Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.11.2012, Az. 5 C 4/12

5. Senat | REWIS RS 2012, 1610

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Gegenstand

Keine Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln auf Festbeträge im bisherigen Bundesbeihilferecht


Leitsatz

Das bis zum Ablauf des 19. September 2012 geltende Beihilferecht des Bundes enthielt keine Rechtsgrundlage, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Arzneimittel auf Festbeträge beschränkte.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für das ihm ärztlich verordnete Arzneimittel "Sortis 10 mg Filmtabletten No. 100".

2

Als Berufssoldat im Ruhestand ist er Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H. Im April 2009 beantragte er die Gewährung einer Beihilfe für zwei Packungen des vorbezeichneten Medikaments, die er im gleichen Monat zu einem Apothekenverkaufspreis in Höhe von 110,05 € je Packung erworben hatte. Mit Bescheid vom 5. Mai 2009 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 29,62 € fest. Hierbei erkannte sie einen Festbetrag von 26,16 € je Packung abzüglich eines Eigenbehalts in Höhe von insgesamt 10 € als beihilfefähig an.

3

Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf den Festbetrag stehe im Einklang mit dem Beihilferecht des [X.] wie auch mit höherrangigem Recht. Die Entscheidung über die Festsetzung des Festbetrages sei nicht auf Dritte delegiert worden. Die Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bleibe gewährleistet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf den Festbetrag entspreche insbesondere dem beihilferechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot.

4

Gegen das Urteil hat der Kläger die von dem Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Auf seinen Antrag hin ist die Frist zu deren Begründung bis zum 3. Februar 2012 verlängert worden. Der Ausdruck der dem [X.]verwaltungsgericht an diesem Tag per Telefax übermittelten [X.] enthält auf Seite 7 nur einige schwarze Striche; eine den Schriftsatz abschließende Unterschrift ist nicht zu erkennen. Hierauf hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung der Revision trägt er im Wesentlichen vor, im [X.]beihilferecht fehle es an einer Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln auf Festbeträge. Eine solche lasse sich weder auf die [X.]beihilfeverordnung noch auf die hierzu ergangene [X.] stützen. Die maßgeblichen Bestimmungen genügten den Anforderungen der gesetzlichen Ermächtigung nicht. Eine Anpassung der für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmten Festbeträge an die besonderen beamtenrechtlichen Verhältnisse sei ebenso unterblieben wie eine dynamische Verweisung auf das Fünfte [X.]. Eine Beschränkung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf Festbeträge werde auch nicht durch das beihilferechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot gerechtfertigt.

5

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

6

Der Vertreter des [X.]interesses beim [X.]verwaltungsgericht führt aus, generell verstießen Festbeträge nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] ist zulässig (1.) und begründet (2.).

8

1. Die Revision ist auch dann zulässig, wenn - was keiner abschließenden Klärung bedarf - davon ausgegangen wird, dass sie nicht innerhalb der nach § 139 Abs. 3 Satz 3 VwGO gesetzten Frist ordnungsgemäß begründet worden ist, weil der Ausdruck der per Telefax bei dem [X.] eingegangenen [X.]egründungsschrift weder einen Abschluss noch eine Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des [X.] erkennen ließ. Dem Kläger ist auf seinen Antrag hin jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 i.V.m. § 60 VwGO).

9

Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 3 VwGO um eine (verlängerte) gesetzliche Frist handelt. Denn die Wiedereinsetzungsvorschriften sind dann jedenfalls - so auch hier - entsprechend anzuwenden, wenn Sinn und Zweck des Wiedereinsetzungsrechts unter [X.]erücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG und des Art. 103 Abs. 1 GG dies gebieten ([X.]eschluss vom 13. Dezember 1993 - [X.]VerwG 9 [X.] 501.93 - [X.]uchholz 310 § 60 VwGO Nr. 186 S. 60 f. m.w.N.). Ein [X.], dessen [X.]egründungsschrift trotz rechtzeitiger Absendung das Gericht nicht vollständig erreicht hat, befindet sich im Lichte des Art. 103 Abs. 1 GG in der gleichen Situation wie ein [X.]eteiligter, der die gesetzliche Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO ohne Verschulden versäumt hat (vgl. Urteil vom 24. September 1997 - [X.]VerwG 11 C 10.96 - [X.]uchholz 407.2 § 19 [X.] Nr. 1 und [X.]eschluss vom 6. Juni 1995 - [X.]VerwG 6 C 13.93 - [X.]uchholz 310 § 60 VwGO Nr. 198). Auch ihm ist durch die Wiedereinsetzung rechtliches Gehör zu gewähren.

Das angenommene Fristversäumnis beruhte weder auf einem Verschulden des [X.] (§ 60 Abs. 1 VwGO) noch auf einem diesem zuzurechnenden Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax an das Gericht stellt eine einfache technische Verrichtung dar, die ein Rechtsanwalt einer hinreichend geschulten und überwachten [X.]ürokraft überlassen darf. Seiner Verpflichtung, für eine genaue Ausgangskontrolle zu sorgen, genügt er bei dem Einsatz eines Telefaxgerätes, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich bei der Übermittlung eines Schriftsatzes einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen und die [X.] erst nach der Kontrolle des [X.] zu löschen. In diesem Fall darf er sich bei Angestellten, die sich über längere [X.] hinweg als zuverlässig erwiesen haben, darauf verlassen, dass seine allgemein erteilten Anweisungen im Einzelfall befolgt werden ([X.]eschlüsse vom 4. August 2000 - [X.]VerwG 3 [X.] 75.00 - [X.]uchholz 310 § 60 VwGO Nr. 235 S. 23 m.w.N. und vom 18. März 2004 - [X.]VerwG 6 P[X.] 16.03 - [X.]uchholz 250 § 83 [X.]PersVG Nr. 76; [X.]GH, [X.]eschluss vom 13. Februar 2007 - VI Z[X.] 70/06 - NJW 2007, 1690 <1691> m.w.N.). So verhält es sich hier. Die Prozessbevollmächtigten des [X.] haben glaubhaft gemacht, dass sie durch geeignete organisatorische Vorkehrungen, insbesondere durch eindeutige Anweisungen an das [X.]üropersonal und die Festlegung klarer Zuständigkeiten sicherstellen, dass Fehlerquellen bei der [X.]ehandlung von [X.] soweit wie möglich ausgeschlossen werden und dass es sich bei den mit der Versendung der [X.] befassten Angestellten um geschulte und zuverlässige Kräfte handelt.

2. Das [X.]erufungsurteil beruht auf der Verletzung von [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht geht zu Unrecht davon aus, dass das bis zum Ablauf des 19. September 2012 geltende [X.]eihilferecht des [X.]undes eine Rechtsgrundlage enthielt, welche die [X.]eihilfefähigkeit der Aufwendungen für Arzneimittel auf Festbeträge beschränkte.

Der Kläger hat einen Anspruch auf die von ihm begehrte weitere [X.]eihilfe für das Arzneimittel "Sortis 10 mg Filmtabletten No. 100" aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über [X.]eihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen ([X.]undesbeihilfeverordnung - [X.][X.]hV) vom 13. Februar 2009 ([X.]G[X.]l I S. 326). Diese Normen finden hier Anwendung, da die maßgeblichen Aufwendungen mit dem Erwerb des Arzneimittels am 9. April 2009 entstanden sind. [X.]eihilferechtliche Streitigkeiten sind grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum [X.]punkt des Entstehens der Aufwendungen, für die [X.]eihilfen verlangt werden, zu beurteilen (stRspr, vgl. Urteile vom 28. Juni 1965 - [X.]VerwG 8 C 80.64 - [X.]VerwGE 21, 264 <265 ff.> = [X.]uchholz 238.91 Nr. 12 Abs. 1 [X.]hV Nr. 1 S. 2 ff., vom 24. März 1982 - [X.]VerwG 6 C 95.79 - [X.]VerwGE 65, 184 <187> = [X.]uchholz 238.4 § 30 SG Nr. 6 S. 10 und vom 30. April 2009 - [X.]VerwG 2 C 127.07 - [X.]uchholz 270 § 12 [X.]hV Nr. 3 Rn. 7).

a) Der Kläger ist als Soldat im Ruhestand Versorgungsempfänger und damit beihilfeberechtigt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten - Soldatengesetz - SG - i.d.F. der [X.]ekanntmachung vom 30. Mai 2005 - [X.]G[X.]l I S. 1482 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 - [X.]G[X.]l I S. 160 - i.V.m. § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 des [X.]undesbeamtengesetzes - [X.][X.]G - i.d.[X.] vom 5. Februar 2009 - [X.]G[X.]l I S. 160 -, § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]hV).

b) Die Aufwendungen des [X.] sind auch beihilfefähig gemäß § 80 Abs. 2 [X.][X.]G i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.]hV. Die [X.]eihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen.

Aufwendungen in Krankheitsfällen sind dem Grunde nach notwendig, wenn sie für eine medizinisch gebotene [X.]ehandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der [X.]esserung oder Linderung von Leiden oder der [X.]eseitigung oder dem Ausgleich physischer oder psychischer [X.]eeinträchtigungen dient. Der Höhe nach wirtschaftlich angemessen sind Aufwendungen, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere [X.]ehandlung zur Verfügung steht (Urteil vom 17. Oktober 2011 - [X.]VerwG 2 [X.] - [X.]VerwGE 141, 69 = [X.]uchholz 271 L[X.]eihilfeR Nr. 41, jeweils Rn. 14 m.w.N.).

Die Notwendigkeit der Aufwendungen für das dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 [X.][X.]hV) und von den [X.] des § 22 Abs. 2 [X.][X.]hV nicht erfasste Medikament "Sortis 10 mg Filmtabletten No. 100" sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den [X.]eteiligten - wie die [X.]eklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] bekräftigt hat - nicht im Streit. Dies in Zweifel zu ziehen, sieht der Senat auf der Grundlage der vom [X.]erufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) keinen Anlass.

c) Die [X.]eihilfefähigkeit der Aufwendungen des [X.] ist nicht durch Festbeträge beschränkt. Festbeträge bedürfen, wenn sie als Obergrenzen für die [X.]eihilfefähigkeit der Aufwendungen den Grundsatz einschränken, dass [X.]eihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen für Arzneimittel notwendig und angemessen sind, einer wirksamen Rechtsgrundlage (Urteil vom 28. Mai 2009 - [X.]VerwG 2 C 28.08 - [X.]uchholz 270 § 6 [X.]hV Nr. 19 Rn. 14). Eine solche findet sich weder in der [X.]undesbeihilfeverordnung (aa) noch in den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften (bb).

aa) Obgleich es nicht an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt (1), hat der Verordnungsgeber in § 22 Abs. 3 [X.][X.]hV (a.F.) keine Festbetragsregelung normiert (2). Nichts anderes folgt aus § 7 [X.][X.]hV (3).

(1) Eine hinreichend bestimmte gesetzliche Regelung, die den Verordnungsgeber dazu ermächtigt, eine [X.]egrenzung der [X.]eihilfefähigkeit für Arzneimittel auf Festbeträge zu normieren, findet sich in § 80 Abs. 4 [X.][X.]G. Danach regelt das [X.]undesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem [X.], dem [X.]undesministerium der Finanzen, dem [X.]undesministerium der Verteidigung und dem [X.]undesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der [X.]eihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte [X.]uch Sozialgesetzbuch und der [X.]erücksichtigung von Kindern.

Die Vorschrift erfasst auch Festbeträge, obgleich diese - anders als die ausdrücklich genannten Höchstbeträge sowie der vollständige und partielle Ausschluss von Arzneimitteln - nicht ebenfalls beispielhaft aufgeführt sind. Dabei bedarf es keiner vertieften [X.]etrachtung, ob Festbeträge nicht bereits als Unterfall der Höchstbeträge begriffen werden können. Mit der Änderung des § 80 Abs. 4 [X.][X.]G durch das Gesetz zur Neuordnung und Modernisierung des [X.]undesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom 5. Februar 2009 ([X.]G[X.]l I S. 160) bezweckte der Gesetzgeber die wirkungsgleiche Übertragung von Änderungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung auf das [X.]eihilferecht ([X.]RDrucks 720/07 S. 218 f.). § 35 Fünftes [X.]uch Sozialgesetzbuch - SG[X.] V - vom 20. Dezember 1988 ([X.]G[X.]l I S. 2477) i.d.[X.] vom 15. Dezember 2008 ([X.]G[X.]l I S. 2426) enthielt bereits eine Regelung zur Festsetzung von [X.] für Arzneimittel. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 80 Abs. 4 [X.][X.]G beabsichtigte, dieses bedeutsame Instrument zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots im Gesundheitswesen von der Übertragung auszunehmen, bestehen nicht.

(2) § 22 Abs. 3 [X.][X.]hV (a.F.) bestimmt jedoch weder selbst Festbeträge, noch enthält diese Norm eine bindende (dynamische) Verweisung auf die Vorschrift des § 35 SG[X.] V und die auf dieser Grundlage für den [X.]ereich der gesetzlichen Krankenversicherung getroffene Festbetragsregelung (so zutreffend [X.], Urteil vom 4. August 2011 - 2 S 83/11 - DV[X.]l 2011, 1432 = juris Rn. 21; [X.], Urteil vom 8. September 2011 - 1 A 2556/10 - DV[X.]l 2011, 1498; OVG [X.]erlin-[X.]randenburg, Urteil vom 26. April 2012 - OVG 6 [X.] 13.11 - juris Rn. 14). Dies folgt bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 [X.][X.]hV (a.F.) bestimmt das [X.]undesministerium des Innern in Verwaltungsvorschriften Festbeträge im Sinne von § 35 SG[X.] V. Damit bleiben diese ausdrücklich einer Regelung in Verwaltungsvorschriften vorbehalten. Für ihre [X.]estimmung verweist § 22 Abs. 3 Satz 2 [X.][X.]hV (a.F.) auf die Grundsätze des § 35 SG[X.] V, ohne deren unmittelbare und verbindliche Anwendung anzuordnen. § 22 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 [X.][X.]hV (a.F.) sieht eine Orientierung an den in § 35 SG[X.] V getroffenen Entscheidungen und [X.]ewertungen vor, ohne Inhalt und Ausmaß dieser Orientierung zu konkretisieren. § 22 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 [X.][X.]hV (a.F.) erlegt dem [X.]undesministerium des Innern die [X.]erücksichtigung der Fürsorgepflicht des § 78 [X.][X.]G auf, ohne insoweit Näheres zu regeln. Auch die Entscheidung, nach welchen Maßstäben über das Entfallen des [X.] nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.]hV zu entscheiden ist, bleibt in § 22 Abs. 3 Satz 5 [X.][X.]hV (a.F.) einer näheren [X.]estimmung in Verwaltungsvorschriften vorbehalten.

(3) § 7 Satz 2 [X.][X.]hV greift das Konzept einer wirkungsgleichen Übertragung von Änderungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung auf und hält die Rechtsanwendung an, sich unter [X.]erücksichtigung des [X.] nach § 78 [X.][X.]G an Vorschriften des Fünften [X.]uches Sozialgesetzbuches zu orientieren. § 7 Satz 3 [X.][X.]hV erstreckt dieses Gebot zwar auch auf § 22 [X.][X.]hV (a.F.). Die Vorgabe des § 7 Satz 2 [X.][X.]hV steht aber unter der Prämisse einer verbindlichen Verweisung auf die betreffenden sozialgesetzlichen Regelungen. Eine solche Verweisung sieht § 22 Abs. 3 [X.][X.]hV (a.F.) - anders etwa als § 22 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 oder Abs. 5 Satz 2 [X.][X.]hV (a.F.) - nicht vor.

bb) Eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von [X.] für Arzneimittel vermitteln auch nicht die Verwaltungsvorschriften des [X.]undesministeriums des Innern. Unabhängig davon, ob Festbeträge als Obergrenzen für die [X.]eihilfefähigkeit der Aufwendungen für Arzneimittel vor dem Hintergrund des Prinzips vom Vorbehalt des Gesetzes überhaupt wirksam in Verwaltungsvorschriften bestimmt werden könnten (vgl. Urteile vom 17. Juni 2004 - [X.]VerwG 2 C 50.02 - [X.]VerwGE 121, 103 <107> = [X.]uchholz 232 § 79 [X.][X.]G Nr. 123 S. 11, vom 20. März 2008 - [X.]VerwG 2 C 49.07 - [X.]VerwGE 131, 20 = [X.]uchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 12, und vom 28. Mai 2009 a.a.[X.] Rn. 19), ist jedenfalls eine entsprechende [X.]estimmung in Nr. 22.3 der [X.] zur [X.]undesbeihilfeverordnung ([X.][X.]hV-VwV) vom 14. Februar 2009 (GM[X.]l [X.]) nicht getroffen worden.

Nr. 22.3.1 [X.][X.]hV-VwV enthält lediglich Richtlinien für die Ermittlung der beihilfefähigen Festbeträge. Festbeträge werden damit in dieser Verwaltungsvorschrift nicht selbst niedergelegt, sondern ihre Festsetzung wird mit der Maßgabe, dass der [X.] zu berücksichtigen ist, der rechtsanwendenden Verwaltung überantwortet. Eine (dynamische) Verweisung, die die von den [X.] erstellte Übersicht für unmittelbar anwendbar erklärt, enthält die Verwaltungsvorschrift ebenfalls nicht. Die in Nr. 22.3.2 [X.][X.]hV-VwV in [X.]ezug genommene Übersicht über sämtliche Festbeträge und die betroffenen Arzneimittel wird nur als "Grundlage" für eine noch vorzunehmende beihilfespezifische "Ermittlung des beihilfefähigen Festbetrages" herangezogen.

Für eine [X.]estimmung von [X.] genügt es schließlich auch nicht, wenn - wie teilweise geltend gemacht worden ist - entsprechende Daten in ein behördeninternes Datenverarbeitungssystem eingegeben werden. Ungeachtet der Frage der genauen rechtlichen Einordnung dieses Vorgangs liegt darin weder eine von § 22 Abs. 3 [X.][X.]hV (a.F.) vorgesehene (schriftliche) Niederlegung in Verwaltungsvorschriften, noch könnte die bloße Eingabe in ein Datenverarbeitungssystem den rechtsstaatlichen Publizitätsanforderungen gerecht werden (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - [X.]VerwG 5 CN 1.03 - [X.]VerwGE 122, 264 <268 ff.> m.w.N.).

Meta

5 C 4/12

08.11.2012

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 21. Oktober 2011, Az: 3 LB 7/11, Urteil

§ 7 Abs 2 BBhV, § 2 Abs 1 Nr 2 BBhV, § 6 Abs 1 S 1 BBhV, § 22 Abs 1 S 1 BBhV, § 22 Abs 2 BBhV, § 22 Abs 3 BBhV, § 80 Abs 4 BBG, § 78 BBG, § 35 SGB 5, § 60 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.11.2012, Az. 5 C 4/12 (REWIS RS 2012, 1610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1610

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