Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2017, Az. 1 StR 606/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 12124

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:250417U1STR606.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR
606/16

vom
25. April 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 25.
April 2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am B[X.]gerichtshof
Prof. Dr. [X.]af

als Vorsitzender

und die [X.] am B[X.]gerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Bellay,
Prof. Dr. Radtke,
[X.],

Oberstaatsanwältin beim B[X.]gerichtshof

als Vertreterin
der B[X.]anwaltschaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger

in der Verhandlung ,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1.
-
3
-
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklag-ten gegen das Urteil des [X.] vom 25.
Januar 2016 werden verworfen.
2.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
[X.]ünde:
Mit Urteil vom 9. Juli 2013 hatte
das [X.] den Angeklagten und zwei Mitangeklagte
jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 69
Fäl-len
verurteilt. Gegen den Angeklagten hat
es eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und
zudem den Verfall des
Wertersatzes
in Höhe von 30.000
Euro angeordnet. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat
der Senat in einem ersten Revisionsverfahren die
Verurteilung des Angeklagten im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall des
Wertersatzes
aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhand-lung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen
(Urteil und [X.] vom 27.
Januar 2015

1
StR
142/14). Der Schuldspruch wurde rechts-kräftig.

1
-
4
-
Das
[X.] hat den Angeklagten wegen dieser Taten am 25.
Januar 2016 (und nicht wie im Rubrum des angefochtenen Urteils angegeben am 29.
Januar 2016) erneut zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verur-teilt.
Daneben hat es
gegen ihn den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 20.000
Euro angeordnet. Zudem hat es
festgestellt, dass im Zeitraum vom 29.
Mai 2015 bis zum 17.
November 2015 eine konventionswidrige [X.] eingetreten ist.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte rügt mit seinem unbeschränkten Rechtsmit-tel allgemein die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft bean-standet
mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und ebenfalls auf die Sachrüge
gestützten Revision den
Strafausspruch. Sie ist der Auffassung, beigemessen
und insgesamt nicht mehr tat-
und schuldangemessen niedrige Strafen verhängt. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I.
Dem
rechtskräftigen Schuldspruch gegen den
Angeklagten wegen [X.] zur Hinterziehung von Energiesteuer durch Unterlassen (§
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.] i.V.m. §
30 Abs.
2 Satz
4 EnergieStG sowie §
23 Abs.
6 Satz
3 EnergieStG, §
27 Abs.
1 StGB)
in 69
Fällen liegt im Wesentlichen folgender, im Urteil des Senats vom 27.
Januar 2015

1
StR
142/14 näher ausgeführter,
Sachverhalt zugrunde:

2
3
4
-
5
-
Die von den gesondert verfolgten G.

und Ga.

betriebene Firma [X.].

Sp.

(im
Folgenden: Firma [X.].

)
stellte
aus mit behördlicher Erlaubnis steuerfrei
bezogenem Dieselkraftstoff sowie
Basisöl angeblich For-menöl

her. Das
durch einfaches
Vermischen von einem hohen Anteil an
Die-selkraftstoff und einem geringen Anteil an
Basisöl entstandene Gemisch war jedoch weiterhin als Kraftstoff verwendbar und somit Gasöl im Sinne der [X.] Nomenklatur
(Verordnung [EG] Nr.
948/2009 der [X.] vom 30.
September 2009 zur Änderung von Anhang
I der Verordnung [EWG] Nr.
2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. [X.] Nr.
L
287 vom 31.
Oktober 2009, S.
1). Das im Gegensatz zu Formenöl

der Energiesteuer unterliegende [X.] wurde gezielt zur Verwendung als Kraftstoff
hergestellt, worauf sich die behördliche Erlaubnis aber nicht erstreckte. Zum Nachweis der Eignung dieses und eigenen Absicherung, sollten die Produkteigenschaften durch ein für
das Prüfgebiet Mineralöl akkreditiertes Labor bestätigt werden.
Die aufgrund der zweckwidrigen Verwendung des steuerfrei bezogenen Dieselkraftstoffs entstandene Energiesteuer wurde weder angemeldet noch ent-richtet. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 5.
August 2010 bis 12.
Dezember 2011 in 69
Fällen insgesamt 32.483.922
Liter dieser Mischung ausgeliefert und mangels Abgabe von [X.] Energiesteuer im Umfang von 15.280.436,91
Euro verkürzt.
Der Angeklagte war damit beauftragt worden, eine Betriebsstätte [X.] zu machen und sodann in dem Betrieb als Vertrauensmann und [X.] vor Ort zu fungieren. Auf der [X.]undlage seiner Bemühungen konnte die Firma [X.].

ein Biodieselwerk in [X.].

als Betriebsstätte anmieten. Bei 5
6
7
-
6
-
der Produktion fungierte der Angeklagte dann als Bindeglied zwischen G.

und Ga.

, die das hergestellte Gemisch als Kraftstoff insbesondere in [X.] und [X.] vermarkten wollten, und dem Mitangeklagten K.

in seiner Funktion als
Betriebsleiter
der Firma [X.].

in [X.].

. Hierbei über-mittelte er betriebsbezogene Informationen

etwa hinsichtlich des [X.] Mischungsverhältnisses

in beide Richtungen. Dem Angeklagten kam zudem die Aufgabe zu, die Daten der Fahrer der [X.], die das her-gestellte Produkt abholten, zu überprüfen und dem Mitangeklagten K.

die Freigabe der jeweiligen Lieferung mitzuteilen. Darüber hinaus
übernahm er es, Proben zu einem Prüflabor zu bringen und für einen laufenden Bürobetrieb zu sorgen.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
1.
Das Rechtsmittel ist

wie auch der [X.] ausgeführt hat

wirksam auf den Strafausspruch
beschränkt.
Zwar hat die Beschwerdeführerin beantragt, das Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Die Verfallsanord-nung und deren Umfang beanstandet sie jedoch nicht.
Widersprechen sich aber Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbe-gründung, ist unter Berücksichtigung von Nr.
156 Abs.
2 [X.] das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln
(st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 22.
Februar 2017

5
StR
545/16, Rn.
10, [X.]). Nach dem insoweit maß-8
9
10
11
-
7
-
geblichen Sinn der Revisionsbegründung hat hier die Beschwerdeführerin deut-lich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den [X.] und mit ihrem Rechtsmittel den Ausspruch über den Verfall des Wertersat-zes (§
73a StGB) auch in der Höhe nicht angreifen will.
2.
Der den Angeklagten betreffende Strafausspruch hat Bestand.
a)
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der [X.]undlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur mög-lich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatge-richt gegen rechtlich anerkannte [X.] verstößt oder wenn sich die ver-hängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 27.
Januar 2015

1
StR
142/14,
[X.], 466 und vom 7.
Februar 2012

1
StR
525/11, [X.]St 57, 123, 127
sowie Beschluss vom 13.
Juni 2013

1
StR
226/13, [X.], 471,
jeweils [X.]). Nur in diesem Rahmen kann eine "Verletzung des Gesetzes" (§
337 Abs.
1 StPO) vorliegen. Eine ins Einzelne gehende Richtig-keitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur
[X.], Beschluss vom 10.
April 1987

GSSt
1/86, [X.]St 34, 345, 349).
Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatgericht obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer oder ein besonders schwerer Fall vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, welches Gewicht es den einzelnen Milderungsgründen im Verhält-12
13
14
-
8
-
nis zu den [X.] beimisst; seine Wertung ist vom [X.] nur begrenzt nachprüfbar (vgl. für das Vorliegen minder schwerer Fälle:
[X.], Urteile vom 19.
Januar 2017

4
StR
334/16;
vom 14.
Dezember 2016

2
StR
338/16 und vom 29.
August 2001

2
StR
276/01, [X.], 20).
b)
[X.]undlage für die Zumessung der Strafe ist bei einer Steuerhinterzie-hung

wie bei jeder anderen Straftat

die persönliche Schuld des [X.]. [X.] sind auch die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künf-tige Leben des [X.] in der Gesellschaft zu erwarten sind (§
46 Abs.
1 StGB). §
46 Abs.
2 Satz
1 StGB bestimmt, dass bei der Zumessung der Strafe die Um-stände gegeneinander abzuwägen sind, die für und gegen den Täter sprechen. Namentlich kommen
die in §
46 Abs.
2 Satz
2 StGB genannten Umstände in Betracht.
aa)
Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das von §
46 Abs.
2 Satz

s-e-d insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch §
370 [X.] geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzei-tigen und vollständigen Steueraufkommens (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile
vom 2.
Dezember 2008

1
StR
416/08, Rn.
21, [X.]St 53, 71, 80;
vom 1.
August 2000

5 [X.], [X.]St 46, 107, 120 und vom 25.
Januar 1995

5
StR
491/94, [X.]St 41, 1, 5; Beschluss vom 23.
März 1994

5
StR
91/94, [X.]St 40, 109, 111
und Urteil vom 1.
Februar 1989

3
StR
179/88, [X.]St 36, 100, 102). Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. §
267 Abs.
3 Satz
1 StPO (vgl. [X.], Urteil 15
16
-
9
-
vom 2.
Dezember 2008

1
StR
416/08, Rn.
21, [X.]St 53, 71, 80 und [X.] vom 18.
März 1998

5
StR
693/97,
[X.], 269, 270).
Dies gilt nicht nur für die [X.] (vgl. §
370 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 [X.]), sondern auch für die Strafzumessung innerhalb des
vom Tatgericht zu-grunde gelegten Strafrahmens. Dass der [X.] dann, wenn er hoch ist, ein auch für die konkrete Strafzumessung wichtiger Strafschärfungs-grund ist, zeigt insbesondere die gesetzgeberische Wertung in §
370 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 [X.] zur Hinterziehung in großem Ausmaß als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung (vgl. [X.], Urteil vom 2.
De-zember 2008

1
StR
416/08, Rn.
22, [X.]St 53, 71, 80).
Das Merkmal in [X.] Ausmaß ist bereits erfüllt, wenn der [X.] 50.000
Euro übersteigt (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Oktober 2015

1
StR
373/15, [X.]St 61, 28). Deshalb kommt bei [X.] in Millionenhöhe eine aus-setzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Mil-derungsgründe noch in Betracht (vgl. [X.], Urteile vom 2.
Dezember 2008

1
StR
416/08, Rn.
42, [X.]St 53, 71,
86
und vom 7.
Februar
2012

1
StR 525/11, Rn.
29, [X.]St 57, 123, 130
f.). Unerheblich ist dabei, ob dieser Hinter-ziehungsumfang durch eine einzelne Tat oder durch mehrere Einzeltaten [X.] ist (vgl. [X.],
Urteil vom 22.
Mai 2012

1
StR
103/12,
[X.], 350).
bb)
Auch wenn der [X.] ein bestimmender Strafzumes-sungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, der eine an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
März 1998

5
StR
693/97, [X.], 269, 270), kann allein das
Ausmaß der Steuerverkürzung nicht in dem Sinne ausschlaggebend für die Strafhöhenbemessung sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe 17
18
-
10
-
des [X.] Einzelfall ist vielmehr nach den von
§
46 StGB
vorgeschriebenen Krite-rien zu beurteilen
(vgl. [X.], Beschluss vom 26.
September 2012

1
StR 423/12, [X.]R [X.] §
370 Abs.
1 Strafzumessung
26 sowie
die Beispiele für Strafmilderungs-
und Strafschärfungsgründe in [X.], Urteil vom 2.
Dezember 2008

1
StR
416/08, Rn. 44
ff., [X.]St 53, 71, 81).
cc)
Bei Tatserien ist zudem nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte [X.] maßgeblich für die Bemessung der [X.]; vielmehr muss auch bei der Zumessung der Einzelstrafen die Gesamtserie und der dadurch verursachte [X.] in den Blick [X.] werden (vgl. [X.], Urteil vom 17.
März 2009

1
StR
627/08, Rn.
48, [X.]St 53, 221, 232
[X.]
und Beschluss vom 29.
November 2011

1
StR 459/11, [X.] 2012, 112; vgl. auch Beschluss vom 25.
September 2012

1
StR
407/12, [X.]R [X.] §
370 Abs.
1 Strafzumessung
24). Kommt bei
[X.] in der systematischen Vorgehensweise ein besonderes Maß an krimineller Energie zum Ausdruck, kann auch dieser Gesichtspunkt und nicht der konkrete [X.] bei der Bestimmung der Einzelstrafen im Vordergrund stehen (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
März 1998

5
StR 693/97, [X.], 269, 270).
[X.])
In
Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist für die
Strafrah-menwahl nicht entscheidend, ob
sich die Tat des [X.], zu der Beihilfe geleistet wird, als besonders schwerer Fall erweist; zu prüfen ist vielmehr,
ob sich die Beihilfe selbst

bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat

als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 6.
Sep-tember 2016

1
StR
575/15, [X.] 2016, 474 [X.]
und
Beschluss vom 23.
November 2000

3
StR
225/00, [X.], 105). Dies gilt nicht nur in Fäl-19
20
-
11
-
len unbenannter besonders schwerer Fälle, sondern auch dann, wenn im Wege einer Gesamtwürdigung zu klären ist, ob die Indizwirkung eines oder mehrerer Regelbeispiele für besonders schwere Fälle widerlegt ist
([X.], Beschluss vom 27.
Januar 2015

1
StR
142/14, Rn.
6, [X.], 235). Dabei kann bei [X.] der Umstand, dass eine mangels eigener Erklärungspflicht nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, erheblich strafschärfend zu werten sein (vgl. [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, Rn.
65, [X.]St 58, 218, 231). In Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls kann der Schuldgehalt (§
29 StGB) der [X.] sogar größer sein als der der Haupttat und trotz Strafrahmenverschiebung gemäß §
27 Abs.
2 Satz
2, § 49 Abs.
1 StGB
eine Strafe rechtfertigen, die derjenigen
für den Haupttäter gleichkommt oder sie sogar übersteigt (vgl. [X.] in [X.], 12.
Aufl., §
27 Rn.
77 [X.]).
c)
Hieran gemessen haben sowohl die Einzelstrafen als auch der [X.] Bestand.
aa)
Ohne Rechtsfehler hat das [X.]
die Einzelstrafen dem gemäß §
27 Abs.
2 Satz
2 i.V.m. §
49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmen für beson-ders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§
370 Abs.
3 Satz
1 [X.])
entnom-men.
Nach den Urteilsfeststellungen verwirklichte
der Angeklagte in allen Fäl-len das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der Verkürzung von Verbrauchsteuern als Mitglied einer Bande (§
370 Abs.
3 Satz
2 Nr.
5 [X.]). [X.] erfüllte
er in den Fällen
2
bis 16
sowie 21
bis 68 der Urteilsgründe das Re-gelbeispiel der Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß (§
370 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 [X.]), weil in diesen Fällen der Hinterziehungsumfang die Schwelle 21
22
23
-
12
-
von 50.000
Euro (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Oktober 2015

1
StR
373/15, [X.]St 61, 28) überstieg
(UA S.
8). Der Umstand, dass das [X.] inso-weit trotz Anwendung zutreffender Maßstäbe die Fälle
2, 9 und 21 der [X.] nicht ausdrücklich genannt hat (UA S.
13), hat sich weder zum Vorteil
noch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.
Im Rahmen der jeweils vorzunehmenden Würdigung, ob ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung (§
370 Abs.
3 Satz
1 [X.]) gegeben ist, hat das [X.] neben dem vertypten Milderungsgrund
der Beihilfe (§
27 Abs.
2 Satz
2 [X.]) in allen Fällen alle für die Wertung der Tat und des [X.] [X.] auch den [X.], die sich zur fortgesetzten Hinterziehung von Energiesteuer verbunden [X.]
(UA S.
14).
bb)
Auch im Übrigen hält die Strafzumessung rechtlicher Nachprüfung stand.
(1)
Das [X.] hat die Bemessung der Strafhöhen innerhalb des sich ergebenden Strafrahmens an den [X.]undsätzen des §
46 StGB ausgerich-tet und dabei alle maßgebenden
strafmildernden und [X.] gegeneinander abgewogen. Die Zumessungserwägungen des [X.]s sind weder lückenhaft noch verstoßen sie gegen anerkannte [X.].
Insbesondere hat das [X.]
nicht verkannt, dass die Höhe der [X.]

(UA S.
16) und 24
25
26
27
-
13
-
durch die Taten insgesamt Energiesteuer in Höhe von 15.280.436,91
Euro [X.] wurde, der lediglich eine nachträgliche
Tilgung der Steuerschuld im [X.] von
1.612.453,18
Euro
gegenübersteht. Zu Lasten des Angeklagten hat das [X.] auch gewertet, dass er gewerbsmäßig handelte und
es sich bei den Taten um eine neue Erscheinungsform organisierter Kriminalität handelt, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem [X.] angelegt war
und auch im konkreten Fall auf einem gut durchorganisierten und überaus profitablem Geschäftsmodell beruhte (vgl. zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung als Gewerbe: [X.], Urteil vom 29.
November 2006

5
StR 324/06, [X.], 145). Es hat dabei ebenfalls in den Blick genommen, dass aufgrund der grenzüberschreitenden Warenlieferungen und einer Bandenstruk-tur, bei der Hintermänner aus einem anderen Mitgliedstaat der [X.] heraus handelten,
eine effektive Strafverfolgung deutlich erschwert war. Schließlich hat das [X.] auch zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er der Führungsebene der Bande angehörte und zudem
im laufenden Be-trieb der Firma [X.].

[X.] von erheblichem Gewicht vornahm.
Zu seinen Gunsten hat das [X.] rechtsfehlerfrei neben der langen Verfahrensdauer berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war, nach Beendigung der verfahrensgegenständlichen Taten nicht mehr strafrecht-lich in Erscheinung getreten ist und einem Haftungsbescheid des Fiskus in [X.] ausgesetzt ist, der seine finanzielle Leistungsfähigkeit bei weitem überschreitet.
(2)
Die 69
Einzelstrafen von sieben bzw. zehn Monaten Freiheitsstrafe wie auch die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sind zwar gemessen am Unrechts-
und Schuldgehalt der Taten sehr milde. Dies stellt jedoch im Hinblick auf den vom Revisionsgericht zu beachtenden Prüfungsmaßstab (s.o.) noch 28
29
-
14
-
keinen Rechtsfehler dar. Insbesondere lösen sich die verhängten Strafen noch nicht nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. dazu [X.], Urteil vom 27.
Januar 2015

1
StR
142/14, [X.], 466 [X.]).
(3)
Auch mit ihren Einzelangriffen gegen die Strafzumessung des Land-gerichts dringt die Staatsanwaltschaft nicht durch.
(a)
Die Beschwerdeführerin
ist der Auffassung, das [X.] habe die durch die

genommen, was darin zum Ausdruck komme, dass
es die Einzelstrafen nicht näher abgestuft, sondern pauschal [X.] von sieben bzw. zehn Monaten verhängt habe. Hiermit zeigt
sie jedoch keinen Rechtsfehler bei der Strafzumessung auf.
Zwar erfordert das Schuldmaßprinzip (§
46 Abs.
1 Satz
1 StGB) regel-mäßig eine differenzierende Zumessung der Einzelstrafen (vgl. [X.], Beschlüs-se
vom 6.
November 2002

5
StR
361/02, [X.], 72
und vom 29.
Juni 2011

1
StR
136/11, [X.], 423), die bei Steuerstraftaten eine
an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
März 1998

5
StR
693/97, [X.], 269, 270). Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei Steuerstraftaten

wie auch sonst bei Vermögensstraftaten

,
denen gleichgelagerte Begehungsformen zu-grunde liegen, eine Kategorisierung nach der Schadenshöhe erfolgen kann. Zwar muss diese immer am Maß des der konkreten Tat immanenten Schuldum-fangs orientiert sein ([X.] aaO NStZ-RR
2003, 72). Allerdings
kann bei Tatse-rien der durch die Einzeltat verursachte [X.] gegenüber der systematischen Vorgehensweise zur Erreichung einer Gesamthinterziehung dergestalt in den Hintergrund treten (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
März 1998
30
31
32
-
15
-

5
StR
693/97, [X.], 269, 270
sowie Urteil vom 17.
März 2009

1
StR
627/08, Rn.
48, [X.]St 53, 221, 232 und Beschluss vom 29.
November 2011

1
StR
459/11, [X.], 151), dass Schwankungen bei den [X.] im Rahmen der fortgesetzten Tatbegehung bei der Bemessung der Einzelstrafen keine erhebliche Bedeutung mehr zukommt. Soweit dies der Fall ist, dürfen auch Taten mit unterschiedlichem
Hinterziehungsumfang
für die Bemessung der Einzelstrafen zu [X.]uppen zusammengefasst werden.
So verhält es sich auch hier. Das [X.] hat erkennbar die syste-matische Vorgehensweise im Rahmen eines fortgesetzt und bandenmäßig be-triebenen [X.] zur Verkürzung von Steuern in Millionenhöhe, die beim Angeklagten ein besonderes Maß krimineller Energie erkennen lässt, bei der Bemessung der Einzelstrafen in den Vordergrund gestellt (vgl. auch [X.], Beschluss vom 18.
März 1998

5
StR
693/97, [X.], 269, 270).
Insbesondere angesichts dZeitraum von August 2010 bis Dezember 2011, hinsichtlich deren lediglich die rechtlichen Besonderheiten des Straftatbestands der Steuerhinterziehung durch Unterlassen als Erklärungsdelikt zu
insgesamt
69
Einzeltaten führten, ist es rechtlich noch nicht zu beanstanden, dass das [X.] für Taten mit Hinter-ziehungsbeträgen zwischen 13.878
Euro und 84.996
Euro ohne weitere Diffe-renzierung [X.] von jeweils sieben Monaten und für Steuerver-kürzungen mit einem Ausmaß zwischen 110.105
Euro und 413.233
Euro je-weils Freiheitsstrafen von zehn Monaten verhängt hat. Im Hinblick darauf, dass das [X.] sämtliche Taten als der organisierten Kriminalität zuzurechnen und insgesamt als besonders sozialschädlich gewertet hat, war es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht gehalten, in den Strafhöhen zwischen den Taten vor und denen nach der Beschlagnahme eines Tankfahr-zeugs

h die Zolldirektion [X.] (UA S.
9) zu differenzieren.
33
-
16
-
(b)
Soweit die Staatsanwaltschaft rügt, das [X.] habe (entgegen §
50 StGB) den [X.] (§
27 Abs.
2 Satz
2 StGB) im Rahmen der konkreten Strafzumessung [X.] zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, zeigt sie keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler auf.
Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte, der innerhalb der Bande eine [X.] einnahm, nur deshalb nicht als Mittäter, sondern lediglich als Gehilfe zu bestrafen war, weil ihn keine eigene Erklärungspflicht für die entstandene Energiesteuer traf (vgl. dazu [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218). Das [X.] hat jedoch den Umstand, dass der Angeklag-te keine täterschaftlichen
Tatbeiträge erbracht hat,
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin
nicht innerhalb des gemäß §
27 Abs.
2 Satz
2, §
49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmens [X.] strafmildernd berüc[X.]. Vielmehr hat es im Gegenteil den Umstand, dass die Tatbeiträge des [X.].
Es hat auch nicht, was rechtsfehlerhaft gewesen wäre (vgl. [X.], [X.], 13.
Aufl.,
§ 370
Rn.
61c [X.]), den Umstand, dass der Angeklagte nicht in eigener Person zur Abgabe von [X.] über die entstan-dene Energiesteuer verpflichtet war, als besonderes persönliches Merkmal im Sinne des §
28 Abs.
1 StGB angesehen.
(c)
Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft war das
[X.] trotz der Einbindung des Angeklagten in die Bandenstruktur nicht gehindert, den Umstand, dass der Angeklagte seit Beendigung der verfahrensgegenständ-lichen Taten im Jahr 2011 nicht mehr
strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, strafmildernd zu berücksichtigen.
Zwar lässt dieser Umstand
die Taten nicht in einem milderen Licht erscheinen; jedoch kommt hierin eine Stabilisierung der 34
35
36
-
17
-
Lebensverhältnisse des Angeklagten zum Ausdruck, die das [X.] unter dem Gesichtspunkt der [X.] innerhalb des [X.] berücksichtigen durfte (vgl. [X.] in [X.], 3.
Aufl., §
46 Rn.
145).
(d)
Ohne Rechtsfehler hat das [X.] auch den Umstand strafmil-dernd herangezogen, dass gegen den Angeklagten wegen der [X.]en ein Haftungsbescheid über 13.667.389,73
Euro ergangen ist.
Zwar kommt nach der Rechtsprechung des [X.] die strafmildernde Berücksichtigung einer Heranziehung gemäß §
71 [X.] nur dann in Betracht, wenn der Betroffene
nach den Umständen des Einzelfalls tatsäch-lich mit seiner Heranziehung rechnen muss und diese
für ihn eine besondere Härte darstellen würde (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
September 2012

1
StR 407/12, [X.]R [X.] §
370 Abs.
1 Strafzumessung
25). Das Vorliegen dieser
Voraussetzungen hat das [X.] aber rechtsfehlerfrei festgestellt. Es hat dabei nicht verkannt, dass die Haftungssumme die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angeklagten bei weitem übersteigt. Entgegen der Auffassung der [X.] ist daher nicht zu besorgen, das [X.] könnte bei der [X.] verkannt haben, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ange-klagten einen Ausgleich des Steuerschadens nicht zulassen.
(e)
Soweit die Staatsanwaltschaft den Strafausspruch im Hinblick darauf angreift, dass die vom Senat
mit der ersten Revisionsentscheidung beanstan-deten [X.] weggefallen und neue strafmildernde Um-stände nicht festgestellt worden seien, deckt sie ebenfalls keinen den Angeklag-ten begünstigenden Rechtsfehler in der Strafzumessung auf.
37
38
39
-
18
-
Zwar hat im Falle der Zurückverweisung einer Sache das neue Tatge-richt die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§
358 Abs.
1 StPO). Nach einer Aufhebung des Strafausspruchs ist es jedoch nicht gehindert, die für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände anders als das bisherige Tatgericht zu gewichten und sogar dieselben Strafen zu verhängen, sofern
es nicht auf die vom Revisionsgericht beanstandeten [X.] zurück-greift.
Es darf ohne Rückgriff auf neue Umstände lediglich dann nicht zur
selben Strafhöhe
gelangen, wenn

was hier nicht der Fall war

das Revisionsgericht bei Aufhebung des Strafausspruchs zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Urteilsgründe des Tatgerichts nicht die Schuldangemessenheit der Strafe be-legten (vgl. [X.], Urteil vom 15.
September 1992

5
StR
367/92, StV
1993, 26
und Beschluss vom 13.
Juli 1993

5
StR
396/93, [X.], 552).
III.
Der
Revision des Angeklagten bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
Die
Strafzumessung und
die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes (§
73a StGB) weisen keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
§
73 Abs.
1 Satz
2 StGB stand hier einer Verfallsanordnung nicht entgegen, weil der Angeklagte die erlangten Vermögenswerte nicht aus den Taten, son-dern als Entlohnung für seine Tatbeteiligung erhalten hatte
(zur Unanwendbar-keit von §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB in diesen Fällen siehe [X.], Beschluss vom 13.
März 2013

2
StR
275/12, [X.], 347, 350
[X.]).
Aus dem von der Verteidigung angeführten Beschluss des [X.] vom 28.
Novem-40
41
42
-
19
-
ber 2000 im Verfahren 5
StR
371/00 ([X.]R StGB §
73 Verletzter
3) ergibt sich nichts Gegenteiliges.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
473 Abs.
1 und
2 StPO.
[X.]af
Jäger
Bellay

Radtke
Bär
43

Meta

1 StR 606/16

25.04.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2017, Az. 1 StR 606/16 (REWIS RS 2017, 12124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12124

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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