Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2011, Az. B 1 KR 14/10 R

1. Senat | REWIS RS 2011, 5596

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den [X.]punkt der Wirksamkeit einer Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms ([X.] <[X.]>) für die Versorgung von Brustkrebspatientinnen in [X.] ([X.] [X.] Brustkrebs).

2

Die Anforderungen an die Zulassung strukturierter Behandlungsprogramme nach § 137f Abs 2 [X.] sind seit Inkrafttreten der [X.] zur Änderung der [X.] ([X.]) am [X.] in § 28b bis § 28h [X.] ([X.]) geregelt (Art 1 [X.] der [X.] vom [X.], [X.] 2286). Ziffer 1.4.3.6 (operative Therapie der [X.]) der Anlage 3 zur [X.] bestimmt: "Die [X.]dissektion sollte bei allen Patientinnen mit einem invasiven operablen Mammakarzinom durchgeführt werden. Aus [X.] und [X.] sollten hierbei insgesamt mindestens 10 Lymphknoten entfernt und untersucht werden. Nur bei klinischem Befall dieser Level sollte auch die Entfernung von Lymphknoten des Levels [X.]I erfolgen. Auf die [X.] kann verzichtet werden bei mikroinvasiven Karzinomen (≤ 2 mm), bei tubulären Karzinomen, die kleiner als 1 cm sind sowie bei im Gesunden exstirpierten DCIS" (ductale Carcinoma in situ). Erst die 13. [X.] (vom 23.1.2006, [X.] 228) sieht ab 1.2.2006 die [X.] ([X.]) als neue, [X.] Behandlungsmethode vor. Die [X.] beruht auf der Annahme, dass [X.] ([X.]) besonderen Aufschluss über einen Metastasenbefall geben. Erweisen sich diese Lymphknoten bei einer Untersuchung als gesund, soll sich eine Entfernung weiterer Lymphknoten erübrigen.

3

Die klagende [X.] vereinbarte das strukturierte sektorenübergreifende Behandlungsprogramm [X.] Brustkrebs am 1.4.2004 mit der Kassenärztlichen Vereinigung [X.]s ([X.] nach § 137f [X.] Brustkrebs; im Folgenden: der KV-Vertrag) und am 18.6.2004 mit der [X.] (Rahmenvereinbarung zur Durchführung eines strukturierten Behandlungsprogramms Brustkrebs nach § 137f [X.] iVm § 137g [X.]; im Folgenden: [X.]). § 1 Abs 1 [X.] bestimmt, dass der am 1.4.2004 geschlossene KV-Vertrag Bestandteil des Vertrages ist. Er ist als Anlage 1 dem [X.] beigefügt. Die Anlage 5 des [X.] stellt die Versorgungsinhalte dar. Sie entspricht der Anlage 3 der [X.]. Anlage 8 des [X.] und Anlage 5 des [X.]es regeln die Qualitätssicherung ([X.]). Der Abschnitt über die operative Therapie des Mammakarzinoms benennt als [X.]-Ziel die Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl entfernter Lymphknoten, als [X.]-Kriterien Entfernung und Untersuchung von mindestens zehn Lymphknoten aus [X.] und [X.], als [X.]-Maßnahme ua eine Auswertung durch die Gemeinsame Einrichtung (KV-Vertrag) bzw durch die Krankenkasse (Krankenhaus-Rahmenvereinbarung) und als [X.]-Indikatoren: "Möglichst viele Behandlungsfälle mit Entfernung von mindestens 10 LK bei [X.]dissektion bei allen invasiven Karzinomen (außer Patientinnen in Studien zur [X.])."

4

Die Klägerin beantragte bei der beklagten [X.] ([X.] ), das [X.] [X.] Brustkrebs zuzulassen (Schreiben vom 12.7.2004/Eingang 16.7.2004). Die Vertragspartner des [X.] vereinbarten ua die Streichung des Klammerzusatzes (Nachtrag zum KV-Vertrag vom [X.]). Die Vertragspartner beider Verträge vollzogen das [X.] bereits vor der Zulassung. Die Beklagte beanstandete Etliches (Schreiben vom 15.10.2004). Unter anderem sei die Ausnahmeregelung von der Mindestzahl der zu entnehmenden Lymphknoten im KV-Vertrag nach Maßgabe der Methode der [X.] rechtswidrig, da sie mit der Anlage 3 zur [X.] nicht übereinstimme. Die Mängel seien zum Teil so wesentlich, dass das [X.] [X.] Brustkrebs derzeit nicht zulassungsfähig sei und keine rückwirkende Heilung, sondern eine Zulassung frühestens ab dem [X.]punkt einer künftigen Nachbesserung in Betracht komme. Die Vertragspartner änderten am 12.4.2005 den [X.]: Es sollte die Anlage 8 (des in Bezug genommenen [X.]) in der Version vom [X.], die keine Ausnahme für Teilnehmerinnen an [X.]-Studien enthielt, anstelle der nun ungültigen Anlage 5 idF vom 18.6.2004 gelten, die eine solche Ausnahme vorsah. Auf die [X.] wurde ausdrücklich verzichtet. Die Klägerin berief sich ua darauf, sie habe bereits am [X.] durch eine erste [X.] zum KV-Vertrag die [X.] aus dessen Anlage 8 gestrichen. Hingegen habe die Beklagte in ihrem Schreiben vom [X.] nicht darauf hingewiesen, dass auch in der Anlage 5 zum [X.] die [X.] zu streichen sei. Das [X.] [X.] Brustkrebs sei daher rückwirkend ab dem [X.] zuzulassen. Die Beklagte ließ das [X.] [X.] Brustkrebs für [X.] ab 12.4.2005 befristet bis zum 11.4.2008 mit der Auflage zu, bis zum 31.10.2006 einen über den [X.] hinausgehenden bis zum Ablauf der Zulassung gültigen KV-Vertrag nachzuweisen. Eine Zulassung für die vorangegangene [X.] lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 29.7.2005).

5

Das [X.] hat die Klage, mit der die Klägerin begehrt hat, unter Abänderung des entgegenstehenden Bescheides das [X.] [X.] Brustkrebs für die Region [X.] zum 12.7.2004 zuzulassen, abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Entscheidend sei nach § 137g Abs 1 Satz 7 [X.], dass die mit den Leistungserbringern geschlossenen Verträge erst ab dem 12.4.2005 in Einklang mit den Anforderungen der [X.] gestanden hätten (Urteil vom 25.3.2010).

6

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 137f [X.] und des § 137g Abs 1 Satz 7 [X.]. Sie trägt vor, die Beklagte müsse das [X.] [X.] Brustkrebs bereits zum 12.7.2004 zulassen, da zu diesem [X.]punkt alle gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien. Der Klammerzusatz, der bis zum [X.] in der Anlage 8 des [X.] und bis zum 11.4.2005 in der Anlage 5 des [X.]es enthalten gewesen sei, stelle keinen zulassungserheblichen Mangel dar, weil er die anzuwendende Operationsmethode nicht abweichend von Ziffer 1.4.3.6 der Anlage 3 zur [X.] regele.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des [X.] vom 25. März 2010 und des [X.] vom 22. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 29. Juli 2005 zu verurteilen, das strukturierte Behandlungsprogramm "[X.] [X.] Brustkrebs" für die Region [X.] ab dem 12. Juli 2004 zuzulassen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der klagenden [X.] ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung gegen das die Klage abweisende [X.] zurückgewiesen, denn die Klägerin hat gegen die beklagte [X.] keinen Anspruch auf Zulassung des [X.] Brustkrebs vor dem [X.].

1. Der erkennende Senat ist geschäftsplanmäßig für die Sache zuständig, da es sich um einen Streit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt, für den kein anderer Senat des BSG zuständig ist. [X.] ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, das [X.] Brustkrebs für die Region [X.] vor dem [X.] zuzulassen. Die Sache betrifft lediglich Vorfragen des Risikostrukturausgleichs.

Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht ihren Anspruch zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend (§ 54 Abs 1 [X.]). Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zulassung eines [X.] hat die Beklagte nämlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden (vgl dazu 2.).

2. Rechtsgrundlage des Begehrens der Klägerin ist § 137g [X.] (hier anzuwenden idF durch Art 204 [X.] 1 Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25.11.2003, [X.] 2304 mWv 28.11.2003). Nach § 137g Abs 1 [X.] hat das [X.] auf Antrag einer Krankenkasse ([X.]) oder eines Verbandes der [X.]n die Zulassung von Programmen nach § 137f Abs 1 [X.] zu erteilen, wenn die Programme und die zu ihrer Durchführung geschlossenen Verträge die in der Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 [X.] genannten Anforderungen erfüllen. Dabei kann es wissenschaftliche Sachverständige hinzuziehen. Die Zulassung ist zu befristen. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Die Zulassung ist innerhalb von drei Monaten zu erteilen. Die Frist nach Satz 5 gilt als gewahrt, wenn die Zulassung aus Gründen, die von der [X.] zu vertreten sind, nicht innerhalb dieser Frist erteilt werden kann. Die Zulassung wird mit dem Tage wirksam, an dem die in der Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 [X.] genannten Anforderungen erfüllt und die Verträge nach Satz 1 geschlossen sind, frühestens mit dem Tag der Antragstellung, nicht jedoch vor dem Inkrafttreten dieser Verordnungsregelungen. Für die [X.] sind kostendeckende Gebühren zu erheben.

§ 137g [X.] ist verfassungsgemäß (vgl [X.] 113, 167 = [X.]-2500 § 266 [X.] 8). § 137g Abs 1 Satz 1 [X.] gibt den Antragsberechtigten nach dem klaren Wortlaut einen gebundenen Anspruch auf Zulassung von Programmen nach § 137f Abs 1 [X.] durch Bescheid (§ 137g Abs 1 Satz 8 [X.]). Die Möglichkeit, wissenschaftliche Sachverständige hinzuziehen (§ 137g Abs 1 Satz 2 [X.]), begründet keinen Beurteilungsspielraum des [X.] ([X.] in: [X.], Stand April 2011, § 137g [X.] Rd[X.] 2; Wille in: jurisPK-[X.], Stand: [X.], § 137g Rd[X.] 27). Vielmehr sieht diese Regelung eine kostenrelevante Variante der Amtsermittlung vor, ohne die gerichtliche Prüftiefe zu mindern. [X.] handelt es sich um eine Sonderregelung gegenüber dem [X.], wie sie der Gesetzgeber auch im Rahmen der Bestimmungen unmittelbar zum [X.] vorgesehen hat (vgl hierzu [X.], 231, 244 = [X.]-2500 § 266 [X.] 1 Rd[X.] 41).

Das [X.] hat bei einer Zulassung eines [X.] auch den Tag festzusetzen, mit dem die Zulassung wirksam wird (§ 137g Abs 1 Satz 7 [X.]). Das Gesetz gibt die materiellen Kriterien für die Festsetzung vor, ohne eine Verwaltungsentscheidung zu erübrigen. Der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zulassung des [X.] muss für alle Betroffenen zweifelsfrei aufgrund der Zulassungsentscheidung feststehen, um - zusammen mit der Einschreibung der Versicherten in die [X.] - verlässliche Grundlagen zur Bildung besonderer [X.] für den Risikostrukturausgleich zu haben (vgl § 266 Abs 4 Satz 2 [X.] aF, § 266 Abs 7 Satz 1 [X.] 3 [X.]).

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann ein nach § 137g Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] gerichtlich geltend machen, sein [X.] sei zu einem früheren Zeitpunkt als vom [X.] festgesetzt zuzulassen, obwohl der Risikostrukturausgleich inzwischen für den betroffenen Zeitraum durchgeführt worden und der Zeitraum der höchstzulässigen Befristung abgelaufen ist (§ 137g Abs 1 Satz 3 [X.], § 28g Abs 5 [X.]V). Andernfalls unterläge die Zulassungsentscheidung über [X.] keiner wirksamen gerichtlichen Kontrolle. Zudem kann die Zulassung eines Programms verlängert werden (§ 28g Abs 5 [X.]V). Ergibt sich im Gerichtsverfahren, dass ein früherer Zulassungszeitpunkt festzusetzen ist, und sind bereits zu diesem früheren Zeitpunkt auch Versicherte in das Programm eingeschrieben gewesen, hat das [X.] dies bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen zu berücksichtigen (vgl § 266 Abs 6 Satz 7 [X.] und hierzu [X.], 231, 258 = [X.]-2500 § 266 [X.] 1 Rd[X.] 87 f).

3. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs der Klägerin darauf, dass die Beklagte einen Wirksamkeitszeitpunkt vor dem [X.] für das [X.] Brustkrebs für die Region [X.] festsetzt, sind nicht erfüllt. Eine [X.] kann die Festsetzung der Wirksamkeit eines [X.] zu einem früheren Zeitpunkt als vom [X.] entschieden nur dann beanspruchen, wenn bereits zu einem vor dem vom [X.] festgesetzten Wirksamkeitstermin des [X.] die Zulassungsvoraussetzungen nach § 137g Abs 1 Satz 1 [X.] unter Beachtung der Anforderungen des § 137g Abs 1 Satz 7 [X.], mithin kumulativ folgende sieben Voraussetzungen erfüllt gewesen sind: (1.) Ein zulässiger Antrag muss gestellt worden sein. (2.) Der Antrag muss sich auf ein Programm nach § 137f Abs 1 [X.] ([X.]) beziehen. (3.) Das im Antrag bezeichnete [X.] muss die in der [X.]V (Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 [X.]) genannten Anforderungen erfüllt haben. (4.) Das bezeichnete [X.] muss verdeutlichen, welche Verträge zu seiner Durchführung abzuschließen sind. (5.) Die zur Durchführung des bezeichneten Programms erforderlichen Verträge müssen geschlossen worden sein. (6.) Diese geschlossenen Verträge müssen die in der [X.]V genannten Anforderungen erfüllt haben. (7.) Die [X.]V muss in [X.] getreten sein.

An den unter (6.) genannten Voraussetzungen fehlt es. Die zunächst zur Durchführung des [X.] Brustkrebs geschlossenen Verträge erfüllten nicht vollständig die in der [X.]V genannten Anforderungen (dazu a). Die späteren Verträge zur Durchführung des [X.] Brustkrebs sind erst am [X.] geschlossen worden (dazu b).

a) Der am 18.6.2004 geschlossene [X.] zur Durchführung des [X.] Brustkrebs widersprach jedenfalls insoweit den Anforderungen der [X.]V, als er in seiner Anlage 5 (Qualitätssicherung) unter QS-Indikatoren den Absatz enthielt: "Möglichst viele Behandlungsfälle mit Entfernung von mindestens 10 LK bei [X.]dissektion bei allen invasiven Karzinomen (außer Patientinnen in Studien zur [X.])." Denn Ziffer 1.4.3.6 (operative Therapie der [X.]) der Anlage 3 der 4. [X.]-ÄndV enthält keine entsprechende Ausnahme. Sie fordert vielmehr die Entfernung von mindestens zehn Lymphknoten der [X.] und II bei [X.]dissektion, ohne eine Ausnahme für Patientinnen in Studien zur [X.] zu machen. § 28b Abs 1 Satz 2 [X.]V sieht in allen seit 2004 geltenden Fassungen ua ausdrücklich vor, dass für die Zulassung eines Programms jeweils die Vorgaben in Ziffer 1 der Anlage 3 zur [X.]V zu beachten sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es nicht, dass etwa Anlage 8 des [X.] von Anfang an in den [X.] einbezogen war und (erst ab 10.9.2004) den Anforderungen der [X.]V entsprach. Soweit infolgedessen ab dem 10.9.2004 bis 11.4.2005 die Bewertung der [X.] im [X.] an zwei Stellen (in der Anlage 5 einerseits und in der in Bezug genommenen Anlage 8 des [X.] andererseits) unterschiedlich geregelt war, erfüllt dies auch ab 10.9.2004 nicht die [X.]V-Vorgaben. Auch die Anforderungen an die Qualitätssicherung in Anlage 5 des [X.]es müssen vielmehr die Anforderungen der [X.]V beachten.

Ebenso wenig kann sich die Klägerin mit Erfolg auf § 28b Abs 1 Satz 3 [X.]V berufen. Die Norm regelt, dass, soweit die Vorgaben des § 28b Abs 1 Satz 2 [X.]V Inhalte der ärztlichen Therapie betreffen, diese Vorgaben den zur Erfüllung des ärztlichen [X.] im Einzelfall erforderlichen ärztlichen Behandlungsspielraum nicht einschränken. Mit der Ausnahme für "Patientinnen in Studien zur [X.]" wird indes keine Fallgruppe umschrieben, bei welcher der zur Erfüllung des ärztlichen [X.] im Einzelfall erforderliche ärztliche Behandlungsspielraum betroffen wäre. So läge es nur, wenn der betroffene Personenkreis aus anerkannten medizinischen Gründen von den Maßstäben der [X.]V dispensiert werden müsste, um ordnungsgemäß ärztlich behandelt werden zu können. Die Teilnehmerinnen an einer Studie über eine ärztliche Behandlungsmethode sind indes zu Studienzwecken, nicht aber zur Ermöglichung der im Einzelfall erforderlichen ordnungsgemäßen Behandlung zusammengefasst.

b) Erst die am [X.] beschlossenen Änderungen des [X.]es zur Durchführung des [X.] Brustkrebs beseitigten den aufgezeigten Mangel. § 137g Abs 1 Satz 1 [X.] setzt ausdrücklich geschlossene Verträge voraus (vgl näher [X.] vom selben Tage - B 1 KR 21/10 R, zur [X.] vorgesehen). Nachteile für die [X.]n erwachsen daraus nicht. Sie haben nämlich die Möglichkeit, sich die Übereinstimmung ihres Programms mit den in der [X.]V geregelten Anforderungen vorab vom [X.] bestätigen zu lassen, bevor sie auf dieser Grundlage in die Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern eintreten (vgl BT-Drucks 14/7395 [X.]).

4. Die Klägerin kann sich auch weder erfolgreich auf eine Fiktion der Zulassung noch darauf berufen, zu ihren Gunsten hätte die Beklagte eine Zulassung mit einer Nebenbestimmung oder eine teilweise Zulassung zu einem früheren Zeitpunkt erteilen müssen.

a) Überschreitungen der Frist von drei Monaten, binnen derer das [X.] über einen Antrag auf Zulassung eines [X.] zu entscheiden hat (§ 137g Abs 1 Satz 5 [X.]), führen nicht zu einer Zulassungsfiktion. Fiktive Zulassungen sieht das Gesetz ausdrücklich vor, wenn sie gewollt sind. Das belegt etwa § 135 Abs 1 Satz 5 [X.]. Danach darf eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der [X.] erbracht werden, obwohl der Gemeinsame [X.] keine Empfehlung ausgesprochen hat, wenn innerhalb der Frist des § 135 Abs 1 Satz 4 [X.] kein Beschluss zustande kommt. Schuldhafte Fristversäumnisse können - außerhalb solch ausdrücklich angeordneter Fiktionen - allenfalls Amtshaftungsansprüche auf Schadensersatz in Geld begründen.

b) Aus der Möglichkeit, die Zulassung mit Auflagen und Bedingungen zu versehen (§ 137g Abs 1 Satz 4 [X.]), ist ebenfalls nichts zugunsten der Klägerin abzuleiten. Die in Betracht kommende aufschiebende Bedingung, dass die geschlossenen Verträge (aufgrund genau bezeichneter Änderungen) den Anforderungen der [X.]V genügen, hat eine Steuerungswirkung nur für die Zukunft, hilft aber nicht für die Vergangenheit, um die es vorliegend allein geht. Eine Zulassung unter der Auflage, die geschlossenen Verträge den Anforderungen der [X.]V innerhalb einer bestimmten Frist anzupassen, widerspräche den dargelegten Anforderungen des § 137g Abs 1 Satz 1 [X.]. Anpassungsfristen sieht die [X.]V lediglich vor, wenn die geschlossenen Verträge an geänderte Bedingungen der [X.]V anzupassen sind.

c) Auch eine teilweise Zulassung des [X.] Brustkrebs zu einem früheren Zeitpunkt ist nicht möglich. Zulassungen nach § 137g Abs 1 Satz 1 [X.] sind [X.], die in zeitlicher Hinsicht teilbar sind; sie sind zu befristen (§ 137g Abs 1 Satz 3 [X.]). Dagegen ist es rechtlich nicht möglich, eine sachliche Teilzulassung eines [X.] mit Blick auf geschlossene Vertragsteile auszusprechen. Das [X.] gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 Satz 1 iVm § 131 Abs 1 Satz 1 [X.] und BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - [X.]-2500 § 35 [X.] 4 Rd[X.] 17, zur [X.] auch in [X.] vorgesehen; [X.] 59, 137, 143 = [X.] 2200 § 368a [X.] 13 S 43; BVerwG Beschluss vom [X.] - 8 [X.]/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.]/07; [X.] in: [X.], [X.], Stand 1.11.2010, § 131 [X.] 3 mwN). Der für das materielle Recht maßgebliche § 137g Abs 1 Satz 1 [X.] setzt für die [X.]-Zulassung indes ua voraus, dass die zur Durchführung von Programmen nach § 137f Abs 1 [X.] geschlossenen Verträge insgesamt die in der [X.]V genannten Anforderungen erfüllen. Das ergibt sich nicht nur aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte (vgl dazu bereits oben, II. 3. b), sondern auch aus dem Regelungszweck. Die Zulassung unter den genannten Voraussetzungen sichert, dass die für den [X.] gebildeten [X.] klar und einfach zu ermitteln sind. Komplizierte Auslegungen der geschlossenen Verträge, wann und unter welchen Voraussetzungen Vertragsteile noch oder nicht mehr den Anforderungen in der [X.]V entsprechen, lassen sich hiermit nicht vereinbaren.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 [X.] iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.] iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 14/10 R

21.06.2011

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG München, 22. Februar 2008, Az: S 44 KR 905/05, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2011, Az. B 1 KR 14/10 R (REWIS RS 2011, 5596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5596

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