Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2007, Az. I ZR 77/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 724

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. November 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Fruchtextrakt UWG §§ 3, 4 Nr. 11 Der Vertrieb eines Erzeugnisses, das in den Anwendungsbereich der Verordnung ([X.]) Nr. 258/97 des [X.] und des Rates über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten vom 27. Januar 1997 ([X.]. Nr. L 43 vom 14.2.1997, [X.], zuletzt geändert durch die Verordnung [[X.]] Nr. 1882/2003 vom 29.9.2003 [[X.]. Nr. L 284 vom 31.10.2003, [X.]] - [X.]) fällt, ohne die nach dieser Verordnung erforderliche Genehmigung stellt ein gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauteres Wettbewerbsverhalten dar. [X.]-VO 258/97 Art. 1 Abs. 2 Ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat wurde in der [X.] dann noch nicht i.S. des Art. 1 Abs. 2 der [X.] in nennenswertem Umfang ver-wendet, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls feststeht, dass das Mittel oder die Zutat vor dem 15. Mai 1997 in keinem Mitgliedst[X.]t in erheblicher Menge für den menschlichen Verzehr verwendet wurde (im [X.] an [X.]. 2005, [X.] - [X.] und [X.]); die Darlegungs- und Beweislast desjenigen, der das Fehlen einer solchen Verwendung behauptet, wird dadurch gemildert, dass den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast für das Vorliegen einer solchen Verwen-dung trifft. [X.], [X.]. v. 22. November 2007 - [X.] - [X.] - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. November 2007 durch [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 21. April 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die [X.] hat im Jahr 2003 Mittel beworben und vertrieben, die [X.]-Fruchtextrakt enthalten. [X.] ist die Frucht eines aus [X.] stammenden [X.], deren Extrakt fast 300mal so süß ist wie Zucker. 1 - 3 - Der Kläger, der [X.], hat hierin einen Wett-bewerbsverstoß gesehen, weil die von der [X.]n beworbenen und vertrie-benen Produkte unter die Verordnung ([X.]) Nr. 258/97 des [X.] und des Rates über neuartige Lebensmittel und neuartige [X.] vom 27. Januar 1997 ([X.]. Nr. L 43 vom 14.2.1997, [X.], zuletzt ge-ändert durch die Verordnung [[X.]] Nr. 1882/2003 vom 29.9.2003 [[X.]. Nr. L 284 vom 31.10.2003, [X.]]; im Weiteren: [X.]) fielen, aber nicht nach dem in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren zugelassen seien. 2 Nach erfolgloser Abmahnung nimmt der Kläger die [X.] im [X.] Rechtsstreit auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in [X.] 3 Der Kläger hat beantragt, die [X.] 4 1. unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Mittel "[X.] 80 % Fruchtpastillen", "[X.] Fruchtextrakt Pulver Mix" und "[X.] Liquidum" zu bewerben und/oder zu vertreiben, sofern die Mittel keine Zulassung oder Notifizierung nach der [X.] (Verordnung [X.] Nr. 258/97) haben; 2. zur Zahlung von 139,20 • nebst Zinsen zu verurteilen. Die [X.] ist der Klage entgegengetreten. 5 6 Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt der Kläger seine in beiden Vorinstanzen erfolglos gebliebenen [X.] weiter. Die [X.] beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. - 4 - Entscheidungsgründe: 7 I. Das Berufungsgericht hat - anders als das [X.] - angenommen, dass die Vorschriften der [X.] wegen des mit ihnen be-zweckten Schutzes der Gesundheit der Verbraucher i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dazu bestimmt seien, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Es hat jedoch gemeint, dass auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien nicht festgestellt werden könne, dass der Anwendungsbereich der [X.] im Streitfall eröffnet sei. Hierzu hat es ausgeführt: Der Kläger sei grundsätzlich für die Voraussetzungen der geltend ge-machten Ansprüche und damit auch dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass der Fruchtextrakt vor dem Inkrafttreten der [X.] am 15. Mai 1997 in der [X.] nur in nicht nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sei. Den ihm danach obliegenden Beweis, dass der Extrakt nicht in einem oder mehreren Mitgliedst[X.]ten im Han-del gewesen sei, habe er auch unter Berücksichtigung der zum Beweis negati-ver Tatsachen entwickelten Grundsätze nicht geführt. Die [X.] habe sub-stantiiert und unter Beweisantritt vorgetragen, dass Produkte mit [X.]-Fruchtextrakt seit mindestens 20 Jahren von verschiedenen Unternehmen und Restaurants in [X.], [X.] und den [X.] geführt würden. Der Kläger habe diesen Vortrag mit Ausnahme eines einzigen Falls nur [X.] bestritten und damit die Tatsachenbehauptungen der [X.]n weder ernsthaft in Frage gestellt noch widerlegt. 8 II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. Nach den vom [X.] - 5 - gericht bislang getroffenen Feststellungen können die vom Kläger geltend ge-machten Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten nicht verneint werden. 10 1. Die Parteifähigkeit der [X.]n, deren Fehlen in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist (§ 50 Abs. 1, § 56 Abs. 1 ZPO), ist nicht schon dadurch weggefallen, dass der von der [X.]n wäh-rend des Revisionsverfahrens gestellte Insolvenzantrag mangels Masse [X.] und nachfolgend die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden ist. Die Auflösung der Gesellschaft führt nicht zur Beendi-gung, sondern nur zur Liquidation der Gesellschaft, die parteifähig bleibt. Der Verlust der Parteifähigkeit tritt erst mit Vollbeendigung der juristischen Person ein (vgl. [X.], [X.]. v. 17.10.1994 - II ZR 159/93, [X.], 1887, 1888; [X.]/[X.], ZPO, 5. Aufl., § 50 Rdn. 18 m.w.[X.]). Für die Annahme einer Vollbe-endigung der [X.]n bestehen - auch unter Berücksichtigung des relativ kur-zen Zeitraums seit der Auflösung der Gesellschaft - keine hinreichenden [X.]. 2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vertrieb eines Erzeugnisses, das in den Anwendungsbereich der [X.] fällt, ohne die nach dieser Verordnung erforderliche Genehmigung (vgl. Art. 3 Abs. 2, Art. 4 der [X.]) ein gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG und auch im Jahr 2003 schon gemäß § 1 UWG a.F. unlauteres und [X.] darstellt. Die genannten lebensmittelrechtlichen Bestimmungen regeln das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer, weil sie gemäß der Zweiten Begründungserwägung der Novel-Food-Verord-nung dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen (vgl. [X.] 2006, 453, 457; [X.], [X.]. v. 27.3.2007 - 4 U 7/07, juris [X.]. 31; [X.] 2007, 68, 69; Harte/[X.]/[X.], UWG, 11 - 6 - § 4 Nr. 11 Rdn. 101; Bruggmann, [X.] 2007, 52, 54). Ihre Verletzung stellt aus diesem Grund auch keinen [X.] von § 3 UWG a.E. dar (vgl. [X.] 163, 265, 274 - Atemtest; [X.] [X.]O [X.]. 32). 12 3. Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht dessen Annahme, der Anwendungsbereich der Novel-Food-[X.] sei nicht eröffnet. Das Berufungsgericht hat den Begriff der "nicht nen-nenswerten Verwendung" i.S. des Art. 1 Abs. 2 der [X.] sowie die Darlegungs- und Beweislast der Parteien nicht richtig beurteilt. a) Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 findet die [X.] auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten in der [X.], die in dieser bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und in eine der in Art. 1 Abs. 2 lit. a bis f aufgeführten Gruppen von Erzeugnissen fallen. 13 [X.]) Das Berufungsgericht ist - von den Parteien unbeanstandet - davon ausgegangen, dass es sich bei den von der [X.]n beworbenen und vertrie-benen Produkten um Lebensmittel handelt, bei denen [X.]-Frucht-extrakt als eine aus Pflanzen isolierte [X.]. 1 Abs. 2 lit. e der [X.] verwendet wird. 14 [X.]) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass bei der Beur-teilung der Frage, ob ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat in der [X.] bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden ist, auf die Verhältnisse am 15. Mai 1997 abzustel-len ist (vgl. [X.], [X.]. v. [X.] - [X.]/03 und andere, Slg. 2005, [X.] = [X.], 863 [X.]. 87 = [X.] 2005, 435 - [X.] und [X.]). 15 - 7 - cc) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung jedoch einen unzutref-fenden Begriff der Neuartigkeit i.S. von Art. 1 Abs. 1 und 2 der [X.] zugrunde gelegt. Es hat angenommen, Lebensmittel oder Lebens-mittelzutaten seien im Sinne dieser Bestimmungen in der [X.] (noch) nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet [X.], wenn sie bei deren Inkrafttreten (überhaupt) nicht in einem oder mehreren Mitgliedst[X.]ten im Handel gewesen seien, ohne dass weitere quantitative An-forderungen an das Merkmal "nicht in nennenswertem Umfang" zu stellen [X.]. Es hat sich dabei auf die [X.] der Schlussanträge des [X.] vom 3. Februar 2005 in der Rechtssache [X.] und [X.] bezogen ([X.]. 2005, [X.]). Der [X.] ist der vom Generalanwalt dort vertretenen Auffassung in seinem am 7. Juni 2005 in dieser Sache erlassenen [X.]eil jedoch nicht gefolgt. Denn er hat insoweit ausgeführt, die Voraussetzung, dass das Lebensmittel oder die [X.] bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschli-chen Verzehr verwendet worden seien, beziehe sich auf die Verwendung für den Verzehr im Sinne der Aufnahme durch den Menschen. Sie sei erfüllt, wenn das betreffende Lebensmittel oder die betreffende Lebensmittelzutat vor dem Bezugszeitpunkt von Menschen nicht in erheblicher Menge verzehrt worden sei. Bei der Beurteilung, ob ein so geringer menschlicher Verzehr vorliege, habe die zuständige Behörde alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. In die-sem Zusammenhang sei der Umstand, dass das betreffende Lebensmittel oder die betreffende Zutat vor dem Bezugszeitpunkt auf dem Markt eines Mitglied-st[X.]ts oder mehrerer Mitgliedst[X.]ten vertrieben worden sei, (lediglich mit) von Bedeutung ([X.] [X.], 863 [X.]. 83-85 - [X.] und [X.]). Die berücksichtigten Umstände müssten das Lebensmittel oder die Zutat selbst betreffen, auf das oder auf die sich die Prüfung erstrecke, und nicht ein ähnliches oder vergleichbares Lebensmittel oder eine ähnliche oder vergleich-bare Zutat. Denn auf dem Gebiet der neuartigen Lebensmittel oder Lebensmit-16 - 8 - telzutaten lasse sich nicht ausschließen, dass selbst gering erscheinende [X.] ernst zu nehmende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung nach sich ziehen könnten, zumindest solange nicht die Unschädlichkeit des fraglichen Lebensmittels oder der fraglichen Zutat durch angemessene Verfah-ren nachgewiesen sei ([X.] [X.], 863 [X.]. 86 - [X.] und [X.]). b) Das Berufungsgericht ist mithin bei der Beurteilung der Frage, ob die Produkte der [X.]n als neuartige Lebensmittel i.S. des Art. 1 Abs. 2 der [X.] anzusehen sind oder neuartige Lebensmittelzutaten im Sinne der Verordnung enthalten, von einem anderen Maßstab ausgegangen als der Gerichtshof der Europäischen [X.]en in seinem am 9. Juni 2005 in der Sache [X.] und [X.] erlassenen [X.]eil. Dieser Umstand würde der Revision allerdings dann nicht zum Erfolg verhelfen, wenn sich diese Abweichung auf die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht ausgewirkt hätte (§ 561 ZPO). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Das [X.] hat, da es an das Merkmal "nicht in nennenswertem Umfang" zu geringe Anforderungen gestellt hat, zu Unrecht angenommen, der Kläger habe seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. 17 [X.]) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.], dass der Kläger insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist, als zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob die genannte Voraussetzung der Verwen-dung für den menschlichen Verzehr in "nicht nennenswertem Umfang" erfüllt ist (vgl. [X.] [X.], 863 [X.]. 88 - [X.] und [X.]; OLG Braunschweig [X.] 2006, 453, 461; Bruggmann, [X.] 2007, 52, 53 f.; zur Be-weislast im lebensmittelrechtlichen Überwachungsverfahren vgl. Meisterernst, [X.] 2007, 3, 13 f. einerseits und [X.], [X.] 2003, 543, 555 andererseits). Die seinen Anspruch begründenden Tatsachen hat grundsätzlich der Kläger [X.] - 9 - legen und zu beweisen. Dazu gehören hier die Darlegung und der Beweis der negativen Tatsache, dass es sich bei den beanstandeten Produkten der [X.]n um Lebensmittel oder Zutaten handelt, die vor dem 15. Mai 1997 in der [X.] nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sind. Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt auch dem Umstand Rechnung, dass das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten grundsätzlich keiner vorherigen Genehmigung bedarf (vgl. [X.].UWG/[X.]/[X.], [X.]. §§ 1-7 F § 2 LFGB Rdn. 16; vgl. ferner Meisterernst, [X.] 2007, 3, 13). [X.]) Das Berufungsgericht ist des Weiteren zutreffend davon ausgegan-gen, dass die [X.], soweit die Beweislast für die Neuartigkeit der bean-standeten Produkte beim Kläger liegt, in dieser Hinsicht eine sekundäre [X.] trifft und der Kläger auf einen substantiierten Vortrag der [X.]n seinerseits sein Vorbringen konkretisieren und darauf - gegebenenfalls unter Beweisantritt - eingehen muss. Für eine solche Darlegungslast der [X.]n spricht zum einen die Erwägung, dass an den Beweis einer negativen Tatsache keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. [X.], [X.] v. 21.12.2006 - [X.], [X.], 629 [X.]. 12 f. = WRP 2007, 781 - Zugang des [X.]; OLG Braunschweig [X.] 2006, 453, 461 m.w.[X.]). Zum anderen darf insbesondere auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die [X.] hier [X.] i.S. des Art. 3 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 178/2002 des [X.] und des Rates vom 28. Januar 2003 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des [X.], zur Errichtung der [X.] und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit ([X.]. Nr. L 31 v. 1.2.2002, [X.], geändert durch die Verordnung [[X.]] Nr. 1642/2003 [[X.]. Nr. L 245 v. 29.9.2003, S. 4]) ist und daher gemäß Art. 17 Abs. 1 dieser 19 - 10 - Verordnung Sorge dafür zu tragen hat, dass die von ihr beworbenen und ver-triebenen Lebensmittel die Anforderungen des Lebensmittelrechts erfüllen. 20 cc) Der Kläger hat, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, zunächst das Vorliegen der negativen Tatsache, dass das hier in Rede stehen-de Lebensmittel oder die Lebensmittelzutat zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet [X.] ist, hinreichend substantiiert behauptet. Die [X.] hat daraufhin in ihrer Klageerwiderung nur pauschal vorgetragen, [X.]-Produkte bzw. [X.], denen [X.]-Extrakt zugesetzt werde, seien bereits vor Ende 1995 im Geltungsbereich der [X.] in nennenswertem [X.] verwendet worden. Dabei ist die [X.] davon ausgegangen, dass quantitativ die Verwendung von Mengen ausreiche, die über das für Versuchs-zwecke Erforderliche hinausgehe. Sodann hat sie in einem weiteren Schriftsatz vom 30. Juli 2004 ohne Angabe von Mengen und ohne nähere Spezifizierung der betreffenden Produkte vorgetragen, dass einzelne, von ihr benannte Unter-nehmen [X.]-Produkte seit Jahren in die europäische [X.] importierten oder solche führten. [X.]) Entgegen der Auffassung des [X.] kann auf der [X.] dieses Vorbringens der [X.]n nicht bereits deshalb eine Verwendung der in Rede stehenden Lebensmittel oder Zutaten für den menschlichen Ver-zehr in einem nennenswerten Umfang angenommen werden, weil der Kläger die Tatsachenbehauptungen der [X.]n weder ernsthaft in Frage gestellt noch widerlegt habe. Der lediglich pauschale Vortrag der [X.]n zum Import und zum Angebot von [X.]-Produkten durch einzelne Unternehmen lässt keinen hinreichenden Schluss darauf zu, dass gerade die Lebensmittel oder die Zutaten, auf die sich die Prüfung zu erstrecken hat - also hier die [X.] der [X.]n, auf die sich das Unterlassungsbegehren des [X.] 21 - 11 - bezieht, oder zumindest bestimmte, vom Kläger als neuartige Lebensmittel oder Zutaten beanstandete Bestandteile dieser Erzeugnisse -, in einer erheblichen Menge vor dem 15. Mai 1997 in der [X.] von Menschen verzehrt [X.] sind. 22 Mit der Voraussetzung der Verwendung für den menschlichen Verzehr in nicht nennenswertem Umfang sind, wie sich aus der Entscheidung des [X.] [X.] und [X.] ergibt, die durch in diesem Sinne neuartige Lebensmittel und Zutaten begründeten Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung angesprochen. Danach ist davon auszugehen, dass ein zur Annahme der Neuartigkeit des betreffenden Lebensmittels oder der betreffen-den Zutat führender Verzehr durch Menschen in einer nicht erheblichen Menge dann anzunehmen ist, wenn das betreffende Lebensmittel oder die Zutat in ei-nem so geringen Umfang verzehrt worden ist, dass durch sein Inverkehrbringen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ernst zu nehmende Fol-gen für die Gesundheit der Bevölkerung nicht auszuschließen sind. Eine in die-sem Sinne erhebliche Menge der Verwendung für den menschlichen Verzehr ist dementsprechend gegeben, wenn es nach dem Umfang, in dem das betreffen-de Mittel von Menschen verzehrt worden ist, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht (mehr) erforderlich erscheint, das Inverkehrbringen in der [X.] erst nach einer Sicherheitsprüfung nach den Bestimmungen der [X.] zuzulassen. Die von der [X.]n vorgetragenen [X.] lassen einen solchen Schluss nicht zu. Sie betreffen lediglich den [X.] von [X.]-Produkten, also nur einen der in die Gesamtbeurteilung einzubeziehenden Umstände. Der Umfang des Vertriebs der betreffenden [X.] durch die benannten Unternehmen ist zudem nicht näher dargelegt. Und schließlich kann der pauschalen Angabe, es handele sich um [X.]-Produkte bzw. um Produkte, denen [X.]-Extrakt zugesetzt worden sei, nicht ohne weiteres entnommen werden, inwieweit die Produkte, die von den - 12 - von der [X.]n benannten Unternehmen importiert oder geführt worden sind, hinsichtlich der für die Beurteilung möglicher Gesundheitsgefahren maß-geblichen Bestandteile mit den beanstandeten Erzeugnissen der [X.]n ü-bereinstimmen. Angesichts des insoweit nicht hinreichend substantiierten Sachvortrags der [X.]n durfte sich der Kläger auf das Bestreiten der von der [X.]n vorgetragenen Tatsachen beschränken. 4. Lässt sich auf der bisherigen Tatsachengrundlage folglich nicht fest-stellen, dass die in Rede stehenden Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten vor dem 15. Mai 1997 in der [X.] in einem nennenswerten Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sind, kann bislang ein von der [X.]n begangener Wettbewerbsverstoß nicht verneint werden. Die durch einen solchen Verstoß gegebenenfalls begründete [X.] ist durch die Auflösung der [X.]n (oben unter 1) nicht weggefallen. Insoweit handelt es sich um eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Eine solche Änderung berührt die [X.] nur dann, wenn durch sie jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt ist (vgl. [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.], UWG, 26. Aufl., § 8 Rdn. 1.40 m.w.[X.]). Davon kann bei der [X.]n, die erst noch zu liquidieren ist, schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die [X.] besteht, dass sie noch über entsprechende Produkte verfügt. 23 5. Aus den dargelegten Gründen kann auch die Abweisung des auf Er-stattung der Abmahnkosten gerichteten [X.] keinen Bestand ha-ben. 24 III. Nach allem ist das mit der Revision angefochtene [X.]eil aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um den Parteien 25 - 13 - Gelegenheit zu geben, ihren Sachvortrag zu der Frage, ob die in Rede stehen-den Produkte in der [X.] zum maßgeblichen Zeitpunkt in einem nen-nenswerten Umfang zum menschlichen Verzehr verwendet wurden, im Hinblick auf die nach der Entscheidung [X.] und [X.] des Gerichts-hofs der Europäischen [X.]en zu berücksichtigenden Umstände zu ergänzen. Das Berufungsgericht wird sodann unter Berücksichtigung der [X.] oben unter II 3 b erneut zu prüfen haben, ob die Parteien ihrer [X.] hinsichtlich der (fehlenden) Neuartigkeit der von der [X.]n ver-triebenen Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten nachgekommen sind. Sollte 26 - 14 - es diese Frage bejahen, wird es zu prüfen haben, ob der hinsichtlich der Neuar-tigkeit beweisbelastete Kläger dafür hinreichend Beweis angetreten hat, und wird diesen Beweis gegebenenfalls zu erheben haben.
[X.]
[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.09.2004 - 4 HKO 8786/04 - [X.], Entscheidung vom 21.04.2005 - 29 U 5452/04 -

Meta

I ZR 77/05

22.11.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2007, Az. I ZR 77/05 (REWIS RS 2007, 724)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 724

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Lebensmittelrechtliche Ordnungsverfügung, Untersagung des Inverkehrbringens von Nutzhanfextrakt (Cannabis sativa), Novel, Food, Eigenschaft (bejaht), Sofortvollzug


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