Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.04.2011, Az. X B 104/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 7547

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Gegenstand

Gewinnrealisierung bei Ansprüchen, deren Erwerb vom Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses bis zum Bilanzstichtag abhängig ist - Aktivierung von Ansprüchen der Inhaber von Urheberrechten gegen die GEMA - Fehlende Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage


Leitsatz

1. NV: Sind die für die Entstehung einer Forderung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr gesetzt worden und kann der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen, steht der Gewinnrealisierung nicht entgegen, dass die Ansprüche erst nach dem Bilanzstichtag abgerechnet werden können und fällig werden .

2. NV: Hängt der Anspruch eines bilanzierenden Steuerpflichtigen auf eine Prämie davon ab, dass bis zum Ablauf des Bilanzstichtages ein bestimmtes Ereignis nicht eintritt, und tritt das Ereignis bis zum Bilanzstichtag tatsächlich nicht ein, ist der Anspruch auch dann bereits in der Bilanz für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zu aktivieren, wenn die Vertragsparteien den Nichteintritt des Ereignisses erst nach Ablauf des Bilanzstichtages feststellen können .

Gründe

1

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

2

Es kann dahinstehen, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) das Rechtsmittel in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) entsprechenden Weise begründet hat. Jedenfalls erfordert im Streitfall die Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O) keine Entscheidung des [X.] ([X.]).

3

Bei diesem vom Kläger angeführten Zulassungsgrund handelt es sich um einen speziellen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Für seine Darlegung gelten daher regelmäßig die an eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O gestützte Beschwerdebegründung zu stellenden Anforderungen (ständige Rechtsprechung; vgl. [X.] vom 30. November 2010 [X.]/10, [X.], 574, unter 2.).

4

a) Im Streitfall geht es um den Zeitpunkt der Aktivierung von Forderungen des [X.], der als [X.]ersicherungsmakler gewerblich tätig ist und seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, gegen eine [X.]ersicherungsgesellschaft ([X.]) auf Zahlung von Rückprämien bei günstigem Schadensverlauf in dem durch den Kläger vermittelten Bestand. Nach den zwischen dem Kläger und [X.] geltenden vertraglichen [X.]ereinbarungen hatte der Kläger für das von ihm in der [X.] vermittelte Geschäft bei einer Gesamtschadensquote von maximal 50 % Anspruch auf Erstattung eines Technischen Überschusses in Höhe von 10,5 % der Jahresnettoprämie. In den Jahren 1999 bis 2009 war diese [X.]oraussetzung jeweils erfüllt; die jährlichen Gesamtschadensquoten lagen in diesem Zeitraum zwischen 25 % und 47 %. [X.] zahlte die Rückprämie jeweils spätestens im April des Folgejahres aus. Für das Streitjahr 2001 ergab sich eine Gesamtschadensquote von 43 %. Während der Kläger meint, die hieraus folgende Rückprämie erhöhe erst den Gewinn des Jahres 2002, hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) bereits zum 31. Dezember 2001 eine entsprechende Forderung gewinnerhöhend aktiviert.

5

Das Finanzgericht ([X.]) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Bedingung (Gesamtschadensquote maximal 50 %) sei noch innerhalb des Wirtschaftsjahres 2001 eingetreten. Denn ein Ereignis, das genau zum Fristende eintrete, trete noch innerhalb der Frist ein (Hinweis auf [X.]/Ellenberger, [X.], 69. Aufl., § 188 Rz 5, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Der Kläger tritt dem mit dem Argument entgegen, dass am 31. Dezember 2001 um 24.00 Uhr noch niemand habe wissen können, ob die Bedingung eingetreten sei. Denn bereits zwei in der [X.] bis 24.00 Uhr eingetretene Großschäden hätten dazu führen können, dass die Gesamtschadensquote auf über 50 % gestiegen wäre.

6

b) Der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Klärungsbedürftigkeit, da sie auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung offensichtlich so zu beantworten ist, wie das [X.] es getan hat (vgl. zu diesem Kriterium [X.] vom 6. Mai 2004 [X.] B 101/03, [X.], 416, [X.] 2004, 748, und vom 7. September 2005 [X.]/04, [X.]/N[X.] 2006, 123).

7

aa) Gewinne sind in der Handels- und Steuerbilanz nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.[X.].m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs).

8

Danach sind Forderungen aus Lieferungen und Leistungen u.a. auszuweisen, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und [X.] mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann. Demgegenüber ist es ohne Bedeutung für die Gewinnrealisierung, ob am Bilanzstichtag bereits die Rechnung erteilt worden ist, die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob der Fälligkeitszeitpunkt erst nach dem Bilanzstichtag liegt (vgl. zusammenfassend [X.]-Urteil vom 3. August 2005 [X.], [X.], 398, [X.] 2006, 20, unter II.2., mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).

9

[X.]orliegend war die wesentliche wirtschaftliche Ursache für das Entstehen des Anspruchs des [X.] auf Rückprämie darin zu sehen, dass die Gesamtschadensquote des durch ihn an [X.] vermittelten Bestands einen Wert von 50 % nicht überschritt. Ob diese Bedingung eingetreten ist, steht objektiv zum Ablauf des [X.] fest. Dass [X.] die entsprechende Abrechnung erst an den Folgetagen erstellen und dem Kläger zuleiten wird, steht der Aktivierung nach den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen nicht entgegen.

Entsprechend hat der [X.] bereits entschieden, dass Ansprüche der Inhaber von Urheberrechten gegen die [X.] bereits in demjenigen Wirtschaftsjahr zu aktivieren sind, in dem der Urheberrechtsschutz wirksam wird, also die Aufführung eines urheberrechtlich geschützten Werkes stattfindet ([X.]-Urteil vom 27. Juni 1963 I[X.] 111/59 U, [X.]E 77, 586, [X.]I 1963, 534). Der Aktivierung steht nicht entgegen, dass die [X.] erst nach dem Bilanzstichtag über die genaue Höhe der [X.]ergütungen abrechnen kann, weil diese --vergleichbar mit den Ansprüchen des [X.]-- auch noch durch Aufführungen beeinflusst werden können, die in der [X.] stattfinden.

bb) Aus den beiden einzigen [X.]-Entscheidungen, mit denen der Kläger sich in der Beschwerdebegründung --ansatzweise-- auseinander setzt, folgt nichts anderes.

So übersieht der Kläger, dass das Entstehen eines Anspruchs auf genossenschaftliche Warenrückvergütungen (hierzu [X.]-Urteil vom 12. April 1984 I[X.] R 112/81, [X.]E 141, 45, [X.] 1984, 554) nicht allein von dem --dem Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag bekannten-- Umfang seiner Umsätze mit der Genossenschaft abhängig ist, sondern zusätzlich davon, ob die Genossenschaft aus dem gesamten [X.] einen Überschuss erwirtschaftet hat. Der Eintritt dieser zweiten Bedingung ist aber --vergleichbar mit der Gesamtschadensquote im Fall des [X.]-- vom einzelnen Steuerpflichtigen weder zu beeinflussen noch wird ihm dies typischerweise bis zum Ablauf des [X.] sicher bekannt werden. Gleichwohl hat der [X.] ausgeführt, ob die Genossenschaft im [X.] einen Überschuss erwirtschaftet habe, stehe mit Ablauf ihres Wirtschaftsjahres objektiv fest und bedürfe lediglich noch der subjektiven Aufhellung ([X.]-Urteil in [X.]E 141, 45, [X.] 1984, 554, unter 1.c bb).

Das weitere vom Kläger angeführte [X.]-Urteil vom 26. April 1995 [X.] ([X.]E 177, 444, [X.] 1995, 594), wonach aufschiebend bedingte Forderungen grundsätzlich nicht zu aktivieren seien, ist nicht einschlägig. Denn das [X.] hat festgestellt, dass im Streitfall die Bedingung tatsächlich noch bis zum Ablauf des [X.] eingetreten ist. Diese Feststellung wäre für den erkennenden Senat mangels entsprechender [X.]erfahrensrügen auch in einem künftigen Revisionsverfahren bindend (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

Meta

X B 104/10

14.04.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 11. Mai 2010, Az: 5 K 922/08, Urteil

§ 5 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 252 Abs 1 Nr 4 HGB, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.04.2011, Az. X B 104/10 (REWIS RS 2011, 7547)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7547

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