Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2004, Az. III ZR 315/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2293

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Entscheidungstext


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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 15. Juli 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 661a

Der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (hier: einer s.a.r.l. [X.] Rechts) haftet nicht nach § 661a BGB persön-lich für die Erfüllung einer von der [X.] oder vergleichbaren Mitteilung.

[X.], Urteil vom 15. Juli 2004 - [X.]/03 - OLG Koblenz

LG Trier - 2 -

[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2004 durch [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 10. Oktober 2003 wird [X.].

Der Kläger hat die Kosten des [X.]es zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Beklagte zu 2 ist der Geschäftsführer der an dem [X.] nicht beteiligten [X.] zu 1, einer in [X.] ansässigen [X.] (s.a.r.l.).

Die Beklagte zu 1 übersandte dem Kläger im Juni 2001 einen "[X.]" über einen "Jackpot-Gewinn von: [X.]" sowie ein Schreiben, das dem Anschein nach "[X.]([X.])" unterschrie-ben hatte und in dem es unter anderem hieß:
- 3 -

"Betrifft: Jackpot-Gewinn von [X.]. Letzter Aufruf zur [X.] Herr M. ! (= Kläger) [X.] liegen sicher in unserem Safe der Finanzbuchhaltung und warten auf Auszahlung!

Ja, lieber Herr M. , es stimmt: der [X.] in Höhe von [X.] liegt noch immer in unserem Safe.

Warum fordern Sie Ihren Gewinn nicht an, lieber Herr M. ? Ich hatte Ihnen doch schon am 11.06.2001 Ihren Gewinn-Scheck zu-geschickt! –

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch unser heutiges Angebot ans Herz legen. Für Süßes hat man doch eigentlich im-mer Verwendung und wenn mal überraschend Besuch kommt, ist es gut, wenn man noch eine Schachtel Pralinen oder eine Pak-kung Gebäck im Schrank hat, oder? –"

Der Kläger übersandte der [X.] zu 1 mit Schreiben vom 27. Juni 2001 den mit der "[X.]" versehenen "[X.]". Die Beklagte zu 1 zahlte den angeblichen Gewinn von 60.000 DM nicht.

Im August 2001 erhielt der Kläger von der [X.] zu 1 eine "Offizielle Gewinnerliste", die ihn als "Gewinner" eines "Gewinnbetrag(es)" von 50.000 DM "Status: noch nicht ausbezahlt!" auswies, ferner ein Schreiben, das - auszugsweise - lautete:
"[X.] SIE UNSER GEWINNER SIND, [X.] WIR [X.] [X.]:

[X.] [X.]
- 4 -

SIE HABEN 50.000,- DM IN BAR GEWONNEN!

ES ERGEHT DIE [X.] [X.] ZUM [X.] IHRES BARGELD-GEWINNS!

Herr M. , 50.000,- DM in bar gehören Ihnen!

Der Scheck über den vollen Betrag liegt für Sie bereit!
Sehr geehrter Herr M. ,

vor einigen Wochen haben Sie die Anforderungs-Dokumente für 50.000,- DM in bar erhalten, seitdem haben wir nichts mehr von Ihnen gehört! –

[X.] Sie uns nicht, Ihre 50.000,- DM an einen anderen Teilnehmer auszuhändigen!!! –

Schauen Sie schnell in das beiliegende Angebot, das Sie sicher überzeugen wird und schicken Sie dann Ihre kompletten Unterla-gen am besten noch heute zurück! –

Herzliche Grüße A. B. [X.]"

Mit Anwaltsschreiben vom 20. August 2001 leitete der Kläger der [X.] zu 1 den deren Schreiben beigefügten "[X.]" über 50.000 DM zu. Die Beklagte zu 1 zahlte nicht.

Der Kläger verlangt von den [X.] als Gesamtschuldnern Zahlung von 56.242,10 • (= 110.000 DM) nebst Zinsen. Die Beklagte zu 1 habe ihm mittels der vorgenannten Schreiben Gewinnzusagen (§ 661a BGB) über insge-samt 110.000 DM erteilt. Der Beklagte zu 2 sei wie die Beklagte zu 1 zur [X.] 5 -

lung der Gewinnzusagen verpflichtet. Als Geschäftsführer der [X.] zu 1 falle er unter den weit zu fassenden Unternehmerbegriff des § 661a BGB.

Das [X.] und das Berufungsgericht haben die Beklagte zu 1 [X.] verurteilt und die Klage gegen den [X.] zu 2 abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision weiterhin sein Zahlungsbegehren gegen den [X.] zu 2.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

[X.]

Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] Gerichte seien für die Klage gegen die Beklagte zu 1 gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Alt. 2 und gemäß Art. 5 Nr. 3 des [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, BGBl. [X.] (im folgenden EuGVÜ) international zuständig. Im Anschluß daran hat es still-schweigend die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte auch für die Klage gegen den [X.] zu 2 bejaht.

Das Berufungsgericht hat eine Zahlungsverpflichtung des [X.] zu 2 aus den als Gewinnzusagen aufgefaßten Schreiben der [X.] zu 1 an - 6 -

den Kläger verneint. Nur die Beklagte zu 1 sei gegenüber dem Kläger als Un-ternehmer im Sinne des § 661a BGB aufgetreten; sie - und nicht der Beklagte zu 2 - habe die Gewinnmitteilungen versandt.
I[X.]

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.

1. Die [X.] Gerichte sind für die Klage gegen den in [X.] an-sässigen [X.] zu 2 international zuständig. Die Parteien legen dies im [X.] einhellig zugrunde; die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO n.F. von Amts wegen gebotene Prüfung der internationalen [X.] ergibt keine durchgreifenden Bedenken (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. [X.]/00 - Slg. 2002 I 6367 Rn. 53 ff = NJW 2002, 2697, 2698 f; Senatsurteil [X.] 153, 82, 84 ff; weiter zur Amtsprü-fung: [X.], Urteil vom 27. Mai 2003 - [X.], 1542, 1543; Urteil vom 11. Juli 2003 - [X.] - NJW 2003, 2830). Jedenfalls bestünde bei den [X.] Gerichten der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ; vgl. Senatsurteil [X.]O S. 89 ff). Der Kläger hat den gegen den [X.] zu 2 erhobenen Zahlungsanspruch auch auf diesen Gesichtspunkt gestützt.

2. Die Klage gegen den [X.] zu 2 ist unbegründet.

a) Der Streitfall ist jedenfalls kraft stillschweigender Rechtswahl der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 4. Mai 2004 - [X.]/03 Umdruck S. 12 f, vorgesehen zum Abdruck in [X.], m.w.N.) nach [X.] Recht zu - 7 -

entscheiden. Die Parteien haben ihrem Vortrag übereinstimmend [X.] Recht zugrunde gelegt.

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Zahlungsanspruch nach § 661a BGB verneint.

Nach § 661a BGB hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder ver-gleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung die-ser Zusage den Eindruck erweckt, daß der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten. Diese Anspruchsvoraussetzun-gen sind in bezug auf den [X.] zu 2 nicht gegeben.

Zwar handelte es sich bei den Schreiben der [X.] zu 1 vom Juni 2001 und August 2001 nach den von den Parteien nicht angegriffenen Fest-stellungen des Berufungsgerichts um "Gewinnzusagen oder vergleichbare Mit-teilungen", die einem Verbraucher - hier dem Kläger - übersandt wurden und den Eindruck erweckten, er habe einen Preis gewonnen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2004 - [X.]/03 - NJW 2004, 1652, 1653). Diesbezüglich kann der Beklagte zu 2 aber nicht nach § 661a BGB in Anspruch genommen werden, weil er weder als "Unternehmer" noch als Versender der Gewinnmitteilungen anzusehen ist.

[X.]) "Unternehmer" ist nach § 14 Abs. 1 BGB eine natürliche oder juristi-sche Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen be-ruflichen Tätigkeit handelt. Diese Legaldefinition ist im Fall der Gewinnzusage (§ 661a BGB), die als einseitiges Rechtsgeschäft oder als geschäftsähnliche - 8 -

Handlung zu qualifizieren ist (vgl. Senatsurteil [X.] 153, 82, 88 m.w.N.), [X.] entsprechend anwendbar (vgl. [X.]/[X.], [X.]. 2004 § 661a Rn. 2; [X.]/[X.], [X.]. 2004 § 661a Rn. 2; [X.]/ [X.], [X.]. 2003 § 661a Rn. 5; [X.]/[X.] 3. Aufl. 2003 § 661a Rn. 2; [X.] NJW 2000, 3305, 3306; so auch im Ergebnis [X.][X.], BGB 2003 § 661a Rn. 4; zweifelnd [X.]/Micklitz 4. Aufl. 2001 § 13 Rn. 47). Der Beklagte zu 2 war danach nicht Unternehmer, weil er - soweit er als Geschäftsführer der [X.] zu 1 an den vorgenannten Gewinnmitteilungen mitgewirkt hätte - nicht in Ausübung einer eigenen gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hätte. Die Geschäftsführung einer GmbH - nichts anderes kann für die nach dem Vorbild des [X.] GmbH-Gesetzes in das [X.] Recht einge-fügte s.a.r.l. gelten (vgl. [X.], Die zivilrechtliche Haftung des [X.] einer GmbH 2002 S. 41, 62; s. ferner zur Stellung des Geschäfts-führers <"gérant"> einer s.a.r.l. [X.], [X.] Handels- und Wirtschaftsrecht 2. Aufl. 1991 S. 182 f) - ist keine gewerbliche oder selbständi-ge, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit (vgl. [X.] 133, 71, 77 f; 220, 223; 144, 370, 380; [X.]/[X.] Saenger [X.]O § 14 Rn. 15).

[X.]) Der Beklagte zu 2 war auch nicht Versender im Sinne eines nach außen erkennbaren Absenders der Gewinnzusagen (vgl. [X.]/[X.] [X.]O Rn. 2). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sandte nicht der [X.] zu 2, sondern die Beklagte zu 1 die Mitteilungen über angeblich gewon-nene Preise dem Kläger zu. Der Beklagte zu 2 trat hierbei nicht in Erscheinung. Die mit fiktiven Namen unterschriebenen Mitteilungen verwiesen allein auf die - tatsächlich existente - Beklagte zu 1.
- 9 -

cc) Die Revision meint, der Begriff des "Unternehmer(s), der Gewinnzu-sagen oder vergleichbare Mitteilungen – sendet", sei im Hinblick auf das Ziel des § 661a BGB, die unlautere Werbung mittels Vortäuschung scheinbarer Gewinne zu unterbinden (vgl. Senatsurteil [X.] 153, 82, 90 f m.w.N.), weiter als vorbeschrieben zu fassen. Wirkungsvoll ließen sich unlautere Gewinnspiele nur dann zurückdrängen, wenn der aus § 661a BGB resultierende Erfüllungs-anspruch auch die natürlichen Personen treffe, welche - hinter den Unterneh-men stehend - diese Werbung organisierten. Blieben diese Personen unbe-langt, werde das gesetzgeberische Ziel verfehlt, weil der Weg zu einer Umge-hung des § 661a BGB vorgezeichnet sei: Es genüge, die juristische Person, welche die Zahlungspflicht aus § 661a BGB treffe, rechtzeitig zu liquidieren oder diese mit einer Mindestausstattung zu versehen und eine Insolvenz in Kauf zu nehmen, um sodann das unlautere Verhalten mittels einer anderen oder neu gegründeten Gesellschaft fortzusetzen.

Diese von der Revision angestellten allgemeinen Normzwecküberlegun-gen, denen kein entsprechender Tatsachenvortrag zugrunde liegt, rechtfertigen es nicht, § 661a BGB zu einer Haftungsnorm auszuweiten, die den Durchgriff auf den Geschäftsführer oder Gesellschafter einer die Gewinnzusage erteilen-den Gesellschaft mit beschränkter Haftung erlaubt.

c) Der Beklagte zu 2 hat dem Kläger schließlich nicht aus Garantiever-trag oder delikts- oder "schadensersatzrechtlich analog der Rechtsprechung zu § 463 Satz 1 BGB a.F." für die Erfüllung des Anspruchs aus § 661a BGB gegen die Beklagte zu 1 einzustehen. Er hat gegenüber dem Kläger von ihm selbst - 10 -

ausgehendes Vertrauen nicht in Anspruch genommen. Im Zusammenhang mit den von seiten der [X.] zu 1 versandten Gewinnzusagen ist er, wie be-reits erwähnt, nicht in Erscheinung getreten.

[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

III ZR 315/03

15.07.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2004, Az. III ZR 315/03 (REWIS RS 2004, 2293)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2293

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