Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2004, Az. X ZR 155/00

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3708

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/00 Verkündet am: 6. April 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der [X.]

- 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 6. April 2004 durch [X.] Melullis, [X.] und [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] Meier-Beck

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 25. Mai 2000 verkündete Urteil des 4. Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des [X.] 438 ([X.]), das auf einer Anmeldung vom 23. September 1988 beruht und dessen Erteilung am 5. Oktober 1989 veröffentlicht worden ist. Pa-tentanspruch 1 des vier Patentansprüche umfassenden [X.] hat [X.] Wortlaut:
"Aus elastischem Textilmaterial bestehende Bandage, z.B. [X.], die mit einem Polster versehen ist, das von einem Überzug aus gleichem oder ähnlichem Textilmaterial abgedeckt und mittels über - 3 - das Polster überstehender Ränder an dem Textilmaterial der [X.] befestigt ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß der Überzug (3) auf seiner dem Polster (2) zugewandten Seite mit einer elastischen, thermoplastischen Kunststoffbeschichtung (6) versehen ist, die im Bereich der Ränder (4, 5) durch Erhitzung mit dem Textilmaterial (1) der Bandage verklebt ist und deren Erweichungstemperatur un-ter derjenigen der [X.] liegt."

Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf [X.] wird auf die [X.] verwiesen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, der Gegen-stand des [X.] sei nicht neu, jedenfalls beruhe er nicht auf erfinderi-scher Tätigkeit.
Das [X.] hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie beantragt, die Nichtigkeitsklage unter Aufhebung des angefochtenen Ur-teils abzuweisen.
Die Klägerin tritt diesem Begehren entgegen.
- 4 - Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gut-achtens des [X.] Dr.-Ing. B. W. , das der Gutachter in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat gutachter-liche Stellungnahmen des Prof. Dr. R. K. und des Beratenden Ingenieurs für [X.] [X.]zu den Gerichtsakten gereicht.

Entscheidungsgründe:

[X.] Die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung ist zulässig, ob-wohl die Beklagte innerhalb der Berufungsbegründungsfrist einen förmlichen Berufungsantrag nicht zu den Akten gereicht hat.
Allerdings muß nach § 111 Abs. 3 Nr. 1 [X.] in Patentnichtigkeitsver-fahren die Berufungsbegründung die Berufungsanträge enthalten (so schon Entschließung des Senats v. 08.01.1991, [X.], 448 - Elektronenerzeu-gung - für die Berufungsschrift). Diesem Erfordernis ist jedoch bereits dann ge-nügt, wenn sich aus der Berufungsbegründung - gegebenenfalls in Verbindung mit innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichten weiteren Schriftsät-zen und in Verbindung mit dabei zulässigerweise in Bezug genommenen [X.] - eindeutig ergibt, inwieweit das Urteil des [X.] an-gefochten werden soll und welche Änderungen vorgenommen werden sollen (vgl. Senat, aaO; Urt. v. 05.06.1997 - [X.]; [X.], [X.] in [X.], [X.], 571). Ein solch eindeutiges Begehren ist im Streitfall der Berufungsbegründung zu entnehmen. Diese läßt keine Zweifel, - 5 - daß die Berufung mit dem dann im Termin zur mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich formulierten, oben wiedergegebenen Antrag eingelegt sein sollte.
I[X.] Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
1. [X.] betrifft eine Bandage, die aus einem elastischen Tex-tilmaterial besteht und mit einem Polster versehen ist, das mittels eines eben-falls aus einem elastischen Textilmaterial bestehenden [X.] an dem er-sten Textilmaterial (Grundmaterial) befestigt ist. Die [X.]chrift schildert als übliche Befestigung, überstehende Ränder des [X.] auf dem Grund-material festzunähen. Hieran soll unerwünscht sein, daß durch das Vernähen die Bandage in dem betreffenden Bereich an Elastizität verliert, selbst wenn man Stichmuster verwendet, von denen bekannt ist, daß sie einer Randnaht eine gewisse Elastizität erhalten. Aus der die Vorteile der Erfindung darstellen-den Textstelle in [X.]. 2 Z. 9 ff. der Beschreibung ist überdies zu entnehmen, daß das übliche Festnähen des [X.] auch im Hinblick auf eine einfache und leicht zu automatisierende Herstellung des Produkts als nicht optimal an-gesehen wird. In der [X.]chrift wird ferner als bei Polsterung z.B. von [X.] bereits bekannte Methode erwähnt, einen Überzug, der mit einer Plastikschicht ausgestattet ist, mit dem Grundmaterial unter Anwendung von Hochfrequenz zu verschweißen. Diese Befestigungsmethode wird jedoch als für die Herstellung von gepolsterten Bandagen ungeeignet abgelehnt, weil sie im Bereich der Schweißnähte sogar eine ausgeprägte Elastizitätsminderung zur Folge habe.
Hiernach ergibt sich als der Erfindung zugrundeliegendes Problem, eine gepolsterte Bandage zur Verfügung zu stellen, die einfach und in leicht zu [X.] 6 - tomatisierender Weise herzustellen ist und bei der die Elastizität des verwen-deten Textilmaterials im Bereich der Befestigung des [X.] an dem Grundmaterial möglichst wenig beeinflußt ist.
2. Die Merkmale des nach Patentanspruch 1 als Lösung vorgeschlage-nen Gegenstands lassen sich wie folgt gliedern:
Bandage aus

1. einem elastischen Textilmaterial,

2. einem Polster,

3. einem Überzug, der
a) das Polster abdeckt,

b) über das Polster überstehende Ränder hat,

c) aus gleichem oder ähnlichem Textilmaterial (wie das [X.] zu 1.) besteht,
d) auf seiner dem Polster zugewandten Seite mit einer Kunst-stoffbeschichtung versehen ist, ) die elastisch und thermoplastisch ist, - 7 - ) deren Erweichungstemperatur unter derjenigen der [X.] liegt, e) mittels der überstehenden Ränder an dem Textilmaterial (zu 1.) befestigt ist, ) indem die Kunststoffbeschichtung (Merkmal 3 d und ) im Bereich der Ränder durch Erhitzung mit diesem Textilmaterial verklebt ist.
Durch den Verzicht auf Befestigungsnähte vermeidet dieser Vorschlag eine durch diese bedingte Beeinträchtigung der Elastizität der verwendeten [X.]. Soweit die [X.] selbst infolge ihrer bereichsweise gegebenen Doppellage die Elastizität der Bandage beeinflussen, besteht zu genähten Bandagen kein wesentlicher Unterschied, weil auch bei diesen mit bereichsweise doppelt liegendem Textilmaterial gearbeitet wird. Das Streitpa-tent macht nicht nur personalintensives und zeitaufwendiges manuelles Nähen, sondern auch Nähmaschinen überflüssig, die - was durch das von der [X.] vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. K. bestätigt wird - in der Bedienung nicht einfach zu handhaben sind. Durch Nutzung des [X.] wird hingegen die Möglichkeit automatisierter Herstellung von gepolsterten Bandagen geför-dert. Gegenüber den im Wege des Hochfrequenzschweißens für den Automo-bilbau hergestellten gepolsterten Körpern, die in der [X.]chrift noch erwähnt sind, besteht der Vorteil des patentgemäßen Vorschlags dabei darin, daß eine bereichsweise Verhärtung vermieden werden kann. Verantwortlich hierfür ist die geringe Erweichungstemperatur der elastischen Kunststoffbe-schichtung, die eine Verklebung mittels Erhitzung erlaubt, ohne daß die [X.] 8 - materialien selbst in einen Erweichungszustand versetzt werden. Das betref-fende Merkmal bedeutet dem Fachmann deshalb auch, daß patentgemäß [X.] - so die Ausdrucksweise des gerichtlichen Sachverständigen - strukturelle Verbindung gewählt werden soll, wie sie nach den überzeugenden und von den Parteien insoweit unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen bei jeder Art von Schweißen typisch ist, weil hierbei ein de-ren Beschaffenheit verändernder Eingriff in die zu verbindenden Material-schichten erfolgt. Angesichts des Vorschlags, stattdessen auf das Kleben zu setzen, das zu einer - wie der gerichtliche Sachverständige sich insoweit [X.] hat - [X.] Verbindung führt, droht so von der hierzu vorgesehe-nen zusätzlichen Kunststoffbeschichtung der Elastizität der verwendeten [X.] eine nachteilige Beeinträchtigung nicht, weil diese Schicht nach dem Streitpatent selbst elastisch ist.
3. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist zwar neu, weil - was in der Berufungsinstanz auch von der Klägerin nicht mehr in Zweifel gezogen wird - keine Entgegenhaltung sämtliche Merkmale in Kombination aufweist; er beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, weil die Entwicklung der vorge-schlagenen Bandage im Anmeldezeitpunkt im Können des Fachmanns lag.
a) Aus der Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Überzeugung gewonnen, daß die Fertigung und Entwicklung von Bandagen zum Arbeitsgebiet von Unternehmen gehört, die auf elastische Produkte wie Miederwaren, Binden usw. spezialisiert sind und für die Entwicklung neuer Produkte auf Textiltechniker oder Diplomin-genieure mit einem Fachhochschulabschluß zurückgreifen, die sich die bei ela-stischen Produkten erforderlichen [X.]ezialkenntnisse und -fähigkeiten durch - 9 - langjährige entsprechende Berufstätigkeit erworben haben. Was den besonde-ren [X.] bei Bandagen betrifft, bestehen wegen des hier gegebe-nen orthopädischen Bezugs auch keine durchgreifenden Zweifel daran, daß dieser Personenkreis ferner gewohnt ist, sich, wenn es wie bei Bandagen er-sichtlich darauf ankommen kann, auch das Wissen eines Orthopädiefach-manns, beispielsweise eines Facharztes für Orthopädie, zu erschließen und zu nutzen. Als maßgeblicher Fachmann kann deshalb im Streitfall eine Person angesehen werden, die auf profunde Kenntnisse sowohl der Orthopädie als auch der Textiltechnik zurückgreifen kann. Hierzu gehört insbesondere auch das Wissen um die am Anmeldetag bekannten Verfahren zum Fügen von ela-stischen Gewirken und Gestricken, weil solche Kenntnisse Textiltechniker be-reits in ihrer Ausbildung in vollem Umfang erwerben. Hierauf hat der gerichtli-che Sachverständige schon in seinem schriftlichen Gutachten ausdrücklich hingewiesen.
b) Angesichts der umfassenden Kenntnisse des Fachmanns, die auch das mit sachverständigen technischen Richtern besetzte [X.] zugrunde gelegt hat, rechtfertigt sich die Überzeugung, daß die Entwicklung der patentgemäßen Bandage nahelag.
Nach der Darstellung in der [X.]chrift und den insoweit überein-stimmenden Angaben der Parteien war es zum Anmeldezeitpunkt Praxis, [X.]n nach Maßgabe der Merkmale 1, 2, 3 a, b, c herzustellen, bei denen die Befestigung (Merkmal 3 e) im Wege des [X.] der Ränder erfolgte. Aus fachlicher Sicht konnte und mußte das verbesserungswürdig erscheinen. Dabei kann dahinstehen, ob [X.] der genähten Bandage Grund hierfür boten. Wie aus [X.]. 2 Z. 9 ff. der [X.]chrift hervorgeht, bestand [X.] 10 - falls ein Bedürfnis nach einfacherer Herstellung, als sie durch Nähen möglich war. Damit rückten andere Verbindungstechniken in den Blick des Fachmanns. Aufgrund seiner verfügbaren Kenntnisse auf dem Gebiet der Textiltechnik wuß-te der Fachmann, daß dies unter anderem thermische Fügetechniken waren, bei denen die zu verbindenden Textilien selbst, gegebenenfalls unter Verwen-dung in Form von Pasten, Pulver, Gasen aufgebrachter Hilfsstoffe, oder eine aus Klebstoff oder Thermoplast gebildete Verbundschicht mittels Hitze [X.] in geschmolzenen oder teigigen Zustand versetzt werden und hierdurch eine dauerhafte Verbindung geschaffen wird. Dies belegt die Doku-mentation "Thermisches Trennen und Fügen von Textilien und Textilverbund-stoffen" in Heft 20 der Zeitschrift "Bekleidungstechnik - Nähtechnik". Denn dort sind die thermischen Fügeprozesse nicht nur als relativ leicht automatisierbar bezeichnet (S. 23), sondern die insoweit möglichen Alternativen umfänglich behandelt. Dies gilt insbesondere auch für das thermische Kleben, bei dem - wie im Streitpatent vorgeschlagen - ein Mehrschichtenverbundsystem im Fü-gebereich geschaffen wird, dessen Verbundschicht ein Klebstoff oder Thermo-plast bildet, der durch Erhitzen und anschließendes Abkühlen für die Verbin-dung sorgt ([X.] links). Dabei wird auch darauf verwiesen, daß die thermi-schen Fügeprozesse einen bestimmten Anteil an thermoplastischen Fasern, also Kunststoff, voraussetzen (S. 18 links oben, [X.] rechts oben) und dies auch beim Kleben gilt ([X.] links). Die Möglichkeit, unter Nutzung einer [X.] mittels Erhitzung zu verkleben, bedeutete für den Fachmann des-halb die Verwendung eines mit einer Kunststoffbeschichtung versehenen [X.] (Merkmal 3 d).
Gerade das thermische Kleben unter Verwendung solcher Materialien mußte dem Fachmann als bei der Herstellung gepolsterter Bandagen in [X.] 11 - tracht zu ziehende Alternative zum Nähen erscheinen. Denn das - wie auch die [X.]chrift in [X.]. 1 Z. 23 ff. angibt - aus anderen Bereichen bekannte Schweißen führt wegen des strukturellen Eingriffs in die zu verbindenden Ge-webe oder Gewirke zu deren Erstarrung im Fügebereich. Da dies dem [X.] zum Anmeldezeitpunkt auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung [X.] war, hat deshalb auch der gerichtliche Sachverständige keine Zweifel gehabt, daß fachlicherseits Anlaß bestand, als Alternative für das Nähen gera-de das Kleben ins Auge zu fassen. Die bereits erwähnte umfassende Doku-mentation ist auch hierfür ein Beleg. Dem Kleben als solchem werden dort so-wohl gegenüber dem Nähen als auch gegenüber dem [X.] ([X.] links). Außerdem heißt es auf [X.], daß beim thermischen Kleben eine unübersehbare Menge an Klebechemikalien existiere, so daß im Prinzip für jedes Textil eine Verbindungsmöglichkeit bestehe. Der Senat [X.] hieraus, daß der Nutzung des thermischen Verklebens der überstehen-den Ränder mittels einer notwendigerweise zwischen dem Überzug und dem Grundmaterial befindlichen und auf einem der beiden [X.] aufge-brachten Kunststoffbeschichtung (Merkmal 3 d) anstelle des [X.] aus fachlicher Sicht keine prinzipiellen Hinderungsgründe entgegenstanden. Das von der Beklagten vorgelegte Privatgutachten des Prof. Dr. K. bestätigt das. Danach hat sich das dort als teuer bezeichnete Nähen durchgesetzt, weil man mit dieser Methode die Flexibilität in der Fertigung erreichen kann, der man bei schnell wechselnden Moden bei vielen Varianten je Modell und kleinen Größen bedarf. Solche Notwendigkeiten bestehen bei Bandagen nicht. Eine sachliche Präferenz für genähte Erzeugnisse gab es hier deshalb nicht. Dem Fachmann stand vielmehr auch und gerade das in der bereits erwähnten Do-kumentation als vorteilhaft herausgestellte thermische Kleben mittels einer zu-sätzlichen Kunststoffbeschichtung zur Verfügung. - 12 -
Es mußte allerdings noch die - wie es auf [X.] der Dokumentation auch heißt - genaue Auswahl des als Schicht aufgetragenen Klebers getroffen wer-den. Worauf hierbei zu achten war, gehörte aber - wenn es auf Grund der [X.] Kenntnisse und Erfahrungen dem Fachmann nicht ohnehin bekannt war - jedenfalls zum zugänglichen Fachwissen, weil es aus der Dokumentation ebenfalls ersichtlich war. Denn sie erwähnt auf [X.] als damals noch mögliche Probleme eine Versteifung, einen [X.] und die Langzeit- und Gebrauchsqualität. Da bei einer Bandage eine Versteifung ersichtlich nicht hingenommen werden kann, wußte der nach einer im Wege des [X.] her-zustellenden Bandage strebende Fachmann daher, daß es bei der Suche nach einer als Kleber dienenden geeigneten Kunststoffbeschichtung vor allem auf deren Fähigkeit ankommt, ihrerseits eine Versteifung zu vermeiden, welche die Elastizität des verwendeten Textilmaterials beeinträchtigt. Damit war für diesen Einsatzzweck eine selbst elastische thermoplastische Kunststoffbeschichtung vorgegeben (Merkmal 3 d ). Um die in der Dokumentation genannten Vorteile des [X.] zu nutzen, war aber auch nahegelegt, dafür zu sorgen, daß es - wie es dort [X.] heißt - zu einer thermischen Schädigung der Grundmateria-lien nicht kommt. Eine dies gewährleistende und für einen Fachmann ohne [X.] erkennbare Vorgehensweise war eine entsprechende Begrenzung der Wärmezufuhr. Der gerichtliche Sachverständige hat dies prägnant dahin zu-sammengefaßt, für einen Fachmann, der sich für das Kleben entscheidet, sei es eine Zwangsläufigkeit gewesen, im niedrigeren Temperaturbereich zu arbei-ten, eben weil es dabei um die Herstellung einer [X.] Verbindung gehe und mit ihr die sich beim Schweißen einstellende Versteifung zu vermeiden sei. Da die Wärmezufuhr für eine Erweichung der Kunststoffbeschichtung sorgen muß, damit diese als Kleber dienen kann, war dann aber auch nahegelegt, ei-- 13 - nen Kunststoff zu verwenden, dessen Erweichungstemperatur unter derjenigen der [X.] liegt (Merkmal 3 d ).
Dem kann nicht entgegengehalten werden, ein solcher Kunststoff sei nicht verfügbar gewesen. Auch insoweit kann wieder auf die bereits erwähnte Dokumentation verwiesen werden. Denn sie benennt auf [X.] links teilweise unter Angabe ihrer im Hinblick auf den Vorschlag des [X.] interessie-renden Schmelzbereiche verschiedene Kunststoffe, die insoweit als geeignete Klebstoffe angesehen worden sind. Außerdem haben der gerichtliche Sachver-ständige und die Parteien übereinstimmend angegeben, daß aus Polyurethan, das mit Patentanspruch 2 auch als im Rahmen des [X.] nach dem Streitpatent liegendes Mittel beansprucht ist, eine solchermaßen beschaf-fene Kunststoffbeschichtung als Kleber hergestellt werden konnte. Der gericht-liche Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten ferner darauf [X.], der Fachmann habe beispielsweise [X.] bereits für die Herstellung von Stützstrümpfen und Bandagen verwendet; daher seien ihm die Eigenschaften dieses Werkstoffs, wie z.B. Erweichungstempera-tur, Dehnbarkeit, elastisches Erholungsvermögen usw. vertraut gewesen. Au-ßerdem lehrt die [X.] [X.] 23 42 149 die Verwendung [X.] Polyurethane, die einen Schmelzbereich von 100 bis 120 °C haben und unter Erwärmung bis 170 °C bearbeitet werden sollen, was unstreitig weit unter der Schmelztemperatur beispielsweise von Gewebe liegt, das hauptsäch-lich aus Baumwolle besteht. Gleichwohl gelingt hiernach eine trennfeste [X.], wenn mit einer entsprechend erhitzten [X.] kurzzeitig ausrei-chend Druck aufgebracht wird. Unter diesen Umständen mag der Zugang zu der patentgemäßen Lehre zwar wegen des in der Dokumentation erwähnten breiten Angebots von Kunststoffklebern nicht auf Anhieb möglich gewesen - 14 - sein. Eine sachgerechte Auswahl war dem Fachmann jedenfalls aber auf Grund entsprechender Versuche möglich. Auch hieran lassen die überzeugen-den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen [X.] keine durchgreifenden Zweifel. Danach bilden Versuchsreihen die typische Vorgehensweise des nach Neuerungen suchenden Fachmanns, wenn - wie hier - praktikable Methoden wie einfache Abzugsversuche und -messungen zur Verfügung stehen. Da nichts dagegen spricht, daß die in der Dokumentation ferner angesprochenen Fragen nach [X.] und Langzeit- und Gebrauchsqualität durch im Fachkönnen liegende Versuche ebenfalls beantwortet werden konnten, ist ferner die Überzeugung gerechtfer-tigt, daß auch diese Gesichtspunkte den Fachmann nicht hinderten, den [X.] in der erörterten naheliegenden Weise aufzu-finden.
c) An der Überzeugung des Senats vermag nichts zu ändern, daß die Beklagte als Anzeichen für eine erfinderische Tätigkeit angeführt hat, trotz der Aufwendigkeit des [X.] des [X.] sei lange Jahre niemand auf das mit dem Streitpatent vorgeschlagene Verkleben bei gepolsterten Bandagen gekommen. Dabei kann dahinstehen, wann dieses Zeitmoment überhaupt eine verläßliche Aussage im Hinblick auf die Patentfähigkeit einer Lehre zum tech-nischen Handeln erlaubt. Im Streitfall ist nämlich davon auszugehen, daß es hierfür bereits an jeder Grundlage fehlt, weil entgegen der Meinung der [X.] insoweit nicht auf die [X.] [X.] 23 42 149 abgestellt werden kann, die bereits 1975 offengelegt wurde. Wie der gerichtliche Sach-verständige auf Nachfrage bestätigt hat, gibt diese Schrift dem Fachmann in erster Linie Anregung, wie beschichtete Flächengewebe (Laminate) hergestellt werden können. Der alternative Einsatz des [X.] an Stelle des Nähens wird - 15 - hingegen in den in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen erstmals in der bereits mehrfach erwähnten Dokumentation behandelt, die erst aus Okto-ber 1987 stammt. Anhaltspunkte, sich den Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu erschließen, können deshalb erst für einen Zeitpunkt angenommen werden, der knapp ein Jahr vor der Patentanmeldung liegt.
Auch das Privatgutachten von Prof. Dr. K. stellt die Überzeugung des Senats nicht in Frage. Es argumentiert hauptsächlich damit, daß dem Be-kleidungstechniker bekannt gewesen sei, beim Verkleben oder Verschweißen von Textilien eine Verhärtung der Verbindungsstellen hinnehmen zu müssen. Daß der Fachmann tatsächlich ausschließlich mit einer solchen Notwendigkeit rechnen mußte, kann den zu den Akten gereichten Unterlagen jedoch nicht entnommen werden. Das von Prof. Dr. K. in Bezug genommene Werk von [X.]über [X.] besagt derartiges nicht. Nur bei [X.] (weichmacherfreier) Beschichtung wird dort von einer Verstei-fung von Webwaren gesprochen. Außerdem erwähnt die bereits mehrfach zi-tierte Dokumentation als Einsatzgebiet für das [X.] ausdrücklich auch Bandagen, bei denen für jeden ersichtlich eine Verhärtung der [X.] nicht hingenommen werden kann. Auch das war Hinweis für den Fachmann, daß eine gebrauchstaugliche Bandage nicht nur mittels Nähens, sondern auch mit auf Hitze setzender Verbindungsmethode herstellbar war, wenn geeignete Kunststoffe und auf sie abgestimmte Wärme zum Einsatz kommen.
Das Privatgutachten von [X.]schließlich ist in dem hier interes- sierenden Zusammenhang unergiebig. - 16 - 4. Aus den soeben erörterten Gründen können auch die [X.] 2 bis 4 keinen Bestand haben. Die Feststellung des [X.], daß auch ihnen eine erfinderische Tätigkeit nicht zugrunde liege, weil es sich um lediglich fachübliche Alternativen handele, hat die Berufung auch nicht [X.] beanstandet.
5. [X.] folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO, 121 Abs. 2 [X.].

Melullis Scharen [X.]

[X.] Meier-Beck

Meta

X ZR 155/00

06.04.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2004, Az. X ZR 155/00 (REWIS RS 2004, 3708)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3708

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