Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.10.2023, Az. XI R 21/23 (XI R 30/19), XI R 21/23, XI R 30/19

11. Senat | REWIS RS 2023, 10318

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Gegenstand

Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen


Leitsatz

Die Bereitstellung von Kureinrichtungen durch eine Gemeinde stellt keine Leistung gegen Entgelt im Sinne der § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem dar, wenn die Gemeinde von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten, aufgrund einer kommunalen Satzung eine Kurtaxe in Höhe eines bestimmten Betrags pro Aufenthaltstag erhebt, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Taxe nicht an die Nutzung dieser Einrichtungen, sondern an den Aufenthalt im Gemeindegebiet geknüpft ist und diese Einrichtungen für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 18.10.2018 - 1 K 1458/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

A.

1

Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine [X.], in den Jahren 2009 bis 2012 (Streitjahre) als Unternehmerin eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat und ihr deshalb der Vorsteuerabzug zusteht.

2

Die Klägerin ist ein staatlich anerkannter heilklimatischer Luftkurort. Die Kurverwaltung der Klägerin wird seit [X.] (zuletzt unter der [X.]ezeichnung "[X.]") kommunalrechtlich als sogenannter Eigenbetrieb geführt und ist körperschaftsteuerrechtlich ein [X.]etrieb gewerblicher Art (nachfolgend: Kurbetrieb).

3

Die Klägerin erhebt gemäß § 4 der [X.]ordnung für [X.]aden-Württemberg ([X.]ordnung) i.d.[X.] ([X.] für [X.]aden-Württemberg --G[X.]l [X.]W-- 2000, 581) i.V.m. §§ 2, 8 Abs. 2 und § 43 des Kommunalabgabengesetzes für [X.]aden-Württemberg vom 17.03.2005 (G[X.]l [X.]W 2005, 206) i.V.m. der Satzung der Klägerin über die Erhebung einer [X.] vom ….2006 (Ortsrecht der [X.], Aktenzeichen …) eine [X.]:

"§ 1 Erhebung einer [X.]

Die [X.] erhebt zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen und für die zu diesem Zweck durchgeführten Veranstaltungen eine [X.].

   

§ 2 [X.]

(1) [X.] sind alle Personen, die sich in der [X.] aufhalten, aber nicht Einwohner der [X.] sind (ortsfremde Personen) und denen die Möglichkeit zur [X.]enutzung der Einrichtungen und zur Teilnahme an den Veranstaltungen [X.] geboten ist.

(2) [X.] sind darüber hinaus auch die Einwohner der [X.], die den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen in einer anderen [X.] haben (pauschale Jahreskurtaxe) sowie ortsfremde Personen, die sich aus beruflichen Gründen zur Teilnahme an Tagungen oder sonstigen Veranstaltungen in der Kurgemeinde aufhalten.

(3) Die [X.] wird nicht von ortsfremden Personen und von Einwohnern erhoben, die in der [X.] arbeiten oder in Ausbildung stehen. …

   

§ 3 Maßstab und Satz der [X.]

(1) Die [X.] beträgt je Person und Aufenthaltstag …

(3) [X.] und der Tag der Abreise werden zusammen als ein Aufenthaltstag gerechnet.

(4) [X.] Einwohner der [X.] haben - unabhängig von der Dauer und Häufigkeit sowie der Jahreszeit des Aufenthaltes - eine pauschale Jahreskurtaxe zu entrichten. Diese beträgt je Person …

§ 7 Meldepflicht

(1) Wer Personen gegen Entgelt beherbergt, einen Campingplatz betreibt oder seine Wohnung als Ferienwohnung ortsfremden Personen gegen Entgelt zur Verfügung stellt, ist verpflichtet, bei ihm verweilende Personen innerhalb von 3 Tagen nach Ankunft bzw. Abreise an- bzw. abzumelden. …

(2) Daneben sind Reiseunternehmen meldepflichtig, wenn in dem von dem Reiseteilnehmer an den Unternehmer zu entrichtenden Entgelt auch die [X.] enthalten ist. …

§ 8 Einzug und Abführung der [X.]

(1) Die nach § … Abs. … und [X.] haben, soweit nicht nach § … Abs. … ein [X.]bescheid ergeht, die [X.] von den kurtaxepflichtigen Personen einzuziehen und an die [X.] abzuführen. Sie haften der [X.] gegenüber für den vollständigen und richtigen Einzug der [X.]. …"

4

Mit diesen Einnahmen finanzierte die Klägerin in den Streitjahren die Herstellung, den Unterhalt und die Sanierung von Kureinrichtungen (zum [X.]eispiel [X.], [X.], Wege). Diese Einrichtungen sind für jedermann frei zugänglich; eine Kurkarte wird zum Eintritt nicht benötigt.

5

Im Rahmen der Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre sah die Klägerin die [X.] als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit (Kurbetrieb) an und begehrte den Vorsteuerabzug aus allen [X.], die mit dem Fremdenverkehr zusammenhingen.

6

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) führte eine Außenprüfung durch. Der Prüfer ging ebenfalls davon aus, dass die Klägerin als Unternehmerin eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt habe, nahm aber umfangreiche Kürzungen bei der geltend gemachten Vorsteuer vor. Vorsteuerbeträge, die nicht mit dem Kurbetrieb im Zusammenhang standen, wurden nicht anerkannt. Des Weiteren wurden Vorsteuerbeträge, die das [X.] betrafen, nur insoweit berücksichtigt, als das [X.] entgeltlich verpachtet wurde. Vorsteuerbeträge aus [X.] für Wege, Loipen und andere Einrichtungen außerhalb des [X.]s wurden vom Prüfer nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen.

7

Das [X.] folgte diesen Feststellungen und erließ am 20.03.2015 entsprechende [X.]. Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 03.02.2016) wies das Finanzgericht ([X.]) [X.]aden-Württemberg die Klage mit seinem in Zeitschrift für Kommunalfinanzen 2019, 36 veröffentlichten Urteil vom 18.10.2018 - 1 K 1458/18 ab. Es vertrat die Ansicht, dass die Klägerin --abgesehen von der (teilweisen) privatrechtlichen, entgeltlichen Überlassung des [X.]es für Veranstaltungs- und Restaurationszwecke-- durch ihre [X.]etätigung zur Erhebung einer [X.] nicht unternehmerisch gehandelt habe. Sie habe gegenüber den Kurgästen insoweit keine Leistungen als Unternehmerin erbracht; denn eine [X.]ehandlung der Klägerin als Nichtsteuerpflichtige führe nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen. Die Leistungen in ihrer Gesamtheit könnten nicht von privaten Anbietern erbracht werden, da solche nicht in der Lage seien, das gleiche [X.]edürfnis der Kurgäste zu befriedigen. Da der "[X.]etrieb der Kureinrichtungen" gegen eine [X.] keine unternehmerische Tätigkeit darstelle, seien die erklärten Umsätze aus der Erhebung der [X.] im Übrigen nicht umsatzsteuerbar und folglich die vom [X.] bereits gewährten Vorsteuerbeträge abzuerkennen. Allerdings sei eine Verböserung der Steuerfestsetzung zu Lasten der Klägerin verboten.

8

Hilfsweise führte das [X.] aus, selbst wenn die Klägerin durch den "[X.]etrieb der Kureinrichtungen" gegen eine [X.] unternehmerisch tätig gewesen sein sollte, würde der begehrte (weitere) Vorsteuerabzug jedenfalls am fehlenden Zusammenhang zwischen den Kosten für die Errichtung, die Unterhaltung und den [X.]etrieb der Anlagen und ihrer (unterstellten) wirtschaftlichen Tätigkeit ("Kurbetrieb") scheitern.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie begehrt über ihren ursprünglichen Klageantrag hinaus die [X.]erücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge.

Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 03.02.2016 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2012 vom 20.03.2015 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von [X.] (2009), [X.] (2010), [X.] (2011) und [X.] (2012) anerkannt werden,
2. hilfsweise, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 03.02.2016 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2012 vom 20.03.2015 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf [X.] (2009), [X.] (2010), [X.] (2011) und [X.] (2012) festgesetzt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.

Der Senat hat am 21.04.2021 gemäß § 90a Abs. 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) einen Gerichtsbescheid erlassen. Die Klägerin hat jedoch mündliche Verhandlung beantragt. Der erkennende Senat hat das Verfahren im [X.] an die mündliche Verhandlung ausgesetzt und mit [X.]eschluss vom 15.12.2021 - XI R 30/19 ([X.]FHE 275, 414, [X.]St[X.]l II 2022, 577) dem [X.] ([X.]) folgende Rechtsfragen zur Auslegung der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. Übt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine [X.], die aufgrund einer kommunalen Satzung von [X.]esuchern, die sich in der [X.] aufhalten (Kurgäste), für die [X.]ereitstellung von Kureinrichtungen (zum [X.]eispiel [X.], [X.], Wege) eine '[X.]' (in Höhe eines bestimmten [X.]etrages pro Aufenthaltstag) erhebt, mit der [X.]ereitstellung der Kureinrichtungen an die Kurgäste gegen [X.] auch dann eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 [X.]uchst. c der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem aus, wenn die Kureinrichtungen ohnehin für jedermann (und daher zum [X.]eispiel auch für nicht kurtaxepflichtige Einwohner oder andere nicht kurtaxepflichtige Personen) frei zugänglich sind?

2. Falls die Frage 1 bejaht wird: Ist unter den oben genannten Umständen des Ausgangsverfahrens bei der Prüfung, ob die [X.]ehandlung der [X.] als Nicht-Steuerpflichtige zu 'größeren Wettbewerbsverzerrungen' im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem führen würde, der räumlich relevante Markt nur das [X.]gebiet?"

Der [X.] hat darauf mit Urteil [X.] vom 13.07.2023 - [X.]/22 ([X.]:C:2023:580) wie folgt geantwortet:

"Art. 2 Abs. 1 [X.]uchst. c der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die [X.]ereitstellung von Kureinrichtungen durch eine [X.] keine 'Dienstleistung gegen Entgelt' im Sinne dieser [X.]estimmung darstellt, wenn die [X.] von [X.]esuchern, die sich in der [X.] aufhalten, aufgrund einer kommunalen Satzung eine [X.] in Höhe eines bestimmten [X.]etrags pro Aufenthaltstag erhebt, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Taxe nicht an die Nutzung dieser Einrichtungen, sondern an den Aufenthalt im [X.]gebiet geknüpft ist und diese Einrichtungen für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich sind."

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 [X.]O). Das [X.] hat es im Ergebnis zutreffend abgelehnt, die geltend gemachten Vorsteuern zum Abzug zuzulassen. Denn die streitigen [X.] stehen nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Leistung im Sinne der § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG), Art. 2 Abs. 1 Buchst. [X.].

I. Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren mit ihrem Hauptantrag mehr begehrt, als sie mit ihrem Klageantrag vor dem [X.] geltend gemacht hat, fehlt es an einer formellen Beschwer. Eine Erweiterung des Klageantrags ist im Revisionsverfahren unzulässig. Über ein Begehren, das erstmals in der Revisionsinstanz durch Erweiterung des Klageantrags anhängig gemacht wird, ist gerichtlich noch nicht entschieden, so dass es insoweit an einem Gegenstand der revisionsgerichtlichen Nachprüfung fehlt (vgl. Urteile des [X.] --BFH-- vom 04.04.1974 - IV R 7/71, [X.], 331, [X.] 1974, 522; vom 21.04.1983 - IV R 217/82, [X.], 292, [X.] 1983, 532; vom 09.11.1988 - II R 233/81, [X.], 125, [X.] 1989, 186; vom 12.09.1995 - IX R 78/94, [X.], 549, [X.] 1996, 16; vom 13.03.2018 - IX R 22/17, [X.], 824).

II. Die streitigen [X.] stehen nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Leistung.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

a) Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 168 Buchst. a MwStSystRL. Danach ist der Steuerpflichtige, der "Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet", zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und [X.]) zu verwenden beabsichtigt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 09.02.2012 - V R 40/10, [X.], 258, [X.] 2012, 844, Rz 19 ff., m.w.N. zur [X.]-Rechtsprechung; vom 15.04.2015 - V R 44/14, [X.], 263, [X.] 2015, 679, Rz 10; vom 21.10.2015 - XI R 28/14, [X.], 460, [X.] 2016, 550, Rz 28; vom 02.12.2015 - V R 15/15, [X.], 472, [X.] 2016, 486, Rz 14; vom 18.09.2019 - XI R 19/17, [X.], 98, [X.] 2020, 172, Rz 15).

b) Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 17.12.2009 - V R 1/09, [X.], 1869, Rz 17; vom 16.01.2014 - V R 22/13, [X.], 736, Rz 22; Urteil des [X.] vom 18.05.2011 - VIII ZR 260/10, [X.] 2011, 813, Rz 11; jeweils m.w.N.; BFH-Urteil vom [X.], [X.], 1256, Rz 18). Es stellt eine unionsrechtliche --unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht zu entscheidende-- Frage dar, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt (vgl. [X.] - [X.] vom 22.11.2018 - [X.]/17, [X.]:C:2018:942, Rz 68; [X.] vom 13.07.2023 - [X.]/22, [X.]:C:2023:580, Rz 29; BFH-Urteile vom 21.12.2016 - XI R 27/14, [X.], 154, [X.] 2021, 779, Rz 29; jeweils m.w.N.; vom 13.02.2019 - XI R 1/17, [X.], 560, [X.] 2021, 785, Rz 18; vom [X.] [X.], 1256, Rz 18).

c) Für eine entgeltliche Leistung muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet (vgl. z.B. [X.] thermale d'Eugénie-les-Bains vom 18.07.2007 - [X.]/05, [X.]:[X.], Rz 19; [X.] und Hop!-Brit [X.] vom 23.12.2015 - [X.]/14 und [X.]/14, [X.]:C:2015:841, Rz 22; [X.] rozhlas vom 22.06.2016 - [X.]/15, [X.]:C:2016:470, Rz 21; [X.] vom 18.01.2017 - [X.]/16, [X.]:[X.], Rz 25; [X.] - [X.] vom 22.11.2018 - [X.]/17, [X.]:C:2018:942, Rz 39; [X.] vom 20.01.2022 - [X.]/20, [X.]:[X.], Rz 27; [X.] vom 13.07.2023 - [X.]/22, [X.]:C:2023:580, Rz 33; BFH-Urteile vom 21.12.2016 - XI R 27/14, [X.], 154, [X.] 2021, 779, Rz 16; vom 13.02.2019 - XI R 1/17, [X.], 560, [X.] 2021, 785, Rz 16; vom [X.], [X.], 1256, Rz 15). Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 07.07.2005 - V R 34/03, [X.], 59, [X.] 2007, 66, unter [X.], Rz 14, m.w.N. zur Rechtsprechung des [X.]; vom 16.01.2014 - V R 22/13, [X.], 736, Rz 20; vom [X.], [X.], 1256, Rz 16).

d) Für den Streitfall hat der [X.] mit Urteil [X.] vom 13.07.2023 - [X.]/22, [X.]:C:2023:580 bindend entschieden, dass die Bereitstellung von Kureinrichtungen durch eine Gemeinde keine Leistung gegen Entgelt darstellt, wenn die Gemeinde von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten, aufgrund einer kommunalen Satzung eine Kurtaxe in Höhe eines bestimmten Betrags pro Aufenthaltstag erhebt, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Taxe nicht an die Nutzung dieser Einrichtungen, sondern an den Aufenthalt im Gemeindegebiet geknüpft ist und diese Einrichtungen für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich sind.

2. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall das Vorliegen einer Leistung der Klägerin an die Kurgäste gegen Entgelt zu verneinen und der Vorsteuerabzug für die streitbefangenen [X.] zu versagen.

3. Soweit der Klägerin der Vorsteuerabzug aus den [X.] an sich möglicherweise in geringerem Umfang als bisher gewährt zusteht, ist im finanzgerichtlichen Verfahren eine Verböserung (reformatio in peius) verboten (vgl. dazu BFH-Urteile vom [X.], [X.], 529, [X.] 2020, 132, Rz 49; vom 20.11.2019 - XI R 52/17, [X.], 49, [X.] 2020, 264, Rz 33, 56; vom 27.05.2020 - XI R 9/19, [X.], 138, [X.] 2020, 802, Rz 41).

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

5. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 [X.]O).

Meta

XI R 21/23 (XI R 30/19), XI R 21/23, XI R 30/19

18.10.2023

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 18. Oktober 2018, Az: 1 K 1458/18, Urteil

Art 2 Abs 1 Buchst c EGRL 112/2006, Art 9 EGRL 112/2006, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 2 Abs 1 UStG 2005, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.10.2023, Az. XI R 21/23 (XI R 30/19), XI R 21/23, XI R 30/19 (REWIS RS 2023, 10318)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 10318

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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