Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.10.2016, Az. 2 B 65/14

2. Senat | REWIS RS 2016, 4419

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Gegenstand

Kein Anspruch auf "Kommandantenzulage" bei Einsatz außerhalb des militärischen Aufgabenbereichs


Leitsatz

1. Ein Anspruch auf die sog. Kommandantenzulage als Stellenzulage gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BBesG i.V.m. Ziff. II Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B (Anlage I zu § 20 Abs. 2 Satz 1 BBesG) setzt eine Verwendung des Soldaten im militärischen Aufgabenbereich der Bundeswehr voraus. Daran fehlt es bei einem Einsatz des Soldaten im Bereich der Bundeswehrverwaltung als eigenständigen zivilen Organisationsbereich, der nicht dem militärischen Kommando untersteht (hier: bei einer wehrtechnischen Prüfstelle).

2. Dies gilt sowohl für den Zulagentatbestand in der Fassung des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) als auch für dessen Neufassung durch das Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz vom 13. Mai 2015 (BGBl. I S. 706) (juris: BwAttraktStG).

Gründe

1

Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung der sog. "Kommandantenzulage" für Soldaten in fliegerischer Verwendung.

2

1. Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2013 als [X.]erufssoldat im Dienst der [X.], zuletzt im Rang eines Oberstleutnants ([X.]esoldungsgruppe [X.]). Seit 1983 war er bei einer wehrtechnischen Prüfstelle eingesetzt, die der Abteilung [X.] der [X.] und damit einem zivilen Organisationsbereich des [X.] nachgeordnet ist. Der Kläger war dort für die fliegerische Systembewertung zuständig und zugleich Cheftestpilot. Er erhielt die allgemeine "Fliegerzulage" nach Ziffer II Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 der Vorbemerkungen zu den [X.]esoldungsordnungen A und [X.] des [X.]undesbesoldungsgesetzes (Anlage I zu § 20 Abs. 2 Satz 1 [X.]) und besaß die Kommandantenberechtigung für einen Flugzeugtyp.

3

Die vom Kläger im Jahre 2009 beantragte Gewährung der sog. "Kommandantenzulage" nach Ziff. II Nr. 6 Satz 2 der Vorbemerkungen zu den [X.] und [X.] lehnte die [X.]eklagte ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hatte erstinstanzlich Erfolg. Das [X.]erufungsgericht hat auf die [X.]erufung der [X.] die Klage abgewiesen. Es hat zur [X.]egründung darauf abgestellt, dass der Kläger nicht "Soldat der [X.]" im Sinne der gesetzlichen [X.]estimmung gewesen sei. Das setze nämlich voraus, dass ein Soldat weiterhin dem militärischen Organisationsbereich [X.] angehöre und dort verwendet werde. Hingegen sei der Dienstposten des [X.] bei einer wehrtechnischen Prüfstelle der [X.] und damit einem eigenständigen zivilen Organisationsbereich der [X.]undeswehr zugeordnet, der kein Annex der [X.], sondern den Regeln des allgemeinen Verwaltungshandelns unterworfen sei und dem gegenüber die militärischen Kommandostellen keine [X.]efehls- und Weisungsrechte hätten. Eine solche Regelung liege auch innerhalb der gesetzlichen Gestaltungsfreiheit; die [X.]esserstellung der Soldaten der [X.] gegenüber dem übrigen fliegenden Personal oder den Kommandanten außerhalb des [X.] der [X.] sei wegen der besonderen Verantwortung und der erhöhten Anforderungen an die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten gerechtfertigt.

4

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung zuzulassen.

5

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.]uchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 m.w.N.).

6

Diese Voraussetzungen sind für die in der [X.]eschwerde sinngemäß aufgeworfene Frage,

ob es für die Zulagenberechtigung nach Ziffer [X.] der Vorbemerkungen zu den [X.]esoldungsordnungen A und [X.] des [X.]undesbesoldungsgesetzes genügt, dass ein "Soldat der [X.]“ den Status eines Soldaten hat oder ob er auch als solcher - das heißt im militärischen [X.]ereich der [X.] - verwendet werden muss,

nicht erfüllt.

7

a) Die Zulassung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung ist zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei Ziffer [X.] der Vorbemerkungen zu den [X.]esoldungsordnungen A und [X.] des [X.]undesbesoldungsgesetzes (Anlage I zu § 20 Abs. 2 Satz 1 [X.]) in der für den im vorliegenden Fall streitgegenständlichen Zeitraum von 2009 bis 2013 maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 5. Februar 2009 ([X.]G[X.]l. I S. 160) um ausgelaufenes Recht handelt.

8

Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungs-weisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts Rechtsfragen zu ausgelaufenem oder auslaufendem Recht sowie zu Übergangsrecht regelmäßig nicht die Zulassung einer Grundsatzrevision. Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt deshalb nur ausnahmsweise in [X.]etracht, wenn die Fragen sich zu den Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellen oder wenn ihre [X.]eantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von [X.]edeutung ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. September 2015 - 2 [X.] 73.14 - [X.]uchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 423 Rn. 9 m.w.N.).

9

Im vorliegenden Fall stellt sich aber auch für die Neufassung des Gesetzes die Frage, ob es für die Erfüllung des [X.] genügt, dass der [X.]etreffende den Status eines Soldaten hat, oder ob es erforderlich ist, dass er auch als solcher - das heißt im militärischen [X.]ereich der [X.] - verwendet wird. Knüpfte der [X.] zunächst begrifflich an "Soldaten der [X.]" an, stellt der mit dem [X.]undeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz vom 13. Mai 2015 ([X.]G[X.]l. I S. 706) rückwirkend zum 1. Januar 2015 neu formulierte [X.] nur mehr auf "Soldaten" ab. Hiernach wird die Zulage nunmehr gezahlt "für Soldaten, die als verantwortliche Luftfahrzeugführer mit der [X.]erechtigung eines Kommandanten auf Flugzeugen verwendet werden, für die eine Mindestbesatzung von zwei Luftfahrzeugführern vorgeschrieben ist". Die Rechtsfrage stellt sich daher in gleicher Weise.

b) Gleichwohl rechtfertigt die aufgeworfene Frage nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung, denn sie kann unmittelbar aus dem Gesetz heraus auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts beantwortet werden, ohne dass es hierfür eines Revisionsverfahrens bedürfte.

Es ist ständige Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts, dass Stellenzulagen gewährt werden, um zusätzliche Anforderungen eines Dienstpostens abzugelten, die nicht bereits von der allgemeinen Ämterbewertung erfasst sind (vgl. zuletzt etwa [X.]VerwG, Urteil vom 25. April 2013 - 2 C 39.11 - [X.]uchholz 240.1 [X.][X.]esO Nr. 38 Rn. 7). Die Gewährung einer Stellenzulage setzt nach § 42 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Wahrnehmung einer herausgehobenen Funktion voraus. Anknüpfungspunkt ist damit stets die tatsächliche [X.]etrauung des [X.]eamten oder Soldaten mit entsprechenden Aufgaben. Gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 [X.] darf die Zulage nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion gewährt werden ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. August 2012 - 2 [X.] 42.12 - juris Rn. 10 für die Zulage aus Ziffer [X.] der Vorbemerkungen zu den [X.]esoldungsordnungen A und [X.] des [X.]undesbesoldungsgesetzes).

Die Gewährung einer Zulage nach der [X.] des [X.] setzte daher voraus, dass der [X.]etreffende in seiner Funktion als Soldat verwendet wird, also die ihm auf seinem Dienstposten übertragenen Aufgaben als Luftfahrzeugführer dem militärischen Aufgabenbereich der [X.] zugehören. Dies ist nicht der Fall bei einem Einsatz im [X.]ereich der [X.] als eigenständigen zivilen Organisationsbereich der [X.]undeswehr, der kein Annex der [X.] ist und nicht dem militärischen Kommando untersteht. Soweit in diesem [X.]ereich auch Soldaten eingesetzt werden, sind diese aus den [X.]efehlsstrukturen der [X.] herausgelöst und einer nichtmilitärischen Dienststelle unterstellt. Ihre Verwendung dient allein dazu, das spezifische Fachwissen der Soldaten zur Erfüllung der Aufgaben der nicht unmittelbar militärischen Aufgabe zu nutzen ([X.]VerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - [X.]VerwGE 132, 110 Rn. 68 für den [X.]undesnachrichtendienst). Dementsprechend genügte nach der [X.] des [X.] ein bloßer [X.] als Uniformträger der [X.] nicht, die Zulage knüpfte vielmehr an eine (konkrete) Verwendung als Soldat der [X.] an. Erforderlich war demnach jedenfalls, dass der dem Soldaten übertragene Aufgabenbereich in den militärischen Aufgabenbereich der [X.] eingebunden war (so außer dem [X.]erufungsurteil auch [X.], Urteile vom 30. Mai 2011 - 1 A 2825/09 - juris, und vom 7. August 2013 - 1 A 692/12 - juris).

Die [X.]eschränkung auf den spezifischen Aufgabenbereich der [X.] ist - wie ausgeführt - mit der Neufassung des [X.] entfallen. Ausweislich der [X.]egründung des Gesetzentwurfs der [X.]undesregierung sollte der Kreis der Anspruchsberechtigten um die Verwendungen in der luftgestützten militärischen Seeaufklärung der [X.] erweitert werden ([X.]T-Drs. 18/3697 [X.]). Anhaltspunkte dafür, dass auch Verwendungen außerhalb des militärischen [X.]ereichs erfasst werden sollten, sind aber nicht ersichtlich. Vielmehr wird ausdrücklich der Umfang der Erweiterung auf bis zu 18 Dienstposten in der [X.] in [X.]ezug genommen. Auch im Allgemeinen Teil der [X.]egründung ist nur von Kommandanten "im militärischen Lufttransport" die Rede ([X.]T-Drs. 18/3697 [X.]). Dieser [X.]ezug auf die militärische Verwendung findet sich auch in der Einzelbegründung zu der Neuregelung, wenn dort auf die besondere [X.]edeutung der Kommandanten "für die Sicherstellung der Durchhaltefähigkeit und Einsatzflexibilität der [X.]" sowie darauf hingewiesen wird, dass das erweiterte Einsatzspektrum der [X.]undeswehr gerade im Rahmen der besonderen Auslandseinsätze und die damit verbundene weltweite, flexible, zeitkritische und bedarfsorientierte Aufgabenerfüllung weiterhin herausragende Anforderungen an diese Funktionsträger stellten. Das zeigt, dass mit der Änderung der Norm keine Änderung der dargestellten Rechtslage nach der [X.] in [X.]ezug auf das Erfordernis einer militärischen Verwendung beabsichtigt war.

Die Zulagenberechtigung in der ab 2015 geltenden Fassung ist damit zwar nicht mehr auf den spezifischen Aufgabenbereich der [X.] beschränkt, sie bleibt aber weiterhin auf eine Funktion als Soldat, das heißt auf eine militärische Funktion, bezogen. [X.] im nichtmilitärischen [X.]ereich dagegen werden nicht erfasst. Anders als in Ziffer [X.] der Vorbemerkungen zu den [X.]esoldungsordnungen A und [X.] des [X.]undesbesoldungsgesetzes ist die Funktion als "[X.]eamter" weiterhin nicht in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen.

3. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Meta

2 B 65/14

06.10.2016

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 4. Juni 2014, Az: 14 BV 12.2186, Urteil

§ 20 Abs 2 S 1 BBesG, § 42 Abs 1 S 1 BBesG, § 42 Abs 3 S 1 BBesG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.10.2016, Az. 2 B 65/14 (REWIS RS 2016, 4419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4419

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14 ZB 19.970 (VGH München)

Zum Erfordernis einer dienstpostenbezogenen Betrachtungsweise bei der Kommandantenzulage für Soldaten in fliegerischer Verwendung


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