Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. I ZR 100/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 451

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 4. Dezember 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.]-Kapseln UWG §§ 3, 4 Nr. 11; LFGB § 11 Abs. 1 Satz 1; [X.] § 1 Abs. 4a a) Ein sonstiger medizinisch bedingter Nährstoffbedarf [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.] liegt auch dann vor, wenn nicht ein Nährstoffdefizit aus-geglichen, sondern auf andere Weise durch die Nährstoffzufuhr ernäh-rungsbedingten Erkrankungen entgegengewirkt werden soll. b) Allein dem Umstand, dass bestimmte Produkte nur aufgrund einer besonde-ren Genehmigung von einzelnen Unternehmen hergestellt werden können, kann nicht entnommen werden, dass sie schon deshalb nicht Bestandteil einer normalen Ernährung [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] sind.
[X.], Urt. v. 4. Dezember 2008 - [X.]/06 - [X.]- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 2. Oktober 2008 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 19. Januar 2006 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen sowie die Beru-fung des [X.] hinsichtlich des [X.] zu 2 zurück-gewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagte stellt das Mittel "[X.] Kapseln" her und vertreibt es als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung von Hypercholesterinämie. Eine Kapsel enthält 1 - 3 - 200 mg pflanzliche [X.] in einem durch physikalische Extraktion erzielten Konzentrat aus Ölen von Mais, Soja und Raps und daneben Vitamin [X.] (auch Phytosterole oder Phytosterine genannt) verhindern die [X.] im Darm und reduzieren dadurch dessen Konzentrati-on im Blutplasma. Die [X.] und das nicht resorbierte Cholesterin werden über den Darm ausgeschieden. Der Kläger, der [X.], dem u.a. eine Viel-zahl von Unternehmen aus der [X.] angehört, mahnte die [X.] wegen des seiner Auffassung nach wettbewerbswidrigen Vertriebs und der Werbung für "[X.] Kapseln" ab und wandte hierfür pauschalierte Kosten in Höhe von 139,20 • auf. 2 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Produkt der Beklagten sei keine bilanzierte Diät [X.] von § 1 Abs. 4a [X.] und dürfe daher unter dieser Bezeichnung nicht vertrieben und beworben werden. Außerdem ergebe sich die Verkehrsunfähigkeit der "[X.] Kapseln" der Beklagten daraus, dass die in ihnen enthaltenen Phytosterole der Zulassung nach der Verordnung ([X.]) Nr. 258/97 ([X.]) bedürften. 3 Der Kläger hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, 4 der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr das Mittel "[X.] Kapseln" als "Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät)" in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewer-ben. Ferner hat er die Verurteilung der Beklagte zur Zahlung von 139,20 • nebst Zinsen begehrt. 5 - 4 - 6 Das [X.] hat die Beklagte zur Unterlassung und zur Zahlung der Hälfte der Abmahnpauschale in Höhe von 69,60 • verurteilt. Das [X.] hat die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen ([X.] 2006, 706 = [X.] 2006, 621). Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnpauschale in Höhe von 139,20 • gerich-tetes Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel [X.]. 7 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, es könne der Beklagten nicht untersagt werden, die "[X.] Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für be-sondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in Verkehr zu bringen oder als solches zu bewerben; die Beklagte sei daher auch nicht zur Zahlung der [X.] verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt: 8 Ein Unterlassungsanspruch des [X.] ergebe sich nicht aus § 8 Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB, weil "[X.] Kap-seln" ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilan-zierte Diät) im Sinne dieser Vorschrift seien und die Werbung der Beklagten mit dieser Bezeichnung daher nicht irreführend sei. "[X.] Kapseln" seien [X.] und keine Arzneimittel, weil nicht von einer pharmakologischen Wir-kung des Produkts ausgegangen werden könne. Das Mittel der Beklagten de-cke einen zur Reduzierung eines überhöhten Cholesterinspiegels bestehenden 9 - 5 - und deshalb medizinisch bedingten Bedarf. Die "[X.] Kapseln" dienten der Ernährung von Patienten, bei denen ein sonstiger medizinisch bedingter Nähr-stoffbedarf bestehe und für deren diätetische Behandlung weder eine Modifizie-rung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung ausreichten (vgl. § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.]). Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch könne auch nicht darauf gestützt werden, dass das Mit-tel der [X.] unterliege und die danach erforderliche [X.] nicht besitze. Gemäß ihrem Art. 1 Abs. 2 finde diese Verordnung Anwendung auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzuta-ten in der [X.], die dort bisher, d.h. bis zum Inkrafttreten der [X.] am 15. Mai 1997, noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschli-chen Verzehr verwendet worden seien. Produkte der streitgegenständlichen Art seien aber bereits vor diesem [X.]punkt im Handel in der [X.] erhältlich gewesen. Da die Abmahnung insgesamt unberechtigt gewesen sei, bestehe auch kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 2 UWG. I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen können die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung des [X.] und [X.] des Mittels "[X.] Kapseln" als diätetisches Lebensmit-tel für besondere Zwecke (bilanzierte Diät) sowie auf Zahlung der [X.] nicht verneint werden. 10 1. Die Revision beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch des [X.] nach § 8 Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB wegen irreführender Bezeichnung des Mittels der Beklagten als "diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwe-cke (bilanzierte Diät)" verneint hat. 11 - 6 - 12 a) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei dem Mittel der Beklagten handele es sich um ein Lebensmittel, so dass die Bezeichnung des Mittels als bilanzierte Diät nicht bereits deshalb unzulässig sei, weil es sich um ein (nicht zugelassenes) Arzneimittel handele. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann von einer pharmakologischen Wirkung der "[X.] Kapseln" der [X.] nicht ausgegangen werden, so dass das Produkt nicht als Arzneimittel an-gesehen werden könne. Diese Beurteilung lässt einen Rechtsfehler nicht er-kennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen. b) Nach Ansicht des Berufungsgerichts verstoßen Vertrieb und Werbung für "[X.] Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) nicht gegen die Vorschriften der Diätverordnung, so dass die Bezeichnung des Mittels als bilanzierte Diät auch nicht irreführend sei. Die dagegen gerichteten [X.] der Revision verhelfen ihr zum Erfolg. [X.]) Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilan-zierte Diäten) sind gemäß § 1 Abs. 4a Satz 1 [X.] Erzeugnisse, die auf be-sondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fä-higkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Aus-scheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nähr-stoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sons-tigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine be-sondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen (§ 1 Abs. 4a Satz 2 [X.]). Für bilanzierte Diäten ist nach § 21 Abs. 1 [X.] die Be-zeichnung "Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bi-14 - 7 - lanzierte Diät)" Verkehrsbezeichnung im Sinne der Lebensmittel-Kennzeich-nungsverordnung. 15 [X.]) Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], das Mittel der Beklagten erfülle die Voraussetzungen eines diäte-tischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) [X.] von § 1 Abs. 4a [X.]. (1) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt, dass das Mittel der Beklagten einem [X.] von § 1 [X.] dient. 16 Diätetische Lebensmittel sind nach § 1 Abs. 1 [X.] Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Auch bilanzierte Diäten müssen als diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einer besonderen Ernährung dienen, und zwar entweder der Ernährung von Patienten, bei denen die Aufnahme oder Verarbeitung gewöhnlicher Lebensmittel oder Nährstoffe aus bestimmten Gründen beeinträchtigt ist (§ 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 1 [X.]), oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf (§ 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.]). 17 Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dient das Mittel der [X.]n der Ernährung, weil es einen Nährstoffbedarf deckt. Mit seiner Hilfe [X.] ein überhöhter Cholesterinspiegel gesenkt werden, indem die in ihm enthal-tenen pflanzlichen [X.] die Resorption von Cholesterin im Darm verhinderten und dadurch dessen Konzentration im Blutplasma verringerten. Die Einwirkung auf die Resorption von in gewöhnlichen Lebensmitteln enthaltenen Nährstoffen wie Cholesterin falle unter § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.]. Für die rechtliche Einord-nung sei es ohne Bedeutung, dass die pflanzlichen [X.] als Bestandteile des 18 - 8 - Mittels der Beklagten eine "negative" Wirkung in dem Sinn hätten, dass sie an-dere, unerwünschte Stoffe (hier: Cholesterin) an deren Wirkung hinderten. Es komme auch nicht darauf an, ob sie erst nach oder bereits vor der Resorption im Darm wirkten. Entscheidend sei vielmehr, dass sie - wie Ballaststoffe - eine ernährungsbezogene Wirkung im Darm entfalteten. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme, dass das Mittel der Beklagten einem Ernährungszweck [X.] des § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.] dient, nicht entgegen, dass die in ihm enthaltenen pflanzlichen [X.] dem Körper weder Energie zuführen noch Vitamine oder Mineralstoffe liefern und zu fast 100% wieder ausgeschieden werden. Ein Mittel dient nicht nur dann der Ernährung, wenn es [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 1 [X.] einen Mangel an Nährstoffen beseitigen soll. Wie sich aus § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.] er-gibt, fällt unter den Ernährungsbegriff der Diätverordnung vielmehr auch ein "sonstiger" medizinisch bedingter Nährstoffbedarf. Die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 4a [X.], die in Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 1999/21/[X.] der [X.] vom 25. März 1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ([X.]. Nr. L 91 v. 7.4.1999, [X.]) durch die Zehnte Verordnung zur Änderung der Diätverordnung vom 21. Dezember 2001 ([X.] I S. 4189) in die Diätverordnung aufgenommen worden ist (vgl. [X.]. 957/01, S. 11 f.), stellt auf den Zweck ab, der mit dem Lebensmittel ver-folgt wird, und nicht auf dessen Gehalt an bestimmten Stoffen (vgl. auch [X.]/[X.] in Zipfel/[X.], Lebensmittelrecht, Stand der Kommentierung: 1. März 2007, [X.] § 1 [X.]. 81a; Delewski, [X.] 2006, 443, 446). Ein sonsti-ger medizinisch bedingter Nährstoffbedarf liegt auch dann vor, wenn nicht ein Nährstoffdefizit ausgeglichen, sondern auf andere Weise durch die [X.] ernährungsbedingten Erkrankungen entgegengewirkt werden soll (vgl. Delewski, [X.] 2006, 443, 447 f.; [X.], [X.], 229, 231 f.; [X.], 19 - 9 - Rechtliche Problemstellungen bei ergänzenden bilanzierten Diäten in arzneity-pischer Darreichungsform, 2008, [X.] f. m.w.[X.]). Lebensmittel dienen daher [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.] der Ernährung von Patienten mit einem besonderen, medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, wenn - wie im vorliegen-den Fall - durch die Aufnahme der in ihnen enthaltenen Nährstoffe (hier: pflanz-liche [X.]) im Hinblick auf die betreffende Krankheit oder Störung (hier: Hypercholesterinämie) eine von den Nährstoffen ausgehende Wirkung erzielt wird (hier: Verhinderung der Resorption von Cholesterin im Darm und damit Reduzierung des Cholesterinspiegels). Der hier zugrunde gelegte weite Ernährungsbegriff ist auch mit der [X.] 1999/21/[X.] vereinbar. Denn der Richtliniengeber hat bewusst davon ab-gesehen, detaillierte Vorschriften über die Zusammensetzung diätetischer [X.] für besondere Zwecke festzulegen, weil sich zum einen die wissen-schaftlichen Kenntnisse, die ihnen zugrunde liegen, rasch weiterentwickeln und weil zum anderen ein breites Spektrum von diätetischen Lebensmitteln besteht, deren Zusammensetzung nach verschiedenen Faktoren stark variieren kann (vgl. Erwägungsgründe 2 und 3 der Richtlinie). Die Richtlinie nennt insoweit Faktoren wie Krankheit oder Störung bzw. Beschwerden der Patienten, für die die diätetischen Lebensmittel bestimmt sind, Alter der Patienten und Ort ihrer medizinischen Behandlung, ferner, ob die Lebensmittel als einzige [X.] verwendet werden. Auch insoweit soll jedoch keine Festlegung erfolgen. Erwägungsgrund 2 der Richtlinie lässt vielmehr ausdrücklich die Einbeziehung anderer möglicher Faktoren zu ("–und möglicherweise nach anderen Fakto-ren"). Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs bilanzierter Diäten auf ei-nen eng verstandenen Begriff der besonderen Ernährungserfordernisse von Personen, die an bestimmten Krankheiten, Störungen oder Beschwerden leiden oder aufgrund von ihnen unterernährt sind (vgl. Erwägungsgrund 1 der Richtli-nie), ist demnach nicht gewollt (vgl. auch [X.] aaO S. 87 f.). Da [X.] - 10 - lich der Auslegung der Richtlinie unter Berücksichtigung ihrer Erwägungsgründe keine vernünftigen Zweifel bestehen, ist insoweit eine Vorlage an den Gerichts-hof der Europäischen [X.]en nach Art. 234 [X.] nicht erforderlich (st. Rspr.; vgl. [X.], Urt. v. 6.10.1982 - 283/81, [X.]. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 [X.]. 16 - [X.]; Urt. v. 15.9.2005 - [X.]/03, [X.]. 2005, [X.] [X.]. 33). Unterfallen Nährstoffzusammensetzungen der vorliegenden Art demnach grundsätzlich dem Begriff des diätetischen Lebensmittels für besondere medizi-nisch Zwecke (bilanzierte Diät) [X.] von § 1 Abs. 4a [X.], braucht im [X.] Zusammenhang der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob und ge-gebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sie auch Stoffe [X.] von § 3 Nr. 1 [X.] sein können. Denn das Unterlassungsbegehren des [X.] stellt nur darauf ab, das die Bezeichnung des Produkts der Beklagten als "bilanzierte [X.]" irreführend sei. 21 (2) Die Voraussetzung nach § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.], dass der Nährstoffbedarf "medizinisch bedingt" sein muss, hat das Berufungsgericht als erfüllt angesehen, weil das Mittel der Beklagten der Reduzierung eines über-höhten Cholesterinspiegels dient. Die Annahme des Berufungsgerichts, es handele sich bei dem Einsatz des Mittels zum Zweck der Reduzierung der Cho-lesterinaufnahme bei einer Hypercholesterinämie um einen medizinischen [X.] [X.] von § 1 Abs. 4a [X.], lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Ein Nährstoffbedarf ist [X.] des § 1 Abs. 4a [X.] medizinisch bedingt, wenn Be-schwerden, Krankheiten oder Störungen vorliegen, bei denen ein besonderer Bedarf an bestimmten Nährstoffformulierungen besteht (vgl. § 1 Abs. 4a Satz 3 [X.]). Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass sich bei der Hypercholesterinämie ein solcher Bedarf aus dem bei dieser Erkrankung [X.] Beschwerdebild ergibt (vgl. auch [X.]/[X.] aaO § 1 [X.]. 16; [X.], [X.] 2006, 631, 632 m.w.[X.]). 22 - 11 - 23 (3) Die Bestimmung des § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] setzt jedoch weiter [X.], dass für die "diätetische Behandlung der Patienten eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen". Die Annahme des Berufungs-gerichts, im vorliegenden Fall vermöge eine Modifizierung der normalen Ernäh-rung den Bedarf an pflanzlichen [X.]n nicht zu decken, beruht, wie die Revi-sion mit Recht rügt, auf rechtsfehlerhaften Erwägungen. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass sich eine Senkung des Cho-lesterinspiegels etwa durch die Einnahme von mit pflanzlichen [X.]n ange-reicherten Lebensmitteln der Marken "[X.]" oder "[X.]" erreichen lasse. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, diese Produkte dürften we-gen ihres Sterol- oder [X.] nur aufgrund einer besonderen [X.] von einzelnen Unternehmen hergestellt werden. Sie könnten dem-entsprechend von diesen Unternehmen wieder vom Markt genommen werden und stünden dann den Patienten nicht mehr zur Verfügung. Darin unterschie-den sie sich von gewöhnlichen Lebensmitteln, die herstellerunabhängig auf dem Markt verfügbar seien, und könnten deshalb nicht als Bestandteil normaler Ernährung [X.] des § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] angesehen werden. Dieser Beur-teilung kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. 24 Unter einer normalen Ernährung [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] ist ei-ne solche Ernährung zu verstehen, die insbesondere hinsichtlich der Art und der Eigenschaften der verzehrten Lebensmittel sowie des Umfangs und der Dauer des Verzehrs im Rahmen der üblichen Ernährungsgewohnheiten des betreffenden Patientenkreises liegt. Eine Modifizierung der normalen Ernährung reicht zur diätetischen Behandlung nicht aus, wenn sich mit ihr die besonderen medizinischen Zwecke nicht oder nicht sicher erreichen lassen, die [X.] - 12 - rung nicht praktikabel oder für den Patienten unzumutbar ist (vgl. Stellungnah-me des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des [X.], [X.], 236, 238; [X.], [X.] 2003, 265, 273 f.; [X.] aaO S. 120 m.w.[X.]). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich allein dem Umstand, dass bestimmte Produkte nur aufgrund einer besonderen Genehmigung von einzelnen Unternehmen hergestellt werden können, nicht entnehmen, dass sie schon deshalb nicht Bestandteil einer normalen Ernäh-rung [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] sind. Zwar kann, wie das [X.] im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, im Rahmen der Beurtei-lung, ob dem Patienten eine entsprechende Modifizierung seiner Ernährung zuzumuten ist, die Verfügbarkeit der betreffenden Produkte Bedeutung erlan-gen. Ob dem Patienten die Verwendung auch solcher Lebensmittel zugemutet werden kann, die nur von einzelnen Herstellern auf der Grundlage einer beson-deren Genehmigung auf den Markt gebracht werden, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls (vgl. auch [X.], [X.] 2006, 631, 636; [X.] aaO S. 119 f.). [X.] wenn die betreffenden Produkte schon seit längerer [X.] vertrieben werden und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Hersteller sie in absehbarer [X.] vom Markt nehmen wollen oder müssen, werden in der Regel unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit keine Bedenken bestehen, den Patienten auf eine entsprechende Modifizierung seiner Ernährung zu [X.]. Solche für die Beurteilung der Zumutbarkeit erforderlichen konkreten Feststellungen zur Verfügbarkeit der Produkte "[X.]" oder "[X.]" hat das Berufungsgericht nicht getroffen. 2. Die bislang getroffenen Feststellungen tragen auch nicht die Auffas-sung des Berufungsgerichts, der Kläger könne den geltend gemachten [X.] ferner nicht darauf stützen, dass das Mittel der Beklagten nicht über die nach der [X.] erforderliche Zulassung verfü-ge. 26 - 13 - 27 a) Der Kläger hat sein Unterlassungsbegehren auch darauf gestützt, dass die in dem Mittel der Beklagten enthaltenen pflanzlichen [X.] der Zu-lassung nach der [X.] bedürften, eine solche Zulassung jedoch nicht erteilt sei, so dass auch aus diesem Grunde Werbung und Vertrieb der "[X.] Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zu untersagen seien. Zur Begründung dafür, dass das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit Phytosterin-/Phytostanolzusätzen einer Zulassung durch die [X.] nach Art. 4 der [X.] [X.], hat sich der Kläger auf beispielhafte Genehmigungen der [X.] vom 31. März 2004 und vom 12. November 2004 bezogen. b) Der Kläger hat damit schlüssig einen Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dargelegt. Der Vertrieb eines Erzeugnisses, das in den An-wendungsbereich der [X.] fällt, ohne die nach dieser [X.] erforderliche Genehmigung stellt ein gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauteres Wettbewerbsverhalten dar ([X.], Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 77/05, [X.], 625 [X.]. 11 = [X.], 924 - Fruchtextrakt; zur Darlegungslast [X.]. 18 ff.). 28 c) Die [X.] findet nach ihrem Art. 1 Abs. 2 auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten in der [X.], die dort bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und in eine der in Art. 1 Abs. 2 lit. a bis f aufgeführten Gruppen von Erzeugnissen fallen. Mit Recht hat das Be-rufungsgericht angenommen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein [X.] oder eine Lebensmittelzutat in der [X.] bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden ist, auf die Verhältnisse am 15. Mai 1997 abzustellen ist (vgl. [X.], Urt. v. [X.] - [X.]/03 u.a., [X.]. 2005, [X.] = [X.], 863 [X.]. 87 = [X.] 29 - 14 - 2005, 435 - [X.] [X.] und [X.]; [X.] [X.], 625 [X.]. 15 - Fruchtextrakt). 30 d) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung jedoch einen unzutref-fenden Begriff der Neuartigkeit [X.] von Art. 1 Abs. 1 und 2 der [X.] zugrunde gelegt. Es hat angenommen, Lebensmittel oder Lebens-mittelzutaten seien im Sinne dieser Bestimmungen in der [X.] bereits dann in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet [X.], wenn sie bei deren Inkrafttreten (überhaupt) in einem oder mehreren Mit-gliedstaaten im Handel gewesen seien, ohne dass weitere quantitative Anforde-rungen an das Merkmal "nicht in nennenswertem Umfang" zu stellen seien. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.]en bezieht sich die Voraussetzung, dass das Lebensmittel oder die [X.] bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Ver-zehr verwendet worden ist, jedoch auf die Verwendung für den Verzehr im [X.] der Aufnahme durch den Menschen. Sie ist erfüllt, wenn das betreffende Lebensmittel oder die betreffende Lebensmittelzutat vor dem Bezugszeitpunkt von Menschen nicht in erheblicher Menge verzehrt worden ist. Bei der Beurtei-lung, ob ein so geringer menschlicher Verzehr vorliegt, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass das betreffende Lebensmittel oder die betreffende Zutat vor dem Bezugszeit-punkt auf dem Markt eines Mitgliedstaats oder mehrerer Mitgliedstaaten vertrie-ben worden ist, (lediglich mit) von Bedeutung ([X.] [X.], 863 [X.]. 83-85 - [X.] [X.] und [X.]). 3. Aus den vorstehend genannten Gründen kann das Berufungsurteil auch keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch des [X.] auf Ersatz der Abmahnkosten verneint hat. Die Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe geschuldet, wenn die Abmahnung nur teilweise [X.] - 15 - rechtigt war (vgl. [X.], Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 94/97, [X.], 509, 512; Urt. v. 16.7.2008 - VIII ZR 348/06, [X.], 1010 [X.]. 50 m.w.[X.]). 32 II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das [X.] die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Unterlassung des Vertriebs und der Werbung für das Mittel der Beklagten als bilanzierte Diät und des Ersatzes der Abmahnkosten abgewiesen hat. Insoweit ist die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien die erforderlichen Feststellungen dazu treffen kann, ob eine Modifizierung der Ernährung durch Verzehr von Lebensmitteln der Marken "[X.] pro-aktiv" oder "[X.]" zumutbar und zur Erreichung der - 16 - angestrebten medizinischen Zwecke ausreichend ist und gegebenenfalls ob es sich dabei um ein neuartiges Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-[X.] handelt. [X.] Ri[X.] Pokrant ist in Urlaub und Schaffert kann daher nicht unterschreiben.
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.05.2005 - 17 [X.] 1150/05 - [X.], Entscheidung vom 19.01.2006 - 29 U 3361/05 -

Meta

I ZR 100/06

04.12.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. I ZR 100/06 (REWIS RS 2008, 451)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 451

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 8/11 (Bundesgerichtshof)

Unlauterer Wettbewerb: Vertrieb eines Nahrungsergänzungsmittels als "bilanzierte Diät” bei Nichterfüllung der Anforderungen der DiätV; Abgrenzung …


I ZR 220/05 (Bundesgerichtshof)


I ZR 8/11 (Bundesgerichtshof)


I ZR 51/06 (Bundesgerichtshof)


2 HK O 94/18 (LG München II)

Keime in Pulverform und Qualifikation als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.