Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2012, Az. 2 StR 423/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1672

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 423/12
vom
7. November 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 7.
November 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Becker

und [X.] am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft ge-gen das Urteil des [X.] vom 6.
Februar 2012 wer-den verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie
die
der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit Raub und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner hiergegen gerichteten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich
mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision allein gegen den Strafausspruch. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
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-
I.
Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit frühester
Jugend Cannabis, Ecstasy, Amphetamine und Kokain sowie Alkohol im Über-maß. Eine im Juli 2005 angetretene Therapie hat er abgebrochen. Für eine im Jahr 2010 angestrebte Therapie erhielt er keine Kostenzusage. Am 23.
Januar 2011 wurde er nach übermäßigem Alkoholkonsum mit einem Rettungswagen in eine Klinik eingeliefert, im Juni 2011 wurde sein Arbeitsverhältnis wegen hoher Fehlzeiten gekündigt.
Am 17.
Juli 2011 gegen
3
Uhr morgens überfiel der Angeklagte nach Genuss von erheblichen, nicht im Einzelnen bestimmbaren
Mengen Alkohol, Marihuana, Kokain und Amphetamin in der [X.] auf offener Straße die nach einem Gaststättenbesuch auf dem Heimweg befindliche Nebenkläge-rin. Er näherte sich seinem Opfer unbemerkt von hinten, fixierte es an einer Hauswand und machte es mit Faustschlägen ins Gesicht gefügig. In der Folge zwang er die Geschädigte unter Beschimpfungen zur Ausführung des [X.] sowie zur Duldung mehrfachen
ungeschützten vaginalen und analen Ge-schlechtsverkehrs bis zum Samenerguss. Schließlich nahm er der immer noch um ihr Leben fürchtenden Geschädigten unter weiteren Drohungen Papiere und Bargeld weg. Bei der Tat war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund des vorangegangenen Drogen-
und Alkoholkonsums
nicht aus-schließbar
erheblich eingeschränkt. Die Nebenklägerin leidet seit der Tat unter Ängsten und befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung.
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II.
1. Die Revision des Angeklagten
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat aus den Grün-den der Antragsschrift des [X.] keinen den [X.] belastenden Rechtsfehler ergeben.
2. Revision der Staatsanwaltschaft
Auch das auf den Strafausspruch
beschränkte Rechtsmittel der [X.] hat keinen Erfolg.
a)
Die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Urteils hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. [X.] hat das [X.] die "unwi-derlegten" Angaben des Angeklagten zu seinem Rauschmittelkonsum seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ist deshalb von einer nicht ausschließbar erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit ausgegangen.
Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die Feststellungen zum Rauschmittelkonsum des Angeklagten vor
der Tat auf dessen Einlassung in der Hauptverhandlung beruhen und dass Einlassungen eines Angeklagten, für de-ren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, nicht ohne Weiteres als "unwiderlegbar" hinzunehmen und den Feststellungen zu Grunde zu legen sind ([X.], Urteil
vom 18.
August 2009 -
1 [X.]; [X.]St 34, 29, 34; NStZ-RR 2003, 371). Vielmehr hat der Tatrichter auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Anga-ben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen.
Diesen Maßstäben wird das Urteil indes gerecht. [X.] beraten stellt das [X.] mehrere Indizien fest, die für einen vorangegangenen 4
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6
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Rauschmittelkonsum des Angeklagten sprechen, so u.a. dass der Angeklagte seit vielen Jahren Rauschmittelmissbrauch betreibt, er im Januar
2011 volltrun-ken in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist, er eine Woche nach der Tat leicht alkoholisiert angetroffen worden ist, es vor
der Tat Hinweise zum Drogen-konsum aus seiner Umgebung, insbesondere von seiner Ehefrau gegeben hat, ein Kokainkonsum über einen längeren Zeitraum hinweg
rechtsmedizinisch nachgewiesen ist, der Tat akute Eheprobleme und der Verlust des [X.] als möglicher Anreiz für gesteigerten Rauschmittelkonsum unmittelbar
vorausgegangen sind und dass der Angeklagte bei der Aufnahmeuntersuchung in der Justizvollzugsanstalt
Angaben zu seinem regelmäßigen [X.] [X.] hat. Auch
mit den dem
behaupteten Rauschmittelkonsum entgegenste-henden Indizien hat sich das [X.] ausführlich auseinandergesetzt, so
u.a. damit, dass der Angeklagte sich gegenüber seinem Bewährungshelfer und seinem Drogenberater bei [X.] im
Vorfeld der Tat unauffällig benommen hat, dass die Geschädigte bei
der Tatausführung weder [X.] Ausfallerscheinungen noch Alkoholgeruch bei ihm wahrgenommen hat, dem bei der Tatausführung zutage getretenen Leistungsverhalten und dass eine am 21.
Mai 2011 abgegebene Urinprobe ebenso wie am 10.
August 2011 untersuchte [X.] unauffällig waren.
Dass das [X.] in Kenntnis und Abwägung all dieser Umstände den Angaben des Angeklagten nicht zuletzt auf Grund seines in der [X.] gewonnenen Eindrucks von dessen Persönlichkeit -
unter Zugrunde-legung des Zweifelsgrundsatzes
-
Glauben
geschenkt hat, hält sich im Rahmen freier tatrichterlicher Beweiswürdigung, mag auch ein anderer Schluss ebenso möglich oder vielleicht sogar naheliegender gewesen sein.
b)
Anders als die Revision besorgt
der Senat nicht, dass die [X.] die Aufgabenverteilung zwischen [X.]em
und Gericht nicht be-11
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achtet hat, bzw. dass die [X.] verkannt haben könnte, dass es sich bei der Beurteilung der Steuerungsfähigkeit um eine Rechtsfrage handelt; für eine
solche Annahme
ergeben sich aus den Urteilsgründen keine Anhaltspunkte.
c)
Auch die sonstigen Strafzumessungserwägungen des [X.]s lassen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten er-kennen. Insbesondere hat die [X.] bei der Bewertung möglicher aus-länderrechtlicher Folgen nicht verkannt, dass hier kein Fall einer zwingenden Ausweisung vorliegt, sondern dass der Ausländerbehörde ein Ermessen zu-steht, im Rahmen dessen mögliche Härten zu berücksichtigen sind.
Becker
[X.]
[X.]

Berger
Eschelbach
13

Meta

2 StR 423/12

07.11.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2012, Az. 2 StR 423/12 (REWIS RS 2012, 1672)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1672

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