Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2011, Az. 2 AZR 476/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 4969

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Gegenstand

Kündigungsschutz - Wartezeit - Sozialauswahl


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2010 - 18 [X.]/09 - im [X.] und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. August 2009 - 19 [X.] - zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung und über Ansprüche der Klägerin auf Annahmeverzugsvergütung.

2

Die [X.]eklagte ist eine in [X.] ansässige [X.]ank. Sie unterhielt in [X.] eine im [X.]andelsregister eingetragene Zweigniederlassung. Dort beschäftigte sie regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Am 12. Juni 2008 eröffnete sie eine Filiale in [X.]. Diese Filiale war - ebenso wie eine bereits bestehende Zweigstelle in [X.] - organisatorisch der Niederlassung [X.] zugeordnet. In [X.] beschäftigte die [X.]eklagte im Jahr 2008 nicht mehr als fünf Arbeitnehmer.

3

Die Klägerin ist [X.] Staatsbürgerin. Am 6. [X.]ai 2008 schlossen die Parteien in [X.] einen in [X.]r Sprache abgefassten, unbefristeten Arbeitsvertrag. Danach wurde die Klägerin ab 7. [X.]ai 2008 als „Kundenberaterin“ für eine Tätigkeit in [X.] eingestellt. Der [X.] sah eine Probezeit bis zum 6. August 2008 vor. Nach ihrer Einarbeitung in [X.] absolvierte die Klägerin ab dem 19. [X.]ai 2008 eine Schulung in [X.]. Am 2. Juni 2008 nahm sie ihre Tätigkeit in der [X.] Filiale auf.

4

Unter dem Datum des 13. August 2008 schlossen die Parteien einen in [X.] abgefassten Arbeitvertrag. Er war - bei vereinbarter ordentlicher Kündigungsmöglichkeit - mit [X.]ezug auf § 14 Abs. 2 Tz[X.]fG befristet und sah eine sechsmonatige Probezeit vor. Als Tätigkeit war die einer „Kundenberaterin in [X.] Filiale“ genannt. Gemäß § 3 des [X.]s behielt sich die [X.]eklagte das Recht vor, die Klägerin für die Einarbeitungsphase oder bei [X.]edarf in [X.] einzusetzen. [X.]ei Eröffnung weiterer Zweigniederlassungen/Filialen sollte sie sie - unter [X.]eibehaltung des jeweiligen [X.] - unternehmensweit innerhalb [X.] versetzen können. Laut einer der Schlussbestimmungen versicherte die Klägerin, dass zwischen den Parteien zuvor kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der [X.] sollte mit Erteilung einer „EU-Arbeitserlaubnis“ (Arbeitsgenehmigung nach § 284 SG[X.] III) an die Klägerin wirksam werden.

5

Am 1. September 2008 bat die Klägerin - entsprechend einer Vorgabe der [X.]eklagten - um Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrags und Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses zum 2. September 2008 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. August 2008.

6

[X.]it Schreiben vom 8. Dezember 2008, der Klägerin einen Tag später zugegangen, kündigte die [X.]eklagte das „seit dem 02.09.2008 bestehende“ Arbeitsverhältnis zum 23. Dezember 2008, „hilfsweise zum rechtlich nächstmöglichen Zeitpunkt“.

7

Die Klägerin hat rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, auf das Arbeitsverhältnis finde das [X.] Anwendung. Die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG sei erfüllt. Die [X.]eschäftigungszeiten aus den beiden Arbeitsverhältnissen seien zusammenzurechnen. Deren Unterbrechung sei unbeachtlich. Der betriebliche Geltungsbereich des [X.]es sei eröffnet. Die [X.] Filiale bilde mit der Zweigniederlassung [X.] einen [X.]etrieb iSv. § 23 Abs. 1 KSchG. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. [X.]etriebsbedingte Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG lägen nicht vor. Es sei ausreichend Arbeit vorhanden gewesen. Die [X.]eklagte habe nach der Kündigung in [X.] neue Arbeitnehmerinnen eingestellt oder - was dem gleichstehe - befristete Verträge verlängert. Die [X.] sei fehlerhaft. Sie sei schutzbedürftiger als vier ihrer nicht gekündigten Kolleginnen. Für die [X.]onate Januar bis [X.]ärz 2009 stehe ihr Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu; erhaltenes Arbeitslosengeld lasse sie sich anrechnen.

8

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der [X.]eklagten vom 8. Dezember 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 12.659,73 Euro brutto abzüglich auf die [X.]undesagentur für Arbeit übergegangener 2.790,00 Euro netto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz jeweils aus 4.219,91 Euro brutto abzüglich 930,00 Euro seit dem 1. Februar 2009, 1. [X.]ärz 2009 und 1. April 2009 zu zahlen.

9

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe bei Zugang der Kündigung noch keine sechs [X.]onate „ununterbrochen“ bestanden. Auf das erste Arbeitsverhältnis der Parteien sei [X.]s Recht zur Anwendung gelangt. Die Anrechnung unter Geltung fremden Rechts verbrachter [X.]eschäftigungszeiten auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG widerspreche den [X.]estimmungen des Internationalen Privatrechts. Der Anwendbarkeit des [X.]es stehe zudem die Eigenständigkeit der [X.] Filiale entgegen. Die Kündigung sei im Übrigen auch bei Anwendbarkeit des [X.]es wirksam. Sie habe vor dem [X.]intergrund der Finanzkrise entschieden, ihre Personalkosten zu senken. Zur Erreichung dieses Ziels habe sie die Stelle der Klägerin gestrichen. Ihre Arbeitsaufgaben habe sie teils auf zwei in [X.] tätige Arbeitnehmerinnen, teils auf eine in [X.] und eine in [X.] beschäftigte Arbeitnehmerin übertragen. Nach [X.]eginn der [X.]utterschutzfristen einer der [X.] Arbeitnehmerinnen habe sie die [X.] [X.]itarbeiterin nach [X.] versetzt. Diese Umverteilungen seien wegen insgesamt rückläufiger Auslastung der Arbeitnehmer möglich gewesen. Die [X.] sei - soweit sie überhaupt durchzuführen gewesen sei - nicht zu beanstanden. [X.]ei den in [X.] als Kundenbetreuerinnen beschäftigten [X.]itarbeiterinnen, mit denen sich die Klägerin verglichen habe, handele es sich um Leistungsträgerinnen iSv. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Eine weitere [X.]itarbeiterin sei Kundenbetreuerin, nicht Kundenberaterin und deshalb nicht mit der Klägerin vergleichbar, eine andere sei aufgrund deutlich längerer [X.]etriebszugehörigkeit schutzwürdiger.

Das Arbeitsgericht hat dem Kündigungsschutzbegehren und der Zahlungsklage - bis auf 500,00 Euro - stattgegeben. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.]eklagten mit Ausnahme einer [X.]erabsetzung der Verpflichtung zur Zinszahlung zurückgewiesen. [X.]it der Revision verfolgt die [X.]eklagte ihr [X.]egehren weiter, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die [X.]evision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückverweisung des [X.]echtsstreits an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 Z[X.]O). Der [X.] kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 8. Dezember 2008 wirksam ist.

A. [X.]it der bisherigen [X.]egründung durfte das [X.] der Kündigungsschutzklage nicht stattgeben. Es geht zwar zutreffend von der Anwendbarkeit des [X.]es aus. Seine Ausführungen zu § 1 Abs. 3 [X.] tragen aber nicht das Ergebnis, die Kündigung sei mangels ordnungsgemäßer [X.] sozial ungerechtfertigt.

I. Die Wirksamkeit der Kündigung ist nach [X.] Kündigungs(schutz)recht zu beurteilen. Auf das Arbeitsverhältnis der [X.]arteien gelangte jedenfalls im Kündigungszeitpunkt [X.] [X.]echt zur Anwendung.

1. Nach Internationalem [X.]rivatrecht ([X.]) bestimmt sich die Frage, welches Gesetzesrecht auf einen [X.]rivatrechtssachverhalt anzuwenden ist, nach den [X.]egelungen des Staates, dessen Gerichte zur Entscheidung angerufen werden. Dementsprechend sind hier die das Arbeitsrecht betreffenden [X.]estimmungen der Art. 27 bis 37 EG[X.]G[X.] einschlägig. Diese sind zwar zum 17. Dezember 2009 durch die [X.]estimmungen der Verordnung Nr. 593/2008 des [X.] und des [X.]ates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende [X.]echt ([X.]omI-VO) abgelöst worden. Nach Art. 28 [X.]omI-VO finden aber deren [X.]egelungen auf Vertragsverhältnisse, die - wie im Streitfall - vor dem 17. Dezember 2009 begründet worden sind, keine Anwendung (vgl. [X.] 26. [X.]ai 2011 - 8 [X.] - [X.]n. 39).

2. Die [X.]arteien haben mit dem Arbeitsvertrag vom 13. August 2008 iSv. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EG[X.]G[X.] konkludent [X.] [X.]echt gewählt, indem sie auf [X.] [X.]echtsvorschriften - etwa § 14 Abs. 2 [X.] - [X.]ezug genommen haben. Unabhängig davon verweist die [X.]egelanknüpfung des Art. 30 Abs. 2 EG[X.]G[X.] auf [X.] [X.]echt. Danach findet mangels Vereinbarung das [X.]echt desjenigen Staates Anwendung, in welchem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. [X.]egelmäßiger Arbeitsort der Klägerin war zuletzt [X.]. Umstände, die nach dem Wirksamwerden der Vereinbarungen vom 13. August 2008 auf eine engere Verbindung des Arbeitsverhältnisses zu [X.] hinweisen könnten, sind nicht zu erkennen.

II. Die persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen für die Anwendung des [X.]es (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 [X.]) liegen vor.

1. Die Wartezeit des § 1 Abs. 1 [X.] ist erfüllt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat bei Zugang der Kündigung im Unternehmen der [X.] „ohne Unterbrechung“ länger als sechs [X.]onate bestanden. Die unter Geltung des Arbeitsvertrags vom 6. [X.]ai 2008 zurückgelegten [X.]eschäftigungszeiten sind trotz der zwischenzeitlichen Vertragsänderung zu berücksichtigen. Das gilt selbst dann, wenn im Zusammenhang mit der Anfang September 2008 eingetretenen rechtlichen Unterbrechung ein Wechsel des [X.] stattgefunden haben sollte. Zugunsten der [X.] kann daher unterstellt werden, dass - wovon das [X.] positiv ausgegangen ist - auf das erste Arbeitsverhältnis der [X.]arteien lettisches [X.]echt Anwendung fand.

a) § 1 Abs. 1 [X.] schließt die Anrechnung von [X.]eschäftigungszeiten aus einem vorangehenden Arbeitsverhältnis auf die Wartezeit nicht unter allen Umständen aus.

aa) Zwar ist nach dem Wortlaut des Gesetzes für die Wahrung der Frist jede rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses schädlich, sei sie auch nur von kürzester Dauer. Dies würde jedoch Sinn und Zweck der Wartezeit nicht gerecht. Danach soll der Arbeitnehmer erst nach einer gewissen Dauer der Zugehörigkeit zum [X.]etrieb oder Unternehmen Kündigungsschutz erwerben ([X.] 23. September 1976 - 2 [X.] - zu I 2 c der Gründe, [X.]E 28, 176). Den Arbeitsvertragsparteien soll für eine gewisse [X.] die [X.]rüfung ermöglicht werden, ob sie sich auf Dauer binden wollen ([X.] 24. November 2005 - 2 [X.] - zu [X.] 1 b der Gründe, [X.]E 116, 254). Dieses [X.]egelungsziel verlangt nicht danach, mit jeder noch so kurzen rechtlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses die Wartezeit erneut beginnen zu lassen. So wäre es etwa vor diesem Ziel sachlich nicht zu begründen, ein Arbeitsverhältnis, das an einem - ohnehin arbeitsfreien - Wochenende auf Veranlassung des Arbeitgebers geendet hat, selbst bei Wiedereinstellung des Arbeitnehmers zu [X.]eginn der darauffolgenden Woche als iSv. § 1 Abs. 1 [X.] unterbrochen anzusehen ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - [X.]n. 18, [X.] 1969 § 1 Nr. 88; 19. Juni 2007 - 2 [X.] - [X.]n. 13, [X.]E 123, 185). Es ist deshalb für den Lauf der Wartezeit unschädlich, wenn innerhalb des [X.] zwei oder mehr Arbeitsverhältnisse liegen, die ohne zeitliche Unterbrechung unmittelbar aufeinanderfolgen. Setzt sich die [X.]eschäftigung des Arbeitnehmers nahtlos fort, ist typischerweise von einem „ununterbrochenen“ Arbeitsverhältnis auszugehen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer während der Wartezeit verschiedenartige Tätigkeiten ausgeübt hat (vgl. [X.] 23. September 1976 - 2 [X.] - zu I 2 f der Gründe, aaO; [X.]/Griebeling 9. Aufl. § 1 [X.]n. 114; [X.]ünchKomm[X.]G[X.]/[X.] 5. Aufl. § 1 [X.] [X.]n. 33; [X.] in [X.]/[X.]/Eylert [X.] § 1 [X.]n. 1; [X.]/[X.] 10. Aufl. [X.]n. 876; einschränkend: [X.]/[X.] 11. Aufl. § 1 [X.] [X.]n. 40; [X.]/Spinner [X.] 9. Aufl. § 1 [X.]n. 43).

bb) Selbst in Fällen, in denen es an einer nahtlosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fehlt, kann eine rechtliche Unterbrechung unbeachtlich sein, wenn sie verhältnismäßig kurz ist und zwischen beiden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Dafür kommt es insbesondere auf Anlass und Dauer der Unterbrechung sowie auf die Art der Weiterbeschäftigung an ([X.][X.]spr., bspw. [X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - [X.]n. 19, [X.] 1969 § 1 Nr. 88; 19. Juni 2007 - 2 [X.] - [X.]n. 13, [X.]E 123, 185; grundlegend: 6. Dezember 1976 - 2 [X.] - zu 3 d der Gründe, [X.]E 28, 252). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hängt vom Einzelfall ab. Eine feste zeitliche [X.]egrenzung für den Unterbrechungszeitraum besteht nicht. Je länger die Unterbrechung gedauert hat, desto gewichtiger müssen die für einen sachlichen Zusammenhang sprechenden Umstände sein (vgl. [X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - [X.]n. 20, aaO; 20. August 1998 - 2 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.] 1969 § 1 Wartezeit Nr. 9 = EzA [X.] § 1 Nr. 49).

b) Diese Grundsätze kommen auch dann zum Tragen, wenn für das frühere Arbeitsverhältnis nicht [X.], sondern ausländisches [X.]echt galt. Für die Anrechnung von [X.]eschäftigungszeiten aus einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis ist es grundsätzlich unerheblich, ob dieses einem anderen [X.] unterlag.

aa) Ob fremdem [X.]echt unterfallende Vorgänge bei der Anwendung einer [X.]n [X.]echtsnorm [X.]erücksichtigung finden, ist durch Auslegung des einschlägigen [X.]n Gesetzes zu ermitteln (bspw. [X.]ünchKomm[X.]G[X.]/[X.] 5. Aufl. Einl. [X.] [X.]n. 609; [X.] 2008, 148, 150 f.; Otto/[X.]ückl [X.][X.] 2008, 1231). [X.]aßgeblich ist § 1 Abs. 1 [X.].

bb) Dem Wortlaut nach verlangt diese [X.]estimmung nur, dass das Arbeitsverhältnis in demselben [X.]etrieb oder Unternehmen länger als sechs [X.]onate bestanden hat. Eine (Selbst-)[X.]eschränkung in dem Sinne, dass auf das Arbeitsverhältnis durchgehend [X.] [X.]echt zur Anwendung gelangt sein müsse, lässt sich daraus nicht ableiten. Das Gesetz stellt - im Gegenteil - mit der Anknüpfung an den [X.]egriff „Unternehmen“ einen Auslandsbezug zumindest insoweit her, als es in seinen Geltungsbereich auf diese Weise auch solche Arbeitsverhältnisse einbezieht, die mit ausländischen Unternehmen bestehen. [X.]ereits dies spricht dafür, dass es auf das [X.], unter dem die [X.]eschäftigungszeiten zurückgelegt wurden, nicht entscheidend ankommt.

cc) Dies wird durch Sinn und Zweck der Wartezeitregelung bestätigt. Dem Ziel, sich gegenseitig kennenzulernen und prüfen zu können, dient auch die [X.]eschäftigung in einem Arbeitsverhältnis, auf das vorübergehend [X.] [X.]echt keine Anwendung fand. Die Frage, ob sich der Arbeitgeber enger an den Arbeitnehmer binden will, stellt sich im Geltungsbereich des [X.]es nach sechsmonatiger Dauer der [X.]eschäftigung. Die [X.]öglichkeit, dies sachgerecht zu beurteilen, hängt nicht davon ab, dass auf das [X.] durchgängig [X.] [X.]echt zur Anwendung gelangt ist. Auch [X.]en einer [X.]eschäftigung auf der Grundlage fremden [X.]s bieten dem Arbeitgeber dazu ausreichend Gelegenheit (vgl. [X.]/[X.] 11. Aufl. § 1 [X.] [X.]n. 41).

dd) Der Anrechnung von [X.]eschäftigungszeiten unter fremdem [X.] stehen keine systematischen Erwägungen entgegen. Sie gerät insbesondere nicht in Widerspruch zur [X.]egrenzung des Geltungsbereichs des [X.]es auf in [X.] gelegene [X.]etriebe in § 23 Abs. 1 [X.].

(1) Der Erste Abschnitt des [X.]es findet zwar nur auf [X.]etriebe Anwendung, die in [X.] gelegen sind (vgl. [X.] 8. Oktober 2009 - 2 [X.] - [X.]n. 13, EzA [X.] § 23 Nr. 35; 17. Januar 2008 - 2 [X.] - [X.]E 125, 274; siehe auch [X.]VerfG 12. [X.]ärz 2009 - 1 [X.]v[X.] 1250/08 -). Dies schließt es aus, bei der [X.]eurteilung, ob die [X.] Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 [X.] erfüllt, im Ausland tätige Arbeitnehmer zu berücksichtigen, jedenfalls soweit deren Arbeitsverhältnisse nicht [X.] [X.]echt unterliegen ([X.] 26. [X.]ärz 2009 - 2 [X.] - [X.]n. 22, [X.] 1969 § 23 Nr. 45). Im Gegensatz zu § 23 Abs. 1 [X.] stellt § 1 Abs. 1 [X.] aber nicht nur auf die jeweiligen Verhältnisse im [X.]etrieb ab, sondern erweitert seinen Anwendungsbereich auf das gesamte Unternehmen des Arbeitgebers.

(2) Zudem beruht die [X.]eschränkung des Geltungsbereichs des [X.]es auf in [X.] gelegene [X.]etriebe auf dem Umstand, dass die Gewährung von Kündigungsschutz gegenüber einem Arbeitnehmer Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse des Arbeitgebers mit anderen Arbeitnehmern haben kann. Das ist widerspruchsfrei nur möglich, wenn im [X.]punkt der Kündigung gegenüber allen möglicherweise betroffenen Arbeitnehmern und gegenüber dem Arbeitgeber dasselbe, nämlich [X.] Kündigungsschutz- und Arbeitsrecht angewendet und auch durchgesetzt werden kann (vgl. [X.] 26. [X.]ärz 2009 - 2 [X.] - [X.]n. 15 ff., [X.] 1969 § 23 Nr. 45). Demgegenüber berührt die Frage, ob auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 [X.] [X.]eschäftigungszeiten aus einem Arbeitsverhältnis anzurechnen sind, das einer anderen [X.]echtsordnung unterfällt, in erster Linie die individuellen Verhältnisse des betreffenden Arbeitnehmers. Außerdem stellt sie sich nur in [X.]ezug auf Arbeitsverhältnisse, die jedenfalls im Kündigungszeitpunkt [X.] [X.]echt unterlagen.

ee) Zu Unrecht meint die [X.]evision, die Anrechnung von [X.]eschäftigungszeiten, die unter Geltung fremden [X.] zurückgelegt wurden, schränke in unzulässiger Weise ihre nach Kollisionsrecht gegebenen [X.]echtswahlmöglichkeiten ein. Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Internationalen [X.]rivatrechts, dass im Fall eines [X.]s das „alte“ Statut für die [X.]egründung der [X.]echte, [X.]echtslagen und [X.]echtsverhältnisse und für die bis zum [X.] eingetretenen Wirkungen anwendbar bleibt. Über weitere Wirkungen entscheidet das „neue“ [X.]. So ist an [X.] [X.]echt zu messen, ob und inwieweit Vorgänge, die sich unter Geltung fremden [X.]echts ereignet haben, im Sinne der fraglichen inländischen Norm als tatbestandsmäßig anzuerkennen sind oder nicht (vgl. [X.]ünchKomm[X.]G[X.]/[X.] 5. Aufl. Einl. [X.] [X.]n. 607; [X.] 2008, 148; v. [X.]/Thorn [X.] 9. Aufl. § 5 [X.]n. 104; ähnlich für den Fall des [X.]etriebsübergangs: [X.] 26. [X.]ai 2011 - 8 [X.] - [X.]n. 43 ff.). Es geht in solchen Fällen nicht um eine - unzulässige - Anwendung [X.]n [X.]echts auf einen Auslandssachverhalt, sondern um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine [X.] Norm - hier § 1 Abs. 1 [X.] - auf ein ihrem Wirkungskreis unterliegendes Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (vgl. [X.] 2001, 94, 105; [X.] NZA 2000, 57, 63; Straube D[X.] 2009, 1406). Darauf musste und konnte sich die [X.]eklagte einrichten, als sie sich der [X.]n [X.]echtsordnung unterwarf.

ff) [X.]ögliche praktische Schwierigkeiten, die sich im [X.]inblick auf eine Einbeziehung solcher [X.]eschäftigungszeiten ergeben können, die unter Geltung ausländischen [X.]echts zurückgelegt wurden, rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Zwar mag im Einzelfall die Feststellung, ob es sich bei einem Vertragsverhältnis, das zeitweise ausländischem [X.] unterlag, durchgängig um ein Arbeitsverhältnis im kündigungsschutzrechtlichen Sinne gehandelt hat, nicht einfach sein. Dies ist aber nach der ratio legis des § 1 Abs. 1 [X.] hinzunehmen. Abgesehen davon dürfte vielfach - so auch im Streitfall - der Arbeitnehmerstatus des [X.]eschäftigten während der ausländischem [X.]echt unterfallenden [X.]en unstreitig sein.

c) Danach hat das [X.] zu [X.]echt die unter Geltung des Arbeitsvertrags vom 6. [X.]ai 2008 zurückgelegten [X.]eschäftigungszeiten in die [X.]erechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 [X.] einbezogen.

aa) Die Klägerin stand ab dem 7. [X.]ai 2008 in einem Arbeitsverhältnis zur „[X.]“. Der auf den 13. August 2008 datierte - neue - Arbeitsvertrag bezeichnet als Arbeitgeberin die „[X.], Aktiengesellschaft lettischen [X.]echts, Zweigniederlassung [X.]“. Eine Änderung der Arbeitgeberstellung ging damit nicht einher. [X.]it beiden [X.]ezeichnungen ist dieselbe juristische [X.]erson angesprochen. Die Zweigniederlassung der [X.] ist ausweislich der Eintragungen in das [X.]andelsregister rechtlich unselbständig. Aus § 53 des Kreditwesengesetzes ([X.]) folgt nicht, dass sie als eigenständiges Unternehmen iSv. § 1 Abs. 1 [X.] anzusehen wäre. Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 [X.] gilt die inländische Zweigstelle eines ausländischen Unternehmens, die [X.]ankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 6 [X.] gilt das Institut für die Anwendung von § 36 Abs. 1 [X.] als juristische [X.]erson. Darüber hinaus gilt nach § 53 Abs. 2a [X.] die Zweigstelle für die [X.]estimmungen des Gesetzes, „die daran anknüpfen, dass ein Institut das Tochterunternehmen eines Unternehmens mit Sitz im Ausland ist, als hundertprozentiges Tochterunternehmen der Institutszentrale mit Sitz im Ausland“. Diesen [X.]egelungen ist der Zweck gemein, die Vorschriften des [X.] auf rechtlich und wirtschaftlich unselbständige Zweigstellen eines Unternehmens mit Sitz in einem anderen Staat anwendbar zu machen. Ihre Wirkungen gehen aber nicht darüber hinaus.

bb) Die Würdigung des [X.]s, die rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses der [X.]arteien sei unbeachtlich, lässt keinen [X.]echtsfehler erkennen. Dafür spricht schon, dass sich die beiden Arbeitsverhältnisse nahtlos aneinander anfügten und die [X.]eschäftigung der Klägerin offenbar kontinuierlich fortgesetzt wurde. Zumindest bestand zwischen den Arbeitsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang. Die Klägerin war durchweg als Kundenberaterin beschäftigt. Die Gründe für die Unterbrechung lagen weder in den betrieblichen Verhältnissen, noch im Verhalten der Klägerin. Ebenso wenig ist für die Anwendung von § 1 Abs. 1 [X.] von [X.]elang, ob die Klägerin unter Geltung des ersten Arbeitsvertrags nach [X.] lediglich „entsandt“ worden war. Dem Vorbringen der [X.] ist nicht zu entnehmen, dass dieser Umstand die Arbeitsleistung der Klägerin entscheidend geprägt hätte.

cc) [X.] ist, dass die Klägerin mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrags vom 13. August 2008 erklärte, zwischen den [X.]arteien habe zuvor kein Arbeitsverhältnis bestanden. [X.]it dieser Erklärung konnte sie sich ihrer [X.]echte aus dem [X.] nicht begeben.

dd) Ausgehend vom 7. [X.]ai 2008 errechnet sich bis zum Zugang der Kündigung eine [X.]eschäftigungszeit von etwas mehr als sieben [X.]onaten. Selbst wenn man nur auf die [X.]en abstellte, während derer die Klägerin unstreitig regelmäßig in [X.] tätig war, mithin die [X.] ab dem 2. Juni 2008, wäre die Wartezeit erfüllt.

2. Der betriebliche Geltungsbereich des [X.]es ist eröffnet. Das [X.] hat für die [X.]erechnung des Schwellenwerts (§ 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.]) zutreffend nicht nur die in der [X.] Filiale beschäftigten Arbeitnehmer berücksichtigt, sondern die in der Zweigniederlassung [X.] tätigen Arbeitnehmer mitgezählt. Der hiergegen gerichtete Angriff der [X.]evision bleibt erfolglos.

a) Unter einem [X.]etrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder in [X.] mit seinen [X.]itarbeitern mit [X.]ilfe von sächlichen und immateriellen [X.]itteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der [X.]efriedigung von Eigenbedarf erschöpfen ([X.] 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - [X.]n. 15, EzA [X.] § 23 Nr. 37; 17. Januar 2008 - 2 [X.] - [X.]n. 15, [X.]E 125, 274). Dies setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und [X.]ersonalressourcen voraus. Die einen [X.]etrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass [X.] der Arbeitgeberfunktionen in personellen und [X.] Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbstständig ausgeübt wird. Entscheidend ist, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden ([X.] 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - [X.]n. 16, aaO; 3. Juni 2004 - 2 [X.] - zu [X.] II 1 der Gründe, [X.] 1969 § 23 Nr. 33 = EzA [X.] § 23 Nr. 27).

b) Vom [X.]etrieb als Ganzem zu unterscheiden sind [X.]etriebsteile, die gegenüber dem [X.]auptbetrieb organisatorisch selbstständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen ([X.] 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - [X.]n. 17, EzA [X.] § 23 Nr. 37; 15. [X.]ärz 2001 - 2 [X.] II 1 b der Gründe, EzA [X.] § 23 Nr. 23). Auch ein [X.]auptbetrieb und eine räumlich weit entfernte [X.]etriebsstätte iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]etrVG können einen [X.]etrieb iSd. § 23 [X.] bilden. Im Unterschied zu § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG differenziert § 23 [X.] nicht zwischen [X.]etrieben und räumlich entfernten [X.]etriebsteilen, die als selbstständige [X.]etriebe im Sinne des [X.]etriebsverfassungsgesetzes gelten. Die räumliche Einheit ist kündigungsschutzrechtlich kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal, weil es wesentlich auf die Leitung des [X.]etriebs ankommt, der es obliegt, die Einzelheiten der arbeitstechnischen Zwecksetzung zu regeln (vgl. [X.] 3. Juni 2004 - 2 [X.] - zu [X.] der Gründe, A[X.] [X.]etrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 55).

c) Gemessen hieran ist die Würdigung des [X.]s, die [X.] Filiale und die in [X.] ansässige Zweigniederlassung der [X.] seien als ein einheitlicher [X.]etrieb iSv. § 23 Abs. 1 [X.] anzusehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das [X.] hat als wesentliches Indiz für das [X.]estehen einer einheitlichen, in [X.] ansässigen Leitung die äußeren Umstände, insbesondere das zur Akte gereichte Organigramm der Zweigniederlassung gewertet. Ihm zufolge waren die in [X.] beschäftigten [X.]itarbeiter - auch hinsichtlich ihrer Unterstellungsverhältnisse - in die Organisationsstruktur der Zweigniederlassung eingebunden. Darüber hinaus hat das [X.] auf den eigenen Vortrag der [X.] verwiesen, nach dem sämtliche für die Kündigung der Klägerin relevanten Entscheidungen in [X.] getroffen wurden, mögen sie auch einer allgemeinen Vorgabe aus [X.] entsprochen haben. Das an die Klägerin gerichtete Kündigungsschreiben wurde ebenso wie die Kündigung einer anderen im Dezember 2008 entlassenen [X.]itarbeiterin der [X.] Filiale von der Leiterin der Zweigniederlassung [X.] und nicht von dem in [X.] ansässigen Filialleiter unterzeichnet.

bb) Die [X.]eklagte hat keine Umstände dargetan, die der Würdigung des [X.]s entgegen stünden. Ihr zweitinstanzliches Vorbringen, Einstellungen und Entlassungen würden zwar im Außenverhältnis durch die Leiterin der Zweigniederlassung vorgenommen, im Innenverhältnis trage die Verantwortung jedoch die jeweilige Filialleitung, lässt offen, was unter dieser „Verantwortung“ zu verstehen ist. Nach der vorgelegten Stellenbeschreibung ist es Aufgabe des [X.] [X.], die Einstellung der Arbeitskräfte, deren [X.]eförderung und Entlassung zu „initiieren“. Das lässt den Schluss zu, bei ihm habe nicht die Letztentscheidungsbefugnis über die zu treffende [X.]aßnahme gelegen. Soweit die [X.]eklagte auf [X.]efugnisse des [X.] bei der Urlaubsplanung verwiesen hat, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass diesem auch die Genehmigung des [X.] oder einzelner Urlaubsanträge oblag. Ebenso wenig hat die [X.]eklagte behauptet, dass mit fachlichen Weisungsbefugnissen des [X.] das [X.]echt zur Erteilung von Abmahnungen verbunden gewesen sei. Im Übrigen belegen ihre Ausführungen zur Umorganisation der [X.] Filiale und Übertragung bislang dort erledigter Aufgaben auf in [X.] tätige Arbeitnehmer, dass ein einheitlicher organisatorischer Einsatz der Sachmittel und [X.]ersonalressourcen erfolgte. In der Zweigniederlassung [X.] wurde offensichtlich auch über Arbeitsbedingungen und Organisation der [X.] Filiale entschieden.

cc) In ihrem [X.]etrieb beschäftigte die [X.]eklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Die Klägerin gehörte, was ausreicht, dem [X.]etrieb im Kündigungszeitpunkt an.

III. Zu [X.]echt rügt die [X.]evision eine fehlerhafte Anwendung von § 1 Abs. 3 [X.].

1. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist die Kündigung eines Arbeitnehmers, dem aus dringenden betrieblichen Gründen gekündigt worden ist, sozial nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der [X.]etriebszugehörigkeit, das Lebensalter und ggf. die Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] sind in die [X.] Auswahl nach Satz 1 Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen [X.]ersonalstruktur des [X.]etriebs, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.

2. Die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts über die Sozialwidrigkeit einer Kündigung ist revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar. Dies gilt bei der [X.] Auswahl nicht nur mit [X.]lick auf die [X.] Indikatoren und deren Gewichtung selbst, sondern auch mit [X.]lick auf die [X.]ildung der auswahlrelevanten Gruppen ([X.] 5. Dezember 2002 - 2 AZ[X.] 697/01 - [X.]n. 20, [X.]E 104, 138). Auch dem eingeschränkten [X.]rüfungsmaßstab hält die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts aber nicht stand.

a) Das [X.] hat angenommen, die Klägerin sei aufgrund ihres um 11 Jahre höheren Lebensalters sozial schutzbedürftiger als die in [X.] beschäftigte Kundenberaterin S. Die [X.]eklagte könne sich nicht auf § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] berufen. Es seien keine Umstände dargetan, die den Schluss zuließen, die Weiterbeschäftigung von [X.] habe im berechtigten betrieblichen Interesse gelegen.

b) Es ist schon fraglich, ob auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s davon ausgegangen werden kann, die Klägerin und [X.] gehörten demselben [X.]etrieb an. Dem Vorbringen der [X.] zufolge war [X.] in der Zweigstelle [X.] eingesetzt. Das [X.] hat nicht geprüft, ob diese Filiale dem aus der Zweigniederlassung [X.] und der [X.] Filiale bestehenden [X.]etrieb zuzuordnen war. Nach der Konzeption des § 1 Abs. 3 [X.] ist die [X.] durchzuführen. In die Auswahlentscheidung sind nur diejenigen vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen, welche in demselben [X.]etrieb beschäftigt sind ([X.][X.]spr., bspw. [X.] 31. [X.]ai 2007 - 2 AZ[X.] 276/06 - [X.]n. 16, [X.]E 123, 1; 2. Juni 2005 - 2 AZ[X.] 158/04 - [X.]E 115, 82). Im Übrigen war die Klägerin ausdrücklich für die [X.] Filiale eingestellt worden. Die der [X.] im Arbeitsvertrag vom 13. August 2008 vorbehaltene Versetzungsoption bezog sich jedenfalls dem Wortlaut nach nicht auf einen möglichen Einsatz in der [X.] Filiale.

c) Zugunsten der Klägerin kann die Zugehörigkeit von [X.] zum selben [X.]etrieb unterstellt werden. Auch dann durfte das [X.] nicht von einer fehlerhaften [X.] ausgehen. Seine Würdigung nimmt nicht ausreichend auf den [X.] der [X.] [X.]edacht.

aa) § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] verlangt vom Arbeitgeber die „ausreichende“ [X.]erücksichtigung der dort angeführten [X.] Grunddaten. Ihm steht damit bei deren Gewichtung ein [X.] zu ([X.] 5. Dezember 2002 - 2 AZ[X.] 549/01 - [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 59 = EzA [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 49). Dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, wie die in § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] genannten [X.] Gesichtspunkte zueinander ins Verhältnis zu setzen sind. Keinem Kriterium kommt eine [X.]riorität gegenüber den anderen zu (bspw. [X.] 5. November 2009 - 2 AZ[X.] 676/08 - [X.]n. 29, EzA [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 2. Juni 2005 - 2 AZ[X.] 480/04 - [X.]n. 39, [X.]E 115, 92). Der dem Arbeitgeber verbleibende [X.] ist auch dann zu beachten, wenn er - wie im Streitfall - eine [X.] zunächst für entbehrlich gehalten hat. Auch wenn eine [X.] gar nicht oder methodisch fehlerhaft durchgeführt wurde, ist die Kündigung jedenfalls nicht aus diesem Grund unwirksam, wenn mit der [X.]erson des Gekündigten gleichwohl - zufällig - eine objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde (bspw. [X.] 10. Juni 2010 - 2 AZ[X.] 420/09 - [X.]n. 19, [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 22; 3. April 2008 - 2 AZ[X.] 879/06 - [X.]n. 30, [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 15). Der Arbeitgeber braucht grundsätzlich nicht die „bestmögliche“ [X.] vorgenommen zu haben. Ebenso wenig ist entscheidend, ob das Arbeitsgericht diese Auswahl getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich die [X.] Erwägungen hätte anstellen und die entsprechenden [X.] Grunddaten hätte gewichten müssen. Der dem Arbeitgeber einzuräumende [X.] führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer sich mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können ([X.] 2. Juni 2005 - 2 AZ[X.] 480/04 - [X.]n. 38, aaO; 18. Januar 1990 - 2 AZ[X.] 357/89 - [X.]E 64, 34).

bb) Die von § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] vorgegebene Einbeziehung des Lebensalters in die [X.] wirkt sich für die Klägerin nicht derart günstig aus, dass die [X.]eklagte bei [X.]erücksichtigung dieses Kriteriums statt ihrer die [X.] hätte entlassen müssen.

(1) Die [X.]erücksichtigung des Lebensalters bei der [X.] nach § 1 Abs. 3 [X.] verfolgt das Ziel, ältere Arbeitnehmer, die typischerweise schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, besser zu schützen (vgl. [X.] 5. November 2009 - 2 AZ[X.] 676/08 - [X.]n. 25, [X.] 1969 § 1 [X.]etriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 12. [X.]ärz 2009 - 2 AZ[X.] 418/07 - [X.]n. 39, [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 17). Es ist ein geeignetes und erforderliches Kriterium, um auf die individuellen Arbeitsmarktchancen angemessen [X.]edacht zu nehmen (vgl. [X.] 5. November 2009 - 2 AZ[X.] 676/08 - [X.]n. 25 mwN, aaO). Seine [X.]erücksichtigung verlangt keine [X.], je bezogen auf den einzelnen Arbeitnehmer vorzunehmende [X.]ewertung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das Gesetz selbst nimmt eine typisierende [X.]etrachtung vor. Daran kann der Arbeitgeber anknüpfen und seinerseits im Sinne einer mit steigendem Alter zunehmenden Schutzbedürftigkeit typisieren, beispielsweise eine kontinuierlich linear aufsteigende [X.]ewertung des Alters vornehmen (vgl. [X.] 5. November 2009 - 2 AZ[X.] 676/08 - [X.]n. 25 mwN, aaO). Er braucht dabei nicht nach einzelnen Jahren zu differenzieren, soweit auch eine grobere Gewichtung bei typisierender [X.]etrachtung noch sachlich angemessen erscheint.

(2) Die von der [X.] getroffene Auswahl wird den gesetzlichen Vorgaben gerecht.

(a) Die Klägerin ist ausweislich einer von der [X.] erstellten Auswahlliste am 3. April 1976 geboren. Soweit das [X.] ihr Geburtsdatum mit dem 3. April 1978 angegeben hat, handelt es sich um ein offenbares Versehen. Sie ist damit 11 Jahre älter als die am 12. [X.]ärz 1987 geborene [X.]. Dennoch haben sich beide Arbeitnehmerinnen im Kündigungszeitpunkt in einem Alter befunden - [X.] mit 21 Jahren, die Klägerin mit 32 Jahren -, in dem bei typisierender [X.]etrachtung von ähnlich guten Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt auszugehen war. Sowohl die Klägerin als auch [X.] waren unverheiratet und keiner [X.]erson zum Unterhalt verpflichtet. [X.] war bereits ein Jahr länger bei der [X.] beschäftigt als die Klägerin. Angesichts der ohnehin kurzen [X.]etriebszugehörigkeit stellt dies einen durchaus beachtlichen Unterschied dar.

(b) Unter diesen Umständen ist in der Entscheidung der [X.] für eine Weiterbeschäftigung von [X.] kein rechtlich relevanter Auswahlfehler zu erkennen. Ob [X.], wie das [X.] angenommen hat, aufgrund ihrer [X.]n Staatsangehörigkeit und ihrer im Inland absolvierten Ausbildung bessere Vermittlungschancen als die Klägerin hatte, steht mit den Auswahlkriterien des § 1 Abs. 3 [X.] nicht in Zusammenhang. Die Einbeziehung solcher Gesichtspunkte in die [X.] Auswahl widerspräche der gesetzlichen [X.]egelung (vgl. [X.] 12. August 2010 - 2 AZ[X.] 945/08 - [X.]n. 46, EzA [X.] § 2 Nr. 79). Ob die Weiterbeschäftigung von [X.] überdies im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] im berechtigten betrieblichen Interesse der [X.] lag, kann offen bleiben.

[X.]. Die Sache war an das [X.] zurückzuverweisen. Das [X.]erufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 Z[X.]O). Der [X.]echtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 Z[X.]O).

I. Der [X.] kann auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 8. Dezember 2008 iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 [X.] sozial gerechtfertigt ist. Das [X.] hat sich mit der Frage, ob die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt war, nicht befasst und hierzu keine Feststellungen getroffen. Der entsprechende Vortrag der [X.] ist weitgehend streitig geblieben. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Arbeitnehmerinnen benannt, die aus ihrer Sicht weniger schutzbedürftig sind, ohne dass das [X.]erufungsgericht diesem Vorbringen nachgegangen wäre.

II. Sollte das [X.] zu dem Ergebnis gelangen, die Kündigung sei wirksam, wird es sich - bei ordentlicher Kündbarkeit des zuletzt geschlossenen Arbeitsverhältnisses - mit der Dauer der Kündigungsfrist zu befassen haben. [X.]erechnet diese sich nach § 622 [X.]G[X.], dürften für die [X.]emessung des [X.]raums von sechs [X.]onaten iSv. § 622 Abs. 3 [X.]G[X.] mit [X.]lick auf [X.]eschäftigungszeiten, die unter Geltung fremden [X.]echts zurückgelegt wurden, keine anderen [X.]aßstäbe gelten als für die [X.]erechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 [X.].

III. Der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt das [X.]erufungsurteil auch insoweit, wie es der Klägerin einen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung zuerkannt hat.

        

    Kreft    

        

    [X.]achor    

        

    [X.]erger    

        

        

        

    Eulen    

        

    Sieg    

                 

Meta

2 AZR 476/10

07.07.2011

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 3. August 2009, Az: 19 Ca 20749/08, Urteil

§ 1 Abs 1 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 Alt 3 KSchG, § 1 Abs 3 S 1 KSchG, § 23 Abs 1 KSchG, § 36 Abs 1 KredWG, § 53 Abs 1 S 1 KredWG, § 53 Abs 2 Nr 6 KredWG, § 53 Abs 2a KredWG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2011, Az. 2 AZR 476/10 (REWIS RS 2011, 4969)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4969

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Referenzen
Wird zitiert von

6 Ca 1079/20

2 AZR 386/11

6 Ca 3976/17

1 Sa 762/17

9 Sa 135/16

6 Sa 206/16

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