Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2005, Az. 2 StR 455/05

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 420

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 455/05 vom 7. Dezember 2005 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen von Waffen - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 7. Dezember 2005, an der teilgenommen haben: Vorsitzende [X.]in am [X.] Dr. [X.], [X.] am [X.] [X.], [X.]in am [X.] Dr. [X.], [X.] am [X.] Prof. [X.], [X.]in am [X.] Roggenbuck, Staatsanwalt als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2005 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und Waffen sowie sichergestellte Betäubungsmittel einge-zogen. Die vom [X.] vertretene Revision der Staatsanwalt-schaft ist, wie sich aus dem Zusammenhang der Revisionsbegründung eindeu-tig ergibt, wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Sie ist mit der Sachrüge begründet, so dass es auf die gleichfalls erhobene [X.] nicht an-kommt. 1. Nach den Feststellungen des [X.]s erwarb der Angeklagte [X.] August 2004 ein Kilogramm Amphetaminzubereitung mit einem Wirkstoffge-halt von 4,9 % und Anfang Oktober 2004 450 Gramm Haschisch mittlerer bis guter Qualität, um das Rauschgift gewinnbringend weiter zu verkaufen und so auch seinen eigenen Drogenkonsum zu finanzieren. Die Betäubungsmittel be-wahrte er im ersten Fall in seinem PKW, im zweiten Fall in der Wohnung eines - 4 - Nachbarn gemeinsam mit einem Teleskopschlagstock beziehungsweise mit einer scharfen Pistole Kaliber 7,65 mm und zugehöriger Munition auf. Bei einer Durchsuchung am 12. Oktober 2004 wurden noch 813,5 Gramm Amphetamin und 419,9 Gramm Haschisch sichergestellt. Der Angeklagte konsumierte - nach mehrjähriger Unterbrechung - ab Februar 2004 wieder Drogen, und zwar zunächst Amphetamin, ab März 2004 auch Kokain bis zu 3,5 Gramm pro Tag, daneben zwei bis drei, aber auch bis zu sieben Tabletten Rohypnol. Nach den Feststellungen des [X.]s, das sich insoweit auf die Einlassung des Angeklagten gestützt hat, litt er während eines Urlaubs im August 2004 sowie während eines davor liegenden Versuchs, drogenfrei zu leben, unter Entzugserscheinungen, ebenso nach seiner Fest-nahme. Dabei hatte er Gelenk- und Knochenschmerzen, schwitzte, litt unter Appetitlosigkeit und Schlafstörungen. Die als Zeugin vernommene Schwester des Angeklagten hat überdies ausgesagt, dieser habe im Tatzeitraum [X.] gehabt, Verabredungen nicht eingehalten oder sie nachts wegen Ba-gatellen angerufen. Das [X.] hat, gestützt hierauf sowie auf das Gutachten eines Sachverständigen, in beiden Fällen die Voraussetzungen des § 21 StGB als gegeben angesehen, weil die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sei. Bei dem Angeklagten sei "deutlich von Sucht zu sprechen" ([X.]. Die Einnahme von Drogen habe der Bekämpfung von Entzugserscheinungen gedient. Die vom Angeklagten begangenen Taten stün-den "in der Kontinuität der Drogeneinnahme" ([X.]); die Betäubungsmit-telabhängigkeit des Angeklagten habe sich in einer erheblichen Störung der Handlungskontrolle niedergeschlagen (ebenda). - 5 - 2. Von diesen Feststellungen wird die Annahme erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat, wie die Revision zutreffend einwen-det, nicht getragen. Das bloße Vorliegen einer psychischen oder - wie hier vom [X.] offenbar angenommen - körperlichen Betäubungsmittelabhängig-keit begründet nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] auch dann nicht schon ohne Weiteres die Annahme dauerhaft erheblich ver-minderter Steuerungsfähigkeit, wenn zur unmittelbaren Befriedigung oder zur Finanzierung der Abhängigkeit Betäubungsmittel erworben oder Handel mit ih-nen getrieben wird (vgl. z. B. BGH NJW 1981, 1221; NStZ 1989, 17; 1996, 498; 1999, 448; NStZ-RR 2004, 39 f.; vgl. auch [X.] NStZ 1997, 60; [X.][X.] 53. Aufl., § 21 Rdn. 21; jeweils m.w.N.). Eine solche Ein-schränkung im Sinne eines Dauerzustands kommt vielmehr in der Regel nur bei Vorliegen schwerer Persönlichkeitsveränderungen auf Grund langjährigen Rauschmittelkonsums in Betracht; überdies bei [X.] unter erheb-lichen akuten Entzugserscheinungen (ebenda). Diese Voraussetzungen sind hier nicht festgestellt. Auch die Feststellungen zu der Entzugssymptomatik des Angeklagten sowie zu Auffälligkeiten im Verhalten des Angeklagten belegen zwar die Annahme einer Betäubungsmittelabhängigkeit, nicht aber damit schon die einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit in den konkreten Tatzeitpunkten. Ob sich die vom Angeklagten geschilderten körperlichen Ent-zugssymptome ("Knochenschmerzen") mit Art und Maß des [X.] überhaupt ohne Weiteres vereinbaren lassen, kann daher dahinstehen, da das [X.] für die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit schon von ei-nem unzutreffenden Maßstab ausgegangen ist. Gegen eine erhebliche Minde-rung der Steuerungsfähigkeit spricht im Übrigen auch die planvolle Tatausfüh-rung über einen längeren Zeitraum. Auf diesem Rechtsfehler beruht die Strafzumessung, denn das [X.] hat die Annahme minder schwerer Fälle des § 30 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 - 6 - Nr. 2 BtMG gerade auf das Vorliegen des vertypten [X.] gemäß § 21 StGB gestützt. [X.]

Meta

2 StR 455/05

07.12.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2005, Az. 2 StR 455/05 (REWIS RS 2005, 420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 420

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