Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.06.2011, Az. II S 2/11 (PKH)

2. Senat | REWIS RS 2011, 5765

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nachweis der PKH-Voraussetzungen bei Bezug von Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII


Leitsatz

1. NV: Ein PKH beantragende Beteiligter, der laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII bezieht, kann die Felder E bis J des Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unausgefüllt lassen, wenn er seinen letzten Bewilligungsbescheid des Sozialamtes dem PKH-Antrag beifügt.

2. NV: Für den Nachweis der Verhältnisse des Antragstellers reicht es jedoch nicht aus, wenn der Bewilligungsbescheid einen im Zeitpunkt der Beantragung der PKH bereits seit mehreren Monaten abgelaufenen Bewilligungszeitraum betrifft.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller betreibt als Rechtsanwalt a.D. eine "Soziale Rechtsdienstleistungskanzlei". Nachdem er sich mit Schreiben vom 27. Mai 2010 gegenüber dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) zum Verfahrensbevollmächtigten einer Steuerpflichtigen bestellt hatte, wurde er mit Bescheid vom 6. Juli 2010 gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung ([X.]) als Bevollmächtigter zurückgewiesen. Der Einspruch, ein beim Finanzgericht ([X.]) gestellter Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Klage blieben ohne Erfolg.

2

Der Antragsteller begehrt PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine noch einzulegende Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.].

Entscheidungsgründe

3

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat keinen [X.]rfolg.

4

1. Der Antragsteller konnte den Antrag auf Bewilligung von PKH selbst wirksam stellen, weil für einen derartigen Antrag kein Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) besteht (vgl. Beschluss des [X.] --[X.]--- vom 1. Dezember 2010 IV S 10/10 (PKH), [X.], 444, m.w.N.).

5

2. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH liegen jedoch nicht vor.

6

a) Nach § 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine [X.], die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf [X.]rfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine [X.]rklärung der [X.] über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hierbei hat der [X.] die dafür eingeführten Vordrucke zu benutzen (§ 117 Abs. 4 ZPO). [X.]ine [X.]rleichterung beim Ausfüllen des Vordrucks sieht § 2 Abs. 2 der Verordnung zur [X.]inführung eines Vordrucks für die [X.]rklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe für Beteiligte vor, die nach dem [X.] ([X.]) laufende Leistungen zum Lebensunterhalt beziehen. Sie können die Felder [X.] bis J des Vordrucks unausgefüllt lassen, wenn sie dem [X.] ihren letzten Bewilligungsbescheid des Sozialamtes beifügen.

7

b) Im Streitfall hat der Antragsteller diesem [X.]rfordernis nicht genügt. [X.]r hat zwar seiner am 4. April 2011 unterschriebenen, in den Abschnitten [X.] bis J nicht ausgefüllten [X.]rklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen Bewilligungsbescheid über laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beigefügt. Dieser Bescheid vom 26. Juni 2009 betrifft aber nur den Bewilligungszeitraum vom 1. Juni 2009 bis zum 31. Mai 2010 und nicht die für die Beurteilung des [X.]s maßgebliche Zeit ab April 2011. Sollte der Antragsteller auch derzeit Leistungen zum Lebensunterhalt beziehen, war er gehalten, den jetzt geltenden Bewilligungsbescheid vorzulegen. Aus dem Bescheid für einen im Zeitpunkt der Beantragung der PKH bereits seit zehn Monaten abgelaufenen Bewilligungszeitraum kann nicht geschlossen werden, dass der Antragsteller weiterhin Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem [X.] erhalten hat. Denn die [X.]inkommens- und Vermögensverhältnisse können sich zugunsten des Antragstellers geändert haben. In dem Vordruck wird zudem ausdrücklich und deutlich darauf hingewiesen, dass der letzte über die Leistungen erhaltene Bescheid beizufügen ist. Andere Unterlagen, die als Nachweis für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers dienen könnten, liegen nicht vor.

8

c) Darüber hinaus bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung durch [X.]rhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf [X.]rfolg.

9

aa) Soweit der Antragsteller rügt, das [X.] habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (§ 119 Nr. 3 [X.]O), weil sein Antrag auf PKH erst in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2011 abgelehnt worden sei und er deshalb keinen Reisekostenvorschuss zwecks Teilnahme an der mündlichen Verhandlung erhalten habe, ist sein Vorbringen nicht zutreffend. Das [X.] hat --ausweislich der [X.]-Akten-- den Antrag auf Bewilligung von PKH bereits mit Beschluss vom 3. März 2011 abgelehnt und diese [X.]ntscheidung dem Antragsteller am 4. März 2011 mit Telefax sowie zusätzlich mit der Post übermittelt. Der Antragsteller war damit rechtzeitig über die Ablehnung seines [X.]s informiert.

bb) Mit dem Vortrag, das Urteil des [X.] sei fehlerhaft, weil er --der [X.] seine Tätigkeit auch ohne [X.]rlaubnisnorm ausüben könne und § 3 Nr. 2 des [X.] mangels einer geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf ihn nicht anwendbar sei, macht er einen materiell-rechtlichen Fehler geltend, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (vgl. [X.] vom 9. Februar 2011 [X.]/10, [X.], 846).

cc) Die vom Antragsteller sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen i.S. des § 80 Abs. 5 AO nur bei einer entgeltlichen Tätigkeit vorliege, könnte die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O ebenfalls nicht rechtfertigen. Der Antragsteller hat zwar ausgeführt, dass aufgrund der [X.]ntscheidung des [X.] vom 16. Februar 2006  2 BvR 951/04, 2 BvR 1087/04 (Neue Juristische Wochenschrift 2006, 1502) und nach [X.]rlass des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen vom 12. Dezember 2007 ([X.], 2840) die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen nunmehr eine entgeltliche Tätigkeit voraussetze, er selbst unentgeltlich tätig werde und eine Geschäftsmäßigkeit nicht mehr allein deshalb angenommen werden könne, weil die Tätigkeit in einer Mehrzahl von Fällen und mit [X.] ausgeübt werde.

Die aufgeworfene Rechtsfrage wäre aber in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Das [X.] ist im Urteil von einer entgeltlichen Tätigkeit des Antragstellers ausgegangen. In den [X.]ntscheidungsgründen ist dazu ausgeführt, dass eine Verzichtserklärung (hinsichtlich des [X.]ntgelts) gegenüber der Steuerpflichtigen nicht vorliege und andere Nachweise des insoweit feststellungsbelasteten Antragstellers zur Unentgeltlichkeit fehlten. Da in Bezug auf diese Feststellungen keine begründeten Revisionsgründe vorgebracht wurden, wäre der [X.] insoweit nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden.

dd) Die [X.]inlassung des Antragstellers, das [X.] habe seine Tätigkeit nach den äußeren Umständen des Auftretens als entgeltlich eingestuft und damit die Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) verletzt, begründet keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O. Denn der Antragsteller hat insoweit die ihm obliegende Mitwirkungspflicht verletzt. Die Beteiligten sind bei der [X.]rforschung des Sachverhalts heranzuziehen; sie haben ihre [X.]rklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären (§ 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 [X.]O). Obwohl der Antragsteller in den Schreiben des [X.] vom 1. November 2010 und vom 4. Januar 2011 darauf hingewiesen wurde, dass er noch keine Nachweise für ein unentgeltliches Tätigwerden erbracht habe, hat er hierzu im Laufe des Klageverfahrens weder Unterlagen eingereicht noch Beweise angeboten. [X.]ine Nachholung wäre insoweit im Rahmen des Verfahrens wegen Nichtzulassung der Revision nicht mehr möglich.

3. [X.]ine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an.

Meta

II S 2/11 (PKH)

14.06.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

§ 115 Abs 2 FGO, § 142 Abs 1 FGO, § 114 ZPO, § 117 ZPO, § 2 Abs 2 PKHVV, § 3 Nr 2 StBerG, § 80 Abs 5 AO, SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.06.2011, Az. II S 2/11 (PKH) (REWIS RS 2011, 5765)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5765

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III S 35/13 (PKH) (Bundesfinanzhof)

Keine PKH-Gewährung bei ausschließlicher Vorlage eines SGB II-Leistungsbescheides


V S 12/11 (PKH) (Bundesfinanzhof)

Nachweis der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Sozialhilfebezug


V S 9/16 (PKH) (Bundesfinanzhof)

Prozesskostenhilfe - Abgabe einer vereinfachten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse


II S 5/11 (PKH) (Bundesfinanzhof)

Antrag auf PKH durch vorgeblich prozessunfähigen Bevollmächtigten - Keine verpflichtende Beifügung eines PKH-Vordrucks bei einem …


X S 9/17 (PKH) (Bundesfinanzhof)

Frist zum Nachweis der Mittellosigkeit bei PKH für eine erhobene oder noch zu erhebende Entschädigungsklage


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.