Bundessozialgericht, Urteil vom 12.06.2013, Az. B 14 AS 68/12 R

14. Senat | REWIS RS 2013, 5126

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Statthaftigkeit der Sprungrevision - isolierter Streit über die Erstattung von Vorverfahrenskosten - Erstattung der Kosten nach Erfolgsquote - Höhe der Kostenquote - Obsiegens- und Unterliegensprinzip


Leitsatz

Die Kostenquote für die Erstattung von Kosten des Vorverfahrens ist nach dem Verhältnis von tatsächlichem Erfolg zu dem durch die Erhebung des Widerspruchs angestrebten Erfolg zu bilden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 30. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu einem Fünftel zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Kosten eines Vorverfahrens.

2

Die im Jahr 1968 geborene Klägerin bezieht von dem beklagten Jobcenter Leistungen nach dem [X.] ([X.]). Der Beklagte bewilligte ihr mit Änderungsbescheid vom 27.10.2011 für den Monat Oktober 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 506,79 Euro und für den Monat November 2011 in Höhe von 540 Euro. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom gleichen Tage gewährte er ihr von Dezember 2011 bis Februar 2012 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 281 Euro. Lediglich gegen den letztgenannten Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, der nicht begründet wurde.

3

Mit weiteren [X.] vom 27.11.2011, vom [X.] und vom 16.2.2012 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidungen für die Monate Dezember 2011 bis Februar 2012 wiederholt ab und bewilligte der Klägerin letztlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Dezember 2011 endgültig in Höhe von 291,60 Euro sowie - jeweils mit Vorläufigkeitsvorbehalt - für Januar 2012 in Höhe von 314,48 Euro und für Februar 2012 in Höhe von 280,88 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.2.2012 wies der Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die nach Erhebung des Widerspruchs ergangenen Änderungsbescheide als unbegründet zurück und entschied, dass im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen auf Antrag in Höhe von 30 vom Hundert (vH) erstattet werden und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten nicht notwendig gewesen sei.

4

Nachdem der Beklagte im Klageverfahren ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren abgegeben hatte und dieses von der Klägerin angenommen worden war, hat das [X.] ([X.]) die gegen die Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 30.7.2012). Zwar sei die Kostenentscheidung rechtswidrig, verletze die Klägerin aber nicht in ihren Rechten. Wenn - wie hier - kein bezifferter Antrag gestellt werde, seien die Leistungen, die der Klägerin mit den angegriffenen Bescheiden gewährt worden seien, mit den Leistungen, die sich nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens ergeben hätten, zu vergleichen. Dies führe zu einem Zuwachs und damit einer Erfolgsquote von 5 vH. Die vom Beklagten errechnete Quote von [X.] sei demgegenüber nicht nachvollziehbar, insoweit sei die Kostenentscheidung rechtswidrig. Eine Herabsetzung unter die bereits verfügte Kostenquote von [X.] sei der Kammer jedoch verwehrt.

5

Die Klägerin rügt mit ihrer Sprungrevision, die das [X.] in seinem Urteil zugelassen und deren Einlegung der Beklagte zugestimmt hat, eine Verletzung des § 63 [X.] - ([X.]B X). Sie ist der Ansicht, die Bildung einer Kostenquote scheide vorliegend von vornherein aus. Es komme nicht darauf an, ob und in welchem Umfang ein höherer Leistungsanspruch erworben werde. Entscheidend sei, ob der angegriffene Bescheid rechtswidrig gewesen sei. Sei er rechtswidrig gewesen und werde er im Widerspruchsverfahren aufgehoben, sei der Widerspruch erfolgreich. Das [X.] verkenne, dass der Rechtsanwalt durch eine vollständige Kostenerstattung nicht "belohnt" werde, weil der Vergütungsanspruch gegen den Mandanten ohnehin in voller Höhe bestehe. Auch der Widerspruchsführer selbst werde nicht "belohnt", weil er diejenigen Rechtsanwaltskosten erstattet bekomme, die er zur Abwendung eines rechtswidrigen Bescheids aufzuwenden hatte. Die Auffassung, eine vollständige Kostenerstattung könne nur dann beansprucht werden, wenn der Widerspruch nur gegen denjenigen Verfügungssatz gerichtet werde, der zu beanstanden sei, verkenne, dass eine Verpflichtung zur Widerspruchsbegründung nicht gesetzlich verankert sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin noch vorgetragen, der Klägerin seien bereits mit Änderungsbescheid vom 22.9.2011 endgültig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 494 Euro monatlich von Oktober 2011 bis Januar 2012 und in Höhe von 510 Euro für Februar 2012 bewilligt worden.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 30. Juli 2012 aufzuheben, den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 23. Februar 2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er ist der Ansicht, bereits dem Wortlaut des § 63 Abs 1 S 1 [X.]B X und der Formulierung "soweit" sei zu entnehmen, dass die Kosten im Widerspruchsverfahren bei teilweisem Erfolg lediglich in Höhe des abhelfenden Umfangs zu erstatten seien.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der [[X.].]lägerin ist nicht begründet. Die [[X.].]lägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere [[X.].]ostenerstattung als die von dem [[X.].]n verfügten [[X.].].

1. Die von der [[X.].]lägerin eingelegte Sprungrevision ist zulässig (§§ 160, 161, 164 Sozialgerichtsgesetz <[[X.].]>), insbesondere ist sie statthaft. Zwar folgt aus § 165 Satz 1 [[X.].] iVm § 144 Abs 4 [[X.].], dass die Revision nicht statthaft ist, wenn um die [[X.].]osten des Verfahrens gestritten wird, gemeint sind mit dieser Regelung allerdings die [[X.].]osten des jeweils laufenden Rechtsstreits. Wird, wie vorliegend, in der Hauptsache isoliert über die [[X.].]osten eines Vorverfahrens (§§ 78 ff [[X.].]) gestritten, handelt es sich nicht um [[X.].]osten des Verfahrens iS von § 144 Abs 4 [[X.].] (vgl Urteile des [[X.].]s vom 14.2.2013 - [[X.].] [[X.].]/12 R - und vom 21.12.2009 - [[X.].] [[X.].]/08 R - [[X.].] 4-1300 § 63 [[X.].] mwN).

2. Die Revision der [[X.].]lägerin ist jedoch nicht begründet.

Die gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 [[X.].] als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaften [[X.].]lagen unmittelbar gegen die Entscheidung des [[X.].]n im Widerspruchsbescheid über die [[X.].]osten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach sind zulässig. Insbesondere bedurfte es nicht eines gesonderten Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 [[X.].]. Zwar ist die [[X.].]ostenentscheidung, die regelmäßig ein Teil des Widerspruchsbescheids ist, eine erstmalige Entscheidung, gegen die aber - als Teil des Widerspruchsbescheids sogleich der [[X.].]lageweg beschritten werden kann, wenn sie über den angefochtenen Bescheid hinaus eine weitere Beschwer enthält ([[X.].] Urteil vom [[X.].] AS 142/11 R - Rd[X.] 10, [[X.].] 2012, 957; B[[X.].] Urteil vom [[X.].] - B 6 [[X.].]A 7/08 R - [[X.].] 4-1300 § 63 [[X.].]; [[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[X.] 25, Stand: 12/2010; [[X.].] in [[X.].]/[[X.].]/[[X.].], [[X.].], 10. Aufl 2012, § 78 Rd[X.] 8; [[X.].] in von [[X.].], [[X.].], 7. Aufl 2010, § 63 Rd[X.] 37). Gegenstand des [[X.].]lageverfahrens ist dann allein der Widerspruchsbescheid.

3. Nachdem der [[X.].] vor dem [[X.].] die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbehelfsverfahren (§ 63 [[X.].] iVm Abs 3 S 2 [[X.].]) anerkannt hat, nur die [[X.].]lägerin Sprungrevision eingelegt und der [[X.].] in seinem Widerspruchsbescheid bereits verfügt hat, dass der [[X.].]lägerin [[X.].] der ihr entstandenen notwendigen Aufwendungen erstattet werden, hatte der [[X.].] nur zu entscheiden, ob der [[X.].]lägerin - entsprechend ihrem Begehren - ein darüber hinausgehender höherer [[X.].]ostenerstattungsanspruch dem Grunde nach zusteht. Dies ist nicht der Fall.

Rechtsgrundlage für den Anspruch der [[X.].]lägerin ist § 63 Abs 1 Satz 1 [[X.].]. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Die Vorschrift bezieht sich ihrem Wortlaut nach zwar nur auf [[X.].], erfasst jedoch auch [[X.].] ([[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[[X.].], Stand: 12/2010).

4. Entsprechend dieser Rechtsgrundlage sind der [[X.].] und das [[X.].] zu Recht davon ausgegangen, dass der [[X.].]lägerin Aufwendungen nur zu erstatten sind, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen ist, und daher eine [[X.].]ostenquote zu bilden ist.

a) Die Bildung einer [[X.].]ostenquote folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 [[X.].]. Die [[X.].]ostenerstattungspflicht besteht nach § 63 Abs 1 Satz 1 [[X.].] ausdrücklich nur, "soweit der Widerspruch erfolgreich ist" (vgl [[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[X.] 34, Stand: 12/2010; Diering in LP[[X.].]-[[X.].], 3. Aufl 2011, § 63 Rd[X.] 6; Feddern in jurisP[[X.].]-[[X.].], § 63 Rd[X.] 19 ff, Stand: 05/2013; [[X.].] in [[X.].]asseler [[X.].]ommentar, § 63 [[X.].] Rd[X.] 5, Stand: 10/2011; [[X.].] in von [[X.].], [[X.].], 7. Aufl 2010, § 63 Rd[X.] 17).

b) Diese Sichtweise wird durch die Gesetzesentwicklung gestützt. Die Vorschrift des § 63 [[X.].] gilt - abgesehen von einer rein orthografischen Änderung durch die Bekanntmachung der Neufassung vom 18.1.2001 ([[X.].] - seit ihrem Inkrafttreten am 1.1.1981 in unveränderter Fassung. Sie entspricht dem § 61 des Gesetzesentwurfs (vgl BT-Drucks 8/2034, [[X.].]) und wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nur in [[X.].] geändert, indem die Begrenzung der [[X.].]osten eines Bevollmächtigten "bis zur Höhe der erstattungsfähigen [[X.].]osten im ersten Rechtszug" gestrichen wurde, um die Ausgaben zu begrenzen ([[X.].], [[X.].], 83, wo versehentlich "Absatz 1" benannt wird; vgl zur Gesetzgebungsgeschichte auch [[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[X.] 7 f, Stand: 12/2010).

In der Entwurfsbegründung der Bundesregierung vom [[X.].] (BT-Drucks 8/2034, [[X.].]) heißt es zum damaligen § 61 [[X.].], der dann als § 63 [[X.].] Gesetz wurde: "Diese Vorschrift entspricht bis auf nachfolgende Abweichungen § 80 VwVfG." Da die dort genannten Abweichungen (Nichtübernahme des § 80 Abs 1 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz und die Begrenzung der erstattungsfähigen [[X.].]osten in § 61 [[X.].] [[X.].] des Entwurfs) für die hier maßgebliche Frage der [[X.].]ostenverteilung bei teilweise erfolgreichem Widerspruch ohne Belang sind, kann insoweit auf die Gesetzesmaterialien zu § 80 VwVfG zurückgegriffen werden. Dort heißt es zu diesem Aspekt ([[X.].]/1173, [[X.].] zu § 67 Entwurf VwVfG 1970 bzw BT-Drucks 7/910, [[X.].] zu § 76 Entwurf VwVfG 1973, der dann als § 80 VwVfG Gesetz wurde): "Bei teilweisem Erfolg des Widerspruchs sind die [[X.].]osten verhältnismäßig zu teilen (§ 155 Abs 1 VwGO)." Durch den Hinweis auf § 155 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wird insoweit unmissverständlich deutlich, dass bei einem lediglich teilweise erfolgreichen Widerspruch iS des § 63 Abs 1 Satz 1 [[X.].] - wie für die Regelung des § 80 Abs 1 Satz 1 VwVfG auch - eine [[X.].]ostenerstattung nur im Umfang des jeweiligen Erfolgs in Betracht kommen kann.

c) Schließlich entspricht eine solche Handhabung auch der [[X.].]ostenaufteilung im sonstigen [[X.].]ostenrecht (vgl § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO sowie § 92 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung ), dem das "[[X.].] und [[X.].]" zugrunde liegt (vgl § 154 Abs 1 VwGO, § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO; [[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[X.] 27, 30, 34, Stand: 12/2010; v. [[X.].] in G[[X.].]-[[X.].], 1, § 63 Rd[X.] 15; BVerwGE 17, 246, 248; zu § 80 VwVfG: [[X.].]allerhoff in [X.]/[X.], Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2008, § 80 Rd[X.] 1).

5. Die zu bildende [[X.].]ostenquote richtet sich nach dem Verhältnis des erreichten Erfolgs zum angestrebten Erfolg oder, anders formuliert, dem Verhältnis des Erfolgs zum Misserfolg. Ein Widerspruch ist damit nur in dem Umfang erfolgreich, in dem ihm (abgeholfen oder) stattgegeben worden ist. Erfolglos geblieben ist er, soweit er förmlich zurückgewiesen worden ist oder soweit der Widerspruchsführer mit seinem sachlichen Begehren nicht durchgedrungen ist.

a) Aus welchen Gründen der Widerspruch Erfolg hatte oder nicht, ist unerheblich. Bei der [[X.].]ostenentscheidung ist eine formale Betrachtungsweise geboten ([[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[X.] 27, Stand: 12/2010). Sie soll nicht mit "schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen" belastet werden (vgl BVerwG Urteil vom [X.] - 8 C 16/90 - Rd[X.] 15, [X.] 316 § 80 VwVfG [X.] 33; BT-Drucks 8/2034, [[X.].]; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drucks 8/4022, [[X.].], 83). Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit der Widerspruch erfolgreich oder erfolglos war, ist ein Vergleich des mit dem Widerspruch Begehrten und des Inhalts der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 8 C 16/90 - Rd[X.] 15, [X.] 316 § 80 VwVfG [X.] 33; BVerwG Urteil vom 11.5.1981 - 6 C 121.80 - [X.] 310 § 72 VwGO [X.] 10 S 1 <2>), die bei einer auf die [[X.].]osten beschränkten isolierten Anfechtung bestandskräftig geworden ist und als solche nicht mehr in Frage gestellt werden kann (BVerwG Urteil vom [X.], aaO).

b) Entgegen der Auffassung des [[X.].] kommt es nicht auf den "Zuwachs" von Leistungen aufgrund des durchgeführten Widerspruchsverfahrens im Verhältnis zu den ursprünglich bewilligten Leistungen an. Hierbei würden nämlich nicht Erfolg und angestrebter Erfolg miteinander in ein Verhältnis gesetzt, sondern die bereits insoweit bestandskräftig bewilligten Leistungen mit den durch das Widerspruchsverfahren erlangten Leistungen. Wenn - wie hier - bereits Leistungen bewilligt worden sind und sich der Widerspruch ersichtlich nur gegen die insoweit belastende Entscheidung des Leistungsträgers richtet, jedenfalls nicht mehr als den bewilligten Betrag zu gewähren (sog Höchstwertfestsetzung; vgl hierzu zuletzt B[[X.].] Urteil vom 13.11.2012 - [X.] U 26/11 R - zur Veröffentlichung in [[X.].] 4-2700 § 50 [X.] 1 vorgesehen, Rd[[X.].], 15), hat der bereits durch die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen bewilligte Betrag bei der Ermittlung der [[X.].]ostenquote von vornherein außer Betracht zu bleiben. Denn es geht nur um das Verhältnis von tatsächlichem Erfolg zu dem durch die Erhebung des Widerspruchs angestrebten Erfolg.

c) Ebenso wenig ist entgegen der Auffassung der Revision darauf abzustellen, ob der angegriffene Verwaltungsakt (überhaupt) rechtswidrig ist, sondern darauf, in welchem Umfang dem sachlichen Begehren im Widerspruchsverfahren entsprochen wurde. Soweit die Revision gegen eine solche Sichtweise auch einwendet, hierdurch würde eine - gesetzlich nicht vorgesehene Begründungspflicht des Widerspruchs eingeführt - kann dem nicht gefolgt werden, denn der Widerspruchsführer kann selbst entscheiden, ob er Angaben zu seinem sachlichen Begehren macht oder nicht. Entscheidet er sich - wie hier - dafür, keine weiteren Angaben machen zu wollen, trägt er lediglich das Risiko, mit seinem Begehren mit der Folge einer Quotenbildung - die § 63 Abs 1 Satz 1 [[X.].] vorschreibt - zu unterliegen. Aufgrund dieser im Gesetz angelegten Risikoverteilung, deren Minimierung in der Hand des [X.] selbst liegt, ist für die von den Beteiligten geführte Diskussion um "Bestrafungs- und Belohnungsaspekte" von vornherein kein Raum.

6. Wenn ein Widerspruch - wie hier - nicht begründet wird, ist zur Bestimmung des Widerspruchsbegehrens dieses vor dem Hintergrund des gesamten Verfahrens auszulegen ([[X.].] in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], [[X.].] § 63 Rd[X.] 36, Stand: 12/2010; [[X.].] in von [[X.].], [[X.].], 7. Aufl 2010, § 63 Rd[X.] 20). Dabei ist davon auszugehen, dass sämtliche nach Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beansprucht werden. Hieran anknüpfend ist bei einem Begehren, das über die bloße Anfechtung eines Verwaltungsakts hinaus auf Leistungen abzielt, nicht nur auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abzustellen, sondern es sind die mit der Anfechtung verbundenen weiteren Begehren ebenfalls zu berücksichtigen. [[X.].]onkretisierende Anhaltspunkte für diese können sich, insbesondere wenn das Widerspruchsbegehren nicht benannt wird, etwa aus der bisherigen Bewilligungspraxis oder dem Widerspruchsbescheid ergeben, der das maßgebliche Widerspruchsverfahren abgeschlossen hat.

7. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat die [[X.].]lägerin jedenfalls keinen Anspruch auf eine höhere [[X.].]ostenquote als die [[X.].], die der [[X.].] in seinem Widerspruchsbescheid bereits verfügt hat. Denn ihre Erfolgsquote lag bei [[X.].], weil als Widerspruchsbegehren von einem Betrag von monatlich circa 220 bis 260 Euro auszugehen ist (dazu a) und der Erfolg der [[X.].]lägerin aufgrund der von ihr akzeptierten nachfolgenden Bescheide bei einem Betrag in Höhe von 10,60 Euro für Dezember 2011 und von 33,48 Euro für Januar 2012 lag, während ihr für Februar 2012 sogar ein niedriger Betrag bewilligt wurde (dazu b). Nicht Gegenstand des Widerspruchsbegehrens kann nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [[X.].] die zunächst nur vorläufige Bewilligung der Leistungen gewesen sein, weil dies eine Folge der nicht umstrittenen Erzielung wechselnden Einkommens durch die [[X.].]lägerin war.

a) Als Widerspruchsbegehren ist von einem Betrag von monatlich circa 220 bis 260 Euro auszugehen, weil der [[X.].]lägerin mit dem ersten - von ihr nicht mit einem Widerspruch angegriffenen - Änderungsbescheid vom 27.10.2011 für den Monat Oktober 2011 etwa 500 Euro und für den Monat November 2011 540 Euro als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt worden waren, während ihr mit dem angegriffenen Änderungsbescheid vom gleichen Tage für den Folgezeitraum von Dezember 2011 bis Februar 2012 lediglich noch vorläufig 281 Euro monatliche Leistungen bewilligt wurden. Legt man das Widerspruchsbegehren anhand dieser Änderungsbescheide aus, kommt nur ein auf die Gewährung der Differenz zwischen den bewilligten Leistungen gerichtetes Begehren in Betracht.

b) Die aufgezeigten geringfügigen Erfolge der [[X.].]lägerin ergeben sich aus einem Vergleich der erzielten [X.] gegenüber der mit dem angegriffenen Änderungsbescheid bereits bewilligten Leistungen in Höhe von monatlich vorläufig 281 Euro: Nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens wurden ihr bewilligt für Dezember 2011 insgesamt 291,60 Euro, dies führt zu einem Mehrbetrag in Höhe von 10,60 Euro, für Januar 2012 insgesamt 314,48 Euro, also einem Mehrbetrag von 33,48 Euro. Für den Monat Februar 2012 ergibt sich eine Differenz zu Ungunsten der [[X.].]lägerin in Höhe von 0,12 Euro.

c) Soweit der Prozessbevollmächtigte der [[X.].]lägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [[X.].] darauf hingewiesen hat, für den streitigen Zeitraum habe der [[X.].] mit Änderungsbescheid vom 22.9.2011 bereits endgültig Leistungen bewilligt, kann dies der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Denn hierbei handelt es sich um in der Revisionsinstanz unbeachtlichen Sachvortrag, zumal eine auf die Beseitigung der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des [[X.].] (§ 163 [[X.].]) gerichtete Verfahrensrüge im Rahmen einer Sprungrevision ohnehin ausgeschlossen ist (§ 161 Abs 4 [[X.].])

8. Die [[X.].]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [[X.].] und berücksichtigt das Teilanerkenntnis des [[X.].]n vor dem [[X.].].

Meta

B 14 AS 68/12 R

12.06.2013

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Cottbus, 30. Juli 2012, Az: S 14 AS 1530/12, Urteil

§ 63 Abs 1 S 1 SGB 10, § 165 S 1 SGG, § 144 Abs 4 SGG, § 78 SGG, §§ 78ff SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.06.2013, Az. B 14 AS 68/12 R (REWIS RS 2013, 5126)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5126

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