Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2000, Az. NotZ 7/00

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2000, 1520

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[X.] 7/00Verkündet am:31. Juli [X.] Urkundsbeamterder [X.]in dem [X.]: ja[X.]Z: nein[X.]R: [X.] § 10aÄndert sich der Amtsbereich des Notars infolge einer Änderung [X.], hat die Landesjustizverwaltung bei der Entscheidungüber eine abweichende Festlegung des [X.] nach § 10aAbs. 1 Satz 2 [X.] auch die wirtschaftlichen Interessen des [X.] Notars zu berücksichtigen.[X.], [X.]. vom 31. Juli 2000 - [X.] 7/00 - [X.] Festlegung des [X.] nach § 10a Abs. 1 Satz 2 [X.]- 2 -Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch den [X.] [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] [X.] und [X.] auf die mündliche [X.] 31. Juli 2000beschlossen:Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den[X.]uß des Notarverwaltungssenats des [X.] in [X.] vom19. November 1999 wird zurückgewiesen.Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der [X.] die dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren ent-standenen notwendigen Auslagen zu erstatten.Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird [X.] DM festgesetzt.Gründe:[X.] Der Antragsteller ist seit 32 Jahren Notar mit Amtssitz in [X.] [X.].Das Amtsgericht [X.] [X.] ist durch Art. 3 des [X.] (GVOBl. 98, 460) zum 1. Oktober 1999 aufgehoben worden; dieGemeinden des Amtsgerichtsbezirks sind auf die [X.] 3 -N., [X.] S. und [X.]. aufgeteilt worden. [X.] [X.] gehört nunmehr zum [X.] Amtsgerichts [X.]..Mit Schreiben vom 10. April 1999 hat der Antragsteller bei demAntragsgegner beantragt, seinen Amtsbereich ab dem 1. Oktober 1999gemäß § 10a Abs. 1 Satz 2 [X.] so festzulegen, daß er auch die Be-zirke des Amtsgerichts [X.] S. und N., zumindest aber den Bezirk desehemaligen Amtsgerichts [X.] [X.] umfasse. Hilfsweise hat er beantragt, ihmgenerell (Auswärts-)Beurkundungen in seinem ehemaligen Amtsbereichzu gestatten. Ferner hat er den Antragsgegner darum gebeten, entspre-chend diesen Anträgen eine einstweilige Regelung zu treffen. Zur [X.] hat er unter anderem angeführt, daß ihm und seinem [X.] durch den Rückgang ihres über Jahrzehnte insbesondere in den jetztzum [X.] gehörenden Bereichen [X.] aufge-bauten [X.] von 500.000 [X.] DM drohen würden, falls ihr Amtsbereich auf den [X.] [X.]. beschränkt bliebe. Denn gerade in ländlichen Gebietenwerde von dem Notar erwartet, daß er bei berechtigten Anliegen zu [X.] komme.Mit Bescheid vom 4. August 1999 hat der Antragsgegner die [X.] abgelehnt. Eine Ausnahmeregelung im Sinnedes § 10a Abs. 1 Satz 2 [X.] setze voraus, daß sie nach den [X.] einer geordneten Rechtspflege geboten sei. Dafür sei im vor-liegenden Fall nichts ersichtlich. Die Bevölkerung in [X.] seiausreichend mit notarieller Dienstleistung versorgt. [X.] könnten keine Berücksichtigung finden. Auch- 4 -eine generelle Genehmigung von [X.] komme [X.] Betracht.Auf den dagegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf ge-richtliche Entscheidung hat der Notarverwaltungssenat des [X.] den Bescheid des Antragsgegnersmit [X.]uß vom 19. November 1999 aufgehoben und den Antragsgeg-ner verpflichtet, über den Antrag des Antragstellers vom 10. April 1999unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu befinden.Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.Die vom [X.] im Wege einstweiliger Anordnung ge-troffene Regelung, daß der Amtsbereich des Notars neben dem Amtsge-richtsbezirk [X.]. bis zur erneuten Entscheidung des Antragsgegners auchdie Teile des Amtsgerichtsbezirks [X.] [X.] umfaßt, die nunmehr zu [X.] und [X.] S. gehören, hat der Senat im Beschwer-deverfahren durch [X.]uß vom 2. Juni 2000 bestätigt.I[X.] Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 111 Abs. 4 [X.] i.V.mit § 42 Abs. 4 [X.]), aber nicht begründet.1. Das [X.] hat den Bescheid des [X.] Recht aufgehoben, da er rechtswidrig ist und den Antragsteller in sei-nen Rechten verletzt (§ 111 Abs. 1 Satz 2 [X.]).- 5 -a) Der Amtsbereich eines Notars ist grundsätzlich der [X.], in dem er seinen Amtssitz hat (§ 10a Abs. 1 Satz 1[X.]). Insbesondere zur Anpassung an eine Änderung von Gerichts-bezirken kann die Justizverwaltung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 2 [X.]nach den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege die Grenzen ei-nes [X.] allgemein oder im Einzelfall mit der Zuweisung [X.] abweichend festlegen. Ob im Einzelfall eine abweichendeFestlegung des [X.] vorgenommen wird, stellt eine Ermessen-sentscheidung der Justizverwaltung dar, die gerichtlich nur beschränktüberprüfbar ist. Das Gericht kann die angefochtene Entscheidung nurdarauf überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens über-schritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der [X.] nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist(§ 111 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Ein Ermessensfehler liegt unter [X.] vor, wenn ein für die Beurteilung wesentlicher Umstand außer achtgelassen worden und demgemäß eine sachgerechte Interessenabwä-gung unterblieben ist (vgl. Senat, [X.]uß vom 29. November 1999- [X.] 9/99 - NJW 2000, 1342 unter I; [X.], 609 [X.]) Das ist hier der Fall, wie das [X.] zutreffend [X.] hat. Der Antragsgegner hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, diewirtschaftlichen Auswirkungen der Änderung des [X.] auf [X.] des Antragstellers zu berücksichtigen und sie in eine Interessen-abwägung einzubeziehen. Die Pflicht hierzu ergibt sich aus [X.] -aa) Vor Einführung des § 10a [X.] durch das Gesetz zur Ände-rung des Berufsrechts der Notare und der Rechtsanwälte vom 29. [X.] ([X.] I S. 150) entsprach es herrschender Auffassung, daß derengere räumliche Amtsbereich eines Notars nur "regelmäßig" den Amts-gerichtsbezirk seines Amtssitzes umfaßte und daß bei einer Änderungder Gerichtsbezirke die engeren räumlichen Amtsbereiche der [X.] Notare in ihrer bisherigen Gestalt grundsätzlich erhalten blieben,solange die Landesjustizverwaltung keine andere Regelung traf (vgl. [X.] in [X.]Z 66, 261, 263 und [X.]Z 67, 300, 301; [X.],[X.] 2. Aufl. § 11 [X.]). Deren pflichtgemäßem Ermessen war esvorbehalten, bei einer Änderung der Gerichtsbezirke darüber zu befin-den, ob und gegebenenfalls wie die engeren räumlichen Amtsbereicheder betroffenen Notare geändert und der neu geschaffenen Gerichtsein-teilung so angepaßt werden sollten, daß die berechtigten Interessen [X.] ohne unnötige Schädigung einzelner Notare gewahrt blie-ben ([X.]Z 66, 261, 264). Die vorgenannten [X.] zwar Fälle aus Gebieten mit hauptberuflichem Notariat, stellenaber in der Begründung darauf nicht ab. Die dortigen Erwägungen, eineÄnderung des [X.] könnte die Existenzgrundlage des Notarsinsbesondere für eine Übergangszeit gefährden und bei einer Änderungder Gerichtsbezirke habe die Landesjustizverwaltung nach ihrem Ermes-sen darüber zu befinden, ob und wie die Amtsbereiche ohne unnötigeSchädigung der beteiligten Notare anzupassen seien, treffen auch fürdiejenigen Anwaltsnotare zu, die einen wesentlichen Teil ihres [X.] durch die notarielle Tätigkeit [X.] -bb) Nach § 10a Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Amtsbereich des [X.] nunmehr der Bezirk des Amtsgerichts, in dem er seinen [X.]. Eine Änderung des Amtsgerichtsbezirks hat danach kraft [X.] Änderung des [X.] zur Folge. Im übrigen hat der [X.] an dem früheren Rechtszustand mit der Einführung des § 10a[X.] aber ersichtlich nichts ändern wollen. Diese Vorschrift ist viel-mehr nur eingeführt worden, um eine aus verfassungsrechtlichen Grün-den für notwendig erachtete gesetzliche Ermächtigung für die [X.] der Notare auf den engeren räumlichen Amts-bereich zu schaffen (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zu dem Ent-wurf eines [X.] zur Änderung der Bundesnotarordnung,Anlage 2 zu BT-Drucks. 11/6007 [X.]). Die bisher geltende und [X.] praktizierte Regelung sollte auf eine ausdrückliche gesetzlicheGrundlage gestellt werden.Auch nach Einführung des § 10a [X.] ist der engere räumlicheAmtsbereich des Notars also nur grundsätzlich der Bezirk des Amtsge-richts, in dem er seinen Amtssitz hat. Der Amtsbereich des Notars sollvon der Landesjustizverwaltung wie bisher allgemein oder im [X.] abweichend vom Amtsgerichtsbezirk seines Amtssitzes festgelegtwerden können (vgl. [X.]ußempfehlung und Bericht des Rechtsaus-schusses, BT-Drucks. 11/8307 S. 18). Nach dem Wortlaut und [X.] der Vorschrift können solche Abweichungen insbesondere [X.] an eine Änderung von Gerichtsbezirken vorgenommen wer-den.- 8 -Bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls wie eine Anpassungvorzunehmen ist, sind wie bisher auch die wirtschaftlichen [X.] betroffenen Notars im Rahmen der Ermessensabwägung zu berück-sichtigen. Es liegt auf der Hand, daß es auf die wirtschaftliche Lei-stungsfähigkeit eines Notariats nachteilige Auswirkungen haben kann,wenn Teile des engeren räumlichen [X.] ohne weiteres ande-ren Amtsgerichtsbezirken und damit auch anderen Notaren zugeschla-gen werden. Diese Nachteile können zumindest kurzfristig nicht dadurchaufgefangen werden, daß sich der Amtsbereich des betroffenen [X.] dessen nunmehr (auch) auf andere Gemeinden erstreckt, da er [X.] erst einen neuen Mandantenstamm erarbeiten muß. Diese Interes-sen der betroffenen Notare muß die Landesjustizverwaltung bei ihrerErmessensentscheidung über eine - eventuell auch nur [X.] - abweichende Festlegung des engeren räumlichen [X.] ei-nes Notars im Sinne von § 10a Abs. 1 Satz 1 [X.] berücksichtigen. [X.] wirtschaftlicher Interessen entspricht im übrigen auchdem Willen des Gesetzgebers, dem es bei der Einführung dieser Vor-schrift unter anderem darum ging, die einzelnen [X.] möglichst gleichbleibend leistungsfähig zu erhalten ([X.]ußemp-fehlung und Bericht des Rechtsausschusses des [X.],BT-Drucks. 11/8307 S. 18; so auch [X.] D[X.] 1993, 748, 749 und[X.], [X.] 2. Aufl. § 11 [X.]). Wenn aber die einzelnen Notar-stellen lebensfähig und möglichst gleichbleibend leistungsfähig erhaltenwerden sollen, müssen im Rahmen der Ermessensabwägung bei [X.] über eine eventuell abweichende Festlegung der Grenzendes [X.] des Notars neben den Bedürfnissen einer geordnetenRechtspflege auch die wirtschaftlichen Belange des einzelnen [X.] -berücksichtigt werden (vgl. auch [X.]Z 66, 261, 264 und [X.]Z 67, 300,302). Bei der Gewichtung dieser Belange ist auch zu beachten, daß essich bei der Festlegung der räumlichen Amtsbereiche um eine Regelungder Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG handelt([X.] D[X.] 1988, 648).cc) Nach Darstellung des Antragstellers droht ihm und seinem So-zius durch den Wegfall der Bereiche [X.] ein jährlicher Umsatz-rückgang von 500.000 DM bis 800.000 DM mit negativen Auswirkungenauf das Büro und den Personalbestand von etwa 30 Mitarbeitern. [X.] eine erhebliche Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Belange,die der Antragsgegner bei seiner erneuten Entscheidung nicht außerBetracht lassen dürfte. Es ist kaum anzunehmen, daß der Antragstellereinen solchen Verlust durch neue Mandate aus den neu hinzugekomme-nen Bereichen des Amtsgerichtsbezirks [X.]. in kurzer Zeit ausgleichenkann. Auch nach Meinung des Vorstands der [X.]-HolsteinischenNotarkammer sind die Auswirkungen, die die Praxen des Antragstellersund der anderen betroffenen Notare durch die [X.]uaufteilung des Amts-gerichtsbezirks [X.] [X.] erfahren werden, nicht von der Hand zu weisen unddurchaus ernst zu nehmen. Dies werde zu einer veränderten Wettbe-werbssituation führen und Umstrukturierungsmaßnahmen in den Praxenerforderlich machen, die durchaus auch Arbeitsplatzverluste zur [X.] könnten.Die Schutzwürdigkeit der wirtschaftlichen Belange des [X.] kann auch nicht, wie der Präsident des [X.]. und ihm fol-gend der Antragsgegner meinen, schon deshalb verneint werden, weil- 10 -der Notar die Amtsgeschäfte in der Regel in der Geschäftsstelle [X.] habe und die Beteiligten ihn dort aufsuchen könnten. Aus sach-lichen Gründen darf der Notar Amtsgeschäfte innerhalb seines Amtsbe-reichs vielmehr auch außerhalb der Geschäftsstelle wahrnehmen. [X.] außerhalb der Geschäftsstelle ist unzulässig, wenn da-durch der Anschein amtswidriger Werbung, der Abhängigkeit oder [X.] entsteht oder der Schutzzweck des [X.] gefährdet wird ([X.], [X.] 7. Aufl. § 10 Rdn. 9; Richtlini-enempfehlungen der [X.] und 3, abgedruckt bei[X.], aaO S. 759, 763). Es ist nicht ersichtlich, daß der Antragstellersich insoweit in der Vergangenheit berufswidrig verhalten und dadurcheinen nicht schützenswerten Vorteil erlangt hat oder dies künftig beab-sichtigt.2. Der Antragsgegner hat den Antragsteller demgemäß unter Be-achtung der Rechtsauffassung des [X.]s und des [X.] zu bescheiden.[X.] [X.] [X.] [X.]

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NotZ 7/00

31.07.2000

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2000, Az. NotZ 7/00 (REWIS RS 2000, 1520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1520

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