Substanz 2-[2-(2,6-[X.]ichloroanilino)[X.]]essigsäure, die als nichtsteroidales Antirheumatikum verwendet wird (vgl. "[X.]ote Liste" 2013, [X.]). "Analgetika" sind Arzneimittel, die schmerzlindernd oder -stillend wirken. "Antirheumatika" sind Mittel zur Behandlung rheumatischer [X.]rankheiten, die Schmerzen und Entzündungen bekämpfen oder das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

"[X.]® [X.] 12,5 mg" und "[X.]® [X.] 25 mg" in Tablettenform lassen sich dem im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Warenbegriff der [X.] "pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Analgetika und Antirheumatika" zuordnen. Im [X.]ahmen der [X.] (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 26 [X.]n. 194 ff., insbes. [X.]n. 202) ist zu berücksichtigen, dass die Widersprechende nicht auf das ganz spezielle mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkt festgelegt werden kann. Anwendung findet insoweit die sogenannte "erweiterte Minimallösung" (vgl. auch BGH G[X.]U[X.] 2013, 833, [X.]n. 61 - [X.]ulinaria/[X.]; W[X.]P 2001, 1447, 1449 - [X.]; BGH G[X.]U[X.] 1990, 39 ff. - [X.]; BGH G[X.]U[X.] 1999, 164, 165 - JOHN [X.]; [X.]. 1979, 223 - Mastu; BPatG G[X.]U[X.] 1995, 488, 489 - [X.]/[X.]). Bei Arzneimitteln kommt es danach auf die identische therapeutische Indikation, nicht dagegen auf Gemeinsamkeiten der [X.]arreichungsform, des Wirkstoffs oder der [X.]ezeptpflichtigkeit an (EuG G[X.]U[X.] Int. 2007, 593, [X.]n. 29-35 – [X.]ESPI[X.]U[X.]; [X.]/[X.], a. a. [X.], § 26 [X.]n. 203). Eine rechtserhaltende Benutzung ist vorliegend deshalb für den Bereich anzuerkennen, welcher der jeweiligen Arzneimittelhauptgruppe in der "[X.]oten Liste" entspricht (vgl. BGH G[X.]U[X.] 2012, 64, 65, [X.]n. 10 - Mailbox/Melox-G[X.]Y; [X.]/[X.], a. a. [X.], § 26 [X.]n. 204 m. w. N.).

Bei der Prüfung der [X.] sind damit auf Seiten der Widerspruchsmarke alle Waren zu berücksichtigen, die in die Hauptgruppe 05 "Analgetika/Antirheumatika" fallen (§ 43 Abs. 1 S. 3 [X.]), also auch "Analgetika und Antirheumatika enthaltende Pflaster und Transdermalpflaster"; im Ergebnis ist also von der [X.]egisterlage auszugehen.

2.

Ob [X.] vorliegt, ist nach der [X.]echtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.] G[X.]U[X.] 2010, 1098, [X.]n. 44 - [X.]/[X.]; G[X.]U[X.] 2010, 933, [X.]n. 32 - [X.]; G[X.]U[X.] 2011, 915, [X.]n. 45 - [X.]; BGH G[X.]U[X.] 2012, 1040, [X.]n. 25 - [X.]/pure; G[X.]U[X.] 2012, 930, [X.]n. 22 - [X.]/[X.]; G[X.]U[X.] 2012, 64, [X.]n. 9 - Mailbox/Melox-G[X.]Y; G[X.]U[X.] 2010, 235, [X.]n. 15 - [X.]/[X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder [X.]ienstleistungen. [X.]arüber hinaus ist die [X.]ennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. [X.]abei impliziert der Begriff der [X.] eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. [X.]spr., z. B. BGH G[X.]U[X.] 2013, 833, [X.]n. 30 - [X.]ulinaria/[X.]; G[X.]U[X.] 2012, 1040, [X.]n. 25 - [X.]/pure; G[X.]U[X.] 2012, 930, [X.]n. 22 - [X.]/[X.]; G[X.]U[X.] 2012, 64, [X.]n. 9 - Mailbox/Melox-G[X.]Y; G[X.]U[X.] 2010, 1103, [X.]n. 37 – Pralinenform II; [X.] G[X.]U[X.] 2008, 343 Nr. 48 - [X.]/[X.]).

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine [X.] zu verneinen.

a) [X.]ie angegriffene Marke beansprucht im Vergleich zur Widerspruchsmarke teilweise identische, teilweise ähnliche und teilweise unähnliche Waren.

[X.]ie von der Widerspruchsmarke beanspruchten "Pharmazeutischen Erzeugnisse, nämlich Analgetika und Antirheumatika" fallen unter den von der angegriffenen Marke beanspruchten Warenoberbegriff "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse". Ebenfalls identisch können sich "Analgetika und Antirheumatika enthaltende Pflaster und Transdermalpflaster" und die von der angegriffenen Marke beanspruchten "Pflaster" gegenüberstehen.

Zu den weiteren von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren besteht teilweise eine allenfalls normale (durchschnittliche) Ähnlichkeit.

Von einer Ähnlichkeit von Waren ist nach gefestigter [X.]echtsprechung dann auszugehen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der [X.] wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei identischer [X.]ennzeichnung der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder würden zumindest unter einheitlicher [X.]ontrolle hergestellt werden (vgl. [X.] G[X.]U[X.] 1998, 922, 923 f., [X.]n. 22 - 29 - [X.]; G[X.]U[X.] 2006, 582, 584, [X.]n. 85 - VITAF[X.]UIT; Marken[X.] 2009, 47, 53, Nr. 65 - Edition [X.]; BGH G[X.]U[X.] 2003, 428, 432 - [X.]; [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 58 m. w. N.).

[X.]ie von der angegriffenen Marke beanspruchten "Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; [X.]esinfektionsmittel" lassen sich im [X.]ahmen einer Behandlung von schmerzhaften oder rheumatischen Erkrankungen als ergänzende Waren verwenden. Es gibt auch Gemeinsamkeiten im Vertrieb und bei den Verkaufsstätten, so dass insoweit eine normale (durchschnittliche) Ähnlichkeit anzunehmen ist.

[X.]ie von der angegriffenen Marke beanspruchte Ware "Babykost" kann zwar auch unter medizinischen Gesichtspunkten zum Einsatz kommen und sich im Vertrieb mit "Pharmazeutischen Erzeugnissen, nämlich Analgetika und Antirheumatika" begegnen. Ob insoweit angesichts ihres anderen [X.], ihrer andersartigen Beschaffenheit und Herstellungsweise von einer nur geringen (unterdurchschnittlichen) Ähnlichkeit auszugehen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da auch bei normaler Ähnlichkeit (so [X.] (pat) 160/95 - [X.]; 30 W (pat) 85/06 – [X.]-S.; 25 W (pat) 68/08 - [X.]/[X.]HEPHASAA[X.]; [X.]/Stoppel, [X.], 15. Aufl., S. 21 mittlere Spalte zu "Babynahrung") eine [X.] nicht besteht.

[X.]eine Ähnlichkeit wegen fehlender Berührungspunkte, insbesondere auch im Vertrieb und Verwendungszweck, besteht hingegen zwischen den von der Widerspruchsmarke beanspruchten "Analgetika und Antirheumatika" und den von der angegriffenen Marke beanspruchten "Fungiziden, Herbiziden" ([X.] (pat) 65/07 – [X.]O[X.][X.]FEN) sowie "Mitteln zur Vertilgung von schädlichen Tieren" ([X.] (pat) 68/08 - [X.]/[X.]HEPHASAA[X.]).

b) [X.]ie [X.]ennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "[X.] dolo" ist im Ergebnis normal (durchschnittlich).

Im Hinblick auf die Annäherung der Widerspruchsmarke an "[X.]ofenac", der [X.]urzbezeichnung einer definierten chemischen Substanz (sog. "[X.]" – [X.] Name), und die Einordnung der von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren in die Hauptgruppe 05 "Analgetika/Antirheumatika" kommt zwar die Annahme einer originär geringen (unterdurchschnittlichen) [X.]ennzeichnungskraft (zu den Graden der [X.]ennzeichnungskraft vgl. BGH G[X.]U[X.] 2013, 833, [X.]n. 55 - [X.]ulinaria/[X.]) in Betracht. [X.]enn "[X.]" gibt einen Hinweis auf den Wirkstoff "[X.]ofenac-[X.]alium" und "dolo" auf den Zweck der Schmerzlinderung. Nach der inzwischen gefestigten [X.]echtsprechung des [X.] kommt Marken, die für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt sind, keine normale, sondern nur eine geringe [X.]ennzeichnungskraft zu (BGH M[X.][X.] 2013, 862, [X.]n. 34 - [X.]ulinaria/[X.]; G[X.]U[X.] 2013, 631, [X.]n. 59 - AMA[X.]ULA/Marulablu; G[X.]U[X.] 2012, 1040, [X.]n. 29 - [X.]/pure; G[X.]U[X.] 2011, 826, [X.]n. 16 - Enzyme/[X.]; G[X.]U[X.] 2010, 729, [X.]n. 27 - [X.]; G[X.]U[X.] 2008, 905 - 909, [X.]n. 15 - [X.]; G[X.]U[X.] 2008, 803 [X.]n. 22 - HEITE[X.]).

[X.]ie Widerspruchsmarke ist allerdings in einer Weise gebildet, dass sie jedenfalls in ihrer Gesamtheit nicht mehr als schwaches Zeichen bewertet werden kann. [X.]ie Abänderungen gegenüber einer rein beschreibenden Angabe und ihre [X.]ombination sind durchaus markant. [X.]er erste Bestandteil der Widerspruchsmarke verkürzt die [X.]urzbezeichnung des verwendeten Wirkstoffs ("[X.]ofenac") zu "[X.]", es fehlt in der Mitte also die Buchstabenfolge "-ofen-". Es handelt sich insoweit um eine - gegenüber der bloßen Verkürzung eines "[X.]" – eher untypische Abänderung. Auch der zweite Bestandteil "dolo" der Widerspruchsmarke stellt gegenüber dem [X.] Begriff für "Schmerz" ("dolor") eine weitere Verfremdung dar. Hinzu kommt, dass auch die [X.]ombination dieser Elemente insbesondere in klanglicher Hinsicht auffällig ist.

c) Trotz dieser kollisionsfördernden Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke selbst für die identischen Waren in jeder Hinsicht noch ein.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung zu unterziehen (vgl. BGH G[X.]U[X.] 2004, 783, 784 – NEU[X.]O-VIBOLEX/NEU[X.]O-FIB[X.]AFLEX; vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 211). [X.]ie Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in [X.]lang, (Schrift-) Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] G[X.]U[X.] 2006, 413, [X.]n. 19 - ZI[X.]H/SI[X.]; G[X.]U[X.] 2005, 1042, [X.]n. 28 - [X.] LIFE; G[X.]U[X.] Int. 2004, 843, [X.]n. 29 - MAT[X.]ATZEN; BGH G[X.]U[X.] 2010, 235, [X.]n. 15 - [X.]/[X.]; G[X.]U[X.] 2009, 484, [X.]n. 32 - MET[X.]OBUS; G[X.]U[X.] 2006, 60, [X.]n. 17 - coccodrillo; G[X.]U[X.] 2004, 779, 781 - Zwilling/[X.]). [X.]abei genügt für die Annahme einer [X.] regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer [X.]ichtung (st. [X.]spr. vgl. z. B. BGH G[X.]U[X.] 2010, 235, [X.]n. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 224 m. w. N.).

a) In klanglicher Hinsicht besteht insgesamt eine nur geringe (unterdurchschnittliche) Ähnlichkeit, da ungeachtet zahlreicher Übereinstimmungen markante Abweichungen vorliegen, die von den angesprochenen, überwiegend besonders aufmerksamen, Verkehrskreisen nicht unbemerkt bleiben.

Angesprochen sind von den im Identitätsbereich liegenden Waren sowohl Ärzte, die beim Verschreiben von Arzneimitteln erfahrungsgemäß sorgfältig sind, bzw. Apotheker und deren Fachpersonal, als auch Endabnehmer, die bei allem, was mit der Gesundheit zu tun hat, eine gesteigerte Aufmerksamkeit pflegen ([X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 223).

[X.]I[X.]-L[X.]-[X.]O-[X.]" einerseits, "[X.]I[X.]-[X.]-[X.]O-[X.][X.]" andererseits), in der Vokalfolge ("I-A-O-O" einerseits und "I-O-O-O" andererseits), in der [X.]onsonantenfolge ("[X.]-[X.]-L-[X.]-[X.]-L" einerseits und "[X.]-[X.]-L-[X.]-L-[X.]" andererseits) auffallen werden, erscheint zweifelhaft, da auch der aufmerksame Verkehr keine Sprachanalyse von Marken vornimmt. Auffälliger sind hier jedenfalls die klanglichen Unterschiede. [X.]ie zweite Silbe der Widerspruchsmarke ("L[X.]") endet, anders als die angegriffene Marke ("[X.]"), nicht mit einem Vokal, sondern mit dem auffälligen - als "[X.]" ausgesprochenen – [X.]onsonanten "[X.]". Auch unterscheidet sich der Ausspracherhythmus deutlich. [X.]ie Widerspruchsmarke kann - entgegen der Auffassung der Widersprechenden - anders als die ohne Unterbrechung aussprechbare angegriffene Marke nur mit einer klanglich bemerkbaren Zäsur nach deren zweiter Silbe ausgesprochen werden, da nach dem als "[X.]" ausgesprochenen "[X.]" in der zweiten Silbe "-L[X.]-" ein "[X.]" folgt. Insoweit handelt es sich um einen "Zungenbrecher", der einer zwanglosen Aussprache "in einem Atemzug" entgegensteht. Hinzukommt, dass die Aussprache mit einer Zäsur durch das Leerzeichen zwischen "[X.]" und "dolo" vorgegeben ist. Während die ersten beiden Silben der Widerspruchsmarke kurz und staccato-artig - wie "klick-klack" - gesprochen werden, werden die ersten beiden Silben der angegriffenen Marke insgesamt weich und rund ausgesprochen. Gerade dieses Merkmal, das die angegriffene Marke nicht aufweist, sticht klanglich als Unterschied hervor.

b) Auch in schriftbildlicher Hinsicht besteht insgesamt allenfalls eine nur geringe (unterdurchschnittliche) Ähnlichkeit, da die Abweichungen überwiegen. Formal bestehen zwar Übereinstimmungen in der teilweisen Verwendung identischer Buchstaben ("[X.]ac dolo" bzw. "[X.]odolor") und auch in ihrer Anzahl (jeweils 10). In der Gesamtschau bleibt den aufmerksamen Verkehrskreisen jedoch nicht verborgen, dass sich eine Zweiwortmarke und eine Einwortmarke gegenüberstehen, was auch in normal lesbarer Handschrift (Ströbele/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 253) nicht unbemerkt bleibt.

[X.] und [X.] dolo an die Wirkstoffangabe "[X.]ofenac" und ihren Primärzweck der Schmerzlinderung anlehnen und insoweit in die gleiche [X.]ichtung weisende Assoziationen wecken. [X.], soweit sie überhaupt erkannt wird, wäre jedoch allenfalls eine Übereinstimmung in beschreibenden Begriffen, die eine begriffliche [X.] nicht begründen kann (vgl. dazu BGH G[X.]U[X.] 1976, 143 - [X.]; Ströbele/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 258; [X.] / [X.]ohnke, [X.], 3. Auflage, 2010, § 14 [X.]n. 918).

d) In der Gesamtabwägung scheidet die Annahme einer unmittelbaren [X.] bei anzunehmender durchschnittlicher [X.]ennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke selbst bei identischen Waren aus, da die angegriffene Marke den gebotenen Abstand wahrt. Ebenso wenig besteht eine Gefahr, dass die Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Allein die Verwendung eines ähnlichen Zeichenbildungsprinzips ist nicht geeignet, eine solche Gefahr zu begründen (Ströbele/[X.], a. a. [X.], § 9 [X.]n. 439).

3. Hinsichtlich der [X.]osten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen [X.]egelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der [X.]osten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 106/11

07.10.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.10.2013, Az. 30 W (pat) 106/11 (REWIS RS 2013, 2268)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2268

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