Bundessozialgericht, Beschluss vom 29.05.2017, Az. B 11 AL 3/17 B

11. Senat | REWIS RS 2017, 10321

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage - Vereinbarkeit von § 157 Abs 2 SGB 3 mit der EGRL 88/2003)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 30. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt [X.] für den Zeitraum vom 7.8.2014 bis 27.8.2014, für den die Beklagte die Leistungsgewährung abgelehnt hatte, weil der Anspruch wegen einer Urlaubsabgeltung ruhe (Bescheide vom 28.8.2014; Widerspruchsbescheid vom 4.11.2014). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.] vom 26.1.2016; Urteil des [X.] vom 30.11.2016). Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das [X.] macht der Kläger geltend, es stelle sich die grundsätzliche Rechtsfrage, ob § 157 Abs 2 [X.] mit den Grundsätzen des Art 7 [X.] 2003/88 [X.] vor dem Hintergrund der neuerlichen Rechtsprechung vereinbar sei.

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der erforderlichen Weise dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

3

Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.]) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ggf sogar des Schrifttums, angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl nur [X.]-1500 § 160a [X.] mwN).

4

Die Beschwerdebegründung des [X.] wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er hat schon die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nach der Vereinbarkeit von § 157 Abs 2 [X.] mit den Grundsätzen des Art 7 [X.] 2003/88 [X.] nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt. Die Richtlinie 2003/88 betrifft bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und keine sozialrechtlichen Ansprüche. Art 7 Abs 2 [X.] 2003/88 [X.] ermöglicht, dass (nur) bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der bezahlte Mindesturlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf. Durch die arbeitsrechtliche Regelung in § 7 Abs 4 [X.] hat der Gesetzgeber Art 7 [X.] 2003/88 [X.] bundesgesetzlich umgesetzt (vgl zur - beschränkten - Rechtsverbindlichkeit von Richtlinien [X.] in Küttner, Personalbuch 2017, [X.], RdNr 2). Mithin ist der vorliegende Sachverhalt schon im Ansatz nicht vergleichbar mit den Fällen, die der vom Kläger zum Teil zitierten Rechtsprechung des [X.] (zuletzt etwa [X.] vom [X.] - [X.]/15 - [X.], 1067) zugrunde lagen. Stets bestand schon kein arbeitsrechtlicher Anspruch auf finanzielle Vergütung für nicht in Anspruch genommenen Urlaub.

5

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Ausführungen des [X.] zur besonderen Zielrichtung des § 157 Abs 2 [X.], nämlich ohne Verkürzung der Anwartschaft [X.] zu vermeiden, hätte es weiterer Darlegungen dazu bedurft, warum diese sozialrechtliche Regelung überhaupt im arbeitsrechtlichen Kontext der Arbeitszeitgestaltung von Bedeutung sein kann. Der Kläger hätte dabei zudem in den Blick nehmen müssen, wie eine aus seiner Sicht mit Art 7 [X.] 2003/88 [X.] zu vereinbarende abstrakte Regelung zur Verwirklichung des gesetzgeberischen Ziels aussehen sollte.

6

Soweit der Kläger im Übrigen meint, die unterschiedliche Behandlung von Arbeitslosen, die ihren Anspruch auf [X.] ausschöpfen können und solchen, deren Anspruch früher endet, weil sie - wie der Kläger - aus dem Erwerbsleben ausscheiden oder - hiermit vergleichbar - frühzeitig eine neue Beschäftigung aufnehmen, sei verfassungswidrig, hätte er darlegen müssen, warum diese ersichtlich unterschiedlichen Sachverhalte vergleichbar sein sollen. Entsprechendes gilt für die Ausführungen des [X.] zu anderen Sozialleistungen.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 11 AL 3/17 B

29.05.2017

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Cottbus, 26. Januar 2016, Az: S 39 AL 286/14, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 157 Abs 2 SGB 3, § 7 Abs 4 BUrlG, Art 7 Abs 2 EGRL 88/2003

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 29.05.2017, Az. B 11 AL 3/17 B (REWIS RS 2017, 10321)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10321

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