Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2017, Az. I ZB 78/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4384

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:051017BIZB78.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZB
78/16
vom
5. Oktober
2017
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO §§ 802c, 802l Abs. 1 Satz 1 und 2; [X.] § 93 Abs. 8, § 93b Abs. 1; LVwVG
[X.] §15a Abs. 3, § 16 Abs. 1 und 3
Beantragt der
[X.] als Gläubiger von Rundfunkbeiträgen im schriftlichen Vollstreckungsersuchen die Einholung von [X.] gemäß § 802l Abs.
1 ZPO, ist der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Beitreibung von Rundfunkgebühren im Wege des [X.] gemäß §
15a Abs.
3 Satz
1 [X.] verpflichtet, gemäß §
802l Abs.
1 ZPO die in dieser Bestimmung aufge-führten Informationen im Wege der Drittauskunft einzuholen.
[X.], Beschluss vom 5. Oktober 2017 -
I [X.]/16 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
Oktober
2017
durch [X.]
Dr.
Büscher, den Richter
Dr.
[X.],
die Richterin Dr.
[X.], den Richter [X.] und die Richterin Dr. Marx

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Landgerichts [X.]
-
10.
Zivilkammer
-
vom 4.
August
2016
auf-gehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.
Gegenstandswert: 663,34

Gründe:
A. Der Gläubiger, eine Anstalt des öffentlichen Rechts,
ist die
unter der Bezeichnung "[X.]"
tätige
[X.]
in den Ländern [X.] und [X.]. Er
betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung
wegen rückständiger Rundfunkbeiträge, Säumniszuschlä-ge und Nebenforderungen von insgesamt 663,34

.
Der Gläubiger richtete an das Amtsgericht Böblingen

Gerichtsvollzieher-verteilerstelle

ein
Vollstreckungsersuchen, in dem er
die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen -
unter anderem der Bestimmung eines Ter-1
2

-
3
-
mins zur Abnahme der Vermögensauskunft gemäß § 802f Abs.
1
ZPO
-
gegen den Schuldner beantragte.
Für den Fall, dass der Beitragsschuldner seiner Pflicht zur Vermögensauskunft nicht nachkommen sollte, beantragte der Gläu-biger darüber hinaus, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und dem [X.] die in § 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 1 und 2 ZPO bestimmten Daten zu erheben bzw. abzurufen und zu übersenden.
Mit Schreiben vom 7. Mai 2016 teilte die Gerichtsvollzieherin dem Gläubiger mit, dass der Schuldner trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Zahlungsaufforde-rung und Ladung nicht zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft er-schienen ist. Weiter führte die Gerichtsvollzieherin aus:
Die Einholung
von [X.] gem. § 802l
ZPO konnte nicht durchgeführt werden, aufgrund fehlender Voraussetzungen. Die Einholung von [X.] ist im § 15 LVwVG nicht vorgesehen.
Mit Beschluss vom 5.
Juli 2016
hat das Vollstreckungsgericht
die
gegen die teilweise Zurückweisung von Vollstreckungsmaßnahmen
gerichtete
Erinne-rung
des
Gläubigers
vom 6.
Juni 2016
zurückgewiesen. Die
dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers
hat das Beschwerdegericht
zurückgewie-sen. Mit der vom Beschwerdegericht
zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger
seinen
Antrag
auf Einholung der [X.] gemäß
§ 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 1 und 2 ZPO weiter.
B. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Gläubigers für zuläs-sig, aber unbegründet gehalten. Es hat angenommen, dass die [X.]in nicht zur Einholung von [X.] gemäß § 802l Abs.
1
Nr. 1 und 2 ZPO verpflichtet sei, weil diese Maßnahme im für die Vollstreckung von [X.] in [X.] maßgeblichen Verwaltungsvollstreckungs-gesetz für [X.] ([X.]) nicht vorgesehen sei.
Zur Be-gründung hat es ausgeführt:

3
4

-
4
-
Zwar fänden gemäß §
15a
Abs.
3
[X.] die Vorschriften des [X.] der Zivilprozessordnung und damit auch die Bestimmung des § 802l ZPO Anwendung, wenn die Beitreibung
von Forderungen
im Wege des Verwal-tungsvollstreckungsverfahrens
durch den Gerichtsvollzieher durchgeführt [X.]. Allerdings
gehe §
16
Abs.
3
[X.] dieser Bestimmung als speziellere Regelung vor, wenn die Vollstreckungsbehörde beim Gerichtsvollzieher die [X.] im Sinne von §§
802c ff. ZPO beantragt habe. Die Bestimmung des §
16
Abs.
3
[X.] verweise für das Verfahren vor den Amtsgerichten lediglich
auf die §§ 802c bis 802i, 802j Abs.
1
und 3 und §§
882b bis 882d ZPO, nicht aber auf die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 802l ZPO. Diese Verweisungsregelung sei abschließend.
C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde
hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückver-weisung
der Sache
an das Beschwerdegericht.
[X.] Die Rechtsbeschwerde
ist statthaft (§
574 Abs.
1
Satz
1
Nr.
2, Abs.
3
Satz
2 ZPO) und auch sonst zulässig (§
575 ZPO).
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Der Gerichtsvollzieher ist im Rahmen der Beitreibung von Rundfunkge-bühren
im Wege des [X.] nach dem Verwal-tungsvollstreckungsgesetz für [X.]
verpflichtet,
auf Antrag des Gläubigers
nach Maßgabe des § 802l Abs.
1
ZPO
die dort
aufgeführten Infor-mationen
im Wege der Drittauskunft
einzuholen.
1. Rückständige Rundfunkbeiträge werden gemäß §
10 Abs.
5 des [X.] vom 17. Dezember 2010 ([X.]) durch die zustän-dige [X.] festgesetzt und im
Verwaltungsvollstreckungsver-fahren vollstreckt (§
10 Abs.
6 [X.]). Die Vollstreckung erfolgt im [X.] gemäß §
13 Abs.
1
[X.]
durch Beitreibung.
5
6
7
8

-
5
-
2.
Beantragt der Gläubiger im schriftlichen Vollstreckungsersuchen die Einholung von [X.] gemäß § 802l Abs.
1
ZPO, ist der Gerichtsvoll-zieher im Rahmen der Beitreibung von Rundfunkgebühren im Wege des [X.] gemäß §
15a
Abs.
3
Satz
1
[X.] ver-pflichtet, gemäß
§ 802l Abs.
1
ZPO die in dieser Bestimmung aufgeführten In-formationen im Wege der Drittauskunft einzuholen.
a) Der Gläubiger hat in seinem Vollstreckungsersuchen beantragt, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und dem [X.] die in § 802l Abs.
1
Satz
1
Nr.
1 und 2 ZPO bestimmten Daten zu [X.] bzw. abzurufen und zu übersenden. Gemäß § 802l Abs.
1
Satz
1
Fall 1 ZPO darf der Gerichtsvollzieher für den Fall, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt, bei den Trägern der ge-setzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma [X.] die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben (Nr. 1). Außerdem darf der Gerichtsvollzieher gemäß § 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 2 ZPO das Bundeszent-ralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs.
1
der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 [X.]).
b) Die Bestimmung des § 802l ZPO findet auf die
vorliegend maßgebliche Beitreibung von Rundfunkbeiträgen
gemäß §
15a
Abs.
3
Satz
1
[X.]
Anwendung.
aa) Für die Beitreibung
von Rundfunkbeiträgen
durch den [X.] auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörden gelten in [X.] die in §
15a
Abs.
3
[X.] geregelten Vollstreckungsvoraussetzungen ([X.], Beschluss vom 11. Juni 2015 -
I [X.], [X.], 48 Rn. 27; Beschluss vom 8. Oktober 2015 -
VII ZB 11/15, NJW-RR 2016, 378 Rn. 14; Beschluss vom 21.
Oktober 2015 -
I [X.], NVwZ-RR 2016, 117 Rn. 20; Beschluss vom 9
10
11
12

-
6
-
27.
April 2017 -
I [X.], [X.], 1868
Rn. 19).
Nach §
15a
Abs.
3
Satz
1
LVwVG finden die Vorschriften des [X.] der Zivilprozessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbe-hörde tritt und es keiner Zustellung des [X.] bedarf (§
15a
Abs.
3
Satz
2 [X.]).
bb) Von der in §
15a
Abs.
3
Satz
1
[X.] angeordneten Verweisung ist nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift auch die Einholung von [X.] gemäß § 802l ZPO erfasst. §
15a
Abs. 3
[X.]
erklärt für die [X.] durch den Gerichtsvollzieher die
Vorschriften des [X.]s der Zivilprozessordnung
für anwendbar. Die Bestimmung des § 802l ZPO ist
im [X.] der Zivilprozessordnung enthalten. Eine
Einschränkung auf [X.],
im [X.] der Zivilprozessordnung aufgeführte
Vollstreckungs-maßnahmen oder ein Ausschluss der Verweisung in Bezug auf die Maßnahmen gemäß §
802l ZPO findet
sich im Wortlaut des
§
15a
LVwVG nicht.
cc) Aus dem Zweck des §
15a
Abs.
3
Satz
1
[X.] ergibt sich eben-falls, dass die Einholung von [X.] gemäß § 802l ZPO zu den von der Verweisung umfassten Vollstreckungsmaßnahmen gehört. Mit der in §
15a
Abs.
3
[X.] geregelten Verweisung auf die Vorschriften des [X.] der Zivilprozessordnung soll der Gleichlauf von ziviler Zwangsvollstre-ckung und Verwaltungsvollstreckung hergestellt werden (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, [X.]. 15/2404, Seite 7).
dd)
Entgegen der Annahme des [X.] ist die Bestimmung des §
15a
Abs.
3
[X.] und die darin erfolgte Verweisung auf §
802l ZPO im Streitfall nicht ausgeschlossen, weil §
16
Abs.
3
[X.] als die speziel-lere Vorschrift anzusehen
und danach die Einholung von [X.] ge-mäß § 802l ZPO nicht vorgesehen
ist.
13
14
15

-
7
-
(1) Gemäß §
16
Abs.
1
Satz
1
[X.] kann die [X.] selbst die Vermögensauskunft von ihren eigenen Schuldnern abnehmen, soweit sich deren Wohnsitz, Sitz oder ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort im [X.] Zuständigkeitsbereich der Vollstreckungsbehörde befindet. Macht die Vollstreckungsbehörde von dieser Befugnis keinen Gebrauch, hat der Pflichtige auf Antrag der Vollstreckungsbehörde beim Gerichtsvollzieher beim Amtsge-richt Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe des § 802c der [X.] zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und sei-nen Geburtsort anzugeben (§
16
Abs.
3
Satz
1
[X.]). Gemäß §
16
Abs.
3
Satz 2 [X.] gelten für das Verfahren vor den Amtsgerichten die §§ 802c bis 802i, 802j Abs.
1
und 3 und §§ 882b bis 882d der Zivilprozessord-nung entsprechend.
Diese
Bestimmung steht
einer Anwendung der allgemeinen Verweisungs-vorschrift des §
15a
Abs.
3
Satz
1
[X.] im
Streitfall nicht entgegen.
(2) Das Beschwerdegericht hat angenommen, zwar gelte §
16
[X.]
nach seinem Wortlaut nur für die Abgabe der Vermögensauskunft
durch den Schuldner selbst. Die Einholung von Auskünften Dritter sei indes ebenso wie die Abgabe der Vermögensauskunft
durch den Schuldner
eine Maßnahme zur Sachaufklärung und setze voraus, dass zuvor die Abnahme der [X.] versucht worden sei. Die [X.] seien mithin subsidiär zur Ab-gabe der Vermögensauskunft (Selbstauskunft) nach den §§ 802c ff. ZPO. Die Bestimmung des § 802l ZPO stehe daher in untrennbarem Zusammenhang mit der in §
16
[X.] geregelten Abgabe der Vermögensauskunft. §
16
Abs.
3
[X.] verweise zudem nicht nur auf die Bestimmungen zur [X.], sondern auch auf die Vorschriften über den Haftbefehl sowie die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis. Aus systematischen Gründen sei daher davon auszugehen, dass die Verweise in §
16
Abs.
3
[X.] die Möglichkeit der Vollstreckungsbehörden, den 16
17
18

-
8
-
Gerichtsvollzieher mit der Abnahme der Vermögensauskunft einschließlich der daraus resultierenden Folgemaßnahmen (Haftbefehl, Eintragung des [X.] in das Schuldnerverzeichnis) zu beauftragen, abschließend regeln.
Auf-grund des in §
16 Abs.
3 [X.] fehlenden Verweises auf § 802l ZPO
sei
die Einholung von [X.] durch den Gerichtsvollzieher mithin nicht möglich.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(3) Die im Streitfall maßgebliche Befugnis des Gerichtsvollziehers zur Ein-holung von [X.] gemäß § 802l Abs.
1
ZPO ist bereits vom Wortlaut des §
16
Abs.
3
[X.] nicht erfasst, so dass §
16
Abs.
3
[X.] im Hinblick auf diese Vollstreckungsmaßnahme nicht als lex specialis zur allge-meinen Verweisungsvorschrift gemäß §
15a
Abs.
3
[X.] angesehen werden kann. §
16
Abs.
3
[X.]
betrifft
nach seinem Wortlaut allein die
Auskunftserteilung gemäß § 802c ZPO. In § 802c ZPO geht es um die Ver-pflichtung des Schuldners selbst zur
Auskunft über sein Vermögen. Dagegen ist in § 802l ZPO nicht die Auskunft des Schuldners selbst, sondern diejenige von [X.] geregelt, bei denen typischerweise Informationen über die Vermögens-verhältnisse des Schuldners zu erwarten sind. Soweit §
16
Abs.
3
Satz
2 [X.] die §§ 802c bis 802i, 802j Abs.
1
und 3 und §§ 882b bis 882d der Zivilprozessordnung für entsprechend anwendbar erklärt, gilt dies lediglich für das Verfahren der Auskunftserteilung
durch den Schuldner selbst
vor den Amtsgerichten. Die im Streitfall maßgebliche Bestimmung des § 802l Abs.
1
Fall
1 ZPO betrifft jedoch nicht das Verfahren der Auskunftserteilung
des Schuldners
vor dem
Amtsgericht, sondern setzt lediglich
tatbestandlich
voraus, dass ein solches
Verfahren erfolglos geblieben ist.
(4) Entgegen der Ansicht des [X.] kann
nicht davon aus-gegangen
werden, dass
die Berechtigung zur Einholung von [X.] gemäß § 802l Abs.
1
ZPO aus systematischen Gründen deswegen in den Re-gelungsbereich von §
16
Abs.
3
[X.]
fällt, weil diese Bestimmung nicht 19
20

-
9
-
nur das Verfahren der Auskunftserteilung
durch den Schuldner
selbst erfasst, sondern auch damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Maßnahmen
der Zwangsvollstreckung.
Dem Wortlaut der Vorschrift, die allein auf das
Verfahren zur [X.] abhebt, lässt sich ein auf die Drittauskunft gemäß § 802l Abs.
1
ZPO
erweiterter Anwendungsbereich nicht entnehmen.
Nichts anderes ergibt sich
aus dem vom Beschwerdegericht als maßge-bend erachteten Umstand, dass in §
16
Abs.
3
Satz 2 [X.] nicht nur auf die
Vorschriften zur
Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802f ZPO) Bezug ge-nommen wird, sondern auch auf diejenigen
über die Erzwingungshaft (§§
802g
ff.
ZPO) und die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerver-zeichnis
(§§
882b ff. ZPO).

Anders als die Drittauskunft im Sinne von § 802l Abs.
1
ZPO sind die
Er-zwingungshaft und die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis
Bestandteile des in §
16
Abs.
3
ZPO ausdrücklich genannten Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft
des Schuldners. Die Möglichkeit des Erlasses eines Haft-befehls
dient gemäß § 802g Abs.
1
Satz
1
ZPO der Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft
und ist deshalb ein Teil des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft. Gleiches gilt für die Eintragung in das [X.]. Durch die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis wird der Umstand der Nichtabgabe oder Unergiebigkeit der Vermögensauskunft verlautbart (§ 882b Abs.
3
Nr. 2, § 882c Abs.
1
ZPO) und damit das Verfahren der Selbstauskunft des Schuldners zu einem Abschluss gebracht.
Demgegenüber hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift des § 802l Abs.
1
ZPO eine über die
Selbstauskunft des Schuldners hinausgehende
Möglichkeit geschaffen, Informationen von [X.] einzuholen, bei denen typi-21
22
23
24

-
10
-
scherweise Informationen zu Vermögenswerten, nämlich
Angaben zu [X.], Kontoguthaben und Kraftfahrzeugen
vorliegen (vgl. Wagner in [X.].ZPO, 5. Aufl., § 802l Rn. 1; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 14. Aufl., §
802l Rn. 1). Diese Möglichkeit der Einholung von [X.] gemäß §
802l ZPO steht, wie auch die Aufzählung der [X.] des [X.] in § 802a Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO zeigt, systematisch selbständig neben der Einholung der Vermögensauskunft des Schuldners
im Sinne von §
802c ZPO.
(5) Entgegen der Ansicht des [X.] hat sich der Landesge-setzgeber auch nicht bewusst dagegen
entschieden, in §
16
Abs.
3
Satz 2 [X.] einen Verweis auf die Bestimmung des § 802l ZPO aufzunehmen. Zwar hat
der Landesgesetzgeber den von Verbänden anlässlich der Schaffung der [X.] gemäß § 802l Abs.
1
ZPO gemachten Vorschlag, in das Landesvollstreckungsgesetz eine
ausdrückliche
Verweisung auf diese Vorschrift aufzunehmen, abgelehnt (Gesetzentwurf der Landesregierung, [X.]. 15/2404, Seite 11). Die abgelehnte
Verweisung betraf allerdings allein die Einholung von [X.] durch die Vollstreckungsbehörde selbst
und damit eine Gleichstellung der Befugnisse der Vollstreckungsbehörde mit denen der Gerichtsvollzieher
(vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung, [X.]. 15/2404, Seite 10 f.).
Im Streitfall geht es jedoch
nicht um die Einholung von [X.] durch die Vollstreckungsbehörde
selbst, also durch den Gläubiger als die zuständige [X.] (vgl. [X.], [X.], 1868 Rn. 31 ff.).
Gegenstand des [X.] ist vielmehr die
Beitrei-bung
durch den Gerichtsvollzieher. Für die durch den Gerichtsvollzieher zu [X.] Vollstreckungsmaßnahmen gelten gemäß §
15a
Abs.
3
Satz
1
LVwVG die Vorschriften des [X.] der Zivilprozessordnung mit den in §
15a
Abs.
3
Satz 2 und Abs. 4 [X.] geregelten Maßgaben entsprechend, um 25

-
11
-
einen Gleichlauf von ziviler Zwangsvollstreckung und Verwaltungsvollstreckung herzustellen.
(6) Dem Ersuchen nach § 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 2 ZPO zum sogenannten Kontoabrufverfahren steht auch nicht § 93 Abs. 8 Satz 2 [X.] entgegen.
Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Durchführung des Konto-abrufverfahrens gemäß § 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 2 ZPO komme vorliegend nicht in Betracht, weil nach der dort in Bezug genommenen Vorschrift des §
93 Abs.
8 Satz 2 [X.] ein Abrufersuchen an das [X.] durch ein [X.] zugelassen sein müsse. Zwar sei § 802l ZPO ein [X.], nicht aber §
15a
Abs.
3
Satz
1
[X.]. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
Gemäß § 802l Abs.
1
Satz
1
Fall 1 Nr. 2 ZPO darf der Gerichtsvollzieher für den Fall, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensaus-kunft nicht nachkommt, das [X.] ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs.
1
der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 [X.]). In § 93 Abs. 8 Satz
1
[X.] ist geregelt, dass [X.], die für die Verwaltung
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem [X.], der Sozialhilfe nach dem [X.], der Ausbildungsförderung nach dem [X.], der [X.] nach dem Aufstiegsfortbil-dungsförderungsgesetz und des Wohngeldes nach dem [X.] zu-ständig sind, das [X.] ersuchen dürfen, bei den Kre-ditinstituten die in § 93b Abs.
1
bezeichneten Daten abzurufen, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an den Betroffenen nicht zum Ziel geführt hat. Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das [X.] hinsichtlich der in § 93b Abs.
1
[X.] bezeichneten Daten nur zulässig, 26
27
28

-
12
-
soweit dies durch ein [X.] ausdrücklich zugelassen ist
(§ 93 Abs. 8 Satz 3 [X.]).

Durch den Vorbehalt der Anordnung durch ein [X.] wird [X.], dass in Fällen, in denen der [X.]geber einen Kontenabruf für andere nichtsteuerliche Zwecke ermöglicht, die datenschutzrechtlichen Anfor-derungen der Absätze 9 und 10 des § 93 [X.] grundsätzlich zu beachten sind. Abweichungen von diesen Grundsätzen müssen ausdrücklich in dem Gesetz angeordnet werden, um die Absätze 9 und 10 des § 93 [X.] als lex specialis zu verdrängen
(vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.], BT-Drucks. 16/4841, Seite 83 zu Buchstabe b; Koenig/[X.], [X.], 3. Aufl., § 93 Rn. 35; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 93 Rn. 61). Diesen Anforderungen genügt das in § 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 2 ZPO geregelte Abrufersuchen des [X.] ([X.]/[X.] aaO § 93 Rn. 61). Diese
Vorschrift, ein
[X.], gewährleistet durch die Regelungen in § 802l Abs. 2 und 3 ZPO die Einhaltung der maßgeblichen datenschutzrechtlichen
Anforderungen.
Damit sind die An-forderungen, die den Gesetzgeber zur Einfügung des [X.]esvorbe-halts bewogen haben, erfüllt.
Daran
ändert sich auch nichts, wenn
§ 802l Abs.
1
Satz
1
Nr. 2 ZPO nicht unmittelbar im Rahmen einer zivilprozessualen Zwangs-vollstreckung zur Anwendung kommt, sondern
einschränkungslos
im Rahmen
einer
gesetzlichen
Verweisung
durch
ein landesrechtliches
Verwaltungsvollstre-ckungsgesetz.
I[X.] Die Entscheidung des [X.] stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs.
3
ZPO).
1. Das Vollstreckungsersuchen
des Gläubigers
erfüllt die weiteren Vor-aussetzungen gemäß §
15a
Abs. 4 Satz
1
Nr. 3 bis 6 [X.]. Außerdem sind die Voraussetzungen nach § 802l Abs.
1
Satz
1
und Satz 2 ZPO erfüllt.
29
30
31

-
13
-
Der Schuldner ist bei einem ordnungsgemäß bestimmten Termin zur Ab-gabe der Vermögensauskunft nicht erschienen und ist damit seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen (§ 802l Abs.
1
Satz
1
Fall 1 ZPO). Ob die
zu vollstreckende Hauptforderung die Wertgrenze
von 500

Abs.
1
Satz 2 ZPO
in der vom 1. Januar 2013 bis zum 25.
November 2016 gültigen Fassung übersteigt, kann auf sich beruhen, weil die Wertgrenze in der seit dem 26. November 2016 gültigen Gesetzesfassung, die der [X.]
mangels einer Übergangsregelung zu berücksichtigen hat, [X.] gestrichen worden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Juni 2017

VII
ZB
17/14, [X.] 2017, 174 Rn. 5 f.).
Die Erhebung und das Ersuchen sind auch erforderlich im Sinne von §
802l Abs.
1
Satz 2 ZPO. Durch diese Voraussetzung soll ein unverhältnismä-ßiger Eingriff in das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestim-mung vermieden werden. Eine Drittauskunft ist so lange erforderlich, wie nicht aus den Angaben des Schuldners oder anderen offensichtlichen Umständen deutlich wird, dass die [X.] keine Erkenntnisse für die [X.] erbringen können ([X.], Beschluss vom 22. Januar 2015

I
ZB
77/14, NJW 2015, 2509 Rn. 17).
Im Streitfall hat das Beschwerde-gericht bislang keine Anhaltspunkte festgestellt,
die dafür sprechen könnten, dass die beantragten [X.] keine derartigen Erkenntnisse erbringen können. Es sind auch sonst keine Umstände festgestellt worden, die darauf hindeuten, dass das grundrechtlich geschützte Recht des Schuldners
auf infor-mationelle Selbstbestimmung
gegenüber dem [X.] des Gläubigers und dem allgemeinen Interesse an einer wirksamen [X.] überwiegt.
2. Liegen
die gesetzlichen Voraussetzungen vor, ist der Gerichtsvollzieher nach §
802l Abs.
1
ZPO nicht nur dazu berechtigt, sondern
verpflichtet, die vom Gläubiger begehrten [X.] einzuholen. Dem Gerichtsvollzieher steht 32
33
34

-
14
-
schon im Hinblick auf die zu schützenden Grundrechte des Gläubigers kein Er-messen zu ([X.], NJW 2015, 2509 Rn. 34).
II[X.]
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an das Be-schwerdegericht. Der [X.] kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil eine abschließende Prüfung der Erforderlichkeit der Einholung von Drittauskünf-ten durch den Tatrichter noch nicht erfolgt ist.
Büscher
[X.]
[X.]

[X.]
Marx
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.07.2016 -
40 M 2881/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.08.2016 -
10 [X.] -

35

Meta

I ZB 78/16

05.10.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2017, Az. I ZB 78/16 (REWIS RS 2017, 4384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4384

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I ZB 6/15

I ZB 91/16

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