Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2001, Az. 1 StR 66/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2001, 2131

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[X.] DES VOLKESURTEIL1 [X.]/01vom27. Juni 2001in der Strafsachegegenwegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom26. Juni 2001 in der Sitzung am 27. Juni 2001, an denen teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.],[X.],[X.],[X.],[X.] in der Verhandlung vom 26. Juni 2001 -,Staatsanwalt- in der Sitzung am 27. Juni 2001 - als Vertreter der [X.],Rechtsanwälte , aus [X.] in der Verhandlung vom 26. Juni 2001 - als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.] [X.] vom 6. Dezember 2000a) im Schuldspruch dahin geändert, daß [X.] in den [X.], [X.] und 4b, [X.] 5b sowie im Fall II.6 auch des tateinheitlichenschweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes nach§ 176a Abs. 2 StGB schuldig ist, wobei in den[X.] und II.6 der sexuelle Mißbrauch [X.] nach § 176 StGB entfällt,b) im Ausspruch über die in diesen Fällen verhängtenEinzelstrafen und über die Gesamtstrafe mit denzugehörigen Feststellungen aufgehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über die Kostendieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des[X.]s zurückverwiesen.3. Die Revision des Angeklagten gegen dasvorbezeichnete Urteil wird verworfen. Er trägt die [X.] Rechtsmittels.Von Rechts [X.]:Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs [X.] in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Verbreitungpornographischer Schriften, wegen schweren sexuellen Mißbrauchs [X.] in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitungpornographischer Schriften, und wegen Verbreitung pornographischerSchriften zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die [X.] Staatsanwaltschaft hat Erfolg; die Revision des Angeklagten istunbegründet.[X.] der Verurteilung ist in den [X.], [X.] und 4b, [X.], II.6 der sexuelle Mißbrauch der zur Tatzeit 13-jährigen [X.] derenAlter der Angeklagte kannte [X.] und die Fertigung von Fotos, die diese [X.] zum Gegenstand hatten, zum Zwecke der späteren [X.]. Im Fall II.4c wurden solche Fotos bereits ins [X.] gestellt; [X.] [X.] wurden sie zunächst auf dem [X.] des Angeklagten gespeichert. [X.] II.2 wurden keine Fotos gefertigt.1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sind aufdie Sachrüge gestützt.a) Die Staatsanwaltschaft rügt, daß der Angeklagte bei den [X.], die fotografiert wurden, nicht auch wegen schweren sexuellenMißbrauchs eines Kindes nach § 176a Abs. 2 StGB (Mißbrauch mit der Absichtzur Verbreitung einer pornographischen Schrift) verurteilt wurde. [X.] ergibt, daß allein der Schuldspruch in den [X.],- 5 -[X.] und 4b, II.5a und 5b, sowie im Fall II.6 (ersichtlich falsch bezeichnet [X.]) angegriffen ist.Die Anwendung dieser Bestimmung hat das [X.] mit derBegründung abgelehnt, daß die Fotos nicht nach § 184 Abs. 3 und Abs. 4StGB verbreitet werden sollten. Bei der Datenkommunikation im [X.]erfolge keine körperliche Weitergabe, die Voraussetzung für ein [X.] (§ 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB). Die Absicht des [X.] (im[X.]) reiche nicht, denn der Verweis auf die Absätze 3 und 4 des § 184StGB in § 176a Abs. 2 StGB beziehe sich [X.] wegen des dort verwendetenMerkmals fiverbreitetfl [X.] allein auf § 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB (Verbreiten) undnicht auf die anderen Tatmodalitäten, insbesondere auch nicht auf § 184Abs. 3 Nr. 2 StGB ([X.]) Der Angeklagte macht geltend, daß die Fotoserien nicht fiden sexuellenMißbrauch von Kindern zum Gegenstandfl (§ 184 Abs. 3 StGB) hatten, weil [X.] im [X.] älter vorgestellt wurde und werden sollte. Deshalb sei [X.]mangels darauf gerichteter Absicht [X.] auch § 176a Abs. 2 StGB nicht erfüllt.2. Im einzelnen handelt es sich um folgende Taten:a) Fall II.2 (Fassen an Brust): Beim ersten Treffen veranlaßte [X.] das Kind, sich bis auf die Unterhose auszuziehen. Bei dieserGelegenheit faßte er an die Brust des Kindes. Diese Tat hat das [X.]rechtlich als sexuellen Mißbrauch eines Kindes nach § 176 Abs. 1 StGBgewürdigt.b) Fall II.3 (Fassen an Scheide, Fotos auf [X.]): Beim zweiten Treffenfertigte der Angeklagte Nacktfotos von dem Kind, die er auf seinem [X.]speicherte, um diese später ins [X.] zu stellen. Gegenstand der [X.] -waren auch sexuelle Handlungen; unter anderem veranlaßte er das Kind, ansich selbst Onanierbewegungen durchzuführen, und er faßte an die [X.].Die Tat wurde rechtlich gewürdigt als sexueller Mißbrauch eines Kindes(§ 176 Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften inder Variante des gewerbsmäßigen Herstellens zum Zwecke des[X.] (§ 184 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 StGB). Einen schwerensexuellen Mißbrauch eines Kindes nach § 176a Abs. 2 StGB hat das[X.] verneint.c) Fälle [X.] und II.4b (Fotoserien [X.] und [X.] dritten Treffen fertigte der Angeklagte zwei Fotoserien. Bei der erstenSerie (Fall [X.]) veranlaßte er das nackte Kind, ein [X.]anzulegen und sich von ihm an der [X.] führen zu lassen. Dabei kam es zusexuellen Handlungen, unter anderem führte das Kind bei ihm den [X.]. Bei der zweiten Serie (Fall II.4b) setzte er dem nackten [X.] auf und veranlaßte es, aus einem Teller Milch zu trinken. [X.] führte er sexuelle Handlungen aus, unter anderem kam es [X.] bei ihm.Beide Fotoserien wurden als eine Tat des schweren sexuellenMißbrauchs eines Kindes nach § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB (Oralverkehr beimAngeklagten) gewürdigt. Auch hier wurde § 176a Abs. 2 StGB nichtangewendet.d) Fall II.4c (fiKatzenohren-Fotosfl im [X.]): 49 Fotos aus der zweitenSerie (Fall II.4b: [X.]) stellte der Angeklagte zusammen mit [X.] bei einem Provider in [X.]ins [X.]. Auf der- 7 -[X.]seite wurde das Kind als 18-jährige, die tatsächlich aber wie eine 14-jährige aussehe, angeboten.Dies wurde als selbständige Tat der Verbreitung pornographischerSchriften in der Variante des gewerbsmäßigen [X.] (§ 184Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 StGB) gewürdigt.e) Fall [X.] (fiHundehalsband-Fotosfl auf [X.]): 59 Fotos aus der erstenSerie (Fall [X.]: [X.]) speicherte der Angeklagte auf seinem [X.],um diese später ins [X.] zu stellen. Das [X.] hat dies [X.] pornographischer Schriften in der Variante des gewerbsmäßigenHerstellens zum Zwecke des [X.] (§ 184 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m.Abs. 4 StGB) gewürdigt, diese Tat trete aber hinter dem [X.]) Fall II.5a und II.5b (Kind mit Heranwachsender und dem Angeklagten):Auch bei dem vierten Treffen fertigte der Angeklagte zwei Fotoserien. Bei derersten Serie (Fall II.5a) veranlaßte er das Kind zu wechselseitigen [X.] mit der 17-jährigen [X.]. , unter anderem zumgegenseitigen Oralverkehr. Er selbst beteiligte sich auch an den [X.], unter anderem drang er mit seinem Finger in die Scheide [X.] ein. Bei der zweiten Serie (Fall II.5b) fotografierte er seine [X.] mit dem Kind; unter anderem führte dieses an ihm [X.] durch.Beide Fotoserien wurden als eine Tat des schweren sexuellenMißbrauchs eines Kindes nach § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB (Oralverkehr beimAngeklagten) in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften in der- 8 -Variante des gewerbsmäßigen Herstellens zum Zwecke des[X.] (§ 184 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 StGB) gewürdigt.g) Fall II.6: (Kind mit Heranwachsender): Bei dem fünften Treffenveranlaßte der Angeklagte das Kind erneut zu wechselseitigen [X.] mit [X.]. , unter anderem auch dazu, an sich selbstMasturbationsbewegungen durchzuführen. Auch von diesen [X.] fertigte er Fotos.Die Tat wurde gewürdigt als sexueller Mißbrauch eines Kindes nach§ 176 Abs. 2 StGB in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften inder Variante des gewerbsmäßigen Herstellens zum Zwecke des[X.] (§ 184 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 StGB).II.Strafverfolgungsverjährung wäre aufgrund der [X.] nicht eingetreten. Der [X.] braucht nicht zuentscheiden, ob diese Vorschriften auf Fälle der vorliegenden Art überhauptanwendbar sind, denn nach der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (nunArt. 14) des Bayerischen Pressegesetzes [X.] die am 1. April 2000, und damit [X.] einer möglichen sechsmonatigen Verjährungsfrist in [X.] getreten ist [X.]gelten die kurzen Verjährungsvorschriften nicht für Straftaten nach § 184Abs. 3 StGB.III.Die Revision der Staatsanwalt hat Erfolg, denn der Angeklagte hat sich inden [X.] (Fotos auf [X.]), [X.] und 4b (Fotoserien [X.] und[X.]), II.5a und 5b (Fotoserien mit der Heranwachsenden und dem- 9 -Angeklagten) sowie im Fall II.6 (Fotoserie mit Heranwachsender) auch wegenschweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes nach § 176a Abs. 2 [X.] gemacht. Da der Angeklagte eigene Inhalte anbieten wollte, ist er nachden allgemeinen Gesetzen voll verantwortlich (§ 5 Abs. 1 TDG); über diestrafrechtliche Verantwortlichkeit von [X.]-Providern hatte der [X.] nichtzu entscheiden.1. Im angefochtenen Urteil ist allerdings nicht, wie die Revision meint,festgestellt, daß der Angeklagte die Fotos [X.] zusätzlich zur Vermarktung im[X.] [X.] auch als Druckschriften verwerten wollte, so daß es für die hier zuentscheidenden Rechtsfragen allein auf die Weitergabe im [X.] ankommt.Eine allein darauf gerichtete Absicht des Angeklagten hat das [X.] inden von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffenen Fällen festgestellt.2. Die Vorschrift des § 176a Abs. 2 StGB bezieht sich auf [X.] der in Bezug genommenen Absätze 3 und 4 des § 184 StGB undnicht nur auf die [X.] des § 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB (soausdrücklich Lenckner/[X.] in [X.]/[X.] 26. Aufl. § 176a Rdn. 10;implizit: [X.]/Kühl, StGB 23. Aufl. § 176a Rdn. 3; [X.]/[X.], [X.]. § 176a Rdn. 10; [X.] in [X.]. § 176a Rdn. 5).a) Dem Wortlaut des Gesetzes läßt sich eine derartige Beschränkungnicht zwingend entnehmen (vgl. auch § 6 Nr. 6 StGB). Das [X.] bei § 6 Nr. 6 StGB und bei der gesetzlichen Überschrift des § 184StGB (fiVerbreitung pornographischer Schriftenfl) einen weiterenVerbreitungsbegriff, der unter anderem auch das Zugänglichmachen umfaßt.b) Die umfassende Verweisung folgt aus der Gesetzessystematik. [X.] Gesetzgeber in § 176a Abs. 2 StGB allein die Absicht der Verbreitung imengeren Sinne erfassen wollen, so hätte es genügt, die Modalität der- 10 -Weitergabe mit fidie verbreitet werden sollfl zu umschreiben. Eine Verweisungauf § 184 StGB wäre dann überflüssig gewesen.c) Die umfassende Bezugnahme entspricht auch dem vom Gesetzgebermit der Einführung des § 176a StGB verfolgten Zweck (vgl. Bericht [X.] zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, [X.]/9064, S. 11). Dem Gesetzgeber ging es gerade auch darum, den sexuellenKindesmißbrauch zum Zwecke der Vermarktung im [X.] besonders zupönalisieren. Durch den mit dem [X.] eingeführtenQualifikationstatbestand des § 176a Abs. 2 StGB sollte das gesteigerteUnrecht einer auf [X.] abzielenden Kinderschändungfl erfaßt und diessollte durch die Verweisung auf§ 184 Abs. 3 und 4 StGB zum Ausdruck gebracht werden (Entwurf des[X.], BT-Drucks. 13/8587, [X.]). Daß der Gesetzgeber allein [X.] im engeren Sinne hätte erfassen wollen, kann [X.] nicht entnommen werden.3. Der Angeklagte hatte bei den sexuellen Handlungen die Absicht, dieTat zum Gegenstand einer pornographischen Schrift zu machen, die verbreitet(§ 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB) und auch öffentlich zugänglich gemacht (§ 184Abs. 3 Nr. 2 StGB) werden sollte.a) Den in § 176a Abs. 2, § 184 StGB genannten Schriften [X.] gleich (§ 11 Abs. 3 StGB). Digitalisierte Fotos, die ins [X.]gestellt werden, sind Datenspeicher in diesem Sinne; genauer: auf einemSpeichermedium [X.] in der Regel der Festplatte des Servers [X.] [X.].Die Gleichstellung der so gespeicherten Daten mit Schriften wurde mitdem Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz ([X.]) vom 22. [X.] -1997 ([X.] I, S. 1870, 1876) eingeführt. Mit dem [X.] hat der Gesetzgeberdem tiefgreifenden Wandel der Informations- und [X.] getragen; dabei ging es ihm auch um eine effektive Gewährleistungdes Jugendschutzes (BT-Drucks. 13/7385, S. 1 f.). Im Hinblick auf [X.], Darstellungen (der Oberbegriff in § 11 Abs. 3 StGB) seien nurkörperliche Gebilde von gewisser Dauer, hat der Gesetzgeber klargestellt, daßauch elektronische oder sonstige Datenspeicher, die gedankliche Inhalteverkörpern, die nur unter Zuhilfenahme technischer Geräte wahrnehmbarwerden, den Schriften gleichstehen. [X.] werden sollten danach nicht [X.], sondern auch elektronische Arbeitsspeicher (BT-Drucks. 13/7385,S. 36).Dagegen spricht nicht, daß der Gesetzgeber mit dem [X.] das Merkmaldes [X.] [X.] zusätzlich zu dem bereits bestehenden Verbreiten [X.]in § 86 StGB und § 119 Abs. 1 Nr. 2 OWiG eingefügt hat, denn er wollte [X.] eine mögliche Strafbarkeitslücke schließen (BT-Drucks. 13/7358,S. 36).b) Da der Angeklagte vorhatte, die Fotos im [X.] zu vermarkten,handelte er in der Absicht, die Tat zum Gegenstand eines Datenspeichers(genauer: zum Gegenstand von gespeicherten Daten) zu machen, der nach§ 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB (im engeren Sinne) verbreitet werden sollte.aa) Wegen der vom Gesetzgeber vorgenommenen Gleichstellung [X.] mit Schriften kann die Rechtsprechung, wonach ein Verbreitenvon S c h r i f t e n nur dann vorliege, wenn die Schrift ihrer Substanz nach [X.]und damit körperlich [X.] einem größeren, nach Zahl und Individualität- 12 -unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht wird ([X.]St 18, 63, 64;[X.] NJW 1999, 1979, 1980, insoweit in [X.]St 45, 41 nicht abgedruckt), [X.] im [X.] nicht übertragen werden. Dies widerspräche demgesetzgeberischen Willen, den Jugendschutz gerade auch im BereichInformations- und Kommunikationstechnologie effektiv zu gewährleisten.Gerade die Einbeziehung des (flüchtigen, unkörperlichen) Arbeitsspeicherszeigt, daß es hier auf eine Verkörperung nicht mehr ankommen soll.Darauf, ob die übertragene Datei auf einem (permanenten)Speichermedium gespeichert wird (vgl. [X.], 2911; [X.] 1997, 1878, 1881; Pelz wistra 1999, 53, 54; weiter [X.], 323, 330 [X.] der ein aktives Tun des Anbieters fordert [X.]und Cornils JZ 1999, 394, 397; vgl. auch [X.] NStZ 1999, 356, 358und wohl auch KG, [X.]. vom 5. September 1997 [X.] 5 Ws 532/97 -, die aucheine Speicherung nicht ausreichen lassen) kommt es deshalb nicht an.bb) Die Datenübertragung im [X.] erfordert daher einen für dieseForm der Publikation spezifischen Verbreitensbegriff. Ein Verbreiten im [X.]liegt danach dann vor, wenn die Datei auf dem Rechner des [X.]nutzers [X.]sei es im (flüchtigen) Arbeitsspeicher oder auf einem (permanenten) [X.] - angekommen ist. Dabei ist es unerheblich, ob dieser dieMöglichkeit des Zugriffs auf die Daten genutzt oder ob der Anbieter die Datenübermittelt hat.Der [X.] hat erwogen, weiter danach zu differenzieren, ob die [X.] eine explizite Handlung des Anbieters zum Nutzer [X.](Upload), oder ob es ausreicht, daß der Nutzer angebotene Daten [X.]). Im Hinblick darauf, daß die jeweiligen technischen Vorgängeineinander übergehen und deswegen kaum praktikabel unterschieden werden- 13 -können, hat der [X.] von einer solchen Differenzierung abgesehen. In [X.] kann es keinen relevanten Unterschied machen, ob der Anbieter [X.] etwaauf ein fiAbonnementfl des Nutzers [X.] diesem Dateien zusendet, oder ob [X.] durch Aktivieren eines Links auf der [X.]seite des Anbieters [X.] anfordert. Denn schon mit dem Einrichten des Links wird der [X.]. Die Grenzen verfließen vollends, wenn sich der Nutzer in eine Mailing-Liste des Anbieters einträgt, über die womöglich sogar in Form einesfiTauschringsfl Dateien gegenseitig zugesandt werden.c) Der Angeklagte handelte auch in der Absicht, die Tat zum Gegenstandvon gespeicherten Daten zu machen, die nach § 184 Abs. 3 Nr. 2 StGBzugänglich gemacht werden sollten. Ein Zugänglichmachen liegt bereits dannvor, wenn eine Datei zum Lesezugriff ins [X.] gestellt wird. Hierfür reicht diebloße Zugriffsmöglichkeit aus; nicht erforderlich ist, daß auch ein Zugriff des- 14 -[X.]nutzers erfolgt (vgl. [X.], 624, 626: Auschwitzlüge im[X.]). Das unterscheidet das Zugänglichmachen vom Verbreiten, bei [X.] Nutzer die heruntergeladene Datei vervielfältigen und weitergeben kann(Pelz wistra 1999, 53, 54).5. Das Urteil enthält daher Rechtsfehler zugunsten des [X.]) In den [X.], [X.] und 4b; II.5a und 5b sowie im Fall II.6 hat sichder Angeklagte auch des schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes nach§ 176a Abs. 2 StGB schuldig gemacht. Der [X.] kann den Schuldspruch aufder Grundlage der vom [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen [X.] ändern; § 265 StPO steht nicht entgegen, da dieser Vorwurf bereitsGegenstand der Anklage war. Dies führt zur Aufhebung der für diese Fälleverhängten Einzelstrafen und der [X.]) Sonstige Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten enthält das Urteilnicht.Eine Strafbarkeit nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt StGB würde hinter §§ 176,176a StGB zurücktreten.Ob ein Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten vorläge, weil er im FallII.4c [X.] bei dem er Fotos ([X.]) ins [X.] stellte, ohne daß [X.] festgestellt ist [X.] nicht auch wegen gewerbsmäßigenVerbreitens pornographischer Schriften nach § 184 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4StGB verurteilt wurde, braucht der [X.] nicht zu entscheiden, da dieserKomplex von der Revision der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen wird.Eine mögliche Strafbarkeit nach dem [X.] träte im Wege [X.] hinter § 184 Abs. 3 Nr. 2 StGB [X.] -IV.Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Insbesondere hatten [X.] den sexuellen Mißbrauch eines K i n d e s zum Gegenstand (§ 184Abs. 3 StGB) und der Angeklagte handelte auch in der Absicht, derartigeSchriften zu verbreiten (§ 176a Abs. 2 StGB).1. Die Frage, ob die ins [X.] gestellten und noch zu stellenden Fotosden sexuellen Mißbrauch eines Kindes zum Gegenstand hatten, ist [X.] vorrangigim Hinblick auf § 184 Abs. 3 StGB [X.] erörterungsbedürftig, weil der Angeklagteim Fall II. 4c das Kind im [X.] als 18-jährige vorstellte und weil er dem Kindgegenüber äußerte, er werde im [X.] hinsichtlich des Alters falsche Datenangeben und das Kind fiälter [X.] Zunächst gilt, daß es auf die Angaben des Verbreiters über das Alterder abgebildeten Person nicht ankommen kann, denn dann hätte er es in [X.], das umfassende, dem vorbeugenden Rechtsgüterschutz dienendeVerbot aus § 176a Abs. 2, § 184 Abs. 3 StGB durch einfache unwahreBehauptungen zu umgehen ([X.], 307, 309).3. Die Frage kann nur sein, ob es [X.] bei der Wiedergabe einestatsächlichen Geschehens mit einem Kind (vgl. § 184 Abs. 4 StGB) [X.] auf dastatsächliche Alter ankommt, oder ob generell, bzw. jedenfalls dann, wenn dieabgebildete Person kein Kind mehr ist, auf die Sicht eines verständigenBetrachters abzustellen [X.]) Das Tatbestandsmerkmal des § 184 Abs. 3 StGB fisexuellen [X.] Kindern zum Gegenstand habenfl liegt stets vor, wenn die Person des- 16 -tatsächlichen sexuellen Mißbrauchs ein Kind ist. In diesem Fall kommt es aufdie Sicht eines verständigen Betrachters nicht mehr [X.]) Diese Auslegung legt schon der Wortlaut des § 184 Abs. 3 StGB unddie Bezugnahme auf die gesetzliche Überschrift des § 176 StGB nahe.bb) Auch die ratio legis des § 184 Abs. 3 StGB spricht für diesesVerständnis. Das Verbot der Verbreitung pornographischer Schriften des § 184StGB dient zwar in erster Linie dem Jugendschutz. Bei der [X.] hat der Gesetzgeber in § 184 Abs. 3 StGB den Schutz verstärktund den Schutzzweck erweitert. Bei der pädophilen Pornographie steht [X.] der mißbrauchten Kinder im Vordergrund. Die Erwerber vonKinderpornographie schaffen den Anreiz dafür, daß laufend neue einschlägigeSchriften hergestellt werden (Laufhütte in [X.]. § 184 Rdn. 2). DieVorschriften des § 184 Abs. 3 und 4 StGB dienen folglich a u c h demIndividualrechtsgüterschutz, nämlich dem Schutz des Kindes davor, als Modellfür die Herstellung derartiger Schriften mißbraucht zu werden ([X.]St 45, 41,43). Das wird auch durch die verschärfte Strafdrohung des § 184 Abs. 4 StGB(Wiedergabe eines tatsächlichen Geschehens) deutlich.cc) Im Interesse des Individualrechtsgüterschutzes ist auf dieWechselwirkung der Absätze 3 und 4 des § 184 StGB mit dem auf dieseVorschriften verweisenden § 176a Abs. 2 StGB Bedacht zu nehmen. [X.] Täter [X.] obwohl er tatsächlich ein Kind zum Zwecke [X.] sexuell mißbraucht [X.] unwiderlegt in der Absicht, derverständige Betrachter werde das Kind nicht mehr als solches ansehen, sowäre eine Strafbarkeit nach dieser Bestimmung schwerlich zu [X.] 17 -obwohl der Gesetzgeber für die fiauf Vermarktung abzielendeKinderschändungfl eine (höhere) Mindeststrafe von zwei Jahren vorgesehenhat (vgl. Bericht des Rechtsausschusses [X.] Bundestages zum Entwurf des [X.], BT-Drucks. 13/8587,[X.]).b) Auf die Sicht eines objektiven Betrachters ist hingegen in den Fällenabzustellen, wo die Person, die Gegenstand der Schrift ist, auf den [X.] ein Kind wirkt, obwohl sie tatsächlich älter ist. Entsprechendes gilt für bloßfiktive Personen (vgl. den Fall [X.], 307; vgl. auch [X.] 184 Rdn. 15; [X.]/[X.] aaO § 184 Rdn. 37; [X.]/[X.] aaO § 184Rdn. 55; [X.] aaO § 184 Rdn. 66).c) Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob dem Urteil entnommenwerden kann, daß das Alter des Kindes [X.] wie vom Angeklagten beabsichtigt [X.]auch von einem verständigen Betrachter zutreffend erkannt werden würde.Schäfer Nack Kolz [X.] [X.]Nachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: ja_________________- 18 -StGB §§ 176a Abs. 2, 184 Abs. 31. Die Vorschrift des § 176a Abs. 2 StGB erfaßt sämtliche Varianten der inBezug genommenen Absätze 3 und 4 des § 184 StGB.2. Ein Verbreiten (§ 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB) im [X.] liegt vor, wenn die Dateiauf dem Rechner des [X.]nutzers angekommen ist. Dabei ist esunerheblich, ob dieser die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten genutztoder ob der Anbieter die Daten übermittelt hat.Ein Zugänglichmachen (§ 184 Abs. 3 Nr. 2 StGB) im [X.] liegt vor, wenneine Datei zum Lesezugriff ins [X.] gestellt und dem [X.]nutzer sodie Möglichkeit des Zugriffs auf die Datei eröffnet wird.3. Das Tatbestandsmerkmal des § 184 Abs. 3 StGB "sexuellen Mißbrauch vonKindern zum Gegenstand habenfl liegt stets vor, wenn die Person destatsächlichen sexuellen Mißbrauchs ein Kind ist. In den übrigen Fällenkommt es auf die Sicht eines verständigen Betrachters an.[X.], Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 [X.]/01 - [X.] Würzburg

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1 StR 66/01

27.06.2001

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2001, Az. 1 StR 66/01 (REWIS RS 2001, 2131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2131

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