Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2007, Az. I ZR 246/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4655

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 21. März 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] II [X.] § 14 Abs. 2 und 3 Die ungebrochene Durchfuhr von Waren, die im Ausland mit einer im Inland geschützten Marke gekennzeichnet worden sind, durch das Gebiet der [X.] stellt als solche keine Verletzung der inländischen Marke dar (im [X.] an [X.], [X.] [X.] - [X.]/05, [X.], 146 - [X.]/[X.]).
[X.], [X.] v. 21. März 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 21. März 2007 durch [X.] und [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 9. Juli 2002 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das [X.]eil des [X.] - 2. Kammer für Handelssachen - vom 7. Dezember 2001 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin ist Inhaberin der [X.] Nr. 608 499 "[X.]", die mit Priorität vom 4. Oktober 1993 Schutz in [X.] und [X.] u.a. für die Wa-ren der [X.] "Vêtements, chaussures, chapellerie" genießt. Weiter ist sie Inhaberin der mit Priorität vom 16. Februar 1982 ebenfalls in der [X.] u.a. für "[X.], chemises" und mit Schutzwirkung für [X.] eingetragenen [X.] Nr. 467 393 "[X.]". Die Klägerin ist außerdem In-haberin der [X.] Marke Nr. 73457 "[X.]" mit Priorität vom 20. Juni 1991, ebenfalls eingetragen für Waren der [X.], u.a. für "Kleidung, Schu-he, Kopfbedeckung". Die Beklagte vertreibt in [X.] unter der Bezeichnung "[X.]" Jeansho-sen. Sie stellt diese Kleidungsstücke her, indem sie die einzelnen Teile ein-schließlich der [X.] im Wege des [X.] nach [X.] bringt, dort zusammennähen lässt und die fertigen Hosen anschlie-ßend nach [X.] zurückführt. In [X.] hat die Klägerin für das Zeichen keinen Schutz. 2 Am 31. Dezember 2000 hielt das Hauptzollamt [X.] - Zollamt [X.] - eine für die Beklagte bestimmte Warenlieferung von 5.076 Damenhosen, ver-sehen mit der Bezeichnung "[X.]", zurück, die eine [X.] Spedition per Lkw von dem [X.] Fertigungsbetrieb über [X.] Gebiet zur [X.] nach [X.] bringen sollte. Die Hosen sollten in einem durchgehenden [X.] vom [X.] Zollamt [X.] bis zur [X.] in [X.] befördert werden, wobei sie mit einem vom [X.] Zollamt [X.] (Zollplombe) am Beförderungsmittel gegen etwaige [X.] - 4 - nahme während des Versandverfahrens gesichert waren. Die Beklagte erhob gegen die Anordnung der Beschlagnahme ihrer Waren Widerspruch. 4 Die Klägerin ist der Auffassung, die Durchfuhr stelle eine Verletzungs-handlung i.S. von § 14 [X.] dar, weil die Gefahr bestehe, dass die Waren im Durchfuhrland rechtswidrig in Verkehr gelangen könnten. Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten die Durchfuhr von [X.], die mit der Bezeichnung "[X.]" versehen sind, durch das Ge-biet der Bundesrepublik [X.] zu verbieten. Ferner hat sie die Beklagte auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Vernichtung der beschlagnahmten Hosen in Anspruch genommen. 5 Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die bloße Durchfuhr von Waren sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine markenrechtlich relevante Verletzungshandlung. An solchen Umständen fehle es hier jedoch. 6 Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. 7 Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. 8 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungs-antrag weiter. 9 Durch Beschluss vom 2. Juni 2005 hat der Senat dem [X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung [X.] ([X.], 768 = [X.], 1011 - [X.] I): 10 - 5 - a) Gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber das Recht, die Durchfuhr von Waren mit dem Zeichen zu verbieten? b) [X.]: Kann sich eine besondere Beurteilung daraus ergeben, dass das Zeichen im Bestimmungsland keinen Schutz genießt? c) Ist - im Falle der Bejahung von Frage a) und unabhängig von der Beantwor-tung der Frage zu b) - danach zu unterscheiden, ob die für einen [X.] bestimmte Ware aus einem Mitgliedstaat, aus einem assoziierten Staat oder aus einem Drittstaat stammt? Kommt es dabei darauf an, ob die Ware im Ursprungsland rechtmäßig oder unter Verletzung eines dort bestehenden Kennzeichenrechts des Markeninhabers hergestellt worden ist? Der [X.] hat hierüber durch [X.]eil vom 9. November 2006 - [X.]/05, [X.], 146 - [X.]/ [X.] wie folgt entschieden: 11 1. Artikel 5 Absätze 1 und 3 der [X.]/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der [X.]en über die Marken ist dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Marke die Durchfuhr von mit der Marke versehenen Waren, die auf dem Weg in ei-nen Mitgliedstaat, in dem die Marke nicht geschützt ist, hier [X.], in das ex-terne Versandverfahren überführt werden, durch einen anderen [X.], in dem diese Marke Schutz genießt, hier die [X.], nur verbieten kann, wenn diese Waren Gegenstand der Handlung ei-nes [X.] sind, die vorgenommen wird, während für die Waren das externe Versandverfahren gilt, und die notwendig das Inverkehrbringen in diesem Durchfuhrmitgliedstaat bedeutet. 2. Dabei kommt es grundsätzlich weder darauf an, ob die für einen [X.] bestimmte Ware aus einem assoziierten Staat oder einem Drittstaat stammt, noch darauf, ob die Ware im Ursprungsland rechtmäßig oder unter Verletzung eines dort bestehenden Kennzeichenrechts des Markeninhabers hergestellt worden ist. - 6 - Entscheidungsgründe: 12 I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin gemäß § 14 Abs. 5 i.V. mit Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 und 6, §§ 18, 19 Abs. 5 [X.] i.V. mit § 242 BGB sowie gemäß § 683 BGB bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch die "bloße Durchfuhr" werde regelmäßig von § 14 [X.] erfasst. Wie bereits der Wortlaut von § 14 Abs. 3 [X.] ("insbesondere") zeige, soll-ten die Verletzungshandlungen in dieser Vorschrift nicht abschließend [X.] werden. Das Schutzinteresse des Rechtsinhabers erfordere es, auch die reine Durchfuhr als Regelfall einer Verletzung anzuerkennen. Es bestehe die Gefahr, dass die der Durchfuhr unterliegende Ware "rechtswidrig" im Inland verbleibe und dort "rechtswidrig" vertrieben werde. Nicht erforderlich sei, dass dies auf rechtswidrigem Verhalten desjenigen beruhe, der die Durchfuhr vor-nehme. Auch durch "weisungswidrige" Handlungen des Spediteurs oder eines anderen Auftragnehmers könne es zum Verbleib sowie zum Vertrieb im Inland und damit zur Verletzung der Rechte des Markeninhabers kommen. 13 § 14 Abs. 2 und 3 [X.] greife nur dann nicht ein, wenn die Durch-fuhr das Recht des Markeninhabers nicht gefährde. Es seien also nicht beson-dere Umstände zu fordern, die eine Durchfuhr zur Rechtsverletzung machten, sondern solche (Sicherungs-)Maßnahmen, die eine Gefährdung des Rechts beseitigten. Solche Umstände lägen hier nicht vor. Nicht ausreichend sei [X.] die Verplombung der Ware beim Zoll. Das Risiko, dass Güter abgezweigt und im Inland vertrieben würden, werde durch diese Sicherungsmaßnahme nicht ausgeschlossen. 14 - 7 - Die von der Klägerin begehrte Durchsetzung ihres Markenrechts führe auch nicht zu einer gemeinschaftsrechtlich unzulässigen Beschränkung des freien Warenverkehrs, weil sie den Schutz des spezifischen Inhalts des Mar-kenrechts bezwecke. 15 16 Der geltend gemachte Auskunftsanspruch zur Berechnung der Scha-denshöhe ergebe sich aus § 19 Abs. 5 [X.] i.V. mit § 242 BGB. Der [X.] folge aus § 18 Abs. 1 [X.]. Die Verhältnismäßigkeit werde dadurch gewahrt, dass der Beklagten freigestellt sei, nicht die beschlag-nahmten Hosen insgesamt zu vernichten, sondern lediglich die Etiketten, Auf-drucke, Knöpfe und Ähnliches mit der Bezeichnung "[X.]". Die Kosten für die Vernichtung habe die Beklagte gemäß § 683 BGB zu tragen. [X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche wegen Verlet-zung der Klagemarke gemäß § 14 Abs. 2, Abs. 5 und 6, §§ 18, 19 [X.] i.V. mit § 242 BGB gegen die Beklagte nicht zu. 17 1. Der [X.] hat die Frage, ob in der Warendurchfuhr eine Markenverletzung i.S. von § 14 Abs. 2 und 3 [X.], Art. 5 Abs. 1 und 3 [X.] zu sehen ist (zum Streitstand vgl. die Nachweise in [X.] [X.], 768 - [X.] I sowie bei [X.], [X.], 1377; Leitzen, GRUR 2006, 89; [X.], EWiR 2006, 441; [X.], [X.] 2005, 685; [X.], [X.], 1371), dahin entschieden, dass die Durchfuhr als solche kein Inverkehrbringen der betreffenden Waren bedeutet und folglich den spezifischen Gegenstand des Markenrechts nicht verletzen kann ([X.] [X.], 146 [X.]. 19 - [X.]/[X.]). Der [X.] kann danach die Durchfuhr von mit der Marke versehenen Waren nur 18 - 8 - verbieten, wenn diese Gegenstand der Handlung eines [X.] sind, die vorge-nommen wird, während für die Waren das externe Versandverfahren gilt, und die notwendig das Inverkehrbringen der Waren in diesem [X.] bedeutet ([X.] [X.], 146 [X.]. 23 - [X.]/[X.]). 19 2. Im Streitfall bestehen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Waren in [X.] in Verkehr gebracht werden sollen. Die Klägerin, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. [X.] [X.], 146 [X.]. 26 - [X.]/[X.]), hat lediglich vorgetragen, es könne nicht von vornherein aus-geschlossen werden, dass die Waren unter Entfernung des [X.] in [X.] in den Verkehr gebracht werden könnten, beispielsweise durch den Fahrer des beauftragten [X.]. Die bloße Gefahr, dass die Waren eventuell in [X.] unbefugt in den Verkehr gebracht werden, reicht für die Annahme, dass die Durchfuhr die wesentlichen Funktionen der Marke in [X.] beeinträchtigt, nicht aus ([X.] [X.], 146 [X.]. 24 - [X.]/[X.]). Der Frage, unter welchen Voraussetzungen die [X.] für Handlungen Dritter, die ein Inverkehrbringen im [X.] zur Folge hätten, verantwortlich wäre, braucht daher im Streitfall nicht nachgegan-gen zu werden. 3. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hängt die Beurteilung, ob die Durchfuhr durch das Gebiet der Bundesrepublik [X.] eine Mar-kenverletzung darstellt, nicht davon ab, ob die Herstellung der Waren in [X.] rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt ist ([X.] [X.], 146 [X.]. 34 - [X.]/[X.]). Für die Beurteilung ist es ferner ohne Bedeutung, dass [X.] erst nach Erlass des Berufungsurteils den [X.] beigetreten ist ([X.] [X.], 146 [X.]. 32 - [X.]/ [X.]). 20 - 9 - 21 I[X.] Auf die Revision der Beklagten ist danach das Berufungsurteil aufzu-heben und auf ihre Berufung die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen [X.]eils abzuweisen. 22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. [X.] Ri[X.] [X.] ist Büscher

in Urlaub und daher gehindert

zu unterschreiben.

[X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.12.2001 - 2 HKO 4942/01 - [X.], Entscheidung vom 09.07.2002 - 14 U 411/02 -

Meta

I ZR 246/02

21.03.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2007, Az. I ZR 246/02 (REWIS RS 2007, 4655)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4655

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